Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft
Vitamin K-Prophylaxe bei Neugeborenen
Criteria 88, World Health Organisation, IPCS, Geneva (1989) pp 1-409
64. WHO, IPCS: Chlorophenols other than Pentachlorphenol. Envir. Health Crit. 93 (1989)
65. WHO-Regionalbüro für Europa: Summary Report. Consultation an tolerable daily in take from food of PCDDs and PCDFs.
EUR/-ICP/PCS 030(S) 0369n (1991) 66. Wichmann, H.-E. und H. W. Schlipköter:
Kindliche Atemwegserkrankungen und Luftschadstoffe - Ergebnisse der koordi- nierten Pseudokrupp-Studien. Teil I:
Querschnittstudien. Dtsch. Artzebl. 87 (1990) C-1533-1539
67. Wichmann, H.-E. und H. W. Schlipköter:
Kindliche Atemwegserkrankungen und Luftschadstoffe - Ergebnisse der koordi- nierten Pseudokrupp-Studien. Teil II:
Längsschnitt-Studien. Dtsch. Ärztebl. 87 (1990) C-1540-1546
68. Zober, A., Messerer, P., Huber, P.; (1990) Thirty-four-year mortality follow-up of BASF employees exposed to 2, 3, 7, 8-TCDD after the 1953 accident. Int.
Arch. Occup. Environ Health 62: 139-157
Mitglieder der Arbeitsgruppe Priv.-Doz. Dr. med. vet. J. Abel, Abt. für Toxikologie, Medizinisches Institut für Umwelthygiene an der Heinrich-Heine- Universität Düsseldorf
Prof. Dr. med. Klaus-D. Bachmann, Vorsit- zender des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer, Münster Lothar Bamiske, Wiss.-Direktor im Um- weltbundesamt Berlin
Prof. Dr. med. Heyo Eckel, Präsident der Ärztekammer Niedersachsen, Göttingen Dipl.-Biologe Bernd Franke, Institut für Energie- und Umweltforschung Heidel- berg GmbH
Prof. Dr. med. Helmut Greim, Institut für Toxikologie, GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Neuherberg Prof. Hanspaul Hagenmaier Ph. D., Institut für Organische Chemie der Universität Tübingen
Prof. Dr. rer. nat. Jürgen Hahn, Direktor des Instituts für Wasser-, Boden- und Lufthygie- ne des Bundesgesundheitsamtes Berlin Prof. Dr. med. Dr. h. c. Gerhard Lehnert, Direktor des Instituts für Arbeits- und Sozi- almedizin und Poliklinik für Berufskrank- heiten der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Prof. Dr. med. Diether Neubert, Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Frei- en Universität Berlin
Prof, Dr. med. Rainer Schiele, Institut für Arbeits- und Sozialmedizin und Poliklinik für Berufskrankheiten der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Prof. Dr. med. Dr. phil. Ch. Schlatter, Insti- tut für Toxikologie der Eidgenössischen.
Technischen Hochschule an der Univer- sität Zürich
Prof. Dr. med. Hans-Werner Schlipköter (Federführung), Direktor des Medizini- schen Instituts für Umwelthygiene und des Instituts für Hygiene der Universität Düsseldorf
Nachfolgend gibt die Arzneimittel- kommission der Deutschen Ärzteschaft eine Stellungnahme der Ernährungs- kommission der Deutschen Gesell- schaft für Kinderheilkunde wieder, in der neue Richtlinien für die Vitamin K-Prophylaxe bei Neugeborenen vor- geschlagen werden (s. auch ausführli- che Publikation „Krebs durch Vitamin K-Prophylaxe?", Autoren: R. von Kries, P. Wirtz und U. Göbel, im medi- zinisch-wissenschaftlichen Teil dieses Heftes).
Ohne eine Vitamin-K-Prophylaxe wären in Deutschland pro Jahr etwa 30 Fälle von Hirnblutungen durch Vit- amin K-Mangel zu erwarten (1). 1986 empfahl die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kin- derheilkunde die einmalige parentera- le Vitamin K-Prophylaxe (1 mg Vit- amin K 1 bei der Geburt) für alle Neu- geborenen mit erster Präferenz (2). In mehreren epidemiologischen Studien wurde belegt, daß durch diese Maß- nahme späte Vitamin K-Mangelblutun- gen mit hoher Sicherheit zu verhindern sind (5, 6, 7, 8, 10). Die Arbeitsgruppe Pädiatrische Hämostaseologie der Ge- sellschaft für Thrombose- und Hämo- staseforschung empfahl gleichberech- tigt zur parenteralen die dreimalige orale Prophylaxe (9), die aufgrund neuester Daten aus Japan wahrschein- lich ebenfalls späte Vitamin K-Man- gelblutungen verhindern kann (4).
Am 8. 8. 1992 wurde im British Me- dical Journal anhand einer Fall-Kon- trollstudie ein Zusammenhang zwi- schen intramuskulärer - nicht aber ora- ler - Vitamin-K-Prophylaxe und Krebs im Kindesalter beschrieben (3). Be- weist dieser Befund einen Kausalzu- sammenhang? Die Studie weist keinen erkennbaren Fehler in der Konzeption oder Auswertung auf. Zweifel gründen sich jedoch im wesentlichen auf die fehlende Spezifität des Effekts (die Verursachung einer Vielzahl unter- schiedlicher Tumoren und Leukämien durch eine einzige und einmalige Noxe - die parenterale Vitamin K-Prophyla- xe - ist ungewöhnlich), sowie auf die fehlende biologische Plausibilität (es ist unklar, ob dieser Effekt Folge des Vitamin K, des Lösungsvermittlers, des Stabilisators Phenol oder eine Interak-
tion von allen drei Substanzen dar- stellt). Bestünde tatsächlich ein Kau- salzusammenhang zwischen der intra- muskulären Vitamin K-Prophylaxe und Krebs im Kindesalter, wäre jedoch ein erheblicher Anteil der bis zum 15. Le- bensjahr zu erwartenden Krebsfälle als durch die Vitamin K-Prophylaxe be- dingt anzusehen (1).
Die derzeitige Datenlage zwingt so- mit - hinsichtlich der parenteralen Vit- amin K-Prophylaxe - zu einer Abwä- gung zwischen gesichertem Gewinn und einem möglicherweise erheblichen Risiko dieser Maßnahme. Deshalb stellt sich die Frage nach Alternativen zur parenteralen Vitamin K-Prophyla- xe, durch die mit ähnlich hoher Wahr- scheinlichkeit Hirnblutungen zu ver- hindern sind, ohne daß auf das mögli- che Risiko der Krebsentstehung einge- gangen wird (1). Die folgenden Emp- fehlungen stellen eine solche Alternati- ve dar.
1. Alle Kinder erhalten weiterhin eine Vitamin K-Prophylaxe zur Präven- tion späterer Vitamin K-Mangelblu- tungen.
2. Zur Routineprophylaxe bei allen gesunden Neugeborenen wird eine ora- le Dosis von 1 mg Konakion am ersten Lebenstag gegeben. Weitere orale Vit- amin K-Gaben (1 mg) erfolgen bei U 2 und U 3. Diese zweite und dritte orale Vitamin K-Gabe ist unverzichtbar bei Kindern, die vollgestillt oder mit selbst zubereiteter Kuhmilchnahrung ernährt werden.
3. Kranke Neugeborene bezie- hungsweise Frühgeborene, bei denen eine orale Vitamin-K-Gabe nicht mög- lich ist, erhalten bei Geburt 100 bis 200 tg Vitamin K das heißt 0,05 bis 0,1 ml der Präparation Konakion für Neugeborene parenteral (i. m. oder s. c.). Zur Prävention der späten Vit- amin K-Mangelblutungen sind weitere Vitamin K-Gaben notwendig. Dosie- rungen und Art der Gabe (1 mg oral bei U 2 und U 3 wie bei gesunden Säug- lingen oder mehrmalige parenterale Vitamin K-Gaben) erfolgen in Abhän- gigkeit vom klinischen Zustand.
Diese Veränderung der früheren Empfehlung zur Vitamin K-Prophylaxe stellt eine vorläufige Sicherheitsmaß-
A1-60 (60) Dt. Ärztebl. 90, Heft 1/2, 11. Januar 1993
nahme bei zur Zeit nicht definitiv klär- barer Datenlage dar.
Für die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinderheil- kunde erarbeitet durch
Rüdiger von Kries Ulrich Göbel
Literatur
1. Kries, R. von, Göbel, U. Krebs durch Vitamin-K- Prophylaxe? Dt. Ärztebl. 90 (1993), A 1 -41-46 (Heft1/2).
2. Ernährungskommission der Deutschen Gesell- schaft für Kinderheilkunde, vorbereitet durch Kries, R. von, und Göbel, U. Vitamin-K-Prophy- laxe beim Neugeborenen. Deutsches Ärzteblatt 1986; 83:3380-3383; Mschr Kinderheilk 134:823-824 (1986); Kinderarzt 17:1602 (1986);
Sozialpädiatrie 8:706-707 (1986)
3. Golding, J., Birmingham, K., Greenwood, R., Mott, M. Childhood cancer, intramuscular vit- amin K, and pethidine given during labour. BMJ 1992; 305:341-346
4. Hanawa, Y. Vitamin K deficiency in infancy: the Japanese experience. Acta Paediatr Jpn, 1992;
34:107-116
5. Kries, R. von, Göbel, U. Vitamin K prophylaxis and vitamin K bleeding (VKDB) in early infancy.
Acta Pediatr 1992; 81:655-7
6. Kries, R. von,. Vitamin-K-Prophylaxis — a useful public health measure? Pediatr Perinat Epidemi- ol 1992; 6:7-13
7. Ekelund, H. Late haemorrhagic disease in Swe- den 1987-1989. Acta Pediatr Scand 1991;
80:966-68
8. McNinch AW, Tripp, JH, Haemorrhagic disease of the new-born in the British Isles: A two year prospective study. BMJ 1991; 303:1105-1109 9. Sutor, AH, Göbel, U., v. Kries, R., Künzer, W.,
Landbeck, G. Vitamin K-Prophylaxe: Stellung- nahme der Teilnehmer am 2. Freiburger Vitamin K-Symposium und der GTH-Arbeitsgruppe Hä- mostaseologie im Kindes- und Jugendalter. Päd- iat Prax 1989; 38:625-628
10. Tönz, 0., Schubinger, G. Neonatale Vitamin-K- Prophylaxe und Vitamin-K-Mangelblutungen in der Schweiz 1986-1988. Schweiz med Wschr 1988; 118:1747-1752
Monographie-Entwürfe
des Bundesgesundheitsamtes
Die nachstehend aufgeführten Mo- nographie-Entwürfe wurden von der Kommission B 3 (Neurologie, Psychia- trie) für den humanmedizinischen Breich erarbeitet:
Chlormezanon, Fluspirilen, Levomepromazin, Mepivacain, Procain, Pyritinol.
Die jeweiligen Monographie-Ent- würfe können beim Bundesgesund- heitsamt (GZS 13.05) angefordert und Stellungnahmen bis zum 10. Februar 1993 an das Institut für Arzneimittel des Bundesgesundheitsamtes, Seestra- ße 10-11, W-1000 Berlin 65, eingesandt werden. WZ
Das Bundesgesundheitsamt (BGA) hat mit Bescheid vom 7. Dezember 1992 angeordnet, daß die Zulassungen für die o. g. Arzneimittel mit Wirkung vom 15. 2. 1993 wie folgt geändert wer- den:
1. Thromboembolisches Risiko 1.1 Im Abschnitt Nebenwirkungen der Gebrauchs- und Fachinformation ist folgender Text aufzunehmen:
„Die Einnahme hormonaler Emp- fängnisverhütungsmittel ist mit einem.
erhöhten Risiko venöser und arteriel- ler thromboembolischer Krankheiten (zum Beispiel venöse Thrombosen, Lungenembolien, Schlaganfall, Herzin- farkt) verbunden. Dieses Risiko kann durch zusätzliche Faktoren (Rauchen, Bluthochdruck, Störung der Blutgerin- nung oder des Fettstoffwechsels, er- hebliches Übergewicht, Krampfadern, vorausgegangene Venenentzündungen und Thrombosen) weiter erhöht wer- den, siehe Warnhinweis."
1.2 Im Abschnitt Gegenanzeigen der Gebrauchs- und Fachinformation ist im Zusammenhang mit Gefäß- und Stoffwechselerkrankungen folgender Text aufzunehmen: „Raucherinnen (siehe Warnhinweis)"
1.3 Dem bereits in der Packungs- beilage unter Gegenanzeigen sowie in der Fachinformation unter Punkt 8 vorhandenen Warnhinweis bezüglich Raucherinnen ist folgender Text, fol- gend auf die Überschrift „Warnhin- weis", voranzustellen:
„Wegen der Möglichkeit erhebli- cher Gesundheitsschäden durch thromboembolische Ereignisse (siehe Nebenwirkungen) sind begünstigende Faktoren (zum Beispiel Krampfadern, vorausgegangene Venenentzündungen und Thrombosen sowie Herzerkran- kungen, erhebliches Übergewicht, Stö- rungen der Blutgerinnung) sorgfältig zu ermitteln und in die Entscheidung über die Anwendung des Arzneimittels einzubeziehen."
2. Risiko der Brustkrebsentstehung 2.1 Der Abschnitt Nebenwirkungen der Packungsbeilage wird wie folgt er- gänzt:
„Einfluß auf die Brustkrebsentste- hung
Geschlechtshormone haben einen Einfluß auf das Brustdrüsengewebe.
Durch Änderung des Hormonhaushal- tes (zum Beispiel Einnahme von hor- monellen Empfängnisverhütungsmit- teln) kann ein hormonelles Milieu ent- stehen, in dem die Empfindlichkeit des Brustdrüsengewebes gegenüber ande- ren die Krebsentstehung begünstigen- den Faktoren erhöht und damit begün- stigt werden kann. Auch die Analysen der epidemiologischen Studien, die zur Möglichkeit eines Zusammenhanges zwischen Einnahme von hormonel- len Empfängnisverhütungsmitteln und Brustkrebs Ergebnisse vorweisen, las- sen die Möglichkeit erkennen, daß das Auftreten von Brustkrebs bei Frauen bis zum mittleren Lebensalter häufiger mit langdauernder und bereits frühzei- tig begonnener Einnahme oraler Kon- trazeptiva verbunden ist. Allerdings ist dies nur einer unter verschiedenen möglichen Risikofaktoren."
2.2 Der Abschnitt Nebenwirkungen der Fachinformation wird wie folgt er- gänzt:
„Das Mammakarzinom gehört zu den hormonabhängigen Tumoren. Für das Mammakarzinom sind seit langem Risikofaktoren, wie zum Beispiel frühe Menarche, späte Menopause (nach dem 52. Lebensjahr), Nulliparität, an- ovulatorische Zyklen etc. bekannt, die auf die Möglichkeit hormoneller Ein- flüsse bei der Mammakarzinomentste- hung hinweisen. Hormonrezeptoren sind von zentraler Bedeutung in der Tumorbiologie des Mammakarzinoms.
Insbesondere Estrogene induzieren ei- ne Vielfalt von Wachstumsfaktoren, so zum Beispiel den transforming-growth- Faktor-Alpha (TGF-Alpha). Estrogene und Gestagene haben einen Einfluß auf das Wachstum von Mammakarzi- nom-Zellen. Diese tumorbiologischen Zusammenhänge sind neben anderen die theoretische Grundlage der medi- kamentösen Behandlung des rezeptor- positiven, postmenopausalen Mamma- karzinoms. Auch die Analysen der epi- demiologischen Studien, die zur Mög- lichkeit eines Zusammenhanges zwi- schen Einnahme von oralen Kontra- zeptiva und Mammakarzinom Ergeb-
Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft
Bundesgesundheitsamt (BGA)
Abwehr von Arzneimittelrisiken, Stufe II
Orale Kontrazeptiva
Dt. Ärztebl. 90, Heft 1/2, 11. Januar 1993 (61) A1-61