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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof. Beschluss vom II. Der Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

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5 ZB 07.2080

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss vom 28.1.2009

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 4. Juli 2007 wird abgelehnt.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe I.

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit durch den Er- werb einer ausländischen Staatsangehörigkeit nach § 25 Abs. 1 StAG (in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999, BGBl I S. 1618) verloren hat.

Die Klägerin wurde am 25. Juli 1972 in der Türkei geboren. Sie reiste 1973 im Wege der Famili- enzusammenführung in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie ist seit 6. November 1991 mit einem türkischen Staatsangehörigen verheiratet. Sie erwarb – ebenso wie ihr Mann – mit einer am 3. März 2000 vom Landratsamt Main-Spessart ausgehändigten Einbürgerungsurkunde vom 24. Februar 2000 die deutsche Staatsangehörigkeit. In der Folgezeit legten die Klägerin und ihr Mann die am 24. März 2000 ausgestellten Entlassungsurkunden aus der türkischen Staatsange- hörigkeit vor. An diesem Tag hat der Ehemann der Klägerin Antrag auf Wiedereinbürgerung in den türkischen Staatsverband gestellt. Die Klägerin hat im Rahmen der behördlichen Fragebo- genaktion am 18. Mai 2005 angegeben, die türkische Staatsangehörigkeit nicht wieder erhalten zu haben. Nachdem sie diese Erklärung am 23. Mai 2005 abgeändert hatte, kehrte sie am 30. Mai 2005 zu ihrem ursprünglichen Standpunkt zurück. Nach Kontrolle beim Konsulat gebe es keine Unterschrift für ihren Wiedereintritt in die türkische Staatsangehörigkeit.

Im Verwaltungsverfahren war dem Landratsamt zunächst der am 10. März 2005 ausgestellten Aus- zug aus dem türkischen Personenstandsregister bekannt geworden, in dem unter dem 12. Septem- ber 2001 eingetragen ist, dass die Klägerin mit Beschluss des Ministerrats am 16. April 2001 wieder

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in die türkische Staatsangehörigkeit aufgenommen worden ist. In der Folgezeit legte die Kläge- rin zunächst ein Schreiben des Innenministeriums der Republik Türkei – Generaldirektion für Personenstand und Bürgerschaftsangelegenheiten – vom 30. Juni 2005 vor, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass ihr Eintrag im Personenstandsregister gesperrt sei, und später Auszüge aus dem türki- schen Personenstandsregister vom 14./15. Juli 2005. In letzterem heißt es zur Klägerin unter dem Betreff Staatsangehörigkeit: „00.00.2000 Da die Wiederaufnahme in das Personenstandsregister irrtümlich erfolgte, wurde das Personenstandsregister mit Genehmigung Nr. 23 der Generaldi- rektion für Personenstand und Bürgerschaftsangelegenheiten vom 23.06.2005 geschlossen.“ Der Auszug enthält die Erläuterung, dass er zur Vorlage bei der zuständigen Behörde in Deutschland ausgestellt worden sei und zu anderen Zwecken nicht verwendet werden dürfe.

Die Klägerin hat am 3. Februar 2006 Feststellungsklage erhoben. Auf Anfrage des Verwaltungsge- richts hat das Generalkonsulat der Republik Türkei in Nürnberg mit Schreiben vom 14. Mai 2007 mitgeteilt, dass die Klägerin nach ihrer Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit am 24.

März 2000 (Beschluss des Ministerrats vom 22.07.1999, Nr. 1999/13166) keinen eigenen Antrag auf erneute Einbürgerung in die türkische Staatsangehörigkeit gestellt habe. Eine entsprechende Bestätigung legte auch die Klägerin vor. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 4. Juli 2007 festgestellt, dass die Klägerin deutsche Staatsangehörige ist.

Der Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen. Die Klägerin ist dem Zulas- sungsantrag entgegengetreten.

II.

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die geltend ge- machten Zulassungsgründe nicht durchgreifen (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Entgegen der Auffassung des Beklagten unterliegt die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Verlusttatbestand des § 25 StAG sei in Bezug auf die Klägerin nicht nachweisbar erfüllt, keinen ernstlichen Zweifeln hinsichtlich der ordnungsgemäßen Beweiswürdigung, der Richtigkeit der Subsumtion der vorgetragenen Umstände unter die gesetzlichen Voraussetzungen und der An- wendung der Grundsätze über die materielle Beweislast.

Mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe seine sich aus dem Amtsermittlungsgrundsatz er- gebende Aufklärungspflicht verletzt, macht der Beklagte geltend, das Urteilsergebnis sei wegen unvollständiger tatsächlicher Feststellungen ernstlich zweifelhaft. Damit kann der Beklagte nicht durchdringen.

Ausländische Behörden sind nur dann zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet, wenn völkerrecht- liche Vereinbarungen bestehen. Fehlen – wie hier – Vereinbarungen oder sonstige völkerrechtliche Regelungen kann diese nur auf diplomatischem Weg durch Vermittlung (der obersten Dienstbe- hörde und) des Auswärtigen Amts über die deutschen Auslandsvertretungen erbeten werden. Aus

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dem Grundsatz der völkerrechtlichen Höflichkeit ergibt sich dabei indes kein Anspruch (Kopp/

Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, § 14 RdNr. 5; Geiger in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsord- nung, 12. Auflage 2006, § 14 RdNr. 6 m. w. N.). Es ist mithin – da sich die Gründe für das Un- terlassen einer Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen mit denen decken, die die Ablehnung eines förmlichen Beweisantrags rechtfertigen (Geiger, a. a. O., § 86 RdNr. 11) – davon auszuge- hen, dass der (jedenfalls) vom Ehemann unterzeichnete Antrag auf Wiedereinbürgerung in den türkischen Staatsverband als Urkundsbeweis unerreichbar ist. Es kann keine Rede davon sein, dass das Verwaltungsgericht mit einer nicht tragfähigen Begründung darauf verzichtet hat, dass die türkischen Behörden entsprechend seiner Bitte im Anschreiben vom 19. April 2007 ihre Mit- teilung durch entsprechende Nachweise untermauern. Der Beklagte hat bisher keinen Bezugsfall benennen können, in dem von türkischer Seite der Antrag auf Wiedereinbürgerung in die tür- kische Staatsangehörigkeit dem Betroffenen oder einer deutschen Stelle in Original oder Kopie zugänglich gemacht worden wäre. Der im Zulassungsantrag angesprochene, vom Auswärtigen Amt in den vom Senat durchgeführten Berufungsverfahren zur Frage des Staatsangehörigkeits- verlusts Minderjähriger bei Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit (Urteile vom 14.

November 2007 Az. 5 B 06.2769, 5 B 05.2958 und 5 B 05.3039) aufgezeigte Weg einer E-Mail- Anfrage an des türkische Generaldirektorat für Einwohner- und Staatsangehörigkeitswesen hat dort ebenfalls nur zu einer den konkreten Inhalt des Antrags offen lassenden Information über den Ablauf der Entlassung und Wiedereinbürgerung geführt.

Die weitere Rüge, das Verwaltungsgericht habe eine inhaltlich nicht aussagekräftige Mitteilung des türkischen Generalkonsulats in Nürnberg (vom 14. Mai 2007) herangezogen und zusammen mit den nicht glaubhaften Einlassungen der Klägerin sowie der von ihr vorgelegten, aber eben- falls nicht aussagekräftigen Bescheinigung des türkischen Generalkonsulats in Nürnberg vom 14.

Mai 2007 als ausreichend dafür angesehen, den zugunsten des Beklagten angenommenen An- scheinsbeweis zu erschüttern, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Anders als die Antragsteller in den vom Zulassungsantrag angeführten Pro- zesskostenhilfebeschwerdeverfahren hat die Klägerin mit dem angesprochenen Schreiben vom 14. Mai 2007 greifbare Anhaltspunkte für einen irrtümlichen und nach dem Recht des aufneh- menden Staates rechtswidrig „aufgedrängten“ Staatsangehörigkeitserwerb geliefert. Dies hat das Verwaltungsgericht – nach dem es eingehend begründet hat, warum der Auszug aus dem türki- schen Personenstandsregister vom 15. Juli 2005, in dem von einer irrtümlichen Wiederaufnahme in das Personenstandsregister die Rede ist, insoweit nicht genügt – aufgrund der Umstände des konkreten Einzelfalls tatrichterlich festgestellt. Der Beklagte hält zu Recht mit der Vorlage des Personenstandsregisterauszugs vom 10. März 2005 den Beweis des ersten Anscheins für erbracht.

Indes reicht es für den Gegenbeweis aus, dass konkrete Tatsachen behauptet und zur Überzeu- gung des Gerichts nachgewiesen werden, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vom Regelfall abweichenden Geschehensablaufs im konkreten Fall ergibt. Die Führung eines vollen Beweises des Gegenteils ist nicht erforderlich (vgl. Prütting in Münchner Kommentar/ZPO, 3.

Aufl. 2008, RdNr. 65 zu § 286). Deshalb sind die Einwände des Beklagten gegen die von der Klä- gerin vorgelegten sowie vom Verwaltungsgericht von Amts wegen ermittelten Gegenbeweise un- beachtlich.

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Damit musste das Verwaltungsgericht mangels weiterer Aufklärbarkeit des Sachverhalts nach der materiellen Beweislast entscheiden. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Verwal- tungsgericht auch die im Staatsangehörigkeitsrecht ausdrücklich normierte Mitwirkungslast (§ 37 Abs. 1 StAG i. V. m. § 82 Abs. 1 AufenthG) der Klägerin beachtet. Es hatte nicht – über die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen hinaus – auf die Beibringung von beglaubigten Auszügen aus der Wiedereinbürgerungsakte (insbesondere des Antragsformulars) und gegebenenfalls Er- läuterungen der türkischen Behörden hierzu zu drängen. Die Klägerin, deren Ehemann unstrei- tig einen Antrag auf Wiedereinbürgerung gestellt hat, hat das Vorliegen eines eigenen Antrags auf Wiedereinbürgerung substantiiert bestritten. Das Fehlen eines derartigen Antrags wird vom türkischen Generalkonsulat (14. Mai 2007) sowie – der Sache nach – im letzten Personenstands- registerauszug (15. Juli 2005) bestätigt. Die Klägerin hat damit alles ihr zumutbare zur Aufklärung der Umstände ihrer – ursprünglichen – Wiedereinbürgerung in die türkische Staatsangehörigkeit beigetragen.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Im Zeitpunkt der Entscheidung über den Zulassungsantrag sind die Erfolgsaussichten der zuzulassenden Berufung nicht offen. Entgegen der Auffassung des Beklagten besteht kein „noch ausstehender Aufklärungsaufwand im Verhält- nis zu einem anderen Staat“ mehr. Der zugrunde liegende Sachverhalt ist aufgeklärt und, wie sich im Übrigen anhand der vom Senat durchgeführten Berufungsverfahren von wieder in die türki- sche Staatsangehörigkeit eingebürgerten Minderjährigen gezeigt hat, auch nicht weiter aufklärbar.

Die sich stellenden Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung geklärt (BVerfG vom 8.12.2006 NVwZ 2007, 441; BVerwG vom 14.2.2007 Az. 5 B 190.06 - Juris; BayVGH vom 23.9.2005 NVwZ- RR 2006,732).

3. Der Rechtssache kommt die ihr vom Beklagten beigemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht zu. Im Berufungszulassungsantrag wird als klärungsbedürftig die Rechtsfrage aufgeworfen, ob bei Fällen eines antragsabhängigen Wiedererwerbs einer ausländi- schen Staatsangehörigkeit die Feststellung, dass ein Betroffener die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, in tatsächlich zweifelhaften Fällen ohne Ausschöpfung der sich aufdrängenden Sachauf- klärungsmöglichkeiten, insbesondere auch § 37 Abs. 1 StAG i. V. m. § 82 Abs. 1 AufenthG, durch das Gericht allein auf Grund der materiellen Beweislast der Staatsangehörigkeitsbehörden für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des gesetzlichen Verlusts der deutschen Staatsangehö- rigkeit nach § 25 Abs. 1 StAG getroffen werden kann. Diese Frage stellt sich schon deshalb nicht, weil das Verwaltungsgericht seine Sachaufklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft und die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen ist.

4. Es liegt schließlich auch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die verwaltungsgerichtliche Ent- scheidung beruhen könnte (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Wie bereits unter 1. ausgeführt, hätte sich dem Verwaltungsgericht keine weitere Aufklärung des Sachverhalts aufdrängen müssen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.

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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwal- tungsgerichts rechtkräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Vorinstanz: VG Würzburg, Urteil vom 4.7.2007, W 6 K 06.118

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