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Koordi n i eru n g u n d Kooperati on

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Koordi n i eru n g u n d Koopera ti on

Au f der Metaeben e der Gesel l sch aft

Gesellsch aft ist imm er kom plex. Kooperation u nd Verein baru ngen zwisch en M en sch en benötigen Zeit u nd En ergie − die sich aber loh n en angesichts der Vorteile, die dem Einzel- nen du rch das gesellsch aftlich e Zu sammenwirken entsteh en. Es ist in der Regel nicht n ot- wendig, M ensch en zu sozialen B ezieh u ngen m it anderen zu ü berreden, weil die Vorteile au f der H and liegen.

Kooperation u nd Absprach en im Alltagsgesch eh en u nd u nm ittelbaren Lebensu mfeld sin d dabei einfach anzu geh en, weil M en sch en direkt angesproch en werden könn en. Äh nlich sieht es bei zwar ü berregionalen , aber ü bersch au baren P rojekten au s, wen n Telefonate, sch riftlich er Au stau sch oder einzelne Treffen reich en, u m die notwendigen Absprach en zu treffen. Doch dam it ist nicht alles erklärt u nd au sgesch öpft, was Gesellsch aft au szeich n et.

Typisch sin d ebenfalls große Verknü pfu ngen − u nd h ier erreicht die H andlu ngsfäh igkeit der Einzelnen ih re Gren zen. Der Au stau sch von Roh stoffen , ü berregionale M obilität, die Streu u ng allen Wissens weltweit − wie fu n ktioniert das? Wer organisiert das? B edarf es nicht privilegierter H andlu ngsmöglich keiten, u m das zu verwirklich en?

M it dieser Frage h aben sich sch on viele besch äftigt, entsprech en d viele Vorsch läge sin d au ch entstanden. Sie u ntersch eiden sich in der I ntensität, wie den einzelnen M ensch en M it- gestaltu n gsm öglich keiten verbleiben sollen u nd wie stark die Zentralisieru ng u nd der M iss- brau ch von M acht begrenzt werden sollen.

Zen tral e Steu eru n g

Dezentralisieru n g der M acht oder Stärku ng der UN O bis h in zu einer Weltregieru ng? Ent- lang dieser Linie lau fen h eu te die m achtpolitisch en Debatten. Seltsam erweise bilden sich dabei nicht zwei Lager, sondern es sind teilweise die gleich en Personen, die völlig wider- sprü ch lich e Forderu ngen stellen − sie kämpfen einerseits fü r eine Stärku n g der Regionen u n d Verlan gen gleich zeitig den Kom petenzau sbau internationaler Grem ien. Erklärbar ist das aber doch recht einfach : Ein e H errsch aftsanalyse findet gar n icht statt. Stattdessen sch au en die I deen geberI nnen du rch eine rosarote B rille verklärter M acht u n d wäh nen in Regionen u nd Weltinstitu tionen vor allem gnädige u nd weise Persönlich keiten, wäh rend in N ationalparlamenten oder EU-B ü rokratie n u r rü cksichtslose Apparatsch iks sitzen. Ein e solch e Politikanalyse diskreditiert sich von selbst, ist aber in allen relevanten Parteien prä- gend. „ Au s der Region“ ist Qu alitätsbegriff fü r sich − u nd die Popu larität von UN -B edien s- teten oder internationalen Gerichtsh öfen ist kau m steigerbar. Sch arfsinn iges Denken, vor allem der B lick du rch die sch on benan nte H errsch aftsbrille, feh lt: Woh in flieht jemand, der von einer Weltregieru ng politisch verfolgt wird? Wie entwickelt sich das Verh ältnis von Pe- riph erie u nd M etropole, wenn diese weltweit ein h eitlich en P rozessen u nterliegen? Von wo werden regieru ngskritisch e B otsch aften gesendet, wenn Fern seh en, Fu n k u n d I ntern et ei- ner globalen B eh örde u ntersteh en?

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Die nation alen Abgrenzu ngen sind alles andere als emanzipatorisch − u nd das B inn enver- h ältnis in den Staaten alles andere als freih eitlich . Aber die Au fteilu ng der au toritären M acht au f m eh rere Regime sch afft Gegensätze, zwisch en denen letzte Freiräu me erh alten blei- ben.

N icht alle M odelle zentraler Steu eru ng geh en von einer gewäh lten oder du rch die N atio- n alstaaten bestim mten I n stitu tion au s. Oh n e diese Legitimationsritu ale komm en Ein- h eitsparteien, religiöse oder weltlich e Fü h rer au s. I h n en werden stattdessen besondere Ei- gensch aften nach gesagt, z. B. von Gott au serwäh lt zu sein, dessen Wort zu verkü nden , die Arbeiterklasse zu repräsentieren oder kraft Vererbu n g in die Fu ßstapfen der bish erigen M achth aberI nn en zu treten. Eine besondere Variante, die mit vielen politisch en Richtu ngen verbindbar ist, stellen Volksfü h rerI nn en dar. Sie können Legitim ationskonstru kte m it Di- rektwah len des/r Fü h rerI n verbinden. Die Abstim mu ngsritu ale bilden die h öh eren Weih en zu r legitimierten Au sü bu n g von H errsch aft. Der völkisch e Fasch ismu s enth ält solch e I deen eben so wie linksau toritäre Regieru n gen (z. B. Ch avez in Venezu ela oder Lu kasch en ko in Weißru sslan d). VordenkerI nnen der M eh r-Dem okratie-B ewegu ng fordern Volksabstim- m u ngen u nd eineN vom Volk gewäh lteN P räsidentI n − die Äh nlich keiten solch er M odelle sin d u nü berseh bar.

D em okrati sch e Legi ti m ati on

Eine M öglich keit zentraler P lanu n gs- u nd Abstim mu n gsprozesse wäre die Du rch demokra- tisieru ng der Gesellsch aft. M öglich sind direkt-dem okratisch e Entsch eidu ngen (also Ab- stimm u ngen aller ü ber konkrete Fragestellu n gen) u nd repräsentativ-demokratisch e Gre- m ien, d. h . die Vielen wäh len Wenige, die dann entsch eiden. M isch u ngen sin d vorstellbar, zu m al direkte u nd repräsentative Dem okratie u ntersch iedlich er ersch einen als sie sin d. Tat- säch lich stellen beide Ein h eitswillen au s Vielfalt h er, direkte Demokratie brau cht genau so der Vorbereitu ng von Entsch eidu n gen wie repräsentative Dem okratie. Die Formu lieru ng der Fragestellu ng, die Au swah l der Abstimm u ngsberechtigten u nd der zu r Wah l steh enden Alternativen u nd die sie begleitenden Deu tu ngen u nd Disku rse stellen die eigentlich e Form der M achtau sü bu ng dar, wäh rend die Abstimm u ng in der Regel nu r noch nachvollzieht, was disku rsiv h ergestellt wu rde. Alle genan nten Einflu ssnah men aber gesch eh en in den ge- sellsch aftlich en Eliten − ganz gleich , ob am Ende ein „Volk“ oder ein Parlam ent ü ber das vorgekau te Paket abstim mt.

Demokratie in szeniert sich als Kooperation der Vielen. Sie löst dam it das P roblem , dass es n icht gelin gt, die gesamten gesellsch aftlich en Stru ktu ren u nd Abläu fe in direkter Vereinba- ru ng der Vielen zu organisieren. Stattdessen geben diese ih re Kompeten z an Gremien ab, denen sie die Entsch eidu ng ü berlassen (repräsentativ-demokratisch ) oder in sch einbar freier Abstimmu ng (direkt-dem okratisch ) m itgeben. Ab dem M om ent der dem okratisch en Abstim mu ng sinkt dann das M itbestim mu ngsniveau der Ein zelnen au f N u ll oder n ah e N u ll ab. Einige Rechtsstaaten ken nen B ü rgerI nnenbeteiligu ngsform en z. B. bei P lan u ngsvorh a- ben, aber diese geh en nie ü ber eine beratende Fu nktion h in au s. Vor allem im kommu nalen Sektor können B ü rgerI nnen per Volksabstim mu ng im Ein zelfall eine gefallen e Entsch ei- du n g wieder korrigieren − aber au ch das imm er n u r mit erh eblich em Au fwan d, bei kon- kreten Fragestellu ngen (die teilweise von den Th emen h er eingesch ränkt sind) u nd einh er- geh end mit der Vereinh eitlich u n g der M ein u ngsvielfalt au f Ja-N ein-Fragen.

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Ein n och gru n dlegenderes P roblem steckt in der Demokratie: Der „ dem os“, also die Ab- stimm u ngsgemeinsch aft, m u ss defin iert werden . Wer geh ört dazu , wer nicht. Ein klares I n- nen u n d Au ßen ist n otwendig, aber das kann nu r du rch ein en Vorgang der M achtau s- ü bu n g erfolgen. Denn selbst kann sich eine M enge von M ensch en nicht als I nnen gegen- ü ber dem Au ßen definieren, sch ließlich feh lt ih r zu der Entsch eidu ng, wo die Grenze zu zieh en ist, ja noch gen au die Legitimation , weil es die Grenze noch nicht gibt. Wer abstim- m en darf, mu ss − gan z logisch betrachten − au f einer nicht legitim ierten Entsch eidu n g be- ru h en, weil demokratisch e Legitimation erst entsteht, wenn klar ist, wer abstim men darf.

Räte

Eine dritte M öglich keit sind Rätesystem e. Au ch h ier gibt es etlich e u nter- sch iedlich e Vorsch läge. I mm erh in steckt in ih nen eine imm anente Kritik an zentraler Steu eru n g u n d an demokratisch er Legitimation . Das ist au s eman - zipatorisch er Sicht ein Fortsch ritt. Allerdings lassen viele Vorsch läge fü r Räte andere Aspekte der H errsch aftsau sü bu n g au ßer Acht.

Räte sind im merh in ein Versu ch , das P roblem nicht legitimierter Entsch eidu ngsebenen u n d nicht rü ckh olbarer Stellververtretu ng zu lösen. Das M otiv, Kooperation u nd Koordinie- ru ng nicht nu r dem bloßen Zu fall zu ü berlassen, ist ebenso erkennbar wie die Fu rcht vor ei- ner leicht lenkbaren M asse oh ne Differen z, wen n keine feste B innenstru ktu r vorh an den ist.

Was aber sin d nu n Räte? Gru ndidee ist, dass sich M en sch en in ih n en zu sam menfinden, die an ein er Sach e interessiert sind oder konkrete Anliegen einbringen. Diese bilden dann au s Delegierten der B asisräte eine näch ste Ebene − u nd so imm er fort th eoretisch bis zu m Weltrat. Es ist also eine P yram ide, aber mit u m gekeh rten M achtverh ältnissen. Zu mindest der Th eorie n ach bestimmt die B asis ü ber die zentralen Räte. Dah er sin d solch e Rätesy- stem e au ch eine typisch e innere Organisieru ngsform in der der B asisdemokratie.

Allerdings geh en die konkreten Vorsch läge zu r Umsetzu ng seh r weit au seinander. Über die Art, wie die Delegierten bestimmt werden u nd welch e Rechte sie h aben, h errsch en große Untersch iede. Weit verbreitet ist die I dee, dass die Delegierten fest an das Votu m der sie ent- sen denden Räte gebu n den sind (im peratives M andat).

Die folgenden Texte benen nen Vorsch läge fü r die Fu n ktionsweise von Räten − du rch au s nicht einh eitlich .

Au f Wikip edia

Die Räte werden auf mehreren Ebenen gewählt: Auf Wohn- und Betriebsebene werden in Vollversammlungen Abgesandte in die örtlichen Räte entsandt. Diese delegieren wiederum Mitglieder in die nächsthöhere Ebene, die Bezirksräte. Das System der Delegierung setzt sich bis zum Zentralrat auf staatlicher Ebene fort, die Wahlvorgänge geschehen somit von unten nach oben. Die Ebenen sind meist an Verwaltungsebenen gebunden und haben ein imperatives Mandat, das heißt sie sind an den Auftrag ihrer Wähler gebunden − im Ge- gensatz zum Freien Mandat, bei dem die gewählten Mandatsträger nur „ihrem Gewissen“

verantwortlich sind. Die Räte können demgemäß von ihrem Posten jederzeit abgerufen oder abgewählt werden.

Au f www.a n a rch ism u s.at ü ber die Abl äu fe im Rä tesystem

Jeder Rat ist grundsätzlich autonom (unabhängig). Zur Bewältigung bestimmter Probleme oder zur Bildung von Räten, die sich überregional organisieren müssen (z. B. Transportwe- sen, Post usw. ) wählt der Rat sogenannte Delegierte. Grundsätzlich hat jedes Mitglied eines

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Kritik der Dem okratie al l - gem ein und der Stel l ver- tretung sowie der Kon- struktion von Vol k im Besonderen über www.

dem okratie-total .de.vu

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Rates das aktive und passive Wahlrecht, d. h. er/sie kann wählen und gewählt werden. Die Delegierten bilden dann wieder einen Rat, der sich nach denselben Prinzipien organisiert wie eben beschrieben. Hierbei ist immer gewährleistet, dass die, die das meiste Vertrauen in der Bevölkerung genießen, und sich mit dem Problem, um das es gerade geht, gewählt werden. Im Gegensatz zum bürgerlichen Parlament kennt jedeR die Delegierten, die er/sie mir den Aufgaben betraut gut. Dies ist eine klare Organisation von Unten nach Oben. . . . Wenn einE DelegierteR gewählt ist, bekommt er/sie von seinem/ihrem Rat einen Auftrag.

Man sagt ihm genau, was er/sie zu tun und was er/sie zu lassen hat. Dies ist die eigentliche Aufgabe des Rates, in ihm werden die anstehenden Probleme diskutiert; jedeR kann sich äußern, jedeR kann argumentieren und mensch versucht die für alle einleuchtendste Lösung zu finden. Wird eine Lösung vorgeschlagen, so können alle sicher sein, dass sie von einer ganzen Reihe von Leuten, die auf diesem Gebiet Erfahrung haben, gewissenhaft durchdis- kutiert wird. Die Einzelheiten sind dann mehr oder weniger dem/der Delegierten überlas- sen. DieseR ist aber wieder den ursprünglichen Räten laufend Rechenschaft schuldig.

Weicht die Arbeit der Delegierten von den Beschlüssen des Rates ab, ohne dass es dafür vernünftige Gründe gibt, werden diese sofort abgesetzt und neue Delegierte, die das Ver- trauen besser rechtfertigen, gewählt. Dieses Prinzip nennt man „imperatives Mandat“. So entscheidet also in jedem Fall der unterste Rat und nicht der Delegiertenrat, was gemacht wird. Wie wir sehen, löst dieses System alle Mängel, die wir im Kapitel über die bürgerliche Demokratie und über den autoritären Sozialismus an allen gegenwärtigen Systemen festge- stellt haben. Das Rätesystem, mehr als einmal erprobt, garantiert eine echte lebendige Volksdemokratie in allen Lebensbereichen. Es sorgt dafür, dass jedeR die gesellschaftliche Organisation gänzlich durchschauen, in sehr vielen Dingen mitreden kann und, dass sich keine Führungsschichten bilden können. Die gesellschaftliche Organisation, Produktion und Verteilung wird also rationell (ohne Umwege) und den Bedürfnissen des Volkes entspre- chend organisiert. Eine bedeutende Bewegung der Selbstverwaltung (= System der Ge- samtheit aller Räte) finden wir vor allem in Frankreich in der Mitte des vorigen Jahrhun- derts: die Genossenschaften.

Die meisten B esch reibu ngen von Räten sind u n kritisch bis n aiv oder träu merisch . Denn es ist sch nell erken nbar, das von den B asisräten nach meh reren Stu fen bis zu m nationalen oder Weltrat nicht meh r viel ü brig ist. Die Vollversammlu n gen an der B asis sind n u r noch ü ber etlich e Stu fen m it dem zentralen Rat verbu nden , I nformationsflü sse wären folglich in- ten siv gefiltert. Fu nktionierende M odelle im kontin entalen oder gar globalen M aßstab sin d bislang au ch noch u n bekannt.

Au ch das imperative M an dat wirft sch nell viele Fragen au f: Was gesch ieht in der zweiten Stu fe der Delegation, wo die Delegierten ja M itglied einer B asisversamm lu n g u n d eines Rates erster Stu fe sin d. An welch es Votu m sind sie gebu nden? Eine Stu fe weiter sin d alle sch on in drei Räten M itglied u sw. Und wie lässt sich ü berh au pt ü berprü fen, wie ein Dele- gierter sich im weit entfernten Rat verh ält?

Ein besonderer Typ von Räten sind fest installierte Räte mit Entsch eidu ngs- u nd H andlu n gs- kompetenz. Die Arbeiter- u n d Soldatenräte alter, kommu nistisch er Entwü rfe geh ören zu solch en Räten, deren Legitimation au ssch ließlich au s der I deologie folgt, dass Arbeiter u n d (waru m eigentlich die?) Soldaten die zu r Fü h ru ng beru fenen Klasse sind.

Au s Wil de, Oscar (1 970): „D er Sozial ism u s u n d die Seel e des Men sch en“, D iogen es (S. 1 6f) Aber ich gestehe, viele sozialistische Anschauungen, denen ich begegnet bin, scheinen mir mit unsaubern Vorstellungen von autoritärer Gewalt, wenn nicht tatsächlichem Zwang be- haftet zu sein. Autoritäre Gewalt und Zwang können natürlich nicht in Frage kommen. Alle Vereinigung muss ganz freiwillig sein. Nur in freiwilligen Vereinigungen ist der Mensch schön.

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Anarch istisch e u nd basisdemokratisch e M odelle versu ch en , mit weiteren Festlegu ngen die P roblem e der Rätesystem e zu minimieren. N eben dem im perativen M andat u n d der jeder- zeitigen Abru fbarkeit finden sich Konsensprin zip oder der völlige Verzicht au f Entsch eidu n- gen au f h öh erer Ebene. Die dortigen Räte sind au ssch ließlich zu m Zwecke der Koordinie- ru ng da u nd mü ssen ih re B esch lu ssvorsch läge imm er wieder von den daru nter liegen den Räten absegnen lassen (was nicht n u r schwerfällig wirkt, son dern bei meh rfach gestu ften Rätesystemen wiederu m die Frage au fwirft, wer denn nu n die B asis des Gan zen ist − die B asisversamm lu ngen als u ntere Stu fe der P yram ide oder die jeweils u nter einem Rat lie- gende Ebene).

Au s Grosch e, Mon ika (2 003): „An arch ism u s u n d Revol u tion“, Syn dikat A in Moers (S. 1 8) Die anarchistische Gesellschaft baut sich im Räteprinzip basisdemokratisch − „von unten nach oben“ − auf. Auf der Grundlage von Gleichberechtigung und Freiwilligkeit bilden Gesellschaft und Individuum einen untrennbaren Organismus.

In diesem Organismus wird sowohl dem natürlichen Freiheitswillen, als auch dem Bedürfnis nach Geselligkeit des Menschen entsprochen, er bildet die einzig wirkliche Form des demo- kratischen Zusammenlebens.

Kon krete Vorsch l ä ge fü r Räte (Qu el l e: www.an arch ism u s.a t/txt2/an arch ie2 . h tm )

Die Räte bilden das Prinzip, das der Selbstverwaltung zugrunde liegt. Sie sind von den bis- her bekannten gesellschaftlichen Organisationsformen die demokratischste. Hundertmal an verschiedenen Stellen der Erde sind sie immer aufgetaucht. Erfinder dieser Organe ist das revolutionäre Volk. Immer waren die Räte die spontane Antwort der unterdrückten Massen gegen ihre Unterdrücker; stets kam in ihnen ein völlig entgegengesetztes Konzept gesell- schaftlicher Organisation zum Ausdruck als das herrschende. Wir finden sie in der französi- schen Revolution von 1 789, in der Pariser Commune von 1 871 , in der russischen Revolution von 1 905 und in der Oktoberrevolution sind sie ein fester Bestandteil des revolutionären Prozesses. 1 921 finden wir sie in Kronstadt und 1 936 entwickeln sie sich zum Träger der Re- volution − auch 1 956 im Ungarn, 1 969 in Italien und 1 971 in Polen tauchen sie wieder als Organe der Unterdrückten gegen ihre Unterdrücker auf. Es gibt unzählige Beispiele mehr.

Die Räte sind sowohl geographische als auch sachliche Organisationsformen. Sie können sich überschneiden, d. h. es gibt z. B. den Rat eines Dorfes, einer Stadt oder eines Land- strichs, je nach Größe und Einwohnerzahl. In diesem Gebiet organisieren sich Räte nach sachlichen Zusammenhängen, so z. B. am Arbeitsplatz, in der Fabrik, im Transportwesen, in den Krankenhäusern, Universitäten und Schulen, auf den Bauernhöfen, ja sogar in den Familien, Stadtteilen und Bezirken. Es kann auch andere sachliche Zusammenhänge geben, wie den Rat der Frauen, den der Alten, der Körper„behinderten“, der VerbraucherInnen usw. Jeder Rat ist im Grunde nichts weiter als die Versammlung aller Menschen, die unter einen bestimmen Bereich fallen und an ihm teilnehmen möchten. Die Teilnahme und Mitar- beit ist freiwillig, demzufolge auch die Unterwerfung unter die Beschlüsse des Rates, sowie der Genuss der durch ihn erzielten Ergebnisse. Die Räte versammeln sich in bestimmten Ab- ständen und vor allem immer dann, wenn wichtige Probleme zur Lösung anstehen. Damit sie arbeitsfähig bleiben, sollten die Räte klein gehalten werden. (Es wäre z. B. unsinnig, ei- nen Rat von Wien oder Europa zu bilden.

Au s F u ch s, Ch ristia n (2001 ): „Sozia l e Sel bstorgan isation im in form ation sgesel l sch a ftl ich en Ka pita l ism u s“, Sel bstverl ag (S. 2 09 ff. )

Nach anarchistischen Vorstellungen sind in Föderationsräten Delegierte der unterhalb der Föderation liegenden organisatorischen Einheiten vertreten. Die unterschiedliche Gestal- tungsweise dieser Räte hat Einfluß auf den Inklusions- und Exklusionsgrad der entstehenden sozialen Informationen. Eine wesentliche Frage besteht darin, ob Delegierte entscheidungs- befugt sind oder ob sie als reine kommunikative Schnittstellen betrachtet werden. Viele Rätemodelle gehen davon aus, dass Delegierte von ihrer Basis gewählt werden sollen und jederzeit von ihr abberufen werden können. Damit ist die Vorstellung verbunden, dass

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diese Delegierten im eigenen Ermessen in Föderationsräten entscheiden. Es entsteht damit aber die Gefahr der Loslösung von Entscheidungen von ihrer Basis. Insbesondere ist dies problematisch, wenn es mehrere Föderationsstufen gibt und dieselben Delegierten die Möglichkeit haben, in mehreren Stufen vertreten zu sein und unabhängig von ihrer Basis Entscheidungen zu treffen. Es kann dann sehr leicht, so entsprechende anarchistische Kriti- kerInnen, zur Ausbildung von Hierarchien und asymmetrischer Machtverteilung kommen.

Ist dies der Fall, so werden der Selbstorganisations- und Inklusionsgrad der in den Föderati- onsräten entstehenden sozialen Informationen deutlich abgeschwächt. Entscheidungen, die in Föderationsräten entstehen, betreffen viele Menschen. Im beschriebenen Fall, hat aber nicht mehr jedeR dieselbe Möglichkeit, Entscheidungen zu beeinflussen. Delegierte haben dann mehr Macht als ihre Basis.

Wiederum anders zu betrachten ist das erläuterte horizontale Modell, das davon ausgeht, dass Delegierte keinen Spielraum zur selbständigen Entscheidung bekommen sollten, son- dern Kommunikationsschnittstellen zwischen organisatorischen Einheiten oder Interessens- gruppen darstellen. Soll eine Entscheidung getroffen werden, so treffen Delegierte aller Einheiten und Interessensgruppen, die davon betroffen sind, zusammen und diskutieren das Problem. Sie können allerdings keine Entscheidungen treffen, müssen also wiederum Rücksprache mit ihren Basen halten, deren Meinung sich durch den übergreifenden Diskus- sionsprozeß möglicherweise geändert hat. Die Delegierten vertreten die Interessen ihrer Basis in Diskussionen mit anderen Gruppen und sind Kommunikationsschnittstellen zwischen ihrer Basis und den Menschen, die sich in anderen Gruppen und Einheiten organisieren.

Ü ber Ral f B u rn icki: „D ie an arch istisch e Kon sen sdem okra tie“ (Tran skrip tion ein es Vid eos von O. Ressl er, a u fgen om m en in B iel efel d , D eu tsch l an d, 2 9 Min . , 2 005)

Festzuhalten bleibt, dass auch überregionale Entscheidungen möglich sind. Konsensent- scheidungsprozesse machen sich nicht an einer Region oder überregionalen Maßstäben fest, sind allerdings auch nicht auf die Größe eines Millionenstaates wie die Bundesrepublik übertragbar. Zur Regelung öffentlicher Angelegenheiten, z. B. dem Bau einer Straße oder dem Bau einer Schule − wenn es denn Schulen gibt und wir uns darauf verständigen kön- nen − , oder der Regelung von Elektrizität, ist es schon notwendig, dass sich Kommunen und Regionen überregional verständigen und von dem Bedarf und den Bedürfnissen der Einzelnen und Gruppen ausgehen, die in den Kommunen leben. Sie könnten nun zur Rege- lung solch öffentlicher Belange Zwischengremien zwischen den verschiedenen Kommunen und Regionen einführen. Diese Zwischengremien versuchen, Vorschläge zur Bewältigung eines Problems zu entwickeln. Von hier ausgehend gehen die Vorschläge an die Basisgrup- pen und Kollektive zurück. Dabei ist es wichtig, dass nur solche Vorschläge umgesetzt wer- den, die die Zustimmung aller Beteiligten und Betroffenen finden. Es soll also ausgeschlos- sen sein, dass eine Gruppe, die einem Vorschlag widerspricht, weil sie negativ betroffen wäre, übergangen wird. Das hat Gunar Seitz in einem Artikel wunderbar beschrieben:

Wenn ein Mensch oder eine Gruppe sich negativ betroffen sieht, weil sie einen materiellen Verlust erleidet − die Straße würde z. B. dort gebaut, wo jetzt das Haus steht, in dem Men- schen wohnen − ist eine solche Entscheidung eine herrschaftliche, da sie zu Gunsten der Bedürfnisbefriedigung einer Mehrheit über die Bedürfnisse von Minderheiten hinweg ge- fällt werden würde. Das geht in einer anarchistischen Gesellschaft nicht. Die Zwischengre- mien hätten keinerlei Entscheidungsfunktion, sie wären Diskussionsgremien, Kreise, in de- nen sich alle Betroffenen einfinden können, um mit zu diskutieren. Ziel ist es dabei, einen Vorschlag, der für alle Seiten gangbar ist, heraus zu arbeiten und diesen Vorschlag an die Basisgruppen zurückzugeben. Auf diese Weise würde eine überregionale Kooperation möglich. Um sich das vorzustellen, dass das auch tatsächlich umsetzbar und realisierbar ist, braucht man sich heute nur vorzustellen, dass auch die Post auf der Ebene von Staaten und auch zwischen Staaten funktioniert, ohne dass es eine Weltpostbehörde gibt. Menschen sind also durchaus in der Lage, mit Hilfe von Gremien auch überregionale Belange zu or- ganisieren.

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Au s Fotopou l os, Takis (2 003): „U m fassen de D em okratie“, Trotzd em in Grafen au (S. 42 7 ff. ) Demotische Versammlungen föderieren sich auf der regionalen, nationalen und schließlich auch kontinentalen und globalen Ebene. Föderale Versammlungen bestehen aus (norma- lerweise per Rotations- oder Zufallsprinzip ausgewählten) Delegierten, die von den demoti- schen Versammlungen jederzeit wieder abberufen werden können. Die Funktion der föde- ralen Versammlungen besteht nur in der Implementierung und Koordinierung der politi- schen Entscheidungen der demotischen Versammlungen.

Wie groß die Verwirru ng ü ber Rätesysteme ist, zeigen an arch istisch e Texte, in denen Räten plötzlich u mfan greich e Rechte eingeräu mt werden − sie ersch einen plötzlich wie Regie- ru ngen u nd Parlamente in einem. Falls es Konflikte gibt, ü bern im mt ebenfalls ein Rat die Rolle der Ju stiz. So enth ielt ein deu tsch sprach iger Anarch ietext den Vorsch lag, die gesamte gesellsch aftlich e M acht au f vier Räte zu verteilen − eine Art der Gewaltenteilu ng, die dem m odernen Rechtsstaat ziem lich äh nlich wirkt.

Au s Steh n , J a n (1 995): „E in e Stru ktu r fü r die F reih eit“

Der politische Bereich − vier regionale Räte:

• Der Kapitalrat vergibt den gesellschaftlichen Reichtum als Kredit.

• Der Ökologierat setzt die ökologischen Rahmenbedingungen. Naturschutzgebiete be- grenzen die Bodennutzung. Umweltauswirkungen der Betriebe und Projekte werden erfaßt und über Ökosteuern ein finanzieller Anreiz gegeben, negative Umweltfolgen zu reduzie- ren.

• Der Sozialrat finanziert ein Gesundheitswesen, das kostenlos genutzt werden kann.

• Der Konfliktrat ist den anderen Räten übergeordnet und wird aktiv, wenn er angerufen wird, von Menschenb, die sich in ihrer Freiheit ungerechtfertigt beschränkt oder geschädigt sehen. . . . Der Konfliktrat mobilisiert die gesellschaftliche Selbstverteidigung gegen Men- schen, die (wiederholt) sich der Bearbeitung eines Konfliktes verweigern: Öffentliche Nen- nung des Konfliktes und des 'Konfliktverweigerers', sozialer und ökonomischer Boykott, Be- schlagnahmungen u.ä. . . .

Aber Anarch istI nnen sind oft ziemlich th eorielose Gu tm ensch en − sozialisiert im Kern des Gu tm en sch entu ms, dem B ildu ngsbü rgerI nn entu m . Dort wird der Gedanke an stru ktu relle H errsch aftsförm igkeit u n d disku rsive B eeinflu ssu ng oft weggewischt. Es dom iniert der Ap- pell an den M ensch en: Alles wird gu t, wenn wir es nu r wollen u nd danach h an deln . . . Eine Verbesseru ng könnten eventu ell Kombinationen der versch iedenen M odelle, also de- m okratisch er u nd Rätesystem e, bringen − sichtbar aber au ch nu r begrenzt. Etlich e Formen von H errsch aft lassen sich au s einem P yram idenau fbau eben nicht h erau sbrin gen.

Au s Mich ael R . Krä tke, „E in e an dere D em okratie fü r ein e a n d ere Wirtsch aft“, in : Wider- sp ru ch 55 (2 /2 008, S. 9 f. )

Kann man sich eine funktionierende Wirtschaftsdemokratie ohne Parlamente, ohne politi- sche Parteien, ohne allgemeine Wahlen vorstellen? Das wäre die Rätedemokratie, die ebenso funktional und territorial gegliedert sein kann wie heutige parlamentarische Demo- kratien. Ohne Repräsentation, ohne bindende Entscheidungen der gewählten Vertreter, ohne Wahlen, ohne eine funktionierende Arbeitsteilung zwischen Verwaltung, Regierung und Kontrolle (bzw. Justiz), ohne Kompetenzverteilung, ohne Hierarchie kommt auch eine Räteorganisation nicht aus. Sie braucht sogar, das wird Jürgen Habermas freuen, eine Art von Parlamentarismus im alteuropäischen Sinn des Wortes: Das Volk, das arbeitende wie das nichtarbeitende, weiß auch bei hinreichender Allgemeinbildung keineswegs immer schon, was es will. Kollektive Entscheidungen lassen sich eben nicht, wie nach (neo)liberaler Phantasievorstellung, bruchlos in individuelle Entscheidungen auflösen. Kollektive und indi- viduelle Entscheidungen haben unterschiedliche Zeithorizonte und unterschiedliche Reich- weite. Kollektive Entscheidungen über gemeinsame, gesellschaftliche Angelegenheiten, im

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einzelnen Betrieb ebenso wie in der Gesamtwirtschaft, müssen vorbereitet, ermöglicht wer- den; ein kollektiver, politischer Wille muss geformt werden. Vor allem dann, wenn statt der Routine des Business as usual Entscheidungen über die stets unsichere Zukunft anstehen.

Das braucht öffentliches, allgemein zugängliches Wissen, das braucht Zeit und Gelegen- heit zur öffentlichen Debatte des Für und Wider.

Idealiter wäre das die zentrale Aufgabe eines parlamentarischen Systems − einschließlich der politischen Parteien. Weil aber nicht alle Gesellschaftsmitglieder Arbeiter/innen sind, weil es verschiedene Arten und Grade der Beteiligung an der Produktion, Verteilung und Verwendung des gesellschaftlichen Reichtums gibt, haben demokratische Sozialisten und Sozialistinnen für eine duale Struktur plädiert: Zwei Säulen demokratischer Organisation sollten einander stützen und ergänzen, die parlamentarische Säule für alle Bürger/innen ohne Unterschied und die Rätesäule, die als demokratische Organisation des Systems ge- sellschaftlicher Arbeit funktioniert. . . .

D i e ü berseh en en Probl em al l er Model l e:

E l i ten , Ressou rcen , di sku rsi ve Mach t

Dass eine zentrale Person oder I nstitu tion als I nh aberin der Fü h ru n g emanzipatorisch en I deen widerspricht, dü rfte selbsterklärend sein (au ch wenn die Faszination , die eine Stär- ku ng der UN O ständig au szu strah len sch eint, selbst das gar nicht so eindeu tig wirken lasst). Die Fragwü rdigkeit dem okratisch er Legitimieru ng u nd Entsch eidu ng ist an anderer

Stelle intensiv dargestellt.

Unter den versch iedenen Vorsch lägen fü r Rätesystem e fallen ebenfalls diejen igen, welch e − Parlamenten oder Regieru n gen gleich − oh ne fortbesteh enden B ezu g zu ih rer B asis Entsch eidu ngen treffen u n d du rch setzen können, h erau s. Sie stellen formale M achtstru ktu ren dar, die mit I deen von B efreiu ng u nd h orizonaler Gesellsch aft wen ig gemein h aben.

Eines gen au eren B lickes bedü rfen dah er nu r die Rätesysteme, die m it den B asisversam m- lu ngen verbu nden bleiben . I n ih nen sind einige I m pu lse fü r die Entsteh u ng u n d Selbstver- stärku ng von H errsch aft gem ildert oder sogar ganz au sgesch altet. Andere aber verbleiben.

Es sind vor allem solch e, die erst in neu eren H errsch aftsanalysen erkannt wu rden. Das legt den Verdacht nah e, dass das B eh arren vieler sich h errsch aftskritisch geben der Ström u ngen au f solch e Rätesysteme au ch mir ih rer bis ins N ostalgisch e geh enden Vereh ru n g alter Sch riften u nd ih rer Au torI nnen einh ergeht − eine Debatte u m Th eorie u nd P raxis der Em anzipation au f N iveau der h eu tigen Zeit h at Seltenh eitswert.

Dah er sollen die B lin dflecke der Räte h ier ku rz ben annt werden. Sie gelten imm er au ch fü r die noch h errsch aftsförmigeren M odelle zentraler Fü h ru ng oder dem okratisch er Wah l, die h ier wegen ih res au ffällig h oh en Geh alts an H ierarch ie u n d formaler M acht n icht weiter dis- ku tiert werden.

Elitebildu ng u nd Steu eru ng gesellsch aftlich er Abläu fe

Gesellsch aftlich e Eliten, h eu te vor allem als Fu n ktionseliten in den zentralen Sch altstellen der B eeinflu ssu n g formaler u nd informeller M acht, bilden sich immer − au ch u nabh ängig von den offiziellen H ierarch ien. Angesichts erh eblich er personeller Übersch neidu ngen be- einflu ssen sich Eliten u nd formale Grem ien ständig, meist bilden sie ein e H andlu ngs- oder

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I nteresseneinh eit. Das gibt ih nen erh eblich en Einflu ss au f die Gesch eh nisse in der Gesell- sch aft.

Räte können dieses P roblem nicht lösen . Wer in privilegierter Stellu ng ist, h at bessere Ch ancen, als Delegierter bestimmt zu werden. Er/sie kann sich m it meh r Ressou rcen u m diese Amt bewerben, h at im Amt dan n m eh r H an dlu ngsoptionen u nd kan n die M achtpo- tentiale von Amt u nd Elite m iteinander verknü pfen .

Zu dem beeinflu ssen Eliten die Disku rse meh r als andere. Diese wirken wiederu m au f die Räte. Sch ließlich ist ja deren Au fgabe, die M einu ng der Vielen einzu fan gen, die aber in ei- ner disku rsiv verm achteten Gesellsch aft nicht die Vielfalt der M einu ngen Einzelner, son- dern die disku rsiv geprägte M ein u ng der sch ein baren Gesamth eit ist. Jedes Grem iu m, ob nu n Rat oder Parlament, wird von den dominenten Deu tu ngen u nd Wertu ngen beeinflu sst

− m itu nter sogar besonders stark, wen n es au f eine B asiskoppelu ng achten m u ss statt in ein er abgesch irmten eigen en Welt zu agieren .

P rivilegien u nd H ierarch ien sch affen den Typu s des M achtm ensch en Es wäre geradezu gesch ichtslos, davon au szu geh en, dass gu ter Wille allein reicht, u m M en sch en an ih re I deale zu bin den. Vor allem ü bersieht ein e solch e rosarote B rille die Ei- gendynam ik der Selbstvergewisseru ng, die au f den Eben en von Elite u nd entsch eidu ngs- kompetenten Gremien vorh errscht. Es bedarf kein es spü rbaren Sch rittes vom gu ten Willen zu m M issbrau ch der M acht, sondern die Übergänge sin d fließend u n d eingebettet in das beru h igende Gemeinsch aftsgefü h l, einer u nter vielen zu sein, die in den Sph ären der M acht so ticken u nd sich in gleich e Richtu ngen verändern . So ist die Veränderu ng kau m noch spü rbar.

Ja n et B ieh l (1 998): D er L ibertäre Kom m u n al ism u s (S. 11 u n d 1 1 8)

Einmal im Besitz staatlicher Amtsgewalt, verloren überzeugte Sozialisten, Kommunisten, ja selbst Anarchisten ihre moralische und politische Integrität. Diese „Rück-Bildung“ ist wirklich die Regel; sie ist vorhersehbar und anscheinend unvermeidlich.

Definitionsm acht ü ber die I nterpretation des Gesch eh ens

I mperatives M andat u nd B asiskopplu ng sin d stu m pfe Schwerter, denn die B asis kann die Einh altu ng nicht selbst kontrollieren. B ei öffentlich en Sitzu ngen der Räte oder Live-Über- tragu n gen mit neu esten Tech niken ist das vielleicht noch Einigen möglich , die au srei- ch ende Zeit h aben (also je nach gesellsch aftlich en Verh ältn issen vielleicht wieder nu r die P rivilegierten). Anson sten sin d die, die ein eN DelegierteN entsandt h aben, vor allem au f deren eigene Sch ilderu ng angewiesen. P rotokolle oder B erichte an derer B eteiligter kön- nen eben so von I nteressen gesteu ert sein wie von der gemeinsam en Anstrengu ng aller De- legierte, im Amt zu bleiben. So werden sie − bei aller Konku rren z im Entsch eidu ngskam pf

− ein I nteresse h aben, die Legitim ation des Rates au frechtzu erh alten.

P rivilegien zu m indest au f Zeit

Selbst wen n der M ech anism u s des im perativen M andates u nd der jederzeitigen Abwäh lbar- keit fu nktionieren wü rde, weil die disku rsive Steu eru ng der Wah rneh m u ng von Ratsdebat- ten nicht so stark prägt, wäre die M itarbeit im Rat denn och ein P rivileg au f Zeit. Denn allein

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die Kontakte zu anderen Personen u nd Räten , die dort geknü pft werden können, m eist aber au ch der bessere Zu gang zu Wissen u nd Ressou rcen sch afft meh r Untersch ied zu der „ B a- sis“ als das bloße Dasein als DelegierteR.

P raktisch h aben die beiden vorgenannten P u nkte erh eblich e Au swirku ngen . Wenn h eu te in politisch en B ewegu ngen, wo B asisdemokratie h och im Ku rs steht (z. B. bei bü rgerlich en u nd − das Wort wird da etwas seltsam benu tzt − anarch istisch en Gewaltfreien), B ezu gs- gru ppen u nd Sprech erI n nen räte gebildet werden, so dient das praktisch der optim ierten Weitergabe von zentralen Entsch eidu ngen an die B asis, u nd nicht u mgekeh rt. Denn neben dieser Rätestru ktu r existieren die informellen Eliten, die ih re Vorsch läge in den Sprech erI n- n enrat einbrin gen. I h re steu ernde M acht reicht fast im mer, u m sich au ch du rch zu setzen, so dass dann der als basisdem okratisch versch leierte Rü ckflu ss der I nform ationen in die B e- zu gsgru ppen eine perfekt fu nktionierende B efeh lskette von oben nach u nten bedeu tet. Sel- ten fällt das au f, weil ja sch einbar alle die gleich en M öglich keiten besitzen.

I nnen u nd Au ßen m ü ssen definiert sein

Wen n Räte au f B asisversam mlu ngen fu ßen , wie es in der B asisdemokratie ja der Fall ist, dann tragen sie die gesamte P roblematik der Dem okratie mit sich . Den n deren Entsch ei- du n gsku ltu r ist mitnichten frei von H errsch aftsförmigkeit. I n jedem Fall aber bedarf sie der Definition ein er B asisein h eit, dem „ demos“. . Aber wie kom mt die Abstimm u ngsgru ndein- h eit zu sam men? Ein Verfah ren dazu kann nicht basisdem okratisch gemeinsam entwickelt u nd besch lossen werden , denn zu m P rozedere der B asisdem okratie geh ört die Existenz des „ demos“, also der Abstimm u ngsgemeinsch aft, bereits dazu . Wer abstim men darf u n d wer nicht, mu ss vorh er feststeh en − erst recht, wenn au ch noch Konsensverfah ren ange- wen det werden, d. h . jede einzelne Person ü ber Vetorechte verfü gt.

Die offene Frage der M acht: Was tu n m it Abweich u ng?

Ebenfalls gar nicht erklärt das M odell der Räte die Frage der Du rch setzu n g von M acht.

Zwar lässt sich verklärend beh au pten, die P rozesse liefen ja einverneh mlich , also bedü rfte es keiner Du rch setzu ng. Aber das ist nicht n u r weltfrem d h insichtlich im mer existierenden Desinteresses an Detailfragen, der Verh inderu ng zu r Teilnah m e an Debatten oder der spä- teren Gebu rt bzw. dem späteren H inzu kom men zu ein er Debatte. Es blen det au ch au s, dass gleich e B esch lü sse du rch au s von den B eteiligten u ntersch iedlich au fgefasst worden sein können − was sich erst im Zu ge der Umsetzu n g zeigt.

I n den Vorsch lägen fü r Kon sensverfah ren zeigen sich die P robleme: Wenn jemand ein Veto ein legt u n d − wir neh men m al gu tm ü tig an, dass so etwas passiert − au ch n ach meh - reren Ein igu ngsversu ch en dabei bleibt, ist eines der M odelle, dass die Person dann die Gru ppe verlässt. B ei einer Th eater-AG oder Politgru ppe ist das ja denkbar, aber nicht bei der B asiseinh eit der Gesellsch aft. Den n au streten au s der Gesellsch aft ist n icht möglich . Es bliebe also bei der Diskrepanz. Was nu n tu n? B rau cht jeder Rat eine Polizeitru ppe? Un d vielleicht au ch noch ein Verwaltu n gsgericht, u m n icht h inter die Standards der doch ziem- lich h errsch aftsförm igen bü rgerlich en Dem okratie zu rü ckzu fallen?

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Au s ein er D ebatte a u f der H op petosse-Ma il in gl iste

Noch was: wie soll denn nun deiner Meinung nach mit Menschen in einer Radikaldiktatur der Mehrheit über die Minderheit (sorry, Radikaldemokratie natürlich ;-) ) umgegangen werden, die sich doch glatt nicht der gesamtgesellschaftlichen Entscheidung beugen wollen

− das sich ihr immer alle fügen halte ich doch für eher unwahrscheinlich? „Notfalls“ dann vielleicht doch Panzer, Knäste etc. ?

Antwort: tja, gute frage. notfalls vielleicht schon?

Perspekti ven

Das M odell der Räte war ein gedanklich er Sch ritt in die richtige Richtu ng. Aber kein au srei- ch ender, vielm eh r ein eh er seh r zögerlich er. Allerdings brau cht das M odell nicht vollständig au f dem M ü llh au fen au toritärer Gesellsch aftsideen entsorgt werden, sondern kann mit den I deen von H orizontalität, offenen Systemen u nd H ierarch ielosigkeit verbu nden werden.

Dann ergibt sich , dass die Koordin ieru n g u nd Kooperation du rch ein h orizontales N etz von I nteressierten - u n d B etroffenenräten erfolgen kann − wobei der B egriff des Rates au s- tau sch bar ist. Denn die einzeln en Ru nden h aben keinerlei Legitim ation oder Entsch ei- du ngskompetenz. Sie besteh en nicht au s Delegierten einer daru nterliegenden Eben e (keine M acht- oder Delegationspyramide), d. h . sie können sich au ch nicht darau f beru fen, sondern existieren au s eigenem Entsch lu ss. Die Teiln ah me an ein er jeden Ru nde erfolgt du rch Selbstdefinieru ng. Wer betroffen oder interessiert ist, kann nicht von Au ßen entsch ie- den werden, sondern du rch die B eteiligten selbst. Um vorh andene Untersch iede an der M öglich keit der Teiln ah me abzu bau en, werden soziale I nnovation en n ötig sein, die die tat- säch lich e Einbezieh u ng aller daran I nteressierten sich ern.

Ob eine Ru nde ein lokales, region ales oder globales P roblem anpackt, ist ih re eigene Sa- ch e. Sie erh ebt sich aber in kein em Fall dam it ü ber andere Gru ppen . Jede Koordinieru ng ist wieder ein eigenes P rojekt, also kein Überbau . Wen n also zwei Orte ih re Wasserversor- gu ng planen u nd ein e dritte Ru n de I deen sammelt, wie eine Kooperation m öglich ist, so kann diese au ch zu m Teil au s gleich en Personen besteh en , h at aber kein ü bergeordnetes M andat, sondern ist eine I deenru nde neben den an deren .

Ein ü bergreifender Vorsch lag setzt sich nicht per ü bergeordneter Versammlu ng, sondern ü ber direkte Akzeptanz du rch . Dah er können alle Zu sammenkü nfte, ob nu n als Räte be- zeich net oder an ders h orizontal zu einander steh en . Alle h aben die gleich en M öglich keiten.

N iemand ist m ittels eines M andats M itglied der Ru n de, sondern jede Ru nde ist offen fü r al- le.

Keiner zentralen P lanu n g bedü rfen Kom mu nikation u nd Kooperationsan bah nu ng zwi- sch en den vielen Ru nden . Sie ist Sach e der Ru n den selbst oder speziell dazu entsteh en der Räte, Gru ppen, P rojekte oder was au ch immer. Sie bilden ebenso keinen Überbau , son- dern ih re I deen zu r Vernetzu ng sind so erfolgreich , wie sie au f Akzeptan z stoßen . Der Vor- teil, der du rch I nform ationsflü sse, Kooperation, Wissens- u nd Ressou rcenteilu ng entsteht, ist so offen sichtlich , dass es au sreich end oft zu r Vern etzu n g kom men wird. Die Verlu ste du rch eine zentrale Steu eru n g wären viel größer als die du rch das H erau sfallen einzelner Ru nden au s Kooperation u nd Komm u nikation.

Solch es gilt au ch fü r M edien aller Art (ein sch ließlich I ntern et). Es bedarf keiner Kontrolle u n d keiner zentraler Organisieru n g. Sie werden entsteh en. Wie sie agieren, ist ih re Sach e.

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Sie dü rfen kein en Überbau bilden, sondern sind ein P rojekt in der Vielfalt. Au s eigenem I n- teresse werden sie sich vielfach verknoten u nd so selbst einen B au stein von Komm u nika- tion u nd Kooperationsanbah nu ng bilden. Einige werden stark interessen geleitet sein − aber eine Kontrolle wü rde au ch h ier viel stärker das Ganze au sbremsen als die Akzeptanz der Untersch iedlich keit, die au ch Einseitigkeiten als Teil einer Vielfalt lässig ertragen kann.

P raktisch e M öglich keiten

B ish erige Experimente im großen M aßstab feh len. Einige Fälle ü berregionaler Koopera- tion sch ein en ü berrasch end nah e dran an der I dee offener sozialer Räu m e. Sie sind ch aoti- sch er u nd weniger du rch die jeweiligen Zentralen geprägt als es wirkt − z. B. die Entste- h u ng der Eisenbah n netze oder, ein beson ders beeindru ckendes B eispiel, des I nternets als Kooperation u nzäh liger Knotenpu nkte (Rech ner).

I n konkreten Gru ppen h aben Verfah ren wie Open Space die I dee der H orizontalität aller Akteu rI n nen bei intensiver Komm u nikation u nd Kooperationsan bah nu ng verwirklicht. Das Weltsozialforu m war ein Versu ch , oh ne zentrale Steu eru n g B egegnu ng, Au stau sch u n d Kooperation zu fördern − im ü brigen h art bekämpft du rch die Eliten politisch er Parteien u nd Organisationen, die eigen e I nteressen verfolgten u nd h egem onial du rch setzen woll- ten . Was in ein em offenen Rau m nicht geht.

Wo au ch imm er Grem ien gesch affen werden, h elfen zu m in dest zwei M eth oden, informelle M acht zu verringern: Rotation u nd Losverfah ren. Ersteres bedeu tet, dass keine Person , die m it einer Au fgabe form al betrau t ist, sich Gedanken m ach en m u ss, wie dieser Statu s au f Dau er gesich ert werden kan n. Ein zentrales M otiv zu r M anipu lation der Wah rneh mu ng ei- gener Tätigkeit fällt damit weg. Zweiteres h eißt, dass form ale Posten n icht per Abstim- m u ng, sondern per Los in zu fälliger Au swah l au s Allen besetzt werden. Damit fällt au ch vor der B esetzu ng von Ämtern ein M otiv der M anipu lation weg, ebenso die Su ch e nach Ver- bü n deten u nd das Au sstech en potentieller Konku rrentI nnen. Es ist erstau nlich , dass die I dee von Losverfah ren in den gesch ichtlich en Anfän gen zu mindest der eu ropäisch en De- m okratie, näm lich im Griech enlan d vor ü ber 2000 Jah ren, zwar ein zentraler M ech anis- m u s war, dieses aber in der h eu tigen Darstellu n g demokratisch er Verfah ren verschwiegen wird − sich erlich nicht zu fällig.

M u t zu r Offenh eit

Vieles klingt kom pliziert − u nd das ist es au ch . Aber gen au desh alb passt es zu m M en- sch en. Wie in seinem Kopf selbst, so bildet die Gesellsch aft eine dynam isch e Vielfalt an Verbin du ngen, Kooperation en , Komm u nikationsflü ssen, die alle h orizontal zu einander ste- h en. Das Ganze wird u m so besser klappen, je transparenter die Abläu fe sind, je einfach er M en sch en sich beteiligen u nd Ressou rcen nu tzen kön nen . Es wird zu dem u m so produ kti- ver sein, je weniger Energie in Kontrolle u nd H egemonialkäm pfe gesetzt wird − optim aler- weise sollten Kom mu n ikation u nd Kooperationsan bah nu ng neben der Entwicklu ng u n d Verwirklich u ng von I deen die prägenden Aktivitätsfelder sein.

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