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Chemie in der Mikrowelle

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34 September 2020  LABORPRAXIS

Fokussierte Mikrowellen-Synthese // Sie macht nicht nur blitzschnell das Mittag- essen warm, sondern hilft auch bei chemischen Synthesen im Labor: die Mikro- welle. Dank speziell entwickelter Geräte kommen Anwender in wenigen Minuten zum gewünschten Molekül und können dabei die Reaktionsbedingungen

flexibel wählen – bis hin zu hohem Druck und niedriger Reaktionstemperatur.

M

ikrowellen sind heute je- dem ein Begriff. Sie sind gar zum Synonym für Mik- rowellengeräte geworden, mit de- nen zahlreiche Hobbyköche ihre Speisen in kürzester Zeit aufwär- men. Die Mikrowellentechnik be- gann ihren Erfolgszug im Jahr 1946, als ihr Patent erteilt wurde. Dabei verbreitete sich diese heute allge- genwärtige Errungenschaft anfangs nur ganz gemächlich. Das wesentli- che Einsatzgebiet war damals die

Nachrichtentechnik. Erst seit den 60er Jahren nutzt man im Haushalt die Mikrowelle als schnelle Heiz- quelle für das Erwärmen von Le- bensmitteln. Damit traten die Mik- rowellengeräte als Tischgeräte ihren Siegeszug an. Bereits 1976 waren in 60% der US-Haushalte Mikrowel- lengeräte in der Küche anzutreffen.

In dieser Zeit erkannte Dr. Michael Collins die enormen Vorteile der Energieübertragung mittels Mikro- wellen für zahlreiche Anwendungen im Laboralltag. So entwickelte Mik- rowellen-Pionier Collins eine Reihe von unterschiedlichen Mikrowellen- Laborsystemen und gründete 1978 die Firma CEM. In der Folgezeit ha- ben bis heute mikrowellenbeschleu-

nigte Verfahren in weiten Bereichen des Laboralltages Einzug gehalten und traditionelle Methoden abge- löst.

In der organischen Synthese blieb der Einsatz von Mikrowellengeräten allerdings lange Zeit eine eher exotische Anwendung – das Ölbad mit dem Rundkolben war hier unan- gefochten das Standardequipment.

Der Grund hierfür war simpel: An- fängliche Syntheseversuche in um- funktionierten Haushaltgeräten scheiterten an der zu geringen Ener- giedichte, an der gepulsten Mikro- welleneinstrahlung, an der un- gleichmäßigen Energieverteilung („Mikrowellen-Chaos“) und an der unzureichenden Sensortechnik, um

*U. Sengutta

CEM GmbH, 47475 Kamp-Lintfort, Tel. +49-2842-9644-0

1 Im Discover 2.0 sind Mikrowellen- Synthesen auch bei hohem Druck möglich.

Bild: CEM

ULF SENGUT TA*

Chemie in

der Mikrowelle

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LABORPRAXIS  September 2020 35

Labortechnik  Synthese

reproduzierbare Versuchsabläufe zu beschreiben. Mittlerweile steht aber auch für den Bereich der Life Scien- ces, der kombinatorischen Chemie, für biochemische Reaktionen und der allgemeinen chemischen Syn- these mit dem Discover 2.0 eine neue Generation von Mikrowellen- systemen zur Verfügung, die spezi- ell für die Anforderungen der che- mischen Synthese entwickelt wur- den.

Vorteil Mikrowellen-Synthese Mikrowellenunterstützte Synthesen ermöglichen den Synthesechemi- kern ganz neue Wege zum ge- wünschten Produkt. Mit einem Höchstmaß an Flexibilität und bis- her nicht vorhandenen Kontroll- möglichkeiten der Reaktionspara- meter, ermöglicht die Mikrowellen- Chemie ein direktes Einkoppeln der Energie in die gewünschten Reakti-

onen. In kürzester Zeit wird die not- wendige Aktivierungsenergie der Reaktion zugeführt, was wesentlich schneller gelingt als unter traditio- nellen Reaktionsbedingungen. So sind Zeitverkürzungen um den Fak- tor 100 bis 1000 keine Seltenheit.

Die mikrowellenunterstützte Syn- these ist ein schneller und produk- tiver Weg zur gewünschten Subs- tanz. Viele Tausend Literaturstellen berichten von den Möglichkeiten dieser Technologie [1].

In Laboren wurden die Vorteile der mikrowellenbeschleunigten Synthese in Haushaltsmikrowellen oder in modifizierten Gastronomie- Mikrowellen bestätigt. Bereits Mitte der 1980er Jahre berichteten For- scher, dass sich die Reaktionszeit von mehreren Stunden auf wenige Minuten reduzieren lässt [2, 3]. Der systematische Einsatz für Versuchs- reihen scheiterte aber oft an den folgenden schlecht realisierten bzw.

nicht vorhandenen technischen Grundlagen: Keine Druck- und Tem- peratursensoren, keine Rührung, nur gepulste Mikrowellenenergie, ungleichmäßige Mikrowellenvertei- lung sowie eine zu geringe Energie- dichte für kleine Volumina [4]. Alle diese technischen Nachteile führten zu unreproduzierbaren Versuchsbe- dingungen [5].

Vielseitiger Geräteeinsatz Die fokussierte Mikrowellentechno- logie von CEM ermöglicht die Syn- these unter genau definierten und reproduzierbaren Bedingungen in der größten Mono-Mode-Mikrowel- lenkammer der Welt. Dabei wird kontinuierliche, ungepulste Mikro- wellenstrahlung fokussiert auf die Reaktionspartner gestrahlt. Dies gewährleistet eine gleichmäßige und homogene Mikrowellenener- giedichte. Aufgrund der speziellen,

• Die Literatur zum Text und weitere Informa- tionen finden Sie auf www.laborpraxis.de, Stichwort Mikrowel- len-Synthese.

• Besuchen Sie CEM auf der LAB-SUPPLY am 28. Oktober 2020 in Hamburg, weitere In- formationen unter www.lab-supply.info.

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LP Tipp+

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36 September 2020  LABORPRAXIS

Labortechnik  Synthese

von CEM patentierten geometri- schen Bauform der Mono-Mode- Mikrowellenkammer, kann jedes beliebige Reagenzienvolumen (1, 10 oder bis zu 100 ml) eingesetzt wer- den. Entgegen der üblichen Praxis bei älteren Technologien entfällt am Discover 2.0 ein manuelles „Tuning“

am Mikrowellengerät, d.h. das Mi- krowellengerät passt sich gezielt der Chemie an.

Nur im Discover 2.0 (s. Abb. 1) können drucklose, klassische Reak- tionsbedingungen mit der Leis- tungsfähigkeit des fokussierten Mikrowelleneintrags kombiniert werden. Das Gerät ist mit den Stan- dard-Glasbehälter kompatibel, z.B.

Rundkolben mit einem Volumen von bis zu 100 ml. Typische Aufsät- ze wie Rückflusskühler oder Tropf- trichter können in gewohnter Weise benutzt werden:

• Reaktionen optimieren – von Wirkstoff-Synthese bis zum Scale- Up;

• Zugabe von Reagenzien und Ent- nahme von Produkten möglich;

• Kompatibel mit Standard-Rund- kolben, Rückflusskühlern, Was- serabscheidern, Tropftrichtern und Rührern;

• Klassische Reaktionsbedingun- gen im fokussierten Mikrowellen- feld;

• Adaptoren der Mikrowellenkam- mer können für verschiedene Be- hälter einfach ausgetauscht wer- den.

Reaktion unter Druck...

Ergänzend zu den drucklosen Reak- tionsbedingungen können im Dis- cover 2.0 auch Reaktionen in Druck- behältern bei erhöhten Temperatu- ren erfolgen. CEM liefert hierfür Druckbehälter mit einem Volumen von 10, 35 und 100 ml (s. Abb. 1).

Ein Teflonseptum, welches zur Pro- benentnahme bzw. zur Zugabe von Edukten durchstochen werden kann, dichtet die Behälter ab.

Druckreaktionen oberhalb des at- mosphärischen Siedepunktes er- möglichen somit bisher nicht er- reichte Aktivierungsenergien durch die Temperaturerhöhung, die Wahl von alternativen Lösemitteln (auch niedrigsiedende) sowie durch inerte Reaktionsbedingungen [6]. Der in Abbildung 2 gezeigte Autosampler erlaubt den automatisierten Betrieb der Druckbehälter auch über Nacht.

Die Programmierung und Bedie- nung erfolgt platzsparend am Touch Screen des Mikrowellengerätes.

Das Discover 2.0 verfügt über eine ganze Reihe von Sensor- und Kont- rollmechanismen, um die Reaktio- nen sicher, reproduzierbar und kon- trolliert ablaufen zu lassen. Wesent- liche Reaktionsparameter sind die Echtzeitverfolgung von Druck und

Temperatur, das Kühlen während des Einwirkens der Mikrowellen auf die Reaktionspartner sowie das Rüh- ren der Probe. Das Discover 2.0 ver- fügt zudem über eine spezielle Kühl- funktion, um Reaktionen schlagar- tig abzubrechen. Dies unterbindet unterwünschte Nebenreaktionen und die Probe kann typischerweise nach nur zwei Minuten Abkühlzeit entnommen werden. Die spontane Abkühlung erfolgt durch das Einlei- ten von Druckluft in die Mikrowel- lenkammer. Durch das Entspannen der Druckluft wird der Reaktionsbe- hälter extrem schnell herunterge- kühlt. Um den optimalen Wirkungs- grad zu erreichen, richtet eine Düse die Druckluft direkt auf den Behäl- ter. Eine wesentliche Neuerung ist der Anschluss einer Kamera zur Beobachtung der laufenden Reakti- on. So können bspw. die Reaktions- kinetik und Farbumschläge beob- achtet werden.

... und bei Kälte

Die anfänglichen Synthesen mit Mi- krowelleneinsatz wurden typischer- weise mit heißen Reaktionsbedin- gungen von 200 °C und mehr ver- bunden. Erste Versuche bei erhöhter Raumtemperatur zur Kopplung von Aminosäuren zu Peptidketten zeig- ten aber auch den vorteilhaften Ein- satz der Mikrowellenaktivierung.

Nun wurde mit dem Umlaufkühler Cool Mate ein Zusatzaggregat entwi- ckelt, um bei gleichzeitiger Kühlung viel Mikrowellenenergie einzustrah- len. Die Reaktionsbedingungen wa- ren aber im Temperaturbereich von

< 0 °C, bei erhöhter Raumtempera- tur und bis zu 70 °C [6-27]. Einsatz- gebiete solcher Niedrigtemperatur- Reaktionen sind die Biokatalyse, Enzymreaktionen, Glycolysation, Hydrolasen, Kohlenhydratchemie, Butyllithium-Reaktionen und asym- metrische Reaktionen in der „kal- ten“ Mikrowelle. Dabei wird die ent- stehende Wärme mit einem speziel- len mikrowellentransparenten Kühlmedium abgeführt, sodass Reaktionstemperaturen im ge- wünschten Temperaturbereich blei- ben. Die Temperaturführung erfolgt direkt in der Reaktionslösung. Der Reaktionsbehälter ist doppelwandig konstruiert und ermöglicht so die Zuführung von Mikrowellenenergie bei gleichzeitiger Kühlung.  Christian Lüttmann, Redakteur

LP Info

2 Labormikrowelle mit Autosampler

Bild: CEM

DIE MIKROWELLE IM CHEMIE- PRAKTIKUM

CEM bietet für die Hochschulen Paketlösungen für die Ausbildung der Studenten an. Ein Praktikumsbuch mit elf Versuchen und die dazugehörigen Mikrowel- len-Laborgeräte können direkt im chemischen Prak- tikum für die Studenten eingesetzt werden. So sind u.a. folgende Versuche beschrieben: Diels-Alder-Re- aktion, Suzuki-Reaktion, Nucleophile Aromatische Substitution, Aldolkondensation, Williamson-Ether- synthese, Knoevenagel-Kondensation. Das Prakti- kumsbuch wurde von Prof. Dr. Cynthia B. McGowan und Prof. Dr. Nicholas E. Leadbeater verfasst.

Referenzen

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