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Archiv "Fleisch in der Ernährung" (26.12.1994)

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Tagung der

Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin

D

as Thema „Fleisch in der Ernährung" hat in den letz- ten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, aber auch kontroverse Diskussionen aus- gelöst. Darauf wies Prof. Dr. R.

Kluthe, Freiburg, in seiner Ein- führung zur Tagung am 26. Februar 1994 in Freiburg-Munzing, deren wissenschaftlichen Leitung er ge- meinsam mit Prof. Dr. H. Kasper, Würzburg, inne hatte, hin. Viele un- terschiedliche Meinungen und Hand- habungen bezüglich des Fleisch- verzehrs sowie die steigende An- zahl alternativer Ernährungsformen ließen eine nüchterne Bestands- aufnahme sinnvoll erscheinen. Ziel der Tagung und dieser zweiten

Geschichte des Fleischverzehrs

Prof. Dr. H. J. Teuteberg, Mün- ster, gab zum Thema „Geschichte des Fleischverzehrs" einen umfas- senden Überblick über die histori- sche Entwicklung des Fleischkon- sums. Bereits die Urmenschen wa- ren nach den Ausführungen des Autors entgegen früheren Annah- men keine reinen Vegetarier, son- dern Fleischesser. Auch für die vie- len Jahrtausende prähistorischer Jagd- und Sammelwirtschaft, sowie nach dem Übergang zur seßhaften Landwirtschaft, wie auch zur Zeit des Nomadentums, konnten archäo- logische Funde den Verzehr von tie- rischer Kost nachweisen. Schon recht früh wurden Techniken wie beispielsweise das Mästen und Ka- strieren der Tiere zur Steigerung der Fleischproduktion eingesetzt.

Konsensuskonferenz der Akade- mie, war es, zu einer Übereinstim- mung, einem Konsens, zum Thema

„Fleisch in der Ernährung" zu ge- langen, der als Lehrmeinung der Deutschen Akademie für Ernäh- rungsmedizin für die ärztliche Pra- xis verfügbar gemacht werden soll.

Fleisch ist bereits seit Jahrtau- senden ein beliebter und wichtiger Bestandteil der menschlichen Ernährung und hat schon bei den Babyloniern 600 v. Chr. zum tägli- chen Speiseplan gehört. Dies gilt ebenso für den Kulturkreis der Hel- lenen wie auch der Ägypter. So ließ nach Herodot der Pharao seiner 1 000köpfigen Leibwache täglich 200 g Fleisch zuteilen. Auch heute zählt Fleisch nach wie vor zu den begehrenswertesten Nahrungsmit- teln. Obwohl Bestrebungen gegen Fleisch so alt sind wie der Fleischge- nuß selbst, konnte sich vegetarische Ernährungsweise bisher nicht durchsetzen. Immerhin ernährt sich heute jeder zehnte Bundesbürger über längere Zeit fleischlos oder fleischarm.

Zu einer wirtschaftlich-rationellen Produktion mit regelmäßiger Stall- fütterung ging man jedoch erst im 18. Jahrhundert über. Wegen der re- lativ hohen Preise wurden insbeson- dere in der breiten Bevölkerung fast alle eßbaren Fleischanteile ver- wertet. So wurde lange Zeit streng zwischen Herren- und Volksspeisen unterschieden. Sichere Daten über die Höhe des Fleischverzehrs vor Mitte des 19. Jahrhunderts sind nicht vorhanden. Man weiß jedoch, daß es zwischen dem 16. und 19.

Jahrhundert zur „Entfleischli- chung" der Kost, das heißt einem Rückgang des Pro-Kopf-Verzehrs kam, da die Fleischproduktion mit der stetig zunehmenden Bevölke- rung nicht Schritt halten konnte.

Seit Mitte des vorigen Jahrhunderts ist, mit Ausnahme der Weltkriege, eine stetige Zunahme des Fleisch- verzehrs zu beobachten. Zwischen

den Jahren 1850 und 1993 kam es zu einer Verdreifachung des Konsums.

In den letzten Jahren ist jedoch eine Stagnation zu verzeichnen. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verzehr an Fleisch und Fleischwaren lag 1992 in deutschen Haushalten bei 63 kg/Jahr. Aufgrund dieses bereits hohen Konsums ist eine weitere quantitative Steigerung des Ver- zehrs an Fleisch und Fleischwaren kaum zu erwarten.

Psychologische Aspekte des Fleischverzehrs

Prof Dr. V Pudel, Göttingen, berichtete, daß die Psychologie des Fleischverzehrs heute einen erhebli- chen kommunikativen Konfliktstoff biete, der weit über die ernährungs- physiologische Risiko-Nutzen-Ab- wägung hinausgeht. Die Diskussion umfasse seiner Ansicht nach ver- schiedene Ebenen.

Zum einen bezieht sie sich auf die Inhaltsstoffe Cholesterin und Fett, zum anderen aber auch auf Berichte über Rückstände, kurz

„Schadstoffe", und nicht zuletzt auf Meldungen über Mißstände in der Tierhaltung und auch bei der Schlachtung.

Ausschlaggebend für das Ver- halten der Verbraucher ist seiner Ansicht nach besonders die Art und Weise der Informationsübermitt- lung durch die Medien, wodurch in- nerhalb kürzester Zeit das Kaufver- halten nachhaltig verändert werden kann. Der Autor zitierte hierzu Alexander von Humboldt, der ge- sagt hat, daß das Verhalten nicht so sehr von den Tatsachen geprägt wird, sondern von der Meinung, die man sich über diese Tatsachen bil- det. Würde man beispielsweise die Berichterstattung über Tierhaltung oder -schlachtung zugrunde legen, so wäre es verständlich, wenn nie- mand mehr Fleisch essen würde, daß dieses nicht der Fall ist, begrün- det Pudel mit dem positiven Image, das Fleisch in einem großen Teil der Bevölkerung hat.

Fleischgenuß ist mehr als die

„Beseitigung eines Hungergefühls durch ein tierisches Nahrungsmit- tel". Es hat einen besonderen emo-

„Fleisch in der Ernährung"

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MEDIZIN

tionalen Stellenwert, der sich darin zeigt, daß das Menü im Restaurant nach der Fleischkomponente be- zeichnet wird. Diesen Überlegun- gen stellte Pudel gegenüber, daß im Gegensatz zum Stellenwert von Fleisch in der Bevölkerung dieses Lebensmittel in der Ernährungsauf- klärung häufig im Mittelpunkt der kritischen Betrachtung steht.

Inzwischen ist diese Ansicht auch von Teilen der Bevölkerung angenommen worden, so daß Fleisch und Fleischwaren, wie Un- tersuchungen zeigten, häufig als In- begriff ungesunder Ernährung gel- ten. Eine solche Bewertung einzel- ner Lebensmittel von Seiten der Ernährungsberatung ist nach An- sicht Pudels falsch. Vielmehr sollte eine gesamtheitliche Beurteilung der Ernährung bezüglich Energie- und Nährstoffaufnahme vorgenom- men werden, anstatt einzelne Le- bensmittel in gut und schlecht zu unterteilen.

Am Bundesgesundheitsamt wurde 1981 die Berliner Vegetarier- studie, eine Querschnittsanalyse mit 400 Vegetariern, die mit einer Kontrollgruppe von Nichtvegeta- riern gleichen Geschlechts, Körper- größe und Alter sowie in etwa ver- gleichbarer gesunder Lebensweise verglichen wurden, begonnen. Prof.

Dr. H. Rottka, Berlin, erläuterte, daß die Verzehrsgewohnheiten mit Hilfe von 7-Tage-Ernährungsproto- kollen ermittelt und mit dem Bun- deslebensmittel-Schlüssel ausge- wertet wurden. Im Ergebnis zeigte sich, daß die Nährstoffversorgung der Vegetarier mit Ausnahmen als bedarfsgerecht bezeichnet werden kann. Die Eisenversorgung war bei 17 Prozent der Vegetarierinnen un- zureichend, die Frauen der Kon- trollgruppe wiesen hier etwas besse- re Werte auf. Bei der Gruppe der Veganer (völliger Verzicht auf tieri- sche Produkte) wurde in einzelnen Fällen eine unzureichende Bedarfs- deckung mit Vitamin B12 festge- stellt. Verschiedene Parameter wie Blutdruck, Harnsäure, Cholesterin und andere, sowie Befunde bei Ri- sikoparametern und Morbidität stellten sich in der Gruppe der Ve- getarier besser dar als in der Kon- trollgruppe. Der Autor warnte aber

KONGRESSBERICHT

vor dem daraus häufig gezogenen Schluß „fleischlos wäre gleichbe- deutend mit gesund", da diese gün- stigeren Ergebnisse nicht allein auf die Ernährung zurückgeführt wer- den können. Es müsse berücksich- tigt werden, daß in der Gruppe der Vegetarier kaum geraucht wurde und auch der Alkoholkonsum deut- lich niedriger war als in der Kon- trollgruppe. Zusätzlich hat auch das wesentlich andere Verzehrsmuster der Vegetarier, niedriger Fettver- zehr, hoher Obst-, Gemüse- und Brotverzehr (=hoher Ballaststoffver- zehr), Einfluß auf die genannten Pa- rameter. Vegetarismus, der nach An- sicht des Autors nicht allein als fleischlose Ernährung, sondern als Lebensphilosophie betrachtet wer- den muß, ist eine physiologisch durchaus vertretbare Ernährungs- weise. Dies bedeute jedoch nicht, daß die vegetarische Ernährung grundsätzlich empfohlen werden sollte. Vielmehr gehörten zu einer ausgewogenen vollwertigen Ernäh- rung neben pflanzlichen Lebensmit- teln, Milch und Milchprodukten auch Fleisch und fettarme Wurstwaren.

Nährstoffgehalt von Fleisch und Fleischwaren Prof. Dr. K.O. Honikel, Kulm- bach, stellte neueste Untersu- chungsergebnisse der Bundesan- stalt für Fleischforschung zum Fett- gehalt von Fleisch und Fleischwa- ren vor. Honikel berichtete, daß bis Ende der fünfziger Jahre der Fett- gehalt von Schweinefleisch sehr hoch war, da es neben dem Milch- fett die Hauptquelle für Fett dar- stellte und somit als wertgebender Bestandteil galt. Diesem Umstand hat das Schweinefleisch nach An- sicht des Autors sein nach wie vor bestehendes Image als fettes Fleisch zu verdanken, obwohl der Fettge- halt des Schweinefleischs heute deutlich niedriger ist. So erreicht man durch einen mageren Zu- schnitt einen mittleren Fettgehalt von 10,5 Prozent. Rindfleisch ent- hält im Mittel 8,5 Prozent Fett, Hühnchenfleisch 9,6 Prozent Fett, wobei hier der Hauptanteil des Fet- tes unter der Haut liegt, so daß

Hühnchenbrust ohne Haut nur noch 1 Prozent Fett enthält. Diese Werte liegen deutlich niedriger als bisher veröffentlichte Werte. Ursa- che dafür sind zum einen neue, deutlich magerere Züchtungen, ins- besondere beim Schwein, zum an- deren aber auch der heute übliche magere Zuschnitt der Schlachtkör- per, bei dem grobgewebliche Antei- le und sichtbares Fett entfernt wer- den. Untersuchungen zum Chole- steringehalt ergaben bei magerem Schweine-, Rinder- und Hühner- fleisch Werte von etwa 55 mg/100 g Rohware. Mit steigendem Fettge- halt des Fleisches kann der Chole- steringehalt bis auf ungefähr 75 mg, durch die Haut des Hühnerfleisches sogar bis auf 90 mg/100 g Rohware ansteigen. Entsprechend dem Fett- gehalt des Schweinefleisches sind auch die Fleischerzeugnisse fettär- mer geworden. Im gewichteten Mit- tel enthalten sie ungefähr 25 Pro- zent Fett mit Spannen von etwa 2 Prozent Fett bei Aspikprodukten mit Fleischeinlagen bis zu 50 Pro- zent Fett bei streichfähigen Roh- fleischwaren. Honikel wies jedoch darauf hin, daß bei den Fleischer- zeugnissen große Variationsbreiten auftreten, die auf regionale Unter- schiede in der Herstellung zurück- zuführen sind. Abschließend beton- te er, daß Fleisch mit einem mittle- ren Energiegehalt von 180 kcal/ 100 g nicht zu den energiereichen Le- bensmitteln zu zählen ist und daß die Assoziation „hoher Fleischver- zehr = hohe Energieaufnahme"

vielleicht früher gegolten hat, aber nach heutigem Stand des Wissens nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Fleisch hat damit nach seiner Ansicht an Qualität und ernäh- rungsphysiologischer Bedeutung gewonnen.

Versorgung mit Spurenelementen durch Fleisch

Nach Angaben von PD Dr. 0.

Oster, Kiel, zum Thema „Der Bei- trag von Fleisch zur Spurenele- mentversorgung des Menschen un- ter besonderer Berücksichtigung von Selen" stammen etwa 30 Pro-

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zent des mit der Nahrung aufge- nommenen Eisens aus Fleisch und Fleischprodukten. Für das Spuren- element Zink tragen diese Produkte zu etwa einem Drittel zur Bedarfs- deckung bei. Eine geringe Bedeu- tung haben Fleisch und Fleischwa- ren für die Versorgung mit Jod. An- ders in der ehemaligen DDR, wo diese Lebensmittel zu 20 bis 30 Pro- zent zur Bedarfsdeckung beitrugen.

Dieses war darauf zurückzuführen, daß Futtermittel mit Jodid angerei- chert wurden. Die Versorgung mit Jod konnte auf diesem Wege deut- lich verbessert werden. Eine neu er- lassene Verordnung erlaubt nun auch in der Bundesrepublik die An- reicherung von Futtermitteln mit Jodid, so daß nach Ansicht des Au- tors abzuwarten ist, ob sich durch diese Neuerung eine Verbesserung der Jodversorgung erreichen läßt.

Weniger bekannt ist nach sei- ner Ansicht der hohe Beitrag des Fleisches für die Versorgung mit Se-

Mikrobiologie und Toxikologie des Fleisches

Prof. Dr. H. J. Hapke, Hanno- ver, berichtete, daß unter mikrobio- logischem Aspekt besonders Infek- tionskeime wie Salmonellenerreger von Bedeutung sind, die sich durch.

mangelnde Hygiene bei der Le- bensmittelaufbewahrung und -zu- bereitung stark vermehren und zu einer Lebensmittel-Infektion, der Salmonellose, führen. Nach Schät- zungen muß man von ungefähr 200 Todesfällen im vergangenen Jahr ausgehen, die durch Salmonellose verursacht wurden. Die Häufigkeit hat in den letzten Jahren kontinu- ierlich zugenommen, es besteht auch weiterhin immer noch eine steigende Tendenz.

Zur Vermeidung von Salmonel- leninfektionen ist es seiner Ansicht nach wichtig, den Verbraucher über geeignete hygienische Maßnahmen zu informieren, da die öffentliche Lebensmittelhygiene an der heimi- schen Küchentür endet.

Zum toxikologischen Aspekt des Fleischverzehrs ging Hapke auf die Bedeutung der Rückstände ein, zu denen Substanzen wie Tierarz-

len. Die durchschnittliche Selenauf- nahme in der Bundesrepublik ist mit 38 gg für die Frau und 47 lag für den Mann im internationalen Ver- gleich trotz der Anreicherung im Kraftfutter als gering zu bewerten.

In Ländern wie den USA und Ka- nada liegt die Selenaufnahme im Mittel deutlich über 100 p/d. Die Empfehlung des US National Re- search Council im Jahre 1989 be- trug 1 pg Selen/kg Körpergewicht, eine Menge die der bundesdeutsche Bürger bei weitem nicht erreicht. In Untersuchungen an sich vegetarisch ernährenden Personen konnten kei- ne signifikanten Unterschiede in der Selenaufnahme im Vergleich zu Fleischessern festgestellt werden.

Es zeigte sich aber, daß strenge Ve- ganer deutlich geringere Mengen an Selen aufnehmen. Abschließend wies Oster nochmals darauf hin, daß Fleisch ein optimaler Lieferant für die Kombination der Spurenele- mente Eisen, Zink und Selen ist.

neimittel und Futterzusatzstoffe zählen, die zum Zeitpunkt der Schlachtung noch nicht wieder voll- ständig ausgeschieden worden sind.

Hier erwähnte er besonders die Chemotherapeutika und hormonel- len Wirkstoffe. Das Auftreten die- ser Stoffe im Fleisch läßt sich je- doch nach Auffassung des Autors durch „vorschriftsgemäße" Anwen- dung, das heißt ausreichende War- tezeiten zwischen Medikamenten- gabe und Schlachtzeitpunkt und richtige Dosierung der Präparate, vermeiden. Von besonderer Bedeu- tung sind Be- und Verarbeitungs- produkte des Fleisches. So entste- hen zum Beispiel bei der Reaktion von Nitrit (aus dem Nitritpökelsalz) mit sekundären Aminen (Eiweißab- bauprodukte) die sogenannten Nitrosamine sowie bei der unvoll- ständigen Verbrennung von Fett (Grillen bei offenem Feuer) polyzy- klische aromatische Kohlenwasser- stoffe, beides Substanzen, die krebserzeugend sind. In der an- schließenden Diskussion ging Hap- ke auf das Thema BSE (Bovine Spongiforme Enzephalopathie) ein.

Er berichtete, daß aufgrund epidemiologischer Erhebungen ei-

ne mögliche Übertragung des Erre- gers vom Tier auf den Menschen sehr unwahrscheinlich ist. Solange aber nicht hundertprozentig sicher ist, daß keine Übertragungsmög- lichkeit besteht, muß man seiner Meinung nach aus Sicherheitsgrün- den davon ausgehen, das sie besteht und alle Infektionsmöglichkeiten ausschließen.

Physiologische Bedeutung des Fleisches

in der Ernährung

Fleisch enthält wichtige Nähr- stoffe wie Vitamin B1, B6 und B12 sowie Eisen und Zink in größeren Mengen, berichtete Prof. Dr. H.F.

Erbersdobler, Kiel, und ist daher ein.

Lebensmittel mit hoher ernäh- rungsphysiologischer Qualität. Mit zunehmendem Fettgehalt nimmt der hohe Nährwert von Fleisch je- doch ab, wobei Erbersdobler einen Fettgehalt bis zu 15 Prozent als noch akzeptabel erachtet. Von be- sonderer Relevanz ist die gute Bio- verfügbarkeit der einzelnen Nähr- stoffe im Fleisch, da hemmende Faktoren kaum anzutreffen sind.

Dies gilt besonders für das Eisen, das nur im Fleisch in der optimal verfügbaren Form von Hämeisen vorliegt. Darüber hinaus verbessert Hämeisen ebenso wie auch das Vit- amin C die Verfügbarkeit von Nicht-Hämeisen. Dies ist auch der Grund dafür, daß das Fleisch gerade für die Gruppe der jungen Frauen, die häufig nur sehr geringe Mengen an Fleisch verzehren, besonders wichtig ist. Andererseits besitzt das Fleisch keinen „exklusiven Nähr- stoff", wie beispielsweise das in der Milch enthaltene Kalzium. So ist das Schweinefleisch zwar reich an Vitamin B1. Dieses Vitamin kann aber durch eine ausreichende Zu- fuhr von Getreidevollkornproduk- ten ausreichend zugeführt werden.

Wie alle anderen Lebensmittel auch, ist Fleisch im Hinblick auf die Nährstoffausstattung nicht perfekt, so fehlen neben Kalzium, auch Vit- amin C oder Ballaststoffe. Dies ist jedoch durch eine abwechslungsrei- che Ernährung und sinnvolle Kom- bination der verschiedenen Lebens- A-3574 (44) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 51/52, 26. Dezember 1994

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MEDIZIN

mittel auszugleichen. Abschließend stellte Erbersdobler fest, daß Fleisch zwar wie jedes andere Le- bensmittel ersetzbar ist, daß es aber in magerer Form, und darauf lag die Betonung, ein wertvolles und emp- fehlenswertes Lebensmittel ist. Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist eine Mengenbegrenzung daher nicht erforderlich. Seiner Ansicht nach ist ein Verzehr von Fleisch zwei bis vier mal pro Woche (je- weils etwa 150 g) aufgrund seines hohen Nährstoffgehaltes empfeh- lenswert.

Nach Ansicht von Prof Dr. H.

Kasper, Würzburg, ist zu diskutie- ren, ob, bedingt durch einen hohen Fleischverzehr, nicht der Verzehr von Lebensmitteln mit einem ho- hen Gehalt an protektiven Inhalts- stoffen, wie beispielsweise Vitamin C, Karotinoide und Ballaststoffe, die nur in pflanzlichen Lebensmit- teln vorkommen, verringert wird.

Im diätetischen Bereich, beispiels- weise bei der Behandlung von Hy- perlipämikern, ist eine gezielte Beratung im Hinblick auf die Art und Menge der zu verzehrenden Fleisch- und Wurstwaren wichtig.

Dies haben Untersuchungen in Würzburg gezeigt, die ergaben, daß mehr als 80 Prozent der Hyperlip- ämiker und Typ-Il-Diabetiker vor der ersten Beratung täglich durch- schnittlich 200 g, zum Teil sehr fette Wurstwaren, und ungefähr 180 g Fleisch verzehrt haben.

Ferner sollte bei der diäteti- schen Behandlung der essentiellen Hypertonie besonders der durchweg relativ hohe Kochsalzgehalt von Wurstwaren berücksichtigt werden.

Risiken des Fleischkonsums

Prof. Dr. J. H. Weisburger, New York, ging in seinem Vortrag auf mögliche Zusammenhänge zwi- schen Fleischkonsum, Karzinogene- se und Herz- und Kreislauferkran- kungen ein. Er berichtete, daß in den vergangenen 100 Jahren in den USA der Konsum von relativ fet- tem Fleisch stark angestiegen ist und mehr als 50 Prozent der Fettka- lorien durch Fleischgerichte aufge-

KONGRESSBERICHT

nommen wurden. Eine Zunahme von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Atherosklerose waren die Fol- ge. Durch gezielte Verbraucherin- formation konnte in den letzten Jahren der Verzehr besonders von fetten Wurstwaren deutlich redu- ziert werden. Dagegen ist heute eine verstärkte Nachfrage von ma- gerem Fleisch und Fleischwaren zu verzeichnen. Ein gleichzeitiger Rückgang des Zigarettenrauchens, dem Hauptrisikofaktor für Herz- und Kreislauferkrankungen, führte in den USA zu einer deutlichen Verminderung der Sterblichkeitszif- fer. Suigmura und Mitarbeiter ha- ben 1977 in Tokyo nachgewiesen, das bei langem Grillen und schar-

Sport und Ernährung

Seitdem Menschen Sport trei- ben, ist das Thema „Sportler- ernährung" und die Optimierung der sportlichen Leistungen durch geeignete Nahrungsmittel von Be- deutung. Prof. Dr. Hamm, Ham- burg, berichtete, daß die Sportler- ernährung im frühen Altertum zunächst vegetarisch war, später je- doch, von zum Teil mythischen Vor- stellungen bestimmt, auch Fleisch zur Ernährung des Sportlers emp- fohlen wurde. So gab man Sprintern zur Steigerung der Schnelligkeit Ziegenfleisch oder Fische, die in be- wegter See gefangen wurden.

Erst im 19. Jahrhundert begann die wissenschaftliche Erforschung der Sportlerernährung. Noch bis zu den Olympischen Spielen 1976 wur- de der Fleischernährung die meiste Bedeutung zugesprochen. Durch- schnittlich wurden allein durch tieri- sche Lebensmittel täglich 250 g Ei- weiß aufgenommen. Heute geht man davon aus, daß die Sport- lerernährung vom Grundmuster her kohlenhydratbetont, eiweißhoch- wertig mit 1,2 bis 1,6 g Eiweiß pro kg Körpergewicht und fettreduziert sein sollte. In Abhängigkeit von der Trainingsphase soll sie in der Auf- bauphase eiweißreicher sowie während und nach dem Wettkampf kohlenhydratreicher sein. Hamm betonte, daß grundsätzlich auf eine ausgewogene Ernährung mit pflanz-

fern Braten von Fleisch durch Re- aktion von Maillard-Strecker-Reak- tionsprodukten mit Kreatinin Ver- bindungen aus der Klasse der he- terozyklischen Amine (HCA) ent- stehen, die im Tierversuch zur Ent- stehung von Krebs und zu patholo- gischen Veränderungen im Herzen und im Kreislaufsystem geführt ha- ben. Diese Reaktionen können sei- ner Ansicht nach jedoch verhindert werden, indem man auf scharfes und langes Anbraten von Fleisch verzichtet. Weisburger betonte ab- schließend, das durch die Nutzung moderner Garmethoden (zum Bei- spiel Mikrowellengeräte) die Bil- dung von schädlichen Verbindun- gen vermieden werden kann.

lichen und tierischen Lebensmitteln geachtet werden sollte. Die gute Bioverfügbarkeit der Nährstoffe im Fleisch ist ein Grund dafür, daß das Fleisch seinen festen Stellenwert in der Sportlerernährung hat.

Fleischkonsum während der Schwangerschaft

Zum abschließenden Thema

„Bedeutung des Fleisches in der Ernährung der Schwangeren und Stillenden" referierte PD Dr. L.

Quaas aus Freiburg. Er berichtete, daß aufgrund des in der Schwanger- schaft gesteigerten Metabolismus, der Zunahme an mütterlichem Ge- webe (Uterus, Plazenta) und dem Wachstum des Feten insbesondere im letzten Schwangerschaftsdrittel ein erhöhter Proteinbedarf der Schwangeren besteht. Zusätzlich zum normalen Eiweißbedarf von 0,8 g pro kg Körpergewicht (ent- sprechend 50 bis 60 g/Tag) benötigt die normalgewichtige Schwange- re zusätzlich mindestens 10 g/Tag.

Während der Stillzeit ist eine zu- sätzliche Proteinzufuhr von 15 g/

Tag angeraten.

In der Ernährung der Schwan- geren kommt dem Fleisch nach An- sicht des Autors eine besondere Be- deutung zu, da es den erhöhten Be- darf an essentiellen Aminosäuren deckt. Die Proteinaufnahme sollte Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 51/52, 26. Dezember 1994 (45) A-3575

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während Schwangerschaft und Still- zeit zu etwa 50 bis 65 Prozent aus tierischen Lebensmitteln gedeckt werden. Die hohe Nährstoffdichte von Fleisch für Eisen, Zink und verschiedene Vitamine der B-Grup- pe ist ein weiterer Grund dafür, während der Schwangerschaft re- gelmäßig mageres Fleisch sowie magere Fleischprodukte in den Speisenplan zu integrieren. In der Diskussion wurde im speziellen auf die Problematik hoher Vitamin-A- Gehalte in der Leber hingewiesen, die in neueren Untersuchungen nachgewiesen wurden. Die Ursache waren hohe Vitamin-A-Mengen in den verwendeten Futtermitteln. Da

hohen Dosen an Vitamin A terato- gene Wirkungen zugesprochen wer- den, sprach das Bundesgesund- heitsamt für Schwangere die Emp- fehlung aus, auf einen übermäßigen Verzehr von Leber zu verzichten.

Des weiteren wurde die Gesetzge- bung geändert, um weitere mögli- che Fälle zu vermeiden.

Resümee

Bei der Abschlußdiskussion waren sich die Tagungsteilnehmer insgesamt darüber einig, daß Fleisch und magere Fleischwaren sinnvolle und empfehlenswerte Le-

bensmittel darstellen, die ihren fe- sten Stellenwert in einer ausge- wogenen und abwechslungsreichen Ernährung des Menschen haben.

Neben dem Fettgehalt sollte bei der Produktauswahl auch der Kochsalzgehalt Berücksichtigung finden. Auch die Wahl geeigneter Garmethoden verdient Beachtung.

Dipl.-Oecotroph.

Monika Kehrbaum Prof. Dr. med. R. Kluthe Deutsche Akademie für Ernährungsmedizin Postfach 52 40

79102 Freiburg

Wie zuverlässig ist die Auskultation bei Karotisstenosen?

Im Rahmen einer Multicenter- studie über symptomatische Karo- tisstenosen (North American Sym- ptomatic Carotid Endarterectomy trial) wurde der Stellenwert des Ka- rotis-Auskult ationsbefundes unter- sucht. Bei symptomatischen Patien- ten wies ein einseitiges Strömungs- geräusch mit einer Sensitivität von 63 Prozent und einer Spezifität von 61 Prozent auf das Vorliegen einer hochgradigen (70- bis 99prozenti- gen) Karotisstenose hin. über ein Drittel der Patienten mit hochgradi- ger Stenose der Carotiden hatten kein Strömungsgeräusch. Wenn weitere klinische Daten hinzugezo- gen wurden (Hirninfarkt im Com- putertomogramm, hochgradige Ste- nose in der Karotisdoppleruntersu- chung, transitorisch ischämische Attacken, retinale Durchblutungs- störungen) ließ sich der Voraussa- gewert auf das Vorliegen einer hochgradigen Stenose auf 94 Pro- zent erhöhen.

Die Autoren folgern, daß der Auskultationsbefund allein kein zu- verlässiges Kriterium bei der Eva- luierung von Patienten mit sympto- matischen Karotisstenosen dar- stellt, selbst beim Hinzuziehen wei-

terer klinischer Parameter werden manche höhergradigen Stenosen nicht entdeckt.

Sauve JS et al.: Can bruits distinguish high-grade from moderate symptomatic carotid stenosis? Ann Intern Med 1994;

120: 633-637

Dr. Sackett, Division of General Internal Medicine, Henderson General Division, Room 408, McMaster Clinic, 711 Conces- sion Street, Hamilton, Ontario L8V 1C3 Canada

Keine erhöhte

Blutungsgefahr nach endoskopischer

Polypektomie unter ASS

Viele Chirurgen bestehen dar- auf, daß vor einem größeren opera- tiven Eingriff die ASS- oder NSAR- Medikation mindestens acht Tage lang abgesetzt wird. Daten darüber, ob dies zwingend notwendig ist, exi- stieren praktisch nicht, auch wenn in einzelnen Arbeiten über ein er- höhtes Blutungsrisiko nach Tonsill- ektomie oder koronarer Bypass- Chirurgie berichtet wurde. Nach- dem schätzungsweise 25 Prozent der Erwachsenen mehr oder weni- ger regelmäßig Medikamente ein- nehmen, die die Thrombozytenag- gregation beeinflussen, kommt der

Frage nach einer erhöhten Blu- tungsneigung bei endoskopischer Biopsie oder Polypektomie eine er- hebliche Bedeutung zu.

Von 320 Patienten, bei denen unter der Einnahme von ASS oder NSAR-Präparaten endoskopische Untersuchungen vorgenommen wurden, berichteten 4,6 Prozent über eine beobachtete Blutung. Die Blutungsrate lag signifikant höher als in einer Vergleichsgruppe ohne Medikamenteneinnahme. Nur bei vier Patienten (0,58 Prozent) han- delte es sich um eine signifikante Blutung, die eine stationäre Be- handlung erforderlich machte. In jedem Fall war eine endoskopi- sche Polypektomie vorausgegangen (zwei unter ASS, zwei in der Kon- trollgruppe).

Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß das Risiko einer kli- nisch relevanten Blutung nach en- doskopischer Biopsie oder Polypek- tomie bei Patienten unter ASS- oder NSAR-Einnahme unter ein Prozent beträgt und daß deshalb die Medikation vor einem endoskopi- schen Elektiveingriff nicht abge- setzt zu werden braucht.

Shiffman ML, Farrel MT, Yee YS: Risk of bleeding after endoscopic biopsy or poly- pectomy in patients taking aspirin or other NSAIDs. Gastroint Endoscopy 1994; 40: 458-462

Division of Gastroenterology, Medical College of Virginia, Richmond VA 23298

A-3576 (46) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 51/52, 26. Dezember 1994

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