• Keine Ergebnisse gefunden

Interview mit Dr. María Fernanda Ugalde, Kulturattaché der Botschaft der Republik Ecuador in Berlin,

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Interview mit Dr. María Fernanda Ugalde, Kulturattaché der Botschaft der Republik Ecuador in Berlin,"

Copied!
7
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

 

Interview mit Dr. María‐Fernanda Ugalde, Kulturattaché der Botschaft der Republik Ecuador in Berlin,  11.03.2008 

   

Egal ob man die Vorkommnisse der Landschaften, der Sprachen, der Früchte, des Wetters oder sogar der  politischen Struktur und Ideologie Ecuadors betrachtet, es zeigt sich immer wieder ein Bild der Vielfalt. Genau  diesem Bild entsprach die junge, interessierte und aufgestellte Frau, die uns leichten Schrittes entgegenkam, um  uns danach in ein, von kultureller Vielfalt geprägtes, ecuadorianisches Sitzungszimmer zu geleiten. Schon im Flur  schweifte unser Blick von den farbigen Ölbildern über verschiedene Aquarelle bis hin zu den abstrakten  schwarz‐

weißen  Zeichnungen  jüngerer  Zeit.  Die  kleine  Ausstellung  zeigte  uns  sehr  eindrücklich,  welch  großartige  Variationen aus Stilrichtungen, Epochen und Künstlern Ecuador zu bieten hat. Lernt man Frau Dr. Maria‐Fernanda  Ugalde kennen, so versteht man bald, dass die Zusammenstellung dieser Werke viel über ihre Person preisgibt. Ihr  unglaublich breit gefächertes Wissen offenbart sich in Bereichen der Archäologie und Geschichte, in den Sphären  der Politik und Wirtschaft ebenso wie in den Zonen der Kultur und Kunst. Gerade dieses Wissen, gepaart mit ihrer  intuitiven Intelligenz und einer bemerkenswerten Offenheit, ermöglichte ein außergewöhnliches Gespräch, das die  verschiedensten Aspekte Ecuadors zu beleuchten vermochte.  

 

   

 

(2)

1. Welches waren die schönsten, welches die turbulentesten Erfahrungen die Sie als Kulturattaché der Botschaft  der Republik Ecuador in Berlin bisher gemacht haben? 

  

Schwierig war für mich, zu erkennen wie wenig die Deutschen im Allgemeinen über die ecuadorianische Kultur  wissen. Künstler, die in Lateinamerika eine große Bedeutung haben, sind in Deutschland oft noch kein Begriff. 

Oswaldo Guayasamín zum Beispiel, ein ecuadorianischer Maler, genießt in Lateinamerika einen fast ebenso  hohen Bekanntheitsgrad wie die international bewunderten mexikanischen Künstler Frida Kahlo oder Diego  Rivera. Auch in Spanien ist Guayasamín sehr bekannt; eine große Wandmalerei von ihm befindet sich im  Flughafen Barajas von Madrid. Doch verglichen mit Mexiko ist Ecuador ein kleines Land. Dies ist eine mögliche  Ursache für die Unbekanntheit seiner Kunst und Kultur. Das bis vor kurzem geringe Kultur‐Budget der  ecuadorianischen Regierung hat diesen Zustand mitverschuldet. Es gab bisher nur eine staatliche Institution,  die gleichzeitig für die kulturellen, die erziehungstechnischen und für die sportbezogenen Aspekte Ecuadors  verantwortlich war. Die jetzige Regierung legt sehr viel Wert auf Kultur und sichert deren Finanzierung  entsprechend besser. Als Resultat  entstand ein Kulturministerium, das die Möglichkeiten  unsere  Kultur  international bekannt zu machen vergrößert.  

Obwohl die Kenntnisse noch gering sind, ist das Interesse der Deutschen an unserer Kultur sehr groß. Diese  Erkenntnis wiederum gehört zu den schönsten Erlebnissen, die ich als Kulturattaché bis anhin erfahren durfte. 

Anfang März organisierten das Instituto Cervantes1 und die Filmstadt München e.V.  mit unserer Unterstützung  eine ecuadorianische Filmreihe in München. Dabei wurden ungefähr 20 Filme unseres Landes gezeigt. Der erste  Film fand einen dermaßen großen Andrang, dass etwa 50 Besucher nicht mehr zugelassen werden konnten,  weil  die  Vorstellung  ausverkauft  war.  Das  Instituto  Cervantes  hat  zusätzlich  über  30  Werke  eines  ecuadorianischen  Künstlers  in  einer  Ausstellung  gezeigt.  Für  mich  war  es  wunderschön  zu  sehen  wie  interessiert diese, hier unbekannte, Kunst von den Deutschen aufgenommen wurde und motivierte mich zu  deren Verbreitung beizutragen. Wir sind auch seit Ende letzten Jahres dabei, eine entsprechende Filmreihe in  Berlin zu organisieren. 

 

2. Könnten Sie uns und unseren Lesern einen Einblick in Ihren bisherigen Werdegang sowie dessen spannendste  Momente geben?  

  

Ich bin in Quito geboren und aufgewachsen. Die internationalen Schulen sind in Ecuador sehr angesehen. 

Deshalb bin ich auf eine deutsche Schule gegangen. Da mich Internationale Beziehungen schon immer  interessierten, habe ich nach dem Abitur eine Ausbildung zur dreisprachigen Groß‐ und Außenhandelskauffrau  absolviert. Bald merkte ich jedoch, dass mir diese Tätigkeit nicht entsprach. Archäologie zählte schon immer zu  meinen Leidenschaften. Da ich bereits Deutsch sprach, bot es sich an in Berlin Altamerikanistik zu studieren. 

Dieses Studium ist sehr breit gefächert und deckt viele Kenntnisse über Lateinamerika ab. Neben Ethnologie,  Archäologie, Geschichte, Politik und Soziologie wurde auch regionenspezifisches Wissen gelehrt. Dazu gehörte  zum Beispiel das Erlernen zweier indigen‐amerikanischer Sprachen. Ich habe die Inkasprache, Quechua, sowie  Guaraní gelernt. Beide Sprachen werden noch heute von einem großen Bevölkerungsanteil in Südamerika        

1„Das Instituto Cervantes ist eine gemeinnützige, öffentliche Einrichtung, die 1991 von der spanischen Regierung ins Leben gerufen wurde. Diese Einrichtung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die spanische Sprache zu fördern und das Kulturgut aller spanischsprachigen Länder weltweit bekannt zu machen und zu pflegen“

(http://bremen.cervantes.es/Wersindwir/informacionquieness_46_4.htm).

(3)

gesprochen. Die Struktur der Sprachen zu studieren hat mir Einblicke in deren Kultur gewährt. Nach meiner  Promotion habe ich mit meiner jetzigen Tätigkeit begonnen. Für meine Position und entsprechend für die  ecuadorianische Botschaft ist es sicherlich positiv, dass ich mich in Berlin bereits auskenne, mir die kulturelle  Szene bekannt ist und ich die deutsche Sprache spreche.  

 

3. Was möchten sie während ihrer Zeit in Berlin im Bezug auf kulturell diplomatische Beziehungen noch  erreichen? 

 

Vor allem möchte ich die Vielfältigkeit der ecuadorianischen Kultur bekannter machen. Wenn man von unserer  Kultur spricht denken viele Menschen in erster Linie an die folkloristische Seite unseres Landes. Es gibt jedoch  auch sehr viele moderne Künstler in Ecuador. Man versucht zwar immer den ganzen kulturellen Bereich  abzudecken,  aber  jeder  hat  dennoch  seine  Schwerpunkte,  nicht  zuletzt  mittels  seiner Kontakte.  Mein  Vorgänger war Musiker und deshalb bestehen heute schon eine Menge Kontakte zur Musikbranche. Ich kenne  mich in Kunst und Archäologie besser aus und treibe entsprechend diese Bereiche voran. Momentan können  wir,  Dank  der  Leihgabe  einer  Privatsammlerin,  die  Vielfalt  der  ecuadorianischen  Malerei  mit  Werken  verschiedenen Stils und Alters, in unserer Botschaft ausstellen. Noch dieses Jahr möchte ich einen Künstler  nach Deutschland bringen, dessen Theaterstück schon durch viele Länder reiste und sich mit dem Thema der  Migration beschäftigt. Und am 22. Mai werden wir eine Ausstellung, mit Werken der jungen ecuadorianischen  Künstlerin Alegría Pólit, hier in Berlin eröffnen. Zum 200‐jährigen Jubiläum der Unabhängigkeitsbewegung  Ecuadors planen wir zudem eine große archäologische Ausstellung. Einen weiteren Fokus lege ich auf die  Bildung  und  den  akademischen  Bereich.  Dazu  gehört  die  enge  Kooperation  mit  den  verschiedenen  Universitäten. Gerade sind wir in Zusammenarbeit mit der Universität Rostock für die Organisation eines  Symposiums über Migration. Unser Botschafter ist ebenfalls sehr kulturinteressiert. Seine Unterstützung ist  natürlich ein Vorteil für meine Arbeit. Es liegt mir außerdem viel daran, den Ecuadorianern die Möglichkeiten  für ein Studium in Deutschland aufzuzeigen. Es gibt in Deutschland viele Stipendien, aber es fehlt genügend  Information vor Ort   darüber. Ich möchte eine Plattform entwickeln, über die solche Informationen besser  fließen, damit in Zukunft mehr Bewerbungen aus Ecuador kommen. 

 

4. Letzte Woche herrschten rege Diskussionen zwischen Ecuador und Kolumbien aufgrund eines Militäreinsatzes  der  kolumbianischen  Armee gegen  die  FARC auf ecuadorianischem Boden.  Vor wenigen  Tagen  jedoch  versöhnten sich die Staatsoberhäupter, unter anderem mit Hilfe des venezolanischen Präsidenten Hugo  Chávez. Wie beurteilen Sie dieses Ereignis und dessen Lösung? Inwiefern sind die jüngsten Ereignisse ein  Resultat unterschiedlicher politischer Kulturen zwischen Kolumbien und Ecuador?2 

 

Diese Frage gehört nicht in meinen Auftragsbereich und ich kann demnach höchstens meine persönliche  Meinung, als Staatsangehörige Ecuadors kundtun. Die jüngsten Konflikte und deren Lösungsfindung müssen in  einem breiteren Kontext betrachtet werden. Ecuador ist ein kleines Land und hat nicht genügend Geld und  Kraft seine Grenze zu Kolumbien vor den Übertritten der FARC vollkommen zu schützen. Die kolumbianische  Regierung versäumte es ihrerseits, zu diesem Schutz genügend beizutragen. Obwohl dieses Problem erst jetzt  in der internationalen Presse bekannt wurde, betrifft und belastet es unsere gemeinsame Grenze schon seit  vielen Jahren. Leider wird in der europäischen Presse nicht darüber berichtet, dass die ecuadorianische  Regierung bereits viel Geld investiert hat, um die Übergriffe der FARC zu verhindern und schon mehrere Camps        

2 http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,3179264,00.html

(4)

entdeckt und demontiert hat. Mit dem Militäreinsatz von Anfang März hat die kolumbianische Regierung die  Souveränität von Ecuador definitiv verletzt. Entsprechend war die Reaktion der ecuadorianischen Regierung  gerechtfertigt. Aber ich  bin wie  alle  froh,  dass sich die  betroffenen  Regierungen,  zusammen  mit  den  Regierungschefs anderer lateinamerikanischer Staaten, in der Dominikanischen Republik getroffen haben, und  der Konflikt friedlich gelöst werden konnte. Wichtig ist für Ecuador dabei, dass der Übergriff von allen  lateinamerikanischen Ländern verurteilt wurde. Leider haben die USA nicht die gleiche Position bezogen. Es  muss auch betont werden, dass die Kontakte, die Ecuador zur FARC hatte, ausschließlich entstanden, um  Kolumbien bei der Freilassung der Geiseln zu unterstützen. Ich denke nicht, dass es eine andere Art von  Kontakten gab. Es stört mich zudem, dass in der europäischen Presse Ecuador des Öfteren als Chávezs  Anhängsel angesehen wird. Es ist doch nicht erstaunlich, dass Chávez, nach den vergangenen Ereignissen, um  seine eigene Grenze besorgt war. Sicherlich liegt Ecuadors Regierung in ideologischer Hinsicht näher an jener  von Chávez als an der von Uribe, aber wir sind immer noch ein eigenes Land, das seine eigenen Entscheidungen  trifft.  

Als Resultat unterschiedlicher politischer Kulturen würde ich diesen Konflikt nicht direkt bezeichnen. Ecuador  hat  mehrere  Jahre  politischer Unstabilitäten hinter  sich; eine  politische Kultur –im  Sinne  einer  klaren  ideologischen Tendenz–  scheint sich erst zu entwickeln. Dabei spielen die FARC keine Rolle. Ganz klar sind die  FARC kolumbianische und nicht ecuadorianische Rebellen. Uns betreffen sie nur insofern, dass sie ohne  Genehmigung in ecuadorianisches Territorium eindringen. Das Problem besteht aber, wie gesagt, seit vielen  Jahren  und  hat  nichts  mit  der  politischen  Kultur  zu  tun.  Vielmehr  geht  es  um  ein  Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen Ecuador und Kolumbien, ähnlich wie innerhalb der Europäischen  Union.  Da  sich  die  FARC‐Mitglieder  aber  nicht  als  solche  ausweisen,  sondern  als  kolumbianischen  Staatsangehörige einreisen, ist es teilweise unmöglich, sie zu identifizieren.  

 

5. Wie beeinflussen, Ihrer Meinung nach, die anti‐neoliberal orientierte Politik des ecuadorianischen Präsidenten  Rafael Correa und die seines Amtskollegen Evo Morales sowie jene von Hugo Chávez die Beziehungen Ecuadors  zu den USA, zu Europa und speziell zu Deutschland? 

 

Die Ideologie der genannten Politiker kann durchaus als anti‐neoliberal bezeichnet werden, was aber oft  fälschlicher  Weise  als  „anti‐marktwirtschaftlich“  verstanden  wird.  Ich  glaube  nicht,  dass  die  derzeitige  ecuadorianische  Regierung  bedeutende  Änderungen  in  den  verschiedenen  bilateralen  Beziehungen  verursachen wird. Einzig die kommerziellen Beziehungen zu den USA werden von unserer Regierung derzeit  revidiert. Denn Ecuador kann die Freihandelsabkommen, in der, von den USA vorgeschlagenen Form, nicht  akzeptieren. Ecuador möchte jedoch keinesfalls die kommerziellen Beziehungen zu den USA abbrechen. Was  wir  anstreben,  sind fairere Handelsbedingungen. Unsere Regierung will  gerechtere  Konditionen  für die  ecuadorianische Landwirtschaft. Entsprechend versucht Ecuador, die günstigen US‐Importe, die nur durch hohe  Subventionen möglich sind und welche unsere Bauern ruinieren, zu verhindern. In den Beziehungen zu Europa  wird sich kaum etwas ändern. Die Probleme, die wir früher schon hatten, werden wohl in der kurzen Sicht  fortbestehen. Es ist nicht die Marktwirtschaft per se, sondern deren neoliberale Ausprägung, von welcher sich  unsere Regierung distanziert. Aber wie gesagt, dies sind eigentlich keine Fragen, die in meinen Auftragsbereich  fallen. 

Die Beziehung  zu Deutschland ist auf vielen  Ebenen sehr  positiv. Deutschland  symbolisiert in Ecuador  technischer Fortschritt, Erfolg und Pünktlichkeit. Wirtschaftliche Beziehungen gestalten sich über die deutsch‐

ecuadorianische Industrie‐und Handelskammer. Viele deutsche Touristen kommen zu uns und wir exportieren  u.a. Blumen und Früchte nach Deutschland. Zudem haben sich viele deutsche Wissenschaftler und Historiker 

(5)

für Ecuador interessiert. Humboldt ist wohl der Wichtigste unter ihnen. Er kam nach Ecuador, als die  Unabhängigkeit im Gange war und hat deren Schlüsselpersonen mit seinen Kontakten und seiner Erfahrung  bereichert. Traditioneller Weise haben viele deutsche Archäologen wichtige Funde in Ecuador ausgegraben. 

Wir versuchen nun mit diesen Funden eine Ausstellung in Deutschland zu machen, um damit die deutsche  Forschungstradition aufzuzeigen.  Leider  haben  wir  kein  Goethe  Institut  in  Ecuador. Es  gibt  aber  eine 

„Asociación Humboldt“, wo kulturelle Veranstaltungen, in Bezug auf Deutschland stattfinden. Zum Beispiel ist  der deutsche Theaterschauspieler Christoph Baumann, der seit vielen Jahren in Ecuador lebt, in der kulturellen  Gesellschaft unseres Landes ein wichtiger Begriff.  

 

6. Inwiefern haben fremde Kulturen, z.B. die europäische oder die nordamerikanische Kultur die Entwicklung der  ecuadorianischen Kultur und Mentalität beeinflusst? Inwiefern tun sie das Heute noch? 

 

Viele verschiedene Einflüsse haben unser Land geprägt. Die spanische Kultur hat unsere Mentalität nicht  beeinflusst, sondern kann als Bestandteil dessen betrachtet werden, was Ecuador kulturell mitbegründete. Der  libanesische Einfluss auf Ecuador ist ebenfalls bedeutend. Anfang des 20. Jahrhunderts sind  viele maronitische  Libanesen nach Ecuador gereist. Sie haben sich mit der einheimischen Bevölkerung gemischt und deren  Nachfahren haben oft bedeutende Funktionen in der Politik übernommen. In der zweiten Hälfte des 20. 

Jahrhunderts sind, vor allem aus kommerziellen Gründen, auch Asiaten, hauptsächlich Koreaner, nach Ecuador  gereist. Diese haben sich, im Gegensatz zu den Libanesen, jedoch weder in der Politik engagiert, noch haben sie  sich wirklich mit der bestehenden Bevölkerung vermischt. Sie betreiben heute vor allem kleinere Läden in den  großen Städten und sind auch in der Gastronomie sehr präsent, was wiederum eine Bereicherung für uns  bedeutet.  

In den 1970er und 1980er Jahren gab es eine massive Emigration von Ecuadorianern in die USA. Auf Grund der  verschärften Immigrationspolitik der USA und wahrscheinlich begründet in der Sprache, hat sich die Emigration  der letzten fünf bis sechs Jahre auf Spanien konzentriert. Man spricht derzeit von ungefähr einer Million  Ecuadorianern in Spanien. Erst kürzlich hat Spanien in der Folge seine Einwanderungsrichtlinien verschärft und  in der Bevölkerung sind vereinzelt rassistische Stimmen laut geworden. Aber es hat sich auch ein wachsendes  Interesse an der ecuadorianischen Kultur entwickelt. Der ecuadorianische Film „Qué Tan Lejos“ von Tania  Hermida, wurde in Spanien beispielsweise ein Riesenerfolg. Im Sommer 2007 gab es in Madrid eine Ausstellung  über ecuadorianische Kunst und Archäologie. Diese wurde ebenfalls mit Neugier und großem Interesse von der  spanischen Bevölkerung besucht. Die kontemporäre, nordamerikanische Kultur beeinflusst uns, wie fast alle  Länder dieser Welt, natürlich auch. Hollywood Filme, Popmusik und Mode werden aber oft schon gar nicht  mehr als Einfluss betrachtet und sind bei uns, wie in ganz Lateinamerika, sehr bekannt.  

 

7. Die Humboldt‐Gesellschaft und das Goethe Zentrum in Quito sind Hauptträger von kulturellem Austausch  zwischen Ecuador und Deutschland. Wie sehen Sie deren Arbeit und Wichtigkeit für den Austausch zwischen  den zwei Ländern? Gibt es konkrete Austauschprogramme?3 

 

Das Goethe‐Zentrum ist nicht dasselbe wie ein Goetheinstitut, denn es ist nur für die Sprache zuständig und hat  auch  weniger  finanzielle  Mittel  für  kulturelle  Projekte  zur  Verfügung  als  ein  Goetheinstitut.  Die 

      

3 http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Ecuador/Bilateral.html#t4

(6)

Humboldtgesellschaft macht schon einiges, aber um die deutsche Kultur in Ecuador zu verbreiten wäre ein  Goetheinstitut ideal.  

8. Ecuador  ist  bekannt  für  seine  Vielfalt,  sei  dies  geographisch  oder  kulturell.  Im  Vergleich  zu  seinen  Nachbarstaaten  sind  hauptsächlich  Spanier  nach  Ecuador  eingewandert  und  der  Anteil  der  indigenen  Bevölkerung ist sehr hoch. Wie ist die Beziehung zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen innerhalb  Ecuadors? Wie gelingt es Ihnen diese Kulturenvielfalt in Deutschland als eine Nation zu präsentieren? 

 

Es ist eine Perspektivenfrage und für mich sehr schwierig, die indigene Bevölkerung zu definieren. Was ist  indigen? Wer bestimmt über diese Definition? Nach eingehender Betrachtung habe ich für mich entschieden,  dass nur derjenige indigen ist, der sich selbst so bezeichnet. Innerhalb Ecuadors ist dies ein kompliziertes  Thema, da fast alle Mischlinge sind. Es gibt jedoch eine Gesellschaftsschicht, die beweisen möchte, dass sie nur  europäischer Abstammung entspringt. Auf  Grund dessen,  versucht sie sich über  die übrige,  „indigene“ 

Bevölkerung zu stellen. Solche rassistischen Tendenzen bestehen durchaus, aber es gab in letzter Zeit große  Fortschritte hin zu mehr Toleranz. Die „indigene“ Bewegung auf politischer Ebene ist stark gewachsen. Wir  haben Parlamentarier, die aus indigenen Gemeinden stammen und die Quechua sprechen. Sie treten in der  traditionellen Tracht auf und werden nicht nur von der, sich als indigen bezeichnenden Bevölkerung gewählt. 

Einige Städte haben inzwischen indigene Bürgermeister und es gibt auch indigene politische Parteien.  Unser  Land ist sehr gemischt und die Leute lernen sich gegenseitig zu akzeptieren und mit dieser Mischung  umzugehen.  Die  Einstellung,  dass  jeder  seine  kulturellen  Elemente  beibehalten soll  und  entsprechend  präsentieren kann, wächst. Unser Präsident spricht fließend Quechua, was nicht selbstverständlich ist. Er  übersetzt auch seine Reden in Quechua. Dies zeigt, dass spanisch nicht die einzige Sprache in Ecuador ist. 

Mittlerweile wird diese Vielfalt und deren Wichtigkeit immer mehr wahrgenommen. Insgesamt ist unsere  Gesellschaft heute viel integrierter und vereinter als früher.  

Die Kulturenvielfalt in Deutschland zu präsentieren ist, wie gesagt, ein Ziel der ecuadorianischen Botschaft. Dies  ist uns z.B. im Jahre 2006 gut gelungen. Ecuador initiierte während der Fußball‐WM in Deutschland eine ganze  Reihe kultureller Aktivitäten. Es wurden z.B. sowohl die Gruppe „Jacchigua“ präsentiert, die mit traditionellen  Trachten folklorische Tänze darstellt, als auch die Musikband „Cruks en Karnak“, eine der bekanntesten Rock‐

Bands Ecuadors. Auch in der Malerei ist die kulturelle Vielfalt zu erkennen, was in einer Kollektivausstellung zu  sehen sein wird, die wir für Ende 2008 in einer Berliner Galerie vorgesehen haben. 

 

9. Das Ibero‐Amerikanische Institut (IAI) ist eine interdisziplinär orientierte Einrichtung des wissenschaftlichen  und  kulturellen  Austausches  mit  Lateinamerika.  Es  bildet  eine  Verbindung  von  Informationszentrum,  Forschungszentrum und Kulturzentrum und ist daher eine wichtige Plattform für Kooperationen, sowie für  interkulturelle und trans‐kulturelle Dialoge4. Besteht eine Zusammenarbeit zwischen der ecuadorianischen  Botschaft Berlins und dem Institut? Wenn ja, inwiefern? 

 

Diese Zusammenarbeit besteht seit jeher und ist intensiv. Das IAI bemüht sich sehr durch die Botschaften den  Kontakt mit den Ländern zu erhalten und zu pflegen. Wir haben zum Beispiel die Möglichkeit in den  Räumlichkeiten des Institutes unsere Projekte zu präsentieren und Vorträge, Ausstellungen oder Konzerte zu  veranstalten. Kürzlich hat ein ecuadorianischer Gitarrist, mit unserer Unterstützung ein Konzert im IAI gegeben. 

Gerade durch mein Studium habe ich persönlich einen sehr engen Kontakt zum IAI. Da ich über Jahre auf die        

4 http://www.iai.spk‐berlin.de/das‐iai.html 

(7)

enorm große Datenbank der Bibliothek des IAI zugegriffen habe, finde ich es sehr wichtig, diese Bestände mit  ecuadorianischer Literatur zu bereichern. Wenn wir also von unserem Auswärtigen Amt Bücher zur Weitergabe  bekommen, geben wir sie in erster Linie dem IAI. Aber auch andere Kulturinstitute, wie etwa das Instituto  Cervantes, sind für uns sehr wichtige Ansprechpartner. Mit beiden Kulturinstituten, sowie zusammen mit den  anderen lateinamerikanischen Botschaften sind wir gerade dabei, ein gemeinsames Programm kultureller  Veranstaltungen zu organisieren,  um das Jubiläum der 200‐jährigen Unabhängigkeit zu feiern. 

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

In der Förderperiode 2021–2024 sind die noch offenen Fragen, insbesondere die verschiedenen Umset- zungs- und Vergütungsmöglichkeiten für das Zugänglichmachen, mit

Trotz grundsätzlicher Zustimmung zum «Konzept Baukultur» äussern EDK, NL, AS, SAGW sowie eine Mehrheit der Kantone grosse Vorbehalte und betonen, dass die neue Strategie zur

In der Förderperiode 2021–2024 werden die noch offenen Fragen, insbesondere die verschiedenen Umsetzungs- und Vergütungsmöglichkeiten für das Zugänglichmachen, mit den

In der Förderperiode 2016–2020 will der Bund die Kreation und Innovation im Kulturbereich durch folgende Massnahmen stärken: Vertiefung der erprobten Zusammen-

Die Grünen fordern, dass zusätzlich zu den vorgesehenen Massnahmen raumplanerische Massnah- men zu treffen seien, etwa indem Kantone verpflichtet werden, in ihren

Es kann nämlich eine nachhaltige Entwicklung nicht realisiert werden, wenn lokale und re- gionale Alpenbräuche, Feste und Traditionen nicht mehr ihren Sinn in sich selbst haben,

Darüber hinaus ist es gerade für periphere Literaturlandschaften, wie Tessin oder Graubünden, besonders wichtig, dass Autorinnen und Autoren auch aus anderen Sprachregionen

Nach Artikel 159 Absatz 3 BV müssen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskre- dite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder