• Keine Ergebnisse gefunden

Predigt beim Gottesdienst zur Sendungsfeier in den pastoralen Dienst der Diözese Linz im Linzer Mariendom.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Predigt beim Gottesdienst zur Sendungsfeier in den pastoralen Dienst der Diözese Linz im Linzer Mariendom."

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Effata – Öffne dich

Predigt beim Gottesdienst zur Sendungsfeier in den pastoralen Dienst der Diözese Linz

22. September 2019, Mariendom Linz

Wir sind jetzt bei einer „Sendungsfeier“. Ist das etwas für Privilegierte, für eine Elite? Anders gefragt: Was habt ihr, die Gesendeten, was andere nicht haben? Ich glaube, dass jeder Mensch in seinem Leben einen Auftrag, eine Sendung zu verwirklichen hat. Es gibt keinen unnützen oder gar nutzlosen Menschen. Wir können unseren Lebensauftrag leider verfehlen, aber wir können ihn auch finden und allmählich verwirklichen. Jeder Christ, jede Christin ist eine Mission, so schreibt Papst Franziskus in Evangelii Gaudium: „Die Mission im Herzen des Volkes ist nicht ein Teil meines Lebens oder ein Schmuck, den ich auch wegnehmen kann; sie ist kein Anhang oder ein zusätzlicher Belang des Lebens. Sie ist etwas, das ich nicht aus meinem Sein ausreißen kann, außer ich will mich zerstören. Ich bin eine Mission auf dieser Erde, und ihretwegen bin ich auf dieser Welt. Man muss erkennen, dass man selber ‚gebrand- markt‘ ist für diese Mission, Licht zu bringen, zu segnen, zu beleben, aufzurichten, zu heilen, zu befreien.“1 Ihr alle, die ihr heute gesendet werdet, seid von Gott Berufene. Mit der Bereit- schaft, euch senden zu lassen, zeigt ihr den Mut und das Zutrauen, diesen Ruf in euch zum Klingen zu bringen, ihn weiterzutragen und so eure Berufung zu leben. Durch euer Tun bringt ihr Licht, ihr segnet, ihr belebt, ihr richtet auf, ihr heilt und befreit.

Sendung wozu?

„Gloria Dei vivens homo; vita autem hominis, visio Dei.“ – „Darin besteht die Herrlichkeit Got- tes, dass der Mensch Leben in Fülle hat. Und dieses Leben besteht in der Teilhabe am Leben Gottes.“ (Irenäus von Lyon)2 Es ist die Sendung Jesu, dass wir Leben haben und es in Fülle haben. Ihr sollt Freunde des menschlichen Lebens in allen seinen Dimensionen sein: Freunde des gesunden und des kranken, des jungen und alten, des entfalteten und des behinderten, des irdischen und des ewigen Lebens. Ihr seid gesendet zu Kindern und Jugendlichen, älteren, kranken, pflegebedürftigen und auch sterbenden Menschen, ihr begleitet Frauen mit Totge- burten. Lebensräume zu eröffnen, das ist eure Sendung bei Studierenden, Arbeitssuchenden und bei Lehrlingen. Junge brauchen zu einem erfüllten Leben eine Lebensrichtung, eine Lebenstiefe, Lebenskraft, ein „Warum“ im Leben. Und sie brauchen einen Lebensplatz.

„Lebensplatz“ ist analog zum „Arbeitsplatz“ mehr als nur „Leben“, so wie ein Arbeitsplatz mehr als nur Arbeit ist. Es ist eine Verankerung im Leben mit wichtigen Bezugspersonen, mit wich- tigen Tätigkeiten, mit dem Wissen um Zugehörigkeit. „Du kannst etwas! Wir brauchen dich! Du gehörst dazu!“ Junge Menschen brauchen Anerkennung durch Gruppe von Gleichgestellten, Anerkennung durch BegleiterInnen, Anerkennung durch Gruppen, denen sie angehören, Anerkennung durch erbrachte Leistung. Ermächtigung zum Leben, neudeutsch sagt man dazu

„empowerment“, dazu gehört frei nach Siegmund Freud und Dorothee Sölle, dass Menschen lieben und arbeiten können.

1 Papst Franziskus, Apostolisches Schreiben EVANGELII GAUDIUM über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute, (VApS Nr. 194), Bonn 2013, 273.

2 Adversus haereses IV, 20,7 (=SChr. 100/2, 648).

(2)

In Seelsorge, Jugendpastoral, Religionspädagogik und Begleitung braucht es Menschen, die nicht nur an sich selbst und der eigenen Autonomie in erster Linie interessiert sind, sondern

„generative Menschen“ sind, also Menschen, die selbst auf festem Grund stehen, Vertrauen vermitteln und Freude am Blühen anderer haben. Generativen Menschen geht es nicht nur um die eigene Selbstbehauptung. Ihre Energien, ihre Zeit sind nicht durch die eigenen Interessen besetzt. Es handelt sich um nichts Geringeres als um die Kunst der Lebensweitergabe: „Der erwachsene Mensch hat es nötig, benötigt zu werden, um nicht der seelischen Deformierung der Selbst-Absorption zu verfallen, in der er zu seinem eigenen Kind und Schoßtier wird.“3 Ohne generative, schöpferische Fürsorge und Verantwortung für andere, verarmt das Leben, es stagniert.

Nähren – Heilen – Befreien

„Menschensohn, gib deinem Bauch zu essen, fülle dein Innerstes mit dieser Rolle, die ich dir gebe! Ich aß sie und sie wurde in meinem Mund süß wie Honig.“ (Ez 3,3) Nahrung brauchen wir auf allen Ebenen: Die Kirchenväter zum Beispiel haben sich immer wieder Gedanken da- rüber gemacht, was die Seele braucht. Auch die Seele braucht Nahrung, denn die Seele wird von dem geformt, was in sie hineinkommt. Auch die Seele muss wachsen. In der Literatur der Kirchenväter sind es drei Dinge, die immer wieder genannt werden:

Die Seele braucht Ruhe. Die Seele muss zur Ruhe kommen können, braucht Zeiten der Stille, braucht Freiräume, in denen wir uns nicht gehetzt und gedrängt fühlen, unter Druck und Zwang. Diese Räume und Zeiten können wir suchen, gerade am Anfang und am Ende eines Tages. Als Gesendete sollt ihr MystagogInnen sein, die hinführen zum Geheimnis Gottes, BegleiterInnen beim Lernen des Betens in allen Lebenssituationen und Altersstufen.

Die Seele braucht Schönheit. Die Seele braucht Nahrung – sie wird genährt durch einen Blick auf Blumen, ein Erleben der Natur, ein gutes Buch, eine berührende Symphonie. Ich will all das – und noch vieles mehr – „Schönheit“ nennen. Die Seele braucht diese Nahrung des Schönen. Diese Nahrung darf nicht einseitig sein, diese Nahrung braucht Maß und Umsicht.

Hier kann sich die Sorge um die Seele niederschlagen in einem Willen zum Schönen, in der Freude am Schönen. DienerInnen und MitarbeiterInnen der Schönheit und der Freude sollt ihr werden.

Die Seele braucht die Nahrung der Freundschaft, der Freundschaft mit Menschen, Freund- schaft mit Gott, Erfahrungen von Güte. Thomas von Aquin sieht Gnade ganz wesentlich als Freundschaft mit Gott. „Ich nenne euch nicht mehr Knechte. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.“ (Joh 15,15) Die wohl wichtigste Selbstaussage der Kirche über ihr eigenes Wesen findet sich im II.

Vatikanischen Konzil: „Die Kirche ist in Christus gleichsam das Sakrament, d. h. Zeichen und Werkzeug für die innigste Verbindung mit Gott, wie für die Einheit der ganzen Menschheit.“

(Lumen Gentium 1)

Effata!, das heißt: Öffne dich!

„Effata!, das heißt: Öffne dich! Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit und er konnte richtig reden.“ (Mk 734f.) Gott hört die Not des Volkes Israel.

Er ist der Arzt, der Israel heilt (Ex 15,26). Sein Segen bedeutet Heilung in persönlichen,

3 Erik H. Erikson, Einsicht und Verantwortung. Die Rolle des Ethischen in der Psychoanalyse, Stuttgart 1964, 114.

(3)

gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Störungen. Auch Jesus wird als Arzt beschrieben (Mk 1,23–2,12). Als Gesendete im pastoralen Dienst sollt ihr etwas von dieser heilenden Kraft und Wirklichkeit Gottes dar. Bereits zu Beginn seines Pontifikats hat Papst Franziskus von der

„Kirche als Feldlazarett“ gesprochen, als Ort, an dem Wunden behandelt werden. Und er un- terstreicht den Auftrag der Kirche, wenn er schreibt: „Die Kirche ist aufgerufen, diese Wunden zu behandeln, sie mit dem Öl des Trostes zu lindern, sie mit der Barmherzigkeit zu verbinden und sie mit der geschuldeten Solidarität und Achtung zu heilen.“

Es geht um die Heilung der Wunden, aber auch der Ängste, der Süchte und Abhängigkeiten.

Als Evangelium habt ihr Heilungserzählungen ausgesucht mit dem zentralen Wort: Effata – öffne dich! Jesus heilt Blinde, Taube und Stumme und er öffnet Augen, Ohren und Mund. Die Sendung zielt auch auf vielfältige Formen der Abstumpfung und Stumpfsinnigkeit.

Jesus erzählt das Reich Gottes in Bildern der Sinnlichkeit und der Sinne, und er vermittelt anschaulich, wie das Reich Gottes zu sehen, zu hören, zu riechen, zu tasten und zu schme- cken ist. Jesus sah nicht nur in der Schönheit der Lilien auf dem Feld und in der Nahrung, welche die Vögel des Himmels finden, ein Zeichen für die Sorge und Liebe Gottes zu seinen Geschöpfen (Mt 6,26f): Auch die Begebenheit seiner Zeit, wie z. B. den Zusammenbruch eines Turmes (Lk 13), vernahm er als einen Anruf Gottes, der damit den Menschen zur Umkehr bewegen will. Nicht distanzierte Konsumhaltung charakterisierte Jesu Einstellung zur begeg- nenden Wirklichkeit, sondern Aufmerksamkeit und Durch-Blick auf das eigentlich Erschei- nende. Ganz wichtig sind Jesus das Hören und die Wachsamkeit. „Gib deinem Knecht ein hörendes Herz.“ (1 Kön 3,9) „Wer Ohren hat, der höre!“ (Mt 13,9) Das Berühren und Tasten (Mt 8,1: Berührung des Aussätzigen; 8,15; 9,21; 9,29; Mt 19,13–15: Segnung der Kinder;

Mt 22,1–14: Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl) sind für die Begegnungen Jesu ganz zentral.

+ Manfred Scheuer Bischof von Linz

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Diese Anerkennung, Wertschätzung und Liebe durch die Kirche, durch die Menschen, für die ihr da seid, und durch Gott möge euch in eurem Dienst sichtbar begleiten.. Für wen

Jeder von uns ist eine Mission in der Welt, weil er Frucht der Liebe Gottes ist.“ 2 Ich kann zum Glauben anstiften, ich kann mich verschenken, ich kann im guten Sinne zeigen,

Mit der Matura bündelt sich diese prägende Zeit noch ein letztes Mal und gibt euch frei, das, was ihr in dieser Zeit gelernt habt, in einen neuen Lebensabschnitt hinein

Allerheiligen feiern, der Toten gedenken, auf den Friedhof gehen: weil die Beziehung zu den Verstorbenen nicht fertig ist, vielleicht noch offene Rechnungen da sind, weil es

Glückli- cherweise lebten alle Männer in der Nähe, und er konnte jeden einzelnen fragen: ‚Wie erklären Sie sich Ihren Erfolg?‘ Jeder von ihnen antwortete: ‚Es gab eine

Ich erhoffe mir vielmehr von euch, dass ihr den jungen Menschen aus eurem Glauben und aus eurer Hoffnung heraus vermitteln könnt, dass Gott das Gute für ihr Leben will.. Dass in

Es ist ja nicht so, dass ein Kind noch nicht ganz Mensch wäre, weil es die Sprache noch nicht beherrscht, weil es noch nicht arbeiten kann, weil es noch nicht für etwas gut ist..

Ihr werdet gesendet an Andersorte, Fremdorte wie Flucht und Asyl, wie das Jugendzentrum Kidszentrum Auwiesen oder in die Jugendarbeit am STUWE: „Unter den Migranten bilden