Johannes Mand
schüler/innen mit Lernproblemen
Einleitung9
Lernprobleme sind ein weit
verbreiteterBegleiter schulischer Bildung und Erziehung.
Der Anteil
vonSchulversagern, der Anteil der Schüler, die auch nach Jahren des Schul-
besuchs kaum lesen,
schreibenund
rechnenkönnen, schwankt
vonGesellschaft
zuGe-
sellschaft und
vonEpoche
zuEpoche. In
Deutschlandscheint sich dabei nach Befunden
der PISA-Studie derzeit ein Schulsystem etabliert
zuhaben, in dem im Vergleich
zu an-deren
Nationenverhältnismälßig viele
Schüler/innenerhebliche Probleme im Lesen (Ar-
telt
u. a.2001, 102)
undauch im
Rechnen entwickeln(Klieme
u. a.2001, 169).
Lernprobleme sind also relativ, und
zwarin Abhängigkeit
vomSchulsystem,
vonregionalen und
vonepochalen
Faktoren.Die
Relativität vonLernproblemen ist in der deutschsprachigen ,Lernbehinderten-
pädagogik"
erstspät in ihrer Bedeutung für
Theoriediskussionund Forschung
er-kannt
worden. Ausgangspunkt der
herkömmlichenHilfsschulpädagogik ist das medi
zinische Modell, ein theoretisches Konzept, das für mehr als 100 Jahre die sonder
pådagogische Diskussion bestimmt hat. Nach Auffassung dieses
Ansatzessind
es vorallem
die Defizite
vonSchülern, die erklären,
w a r u mKinder
ander Schule
scheitern.Es verweist
auf
vermeintlichgravierende
Unterschiedezwischen ,lernbehinderten"
Kindern und ,normalen" Schülern und sichert Aufbau, Entwicklung und Bestand ei nes differenzierten Sonderschulsystems.
Das medizinische Modell spielt zumindest in der
Theoriediskussionseit
etwaMitte
der
90er Jahre des 20. Jahrhunderts keine
nennenswerteRolle mehr. Ein
neuerKon-
sens hat
sich herausgebildet, demzufolge
esnicht mehr
vertretbarist,
Lernbehinde-rung vorrangig oder gar
ausschließlichals Defizit, als Eigenschaft
von Schülern zuverstehen (Schmetz 1999, 137). Folglich lassen sich mit der Lehre
vonden Defiziten
ernbehinderter" auch keine Theorien oder
didaktischenKonzepte mehr
fundieren.Ernbehinderung" ist vieles:
vorallem ein Verwaltungsbegritf, ein schulorganisatori-
Scher Begriff, mit dem Schüler in die scheinbar für sie passenden
Schulenzugewiesen
werden sollen, bzw. mit dem der Einsatz
vonSonderpädagog/innen
im Gemeinsamenonterricht legitimiert werden kann, ein Begriff des pädagogischen Alltags, mit dem
ernde Lernprozesse verkiürzt und
verzerrtals
individuelles Problem vonSchü-
argestellt werden, ein seit Jahrzehnten heftig
umstrittenerBegritt der
wissen-artichen Diskussion. Aber eines ist ,Lernbehinderung" nicht:
eineEigenschatt
Chulern. Kinder, denen dieses Etikett verliehen wird, sind nicht
in einemperson- Erten Sinne ,lernbehindert", sondern sie werden
vonaufßen, meist
durch tami- are und soziale Verhältnisse, in ihrem Lernen behindert.21
Um welche Lernprobleme geht es?
Wenn man
versucht, Schuler
mitLernproblemen
zubeschreihen
halten:
Das Syndrom,
das heute mit.agogischer
Förderbedart im Bereich Lernen"benannt rie
Kernsymptome,
nämlich Probleme
imSchriftspracherwerh.
oehene Informationen, den Hauptgedanken von einfachen Texten zu lokalisierender eine
einfacheVerbindung Zw1Schen Informationen
aus dem Text und weit ver terem Alltagswissen herzustellen (Anforderungen Stufe I der Lesekompetenz).24
% dieserJugendlichen besuchen Sonderschulen,
50 % Hauptschulen (Artelt u. a.2001,
89; 103; 117). Obund
Wieschnell Kinder
das Lesen und Schreibenerlernen,
ist von einer
Vielzahl von Faktoren abhangig, u.
a. auch von den jeweils verwendeten Unterrichtsmethoden (Mand1999,
132 t.) und von emotionalen oder motivationalen Problemen(Kretschmann/Rose 2000,
221). EmpirischeUntersuchungen
haben bei Schülern der Schule türLernbehinderte
einen durchschnittlichen Entwicklungsrück- stand von mehr als zwei Jahren gegenüber Haupt- und Realschülern ermittelt (Wok-ken 2000, 496
f.).
Die Befunde streuen allerdings erheblich. Esgibt
also Sonderschü-ler, die sich mit Haupt-
bzw. Realschülern
einigermafaen messen können, und andere, die erhebliche Probleme haben. Manche Untersuchungen verweisen auf besondere Schwierigkeiten mit der Buchstaben-Laut-Zuordnung, also auf einen vergleichsweise frühbeeinträchtigten
Schreiblernprozess (Mand 2002 b).In der Lese-und Schreibentwicklung sind wie in allen anderen hier untersuchten Va-
riablen erhebliche
regionale
undepochale
Einflüsse zu erwarten. Allerdings sindgra- vierende Probleme in diesem Bereich ein durchaus aussagefähiger Befund, der mit weit- reichenden Folgen für die Planung und Durchführung von Unterricht verbunden ist.Kinder deutscher Muttersprache sollten im ersten Schuljahr nach derzeit gültigen Stan- dards z. B. einfache Wörter lautgetreu schreiben können. Ende des zweiten Schuljahres sollten neben einer verbesserten Kenntnis der Laut-Buchstaben-Beziehung eine Einbe-
ziehung einfacher Rechtschreibregeln begonnen haben (z. B. Schreibung von
St/Sp
amSilbenantang, Endung aut -er) und Wörter und kurze Sätze erlesen werden können. Bis Ende des dritten Schuljahres kommen komplexere Rechtschreibregeln (z. B. Dehnung)
und Herleitungsregeln (z. B. Auslautverhärtung) hinzu. Eigene kurze Texte sollten ver-
fasst werden können. Die Lesefertigkeit sollte sich weiter verbessert haben. Und wer
nach vier Schuljahren noch immer Probleme mit dem Erlesen nicht geübter, eintacher -
Texte hat, wer kaum in der Lage ist, z. B. einen kurzen einfachenText im Umfang von
drei bis vier Sätzen so zu verfassen, dass er lesbar ist, wer nach vier Schuljahren noch
immer eine Vielzahl von Lauten falsch verschriftet und nicht einfachste Rechtschreib-
dann lässt sich fest dem
etwasumständlichen Begriff ,sonderpä rpåd- umfasst zumindest dest zwei Probleme in der
1wicklung
desmathematischen Denkens. Dabei hat sich
auf derVerwaltungsebene problematische Auftassung durchgesetzt,
dass inbeiden de", ,umfängliche"
und,lang
andauernde"Ausfälle
zuerken ders formuliert: Kurztristige Lernprobleme rechtfertigen keine Förderung. Beschränken sich die Probleme aut den Schriftspracherwer schwerwiegen ssten. An- derpädagogische werb, spricht man
von Lese-Rechtschreib-Schwäche.schränken sich
dieProbleme
aufdie
des mathematischenDenkens,
Sospricht
man vonDyskalkulie, Hahen Icklung eßlich die
Lernprobleme ein solchesAusmaß,
dass einselbststandiges
Lebenaller Vorauseik ssicht
nach nicht möglich ist, dann geht man von »geistiger Behinderung" aus..Andere Merkmale können, müssen aber nicht hinzukommen. Wer
sich inchulen für
sogenannte Lernbehinderte aut die Suche nach Gemeinsamkeiten der dort tt
unter- richteten Schüler macht, dem werden in aller Regel als erstes Unterschiede auf der Verhaltensebene
insAuge fallen. Ohne hierzu genaue Zahlen vorweisen
zukönnen: in Schulen
fürLernbehinderte gelten
vielfach anderespielregeln
als z. B. inGrundschu-
len. ImUnterricht
istes lauter. Und
dieSchiler gehen aggressiver miteinander un, Mag sein, dass dies eine Folge der Konzentration von Problemschülern in einer Schul
form ist, mag sein, dass sich Sonderschulen in dieser Frage beträchtlich unterscheidenkönnen. Aber es ist doch nicht ganz von der Hand zu weisen, dass Verhaltensprobleme zumindest häufiger Begleiter von Lernproblemen sind. Man könnte diese Liste noch er
gänzen,
etwa mit dem Hinweisauf Kinder mit besonderen Problemen in der
Wahrneh-mung und Konzentration oder Schüler mit leichten motorischen Auffilligkeiten. Die derzeitige Verwaltungspraxis kann
mansicher unterschiedlich beurteilen. Man
könnte z. B.darüber diskutieren,
obKinder mit LRS (Lese-Rechtschreib-Schwäiche) oder Dyskalkulie (Rechenschwäche) tatsächlich
keinebesonderen Hilfen brauchen. Oder man
kann darübernachdenken,
ob an die Stelle der an Gutachtengebundenen
Verteilung zusätzlicher Mittel im Schulsystem (zusätzliche Lehrerstunden für den (uemeinsamen
Unterricht nur fürKinder,
deren Förderbedarf in einemdiagnostiscnen Verfahren festgestellt wurde)
nicht besser Modelle tretensollten, die
denArnteil r DCnuler
mitLernproblemen pauschal
schätzen und auf Basis dieserSchätzung Le en
undsachmittel
zuteilen. Man kann darauf verweisen, dass esnicht sinn 1St, in Verwaltungsverfahren
weiter so zu tun, alswürden Lernprobleme acdals
nyiduelle Eigenschaften,
aufdefizitäre
Persönlichkeitsmerkmalezurückgeheni sei die schulische Umgebung, in der sie auftreten, sei die Förderung, erheblich. DEgegnen versucht wird, für die Ausprägung der Schulleistungsprobleme u
regeln anwenden kann, bei dem liegen ernst zu nehmende Hinweise aut schulischeLernprobleme
vor, die integrationspädagogische Hilfen notwendig machen (zu Proble- men im Schriftspracherwerbvgl.
vertiefend Valtin in diesem Band).Probleme in der Entwicklung des mathematischen Denkens
Anwendungs-
und Transferschwierigkeiten im Lernbereich Mathematik gehörenebentalls
zum Kernbereich von Lernproblemen.Folgt
man den Befunden der PISA- Studie, s0 rechnen 17 % der 15jährigen Schüler auf Grundschulniveau (Stute 1). Wei-tere 7 % erreichen
diese Stufe nicht (Klieme u. a. 2001, 169 f.). Bei einigenErstkläss
lern
sind
die pränumerischen Operationen noch nicht hinreichendentwickelt (Men
generhaltung, Klassifikation, Reihenbildung usw.). Andere habenProbleme
in derEntwicklung des Zahlbegriffs. Schulz u. a. (1998, 409) haben in ihrer Replikations
SEudie
erneut bestätigt, dass ,lernbehinderte" Schüler der zweiten und drittenKlasse
roolememit
dem Abzählen, einen engen, an der Zahlenfolge orientiertenZahlbe-
tr
und
Probleme bei Mengenoperationen haben. Allerdings ist dieBedeutung struk-
turmathematischer Mengen- und Zahlbegriffe für den Antangsunterricht
unklar.
Wember(1988, 437 ff.) weist in der Analyse einiger Studien der neueren
Forschung
daraut hin, dass Kinder -anders als von Piaget angenommen l als Eine
Frage
istbislang
inTheoriediskussion und
Bildungspolitik zu Recht unbestritren:
Esist richtig, Schüler/innen
mitLernproblemen
besondere kommen zu lassen.Ordinalzahlaspekte
Probleme beim Schriftspracherwerb
Nach Befunden der PISA-Studie haben 9,3 % der untersuchten 15jahrige ricklich
23aber C erhebliche
Probleme damit,
eine odermehrere unabhang5
22früher erwerben
(Zahlen in ihren Beziehungen zu Vorgängern Zahlenreihe) als Kardinalzahlaspekte(Zahlen
alsBezeichnung
könne die Zahlinvarianz im
Sinne P1agets
weder als notwendigen
och.folgern der Menge). Auch Einen rechnerisch niedrigen Intelligenzquotienten erreichen z. B. Kinder, die die
von den Testleiter/innen vorgelesenen Instruktionen nicht oder nicht richtig verstehen können oder sich aus anderen Gründen nicht auf die Testsituation einlassen können oder wollen. Einen niedrigen Intelligenzquotienten haben auch Schüler, die Begriffe nicht so erklären können, wie dies die Testkonstrukteure vorsehen, also z. B. Kinder mit geringem Wortschatz, Kinder, die autgrund ihrer Sozialisation in anderen Kultu- ren oder Subkulturen eine andere Sprache sprechen als von der Schule erwartet. Ei- nen niedrigen Intelligenzquotienten haben aber auch Schüler, die nicht so schnell wieAltersgleiche einen Weg durch ein Labyrinth zeichnen können (eine Aufgabe aus dem
weit verbreiteten CFT 1). Wer Probleme im räumlichen Denken hat, schneidet in allerRegel in Intelligenztests nicht gut ab. Das gleiche gilt für Schülerinnen, die Konzen-
trationsprobleme haben, oder Schüler/innen, die einfach nur (z. B. aufgrund feinmo-torischer Probleme) langsam schreiben oder zeichnen. Hier ist es notwendig, Unter-
richt so zu planen, dass auch schwächere Kinder und JugendlicheLernerfolge
haben.Auf die mangelnde Aussagefähigkeit von Intelligenztestwerten ist schon oft hinge-
wiesen worden (vgl. z. B. Ahrbecku. a. 1993, 153; Eggert 1997, 31; Mand 1998,39).
Für denUnterrichtsalltag spielt
der1Q
von Schüler/innen zumindest keine be- ls de Bedingung für dasErlernen eintacher
elementarer Operationenverstanden Dinreichen werden.
also
wohlmöglich zumindest
in Teilen Bereiche, die für dasErstrechnen de nicht betreffen oder
Die beilernbehinderten" Schülern beobachteten Entwicklungsrücksr.
nur wenig bedeutsam sind.
Die
Forschungslage
zuEntwicklungsstorungen
imLernbereich
Mathem einige Lücken auf. Es tehltz.
B. einreprasentativer
Uberblickdarüber lWeIst
teil
jedes
Jahrgangs in welchen Bereichen und in welchemUmfane elcher
An-um welche
Lernprobleme
entwickelt. Dennochgilt:
Wenn Kindernach nd war
jahr nicht bis 20 zählen können und nach zweiSchuljahren
füreinfachste Ad aufgaben im Zahlenraum bis 10 Anschauungsmaterial benötigen, wenn nach dre
Schuljahren der Zahlenraum bis 20 noch immer nicht erschlossen ist und wenn nach dem vierten Schuljahr das Einmaleins noch eine unüberwindbare Hürde darstelltdann liegen, bei allen regionalen und epochalen Unterschieden,deutlicheHinweise
auf
Lernschwierigkeiten vor, die integrationspädagogische Hilfen notwendig machen
(zu Problemen in der Entwicklung des mathematischen Denkens vgl. vertieend Schulz in diesem Band). ions-deutsame Rolle.
Ob Sonderschule oder Gemeinsamer Unterricht, dass Lehrer/innen bei der Planung
von Unterricht den IQ ihrer Schüler zum Ausgangspunkt individueller Angebote
machen, ist heutzutage selbst bei ausgewiesenen Traditionalisten sehr ungewöhn-|lich. Intelligenz und Lernprobleme
Lange wurde angenommen, dass sich Schüler mit Lernproblemen vor allem hinsicht-
lich ihrerIntelligenz
von ihren nichtbeeinträchtigten
Mitschülern unterscheiden.Inzwischen weiß man:
Lernprobleme
lassen sich mitIntelligentests
weder zuverläs-Sig vorhersagen noch eignen sich Intelligenztestwerte für die Legitimation vonSchullaufbahnentscheidungen. Ursachen von Lernproblemen
Dies
alles
ist derdiagnostischen Diskussion
bereits seitJahrzehnten
bekannt. Imdia- gnostischen Alltag finden sich aber immer noch Lehrer/innen, die Schullautbahn- entscheidungen
auf der Basis vonIQ-Werten treffen.
Aus diesem Grund werdena
dieser Stelle noch einmalwichtige Argumente
derTestkritik vorgestellt. unachst
giltfur
dieErfassung
derIntelligenz,
was für alleVariablen gilt, mit ae n versucht wurde, ,Lernbehinderung"
zubestimmen:
Es werden nicht alleSchuie innen
einemIntelligenztest unterzogen,
umdiejenigen,
die amschlechtesten as , n donderschulen
zuüberweisen. Sondern:
Getestetwerden
nurSchuler, dic hebliche Schulleistungs-
undVerhaltensprobleme zeigen. Weil
aberUnterschieae
derpadagogischen Arbeit, Unterschiede
in derWahrnehmung
vonSchulversa rSChiedliche Gutachterqualitäten
dafür sorgen, dass beisehr unterschiede cind 1ern Lern- und Verhaltensprobleme diagnostiziert werden (Mand
2002 a,ne SCnuischwache Schüler
auchhinsichtlich
ihrerIntelligenz keine homogee nter Anders formuliert: Weder entwickeln
alleSchüler/innen
mit einem1 L.istungs
85(um
einenalten, längst überholten Grenzwert
zunennen) derartige probieme,
dass sie alle in derSchule
fürLernbehinderte anzutreffen nen auszu- durchschnittlich
oder garüberdurchschnittlich intelligente Sondersc ersuchungen schlielsen.
Es istdemnach nicht verwunderlich, dass
inempiris defizit
zuve Estgestellt wird, dass , Lernbehinderung" nicht
alsisoliertes Intelligenzu stehen
ist(Wocken 2000, 511).
Es istschwierig,
über die Ursachen vonLernproblemen allgemein
undpauschal
Aus-sagen zu treffen. Die Kernsymptome -Probleme in der
Entwicklung
desSchriftspra-
cherwerbs und im Erwerb des mathematischen Denkens -sind ebenso wie der Begriff Lernprobleme" relative Konstrukte. Und weil man aus sehr unterschiedlichen Grün- den Probleme in diesen Bereichen entwickeln kann, ist es nicht sinnvoll, mit einfa- chen Kausalmodellen zu arbeiten. An deutschen Schulen entwickeln Schüler aus allen sOzialen Schichten, Schüler beider Geschlechter und Schüler aus allen Kulturen Lern- probleme. Bei aller Unterschiedlichkeitgibt
es dennocheinige
vergleichsweise deutli- che Zusammenhänge, auf die an dieser Stelle hingewiesen werden soll.Es gibt zunächst einen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Lernpro
blemen.
Auf dieBedeutung
sozialer Faktoren für die Entstehung von Lernproblemenhat
seit den 70erJahren
eine Vielzahl von Studien hingewiesen (zusammentassend Mand 1996; Klein 1999; neuereBelege
bei Wocken 2000; Baumert/Schümer 2001).Allerdings
kann man auch in diesem Bereich nicht von einfachenErklärungsmodellen ausgehen.
Denn Kinder aus sozialen Randgruppen stellen zwar beträchtliche Anteile der Schüler von Schulen für Lernbehinderte (Untersuchungen sprechen von bis zu 85 Prozent; z. B. Iben 1971, 26), aber nur eine Minderheit der Schüler aus diesen Grup-pen
besucht eine Sonderschule. Mit dem Deutungsmusteransatz (Eberwein/Mand1992)
oder mit Bourdieus Theorie des kulturellenund sozialenKapitals (Bourdieu 1982;
1983) lassen sich dieAngaben
darüber präzisieren, welche Faktoren bei der so-Z1alen
Benachteiligung wirksam werden. Beim Deutungsmusteransatz ist es nichtmehr die Herkunft aus der sozialen Unterschicht, die erklärt, warum so viele Kinder
schnei-
in in-
nd
25 24
aus sozialen
Randgruppen ander Schule
scheitern, sonderninder entwic
Lernprobleme in
der
Schule, weiles dort
nichtgelingt, angenmecea
aufdie Deutungs-
muster, Situationsdefinitionen
und
Handlungsmuster derLehener
punkt" einzugehen.Oder es
sindnicht eintach
Kinder ausde die Lernprobleme entwickeln, sondern Kinder
ausFamilien mit
und kulturellem Kapital. Zusammentassend
gilt:
treiligung auch immer bevorzugt wird: Die soziale und kulturelle Dimension o
mert/Schümer 2001,
372 t.). Die schlechten Schulleistungen
v o n Migrantenkindern gehen demnach vor allem aut Sprachprobleme zurück. Es ist aber anzunehmen, dassProbleme
auch dannentstehen
können, w e n n in der Herkunftskultur abweichende Deutungsmuster, Situationsdefinitionen, unterschiedliche Normen und Werte etabliert sind oder die Kinder inschul- oder schriftternen
Familien aufwachsen und w e n n a n -dere Gesellschaftstormen und Produktionsweisen vorherrschen.
Fazit: Die Ursachen von Lernproblemen können von Region zu Region, von Schule
zu Schule, manchmal auch v o n Klasse zu Klasse sehr unterschiedlich ausfallen. Dabei werden offensichtlich verschiedene Faktoren wirksam, die sowohl Schüler- wie auch
swelt ,sozialer Brenn- ialen Unterschich
nicht, gering sozialem sozialen Ben nach- Welche Theorie de
Lern-
problemen ist vergleichsweise klarbelegt.
Wer in sozialen Brennpunkten Oder in raminen mit geringenm sozialem und
rellem Kapital aufwächst, hat in der Kegel schlechte Chancen in der Schule
PISA-Untersuchungen haben gezeigt, dass der usammenhang von sozialer Hor Lunft
undSchulerfolg
in keinem anderenLand so eng
ist wie inDeutschland. O6
fensichtlich ist das deutsche Schulsystem nicht in der Lage, Kinder aus sozial rand ständigen Familien angemessen zu tördern.
Lehrervariablen einschließen.
Nach Stand der Forschung ist davon auszugehen, dass Lernprobleme in vielen Fäl- len eine soziale Dimension (Lernprobleme als Folge sozialer Benachteiligung), eine Geschlechtsrollendimension (Lernprobleme als Folge der Benachteiligung schul- schwacher und auffälliger Jungen) und eine kulturelle Dimension haben
(Lernpro
bleme als Folge von Benachteiligung v o n Migrantenkindern).
Zweitens scheint das Geschlecht einen erheblichen Eintluss auf die Entwicklung Lernproblemen auszuüben. Bei Jungen werden haufiger Lernprobleme diagnostizic als bei Mädchen. Nach Analyse von Schildmann (2000 a, 36) sind 62 % der Schüler der Schule für Lernbehinderte Jungen. In der PISA-Studie stellen Jungen einen Anteil von etwa 65 % der Jugendlichen, die mit 15 Jahren Stufe I der Lesekompetenz nicht erreichen (Stanat/Kunter 2001, 261). Befunde wie diese werden in der Frauenfor- schung vor allem mit Hinweis auf die Verhaltensebene interpretiert. Schildmann (2000 b, 168 f.) verweist auf den hohen Anteil von Lehrerinnen in Grund- und Son- derschulen (etwa zwei Drittel) und erklá
schlechtervorstellungen auf der Seite der Pädagog/innen und mit schwierigen Identi tätsfindungsprozessen bei den Schülern. Die über weite Strecken abwesenden Väter und das
weitgehende
Fehlen männlicherIdentifikationsfiguren
imKindergarten und
in den ersten
Jahren
der Schule sollen zu Lern- undVerhaltensproblemen von Schü
lern beitragen. Man muss vor dem Hintergrund der Forschung zum Lehrerurteil iber Verhaltensprobleme ergänzen, dass in der Wahrnehmung auffälligen Verhalrens dar:
über hinaus auch erhebliche Unterschiede zwischen Männern und
Frauen festzustellen
sind. Lehrerinnen erkennen mehr geschlechtsspezifische Unterschiede zwischen chu
lerinnen und Schülern, sie halten mehr Schüler für verhaltensauffällig und veranlasauch häufiger eine Úberweisung von Jungen in Sonderschulen (ein Uberblick D
Mand 1995, 22 f.). Wie man auch immer die Befunde deuten möchte: Ein aeutuEinfluss von Geschlechtsvariablen auf die Entstehung von Lernproblemen ist in ci
Vielzahl von Studien belegt. Und die Ergebnisse deuten auf eine Benachteilhgun
Schulschwachen und auffälligen Jungen hin (vgl. auch Preuss-Lausitz 1999, 1Drittens können Lernprobleme auch als Migrationsfolge verstanden werae
Anteil von Migrantenkindern in der Schule für Lernbehinderte fällt im Vergl
geischulen seit Jahren zu hoch aus (Kornmann u. a. 1997). Die PlSA-)tt wsr ur enen Zusammenhang von Migration und Problemen im Lesen,Von
Die in einer Vielzahl von Studien zusammengetragenen Daten z u r Verursachung von Lernproblemen sind dabei nicht mit monokausalen Modellen vereinbar.
Diagnostische Tätigkeit im
UnterrichtEine der wenigen Erkenntnisse, auf die m a n sich als Lehrer/in sowohl im Gemeinsa- men Unterricht als auch in der Sonderschule stützen kann, ist die Unterschiedlichkeit
der Lern- und Verhaltensvoraussetzungen. Wesentliche Bedingung für eine ertolgrei- che Arbeit an Lernproblemen ist deshalb eine gute diagnostische Tätigkeit, genauer:
eine an Forderungen der Lernprozessdiagnostik orientierte Arbeit. Wichtige Instru-
mente der Lernprozessdiagnostik sind dabei vor allem teilnehmende Beobachtung, Gespräche und Fehleranalyse (Knauer 1995, 291; Eberwein 1998, 194 f.; Mand 1998, 42 f.). Ergebnisse aus der lernbegleitenden Diagnostik sollen in Förderplänen,
Karteikartensystemen oder in Pädagogischen Tagebüchern dokumentiert werden (Landesinstitut für Schule und Weiterbildung NRW 1995, 20 f.; Eggert 1997, 267 ff.).
die Befunde mit der Wirkung tradierter Ge-
Teilnehmende Beobachtung
Dass es wichtig ist, Schüler/innen mit Lernproblemen genau zu beobachten, klingt
aut den ersten Blickk selbstverständlich. Tatsächlich handelt es sich aber u m eine a n -
spruchsvolle Tätigkeit.
Das Problem besteht zu großen Anteilen in der Selektivität der Beobachtung (Eber
wein 1998, 195), d. h. wir nehmen immer n u r Ausschnitte des Gesamtgeschehens
wahr. Viele
Lehrer/innen registrieren v o r allem Verhaltensweisen, die siekennen und
die mit ihren Erwartungen übereinstimmen, insbesondere als störend und negativ
empfundenes Verhalten. Und sie können dabei andere wichtige Signale übersehen.
Eine um wenige Minuten längere Konzentrationsphase als sonst, eine Unterrichts-
Stunde mit
etwas weniger Unterrichtsstörungen, ein selbst vertassterText,
der etwasanger
ist als üblich oder etwas weniger Fehler enthält, ein mathematisches Problem, das sich etwas leichter erschließt, dies alles können wichtige Hinweise und Ansatz- athe-nd,
bleibenu n t e r Stute I
Ist sich ach nem
Elternha narten und
im Problemlösen. 20 % derJugendlichen,
dieau nem Elternhaus kommen,
in dembeide Eltern zugewandert
er Lesekompetenz,
50 %überschreiten nicht
dieStufe
I. Dabeierwc diyse der Autor/innen
weder die sozialeLage noch
diekulturelle
Distanz der Fami-
vielmehr die Beherrschur der
d e u r -
den Niveau (Bau-
lien als
solche verantwortlich. Entscheidend 27
Schen
Sprache
auf einem demjeweiligen Bildungsgang entsprce
26
punkte
für die weitere Förderung sein. Und deshalh ict die tung auf Situationen, in denen Lernen gelingt, eine erste wichtigeEine wesentliche Rolle bei der
Beobachtung spielt zweitens das Problem
Ausrichtung« Beobach-
egel für die
lern-
prozessdiagnostische Arbeit.
Das pädagogische Tagebuch
Das Tagebuchbuch ist eine verhältnismäßig einfache und wenig aufwändige Form der Dokumentation der Lernentwicklung (Landesinstitut füir Lehrerbildung 1995, 19), ob pro Schüler ein Schreibhett angelegt wird, ob dergleichen in einem Ordner pro Klasse gesammelt wird, oder ob man mit Karteikartensystemen oder mit dem Computer arbeitet. Wichtig ist, dass so dokumentiert wird, dass vor allem positive Lernentwick
lungen
und dieBedingungen dieser Entwicklung sichtbar
werden können. Daspädagogische Tagebuch
soll dabeihelfen,
mitpädagogischen Handlungsmustern
zuexperimentieren,
sie zuüberprüfen,
weiter zu entwickeln odergegebenenfalls
zu ver- werfen (Buschbeck 1995, 272).In ein Tagebuch gehören Schülerarbeiten, die besonders aussagekräftig sind (Texte, Zeichnungen, Diktate). Das Tagebuch wird durch sie lebendig. Es entsteht so über ei-
nen
längeren Zeitraum eine geordnete Zusammenstellung der wichtigen Arbeiten
ei-nes
Schülers.
Wesentlich für diepädagogische
Arbeit sind weiterBeschreibungen
vonSchlüsselsituationen. Vieles von dem, was in Schule und Unterricht Tag für Tag pas- siert, gehört dagegen nicht oder nur in kurzer Zusammenfassung in das pädagogische Tagebuch. So ist es z. B. in der Regel nicht notwendig, den volständigen Verlauf des Unterrichts zu dokumentieren oder alltägliches Schülerverhalten festzuhalten. Das
pädagogische Tagebuch
soll also nichtunbedingt
das Verhalten eines Schülers in allenseinen Einzelheiten beschreiben. Sondern
esgilt: Wichtiges
wirdausführlich
doku-mentiert,
Unwichtiges
kannzusammengefasst
oderweggelassen
werden.jektivität (Eberwein
1998, 198f. d. h. jeder
nimmt anders undder
anderes wahr hat e Sub-
gen und Erlebnissen gesetzt
gene Deutungsmuster. Denn um das, was beobachtet wird,
ss
dasBeobachtete
inBeziehung
zu eigenenErfahrungen
undErlel
werden (Schüiz 1991, 156).
Wer
verstehen will,
wieSchüler sich verhalten,
muss ihreLebenswelt
undiht
Erfahrungen kennen.
Nach
Darstellung
vonEberwein (1998, 200)
ist esdeshalb wichtig,
Veralerungen,
Pauschalurteile
undendgültige formulierungen (so genannte Ist-E ne
gen) zu vermeiden. Interpretationen (Beurteilungen) sollten erst nach einlierun Beobachtung
formuliert werden. Und man sollte sie soformulieren,
dasssie ren
bar und
revidierbar bleiben,
da sieautgrund
derVeränderung
undWeiterentwicki
von
Kindern
nurvorläufigen Charakter haben.
Hinzukommt,
dassverschiedene Be
obachter
oftmals zuunterschiedlichen Einschätzungen gelangen.
Wie kann man im
schulischen Alltag
auf derlei Problemeeingehen? Erstens
ist esmöglich, Beobachtung
zu erlernen. Gemeinsam mit ertahrenenKolleg/innen
Unter richtbeobachten,
sich darüberaustauschen,
was sich in derbeobachteten Stunde
e reignet
hat und wie dies zuinterpretieren
sei, kannauiserordentlich
nützlich sein. Eine zweiteStrategie greift
eine in derqualitativen Forschung
verbreiteteLösung
von Vali-dierungsproblemen
auf: InForschungszusammenhängen
versucht man denEinfluss
von
Beobachterfehlern einzuschränken,
indem man inverschiedenen Situationen
mehrereBeobachter
einsetzt und dann dieErgebnisse vergleicht.
Auf denSchulalltag angewendet
bedeutet dies: Es istsinnvoll,
sichregelmäßig
mitdenjenigen Kolleg/in-
nen
zusammenzusetzen,
die diejeweilige Lerngruppe
kennen.rigier
Fazit: Die Heterogenität von
Lernproblemen,
dieWirkung
unterschiedlicher Fak- toren bei ihrer Verursachung machen es im pädagogischen Alltag unverzichtbar, festzustellen, welche Lernprobleme in jedem einzelnen Fall vorliegen und Thesen darüber zu entwickeln, was diese Schüler brauchen, damit sich ihr Lernen positiv entwickeln kann.Eine erfolgreiche
Arbeit anLernproblemen
setzt demnach eineintensive lernbegleitende Diagnostik voraus.
Gute Beobachtung erfordert also einen regelmäßigen kollegialen Austausch über
die
Entwicklung
derSchüler, besser
noch einegemeinsame Analy
Probleme der
Lernentwicklung
und einegemeinsame Formulierung
von Zielen derpädagogischen Arbeit.
Unterrichtsgestaltung
der wichtigsten
Ziele und inhalte des Unterrichts
Ziel-Inhaltsentscheidungen
gehören
zum Kernbereich des Unterrichts. Erfordern Lernprobleme besondere Ziele oder besondere Inhalie?Man hat dies lange so praktiziert, aus vermeintlichen Defiziten von ,Lernbehinder- ten" besondere Ziele abzuleiten: Lebensbewährung (Bleidick/Heckel 1970, 52 ff.) et-
wa,
Selbständigkeit
(Klauer 1975, 78) oder Erwerbswilligkeit und Erwerbstähigkeit (Bach 1976, 19ff.).
Und letztlich ist auch die n e u e r e Diskussion um Förderbereiche und Förderschwerpunkte (Berndt-Schmidt u. a. 1995, 326 f.) nichts anderes als der Versuch, einenKatalog
von für die Arbeit mit ,behinderten" Kindern besonders rele-vanten
Zielen zu entwickeln. Nach dem Paradigmenwechsel in der Sonderpädagogik1st
esaber
nicht mehr möglich, Ziele für die Arbeit mit ,behinderten" Kindern und Jugendlichen aus deren Defiziten ableiten.Ziele
müssen in der diagnostischen Arbeit mit diesen Kindern entwickelt werden.Und es ist dabei vergleichsweise unerheblich, ob das, was ein konkretes Kind braucht,
Fehleranalyse
An stand der Fehleranalyse aer dchuler (vgl. Straßburg SCnlusseln,
nicht darumd.h. weiteres
dieFehlannahmen
umwichtiges festzuhalten,
den Sinn derdiagnostisches
dersind wann1998, 209). fehlerhaften Schüler vielmehr
einhinsichtlich Schüler welche Instrument Aufgabenverständnis
EsLösungsversuche gilt
die desist dieLogik Unterrichtsgeeu
FehlerFehleranalyse. Hier
der zumacnt entdeck , Fehler" und Losung
zutod ectrategien ve
es Gegen-ehen. geht
en, Und
Wge
2ufinden, Schüler/innen
dabeizu helfen,
ihreFehlannahme
korri-Fehr
gieren
und neue,sachgerechte Lösungsstrategien zuen iduelle
Lernnii
29Bundschuh 1998, 172 rehlannahmen ermöglichen individuelle Lernhilren
28
vermeintlich ,sonderpäd-
nnen, die vor
atalogen zugeen brauchen Hilfen
indiesem Bereich.
en
erden kann. Schül zufällig alten
S o n d e r a n t h r o p o l o g i e n
entspricht oder n e u e n
Probleme
chen"
in den Kulturtechnikenhaben,
brauchen Hilfen indieo.
nlrurtechnht eben
nicnarum, den Unterricht
so zuorgani
Aufgabe an den Pädagogen besteht
eben
nicht darin, bestimmivon vornherein auszuschlie!sen, sondern es
geht
darum, denUnters
sieren, dass alle Kinder, in Kooperation miteinander auf
ihre
lungsniveau an und
mit einem
gemeinsamen Gegenstand spielen.ikönnen (Feuser 1999, 95).
Für Schüler, die im vierten
dchuljahr
soschreiben,
wie dies Erstklässlaallem
Von der Vorstellung, didaktische Modelle ließen sich über Sonderanthropologien fundieren, von derVorstellung,
es gebe besondere, nur für die sonderpädagogische Arbeit geeignete Methoden, hat die sonderpädagogische Diskussion mit gutem Grund abgelassen.halte, Fächer
0. Aniteinander
autihrem jeweiligen Entwick.
der.
inKooperdnen Gegenstand spielen,
lernen undarbeiten
Aber was bleibt?Damals wie heute gilt, dass Unterricht mit schulschwachen Kindern und Jugendli- chen wie Unterricht generell - Unterricht für Schüler in heterogenen Lerngruppen ist. Klafki (1991, 175 f., 181) hat in seinen,,Neuen Studien zur Bildungstheorie und Didaktik" eindrücklich darautf hingewiesen, dass heterogene Lerngruppen vor allem ein Argument für innere Differenzierung sind. Innere Differenzierung (Binnendifferen- zierung) soll dabei der Zielsetzung der optimalen Förderung aller Schüler dienen, die Entwicklung verschiedener Persönlichkeitsdimensionen unterstützen, die Selbststän-
digkeit fördern und die Fähigkeit zum bewussten sozialen Lernen und die Fähigkeit
zur Kooperation entwickeln. Klafkis Begriff der inneren Differenzierung
liegt
dabeinahe an dem in der integrationspädagogischen Diskussion stärker etablierten Begriff der Individualisierung (Werning 1996, 467). Beide Begriffe beziehen sich darauf, dass die Lernbedürfnisse aller Schüler einer Lerngruppe berücksichtigt werden sollen. Es ist allerdings etwas anderes, vergleichbare Schüler/innen einer Klasse zu Gruppen zu-
sammenzutassen und nur diesen Lerngruppen gestufte Lernangebote zu machen, als den Unterricht auf die individuellen Lern- und Verhaltensvoraussetzungen jedes ein- zelnen Schülers auszurichten. Innere Differenzierung ist beides: Die Ausrichtung des Unterrichts auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Lerngruppen und die Ausrichtung des Unterrichts auf die Lernbedürfnisse jedes einzelnen Schülers. Individualisierung bezieht sich dagegen ausschließlich auf den zweiten Fall: Unterricht, der von den
indi
viduellen Lern- und Verhaltensvoraussetzungen ausgeht, z. B. bei Kindern mit inte- lektueller Beeinträchtigung (vgl. Podlesch in diesem Band).
Und so gibt es keine ausschlieSlich für den Unterricht mit ,Lernbehinderten" geeig-
neten Unterrichtsmethoden, sondern Unterrichtsmethoden lassen sich danach
beurtei
len, ob und in welchem Umfang sie Möglichkeiten z u innerer Differenzierung bzw.zur Individualisierung bieten. Dabei sind nicht alle Ebenen methodischen Handelns in gleicher Weise bedeutsam. Unterscheidet m a n mit Meyer (1994, 116 ff.) in Sozial- formen, Handlungsmuster,Unterrichtsschritte und methodischeGroßtormen,so ist es z. B. vergleichsweise unerheblich, in welchen Unterrichtsschritten der Unterricht ver-
läuft (z. B. Einstieg - Erarbeitung - Ergebnissicherung - Ubung). Dagegen lassen sich sehr wohl für den Unterricht in heterogenen Lerngruppen geeignete und weniger ge- eignete Sozialformen unterscheiden.
Wenn z. B. Schüler im Rahmen oftener Unterrichtstormen allein arbeiten, wenn sie mit einem Partner oder in der Gruppe arbeiten, sind unterschiedliche Aufträge, unter schiedliche Arbeitsblätter oder auch Unterschiede in den Leistungs- und
Verhaltens
anforderungen leicht in den Unterricht einzubauen. Man kann den Spielraum, der während Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit entsteht, für gezielte Förderangebote an einzelne Schüler oder Gruppen von Schülern nutzen, also Sozialformen kombinieren.Etwa so: Die einen bearbeiten Aufgaben aus ihrem Wochenplan, den anderen wird die schriftliche Addition noch einmal erklärt. Dagegen ist es sehr schwierig, lehrer-
zentrierten Klassenunterricht so zu gestalten, dass alle Kinder gleichzeitig protitieren.
Unterricht in heterogenen Lerngruppen sollte also möglichst in geringem Umtang mit rontalunterricht" arbeiten. Die Sozialformen ,Einzelarbeit" und ,Partnerarbeit"
oder,
Gruppenarbeit" erlauben dagegen weit besser auf unterschiedliche Lernvoraus- er tun, müssenFür Fach
Schüler,
Deutsch
ae
andere Ziele formuliert werden als für die meistenanderen Kinder
der Klasse. Für Schüler, die
sich
inder gleichen
Klassenstufe noch im7a
20 bewegen, sind im Lernbereich Mathematik andere 2Ziele und
meistes
Inhalte bedeutsam, als tür die
meisten
>chuler der Lerngruppe. Aberes
den Unterricht so zu organisieren, dass trotz Binnenditterenzierung ein Gegenstand erkennbar wird.
Die Ausrichtung an individuellen Zielen ist im Ubrigen
keineswegs aucechi. u
für schulschwache Kinder und Jugendliche sinnvoll. Nur die wenigsten
Kinder
im
mer
im Gleichschritt.
lndividuelle, auf den erreichten Entwicklungsstand abgestufte Lernangebote helfen
also allen Kindern, den langsamen Lernern ebenso wie durchschnittlichen oder überdurchschnittlichen Schülern.
Unterrichtsmethoden
Auch methodische Prinzipien wurden in der deutschsprachigen Sonderpädagogik lange Zeit aus vermeintlichen Eigenschaften von Hilfsschülern abgeleitet: Ob es die nach wie vor praxiswirksamen Forderungen von Stoetzner sind nach einem anschau-
lichen, abwechslungsreichen
Unterricht mit einemVorgehen ,Schrittchen
für Schrit-chen (Sroetzner 1864, 16) oder die mehr als einhundert Jahre später entwickelten
Unterrichtslehren von Bleidick/Heckel (1970) oder Bach (1976). Die Argumentati-onstigur bleibr immer die gleiche. Es ist die vermeintliche Abstraktionsschwäche der ,Lernbehinderten", die einen anschaulichen Unterricht notwendig macht, es ist ihre vermeintliche Vergesslichkeit,
die Unterricht mitständigen Wiederholungen ertor dert, es ist
ihre vermeintlicheAntriebsarmut,
der mitdurchgängig motivierendem Unterricht begegnet
werden soll. Weil,Lernbehinderte" angeblich langsamer lernen St
ein ganzheitlicher undakzentuierter
Unterrichtnotwendig.
Weil sie nuran uc Dingen
interessiert seinsollen,
die für sie inirgendeiner
Hinsichtlohnen
. e einen bedürfnisbezogenen Unterricht (Bleidick/Heckel 1970, 7911., Bach 1976 ff.).
Die Schule 1eern
fürLernbehinderte
insehr unterschiedlichen
war und ist eine Schule für Schulen ausunterschiedlichen runac ,Schulversag
r". UndSn, dass es
Schülergibt,
die z. B. von einemVorgehen »Cn
mit fir Schrittchen"profitieren können,
aber diesgilt keineswegs
rurLernbeeinträchtigungen.
Es ist gutmöglich,
dass das eneoaci Schiler
sycho- indi
nen Diskussion entlehnte Trainingsprogramm
füreinigeC
ert
geeignet. 1st. Aber es ist nicht für alleSchüler
mitLernschwierigkeiten B
3130