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D Nie mehr Pommesfrites zumSchnitzel

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TABULA NR. 3 / AUGUST 2003

SPEZIAL

D

ie Mediziner hatten den knapp 40-jährigen ame- rikanischen Arzt Dr.

Howard Hay bereits aufgegeben.

Eine lebensbedrohliche Nieren- entzündung schien unheilbar, seine berufliche Karriere been- det. Doch Hay interessierte sich für die Ernährung von Naturvöl- kern. So stellte er sich 1907 eine Diät zusammen, die ihn nach eigenen Aussagen in nur drei Monaten genesen liess. Damit war der weitere Lebensweg für ihn festgelegt: Nicht mehr die Symptome, sondern die Krank- heitsursachen bekämpfen.

Einen wesentlichen Grund für viele Krankheiten sah Hay in der fehlende Ausgewogenheit von Basen und Säuren. Wenn der

Körper vor allem Säuren produ- ziert, kann die körpereigene Basenreserve das Gleichgewicht irgendwann nicht mehr aufrecht- erhalten. Dann bricht die Krank- heit aus. Zu viel Fleisch, Zucker und Weissmehl galten Hay als Grundübel. Neben naturnahen, möglichst unverarbeiteten Le- bensmitteln empfahl er seinen Patienten frische Luft, Ruhe, Son- nenschein, tägliche Reinigung und körperliche Anstrengung.

Die Nahrung sollte aus 20 Prozent Säurebildnern wie Fleisch, Fisch, Käse und Eiern und aus 80 Prozent Basen- bildern, also Obst, Pilzen, Ge- müse und Kartoffeln, bestehen.

Ausserdem meinte Hay, dass Kohlenhydrate und Eiweisse

zusammen nur unzureichend verdaut werden können.

Eiweisse brauchen Säuren, Koh- lenhydrate Basen, um im Ver- dauungskanal nicht als gärende und faulende Schlacken zu en- den, die dann nur noch vermehrt Säuren bilden und der Gesund- heit schaden. Diese Theorie stützte sich auf damalige For- schungsergebnisse, die zeigten, dass Kohlenhydrate die Eiweiss- verdauung verlangsamen und bei einer eiweissreichen Nah- rung viele Kohlenhydrate unver- daut in den Darm gelangen.

Zur Eiweissgruppe rechnete Hay neben Fleisch, Fisch, Milch und Eiern auch Käse (bis 55 % Fett i. Tr.) und saures Obst (Bee- ren, Stein- und Kernobst, Kiwis,

Nie mehr Pommes frites zum

Schnitzel

Es begann vor fast 100 Jahren als erfolgreiche Selbstheilung eines amerikanischen Arztes.

Dr. William Howard Hay (1866–1940) stellte nach einer schweren Erkrankung seine Ernährung um und trennte von nun an Kohlenhydrat- und

Eiweissquellen. Damit, so seine Theorie der Trenn- kost, würden der aus den Fugen geratene Säure- Basen-Haushalt saniert und Krankheiten geheilt.

Auch wenn Wissenschaftler diese Grenzziehung auf dem Teller für vollkommen überflüssig hal- ten, schwören heute Tausende von Trennköstlern darauf, mit dieser Diät ihr Gewicht zu halten und sich wohl zu fühlen.

VON FRIEDRICH BOHLMANN

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Ananas und Melonen), das auf- grund seiner Säuren am besten mit Eiweiss gegessen werden sollte. In die Kohlenhydrat- gruppe gehören Getreide, Nu- deln, Kartoffeln, Honig, Tro- ckenobst, Rosinen und Bananen.

Neutrale Lebensmittel sind Fet- te und Öle, gesäuerte Milchpro- dukte, vollfetter Käse (ab 60 % Fett. i. Tr.), Eigelb, fast alle Gemüsesorten, Pilze, Oliven, Heidelbeeren und Nüsse mit Ausnahme von Erdnüssen. Die- se neutralen Lebensmittel darf man beliebig kombinieren, hin- gegen Lebensmittel der Eiweiss- gruppe nie gleichzeitig mit Koh- lenhydraten essen. Gemäss die- sem Drei-Klassen-System ist bei- spielsweise Zürcher Geschnet- zeltes (Eiweissgruppe) mit Rös- ti (Kohlenhydratgruppe) nicht erlaubt. Vorbei auch Pizza mit Salami oder Meeresfrüchten, adieu Reispfanne mit Poulet und nie mehr Wiener Schnitzel mit Pommes frites. Statt Salami oder Crevetten kommt nun Ge- müse auf die Pizza, die Reis- pfanne lässt man sich ohne Fleisch mit Pilzen und Sprossen schmecken. Und weil Panier- mehl und Pommes frites zur Kohlenhydratgruppe gehören, gibt es Trennkost-Schnitzel nur noch unpaniert und ohne die le- ckeren Kartoffelstäbchen. Die kann sich der Trennköstler al- lerdings abends zu einem knak- kigen grünen Salat schmecken lassen. Schliesslich sollten Koh- lenhydrate laut Hay dem Nacht- essen vorbehalten sein, während mittags Eiweiss auf dem Spei- seplan steht.

Widersprüche

Lebensmittel wie Hülsen- früchte, die sowohl grosse Men- gen an Eiweiss als auch an Koh- lenhydraten enthalten, verbietet Hay vollständig. Dass allerdings

die Ananas, die nahezu so viel Kohlenhydrate enthält wie Kartof- feln, zur Eiweissgruppe zählt, aber gesäuerte Milchprodukte nicht dazugehören sollen, son- dern als neutral gelten, sind nur einige Widersprüche in der Trenntheorie.

Heute besteht kein Zweifel darüber, dass wir aufgrund der unterschiedlichen sauren und basischen Milieus in Magen und Darm Eiweisse und Kohlenhydra- te zur gleichen Zeit optimal ver- werten können. Bestes Beispiel ist die Muttermilch: Sie enthält Eiweiss genauso wie Kohlenhy- drate. Die Trennkost müsste die- ses natürlichste und beste unse- rer Lebensmittel eigentlich ableh- nen. Hays Theorie ist vollkom- men überholt, aber immer noch im Trend. Millionen schwören auf dieses Ernährungsprinzip.

Trennen macht nicht schlank

War die Trennkost zuerst als Heilnahrung gegen schwere Stoffwechselkrankheiten konzi- piert, um Säurereste zu entfernen, hat sie sich mittlerweile als Ab- speckdiät etabliert. Trennkost- Ratgeber erreichen höchste Auf- lagen, denn viele Übergewichte haben damit Pfunde verloren.

Steckt hinter dem Trennen von Kohlenhydraten und Eiweiss ein biochemisches Geheimnis, das die Fettzellen schrumpfen lässt?

Dr. Alain Golay von der Univer- sität Genf wollte es wissen und setzte 54 Übergewichtige auf eine 1100- Kalorien-Diät. Die eine Gruppe ass kohlenhydratreiche Lebensmittel getrennt von Eiweiss und Fett, die zweite Gruppe machte die gleiche Diät ohne Trennregeln. Beide Gruppen nahmen ab, doch nach sechs Wochen zeigte sich kein grosser Unterschied, eher waren die Mischköstler etwas erfolgreicher.

Trennen bringt´s nicht und macht nur unnötig Mühe, so das eindeutige Ergebnis der Genfer Diätstudie. Ob die Nährstoffe ge- trennt und vereint aufgenommen werden, ist dem Stoffwechsel anscheinend gleichgültig. Beide Diäten wirkten sich positiv auf Blutfette und Insulinspiegel aus, weil sie wenig Kalorien und Fette enthielten.

Doch können sich Millionen von Trennkost-Begeisterten irren?

Irgendwas muss an der nicht ge- rade unkomplizierten Diät dran sein: Wer bei der Trennkost stän- dig darauf achtet, keine eiweiss- und kohlenhydratreichen Lebens- mittel zu kombinieren, entschei- det – vielleicht zum ersten Mal – über seine Nahrung nicht nur aus dem Bauch heraus. Damit macht er den ersten und wichtigsten Schritt hin zu einer bewussten Ernährung. Ausserdem bevor- zugt die Trennkost eine Ernährung mit viel Obst und Gemüse, den klassischen Satt- und Schlank- machern. Und weil Dr. Hay ver- arbeitete Produkte und Fastfood ablehnte, lassen seine Anhänger so manche Fettfalle einfach links liegen. Nicht weil Pommes und Poulet getrennt werden, purzeln die Pfunde, sondern weil sich plötzlich der Kopf für eine über- wiegend lakto-vegetabile Ernäh- rung mit viel Rohkost und we- nig Fleisch, Wurst und Käse ent- scheidet. Zudem verbessern sich die Blutfettwerte, die Aufnahme von Purinen und Cholesterin sinkt, Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe gibt es reichlich – damit entsteht ein neues Lebensgefühl, das viele Trennköstler begeistert.

Hay selbst war ein lebendes Beispiel für den Erfolg seiner Er- nährungsphilosophie. Er starb über 30 Jahre nach der Nieren- erkrankung im Alter von 74 Jah- ren an einem Autounfall!

FOTO: ALEXANDER EGGER

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