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Archiv "Zum gegenwärtigen Stand der chirurgischen Myopiekorrektur" (02.12.1994)

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Zum gegenwärtigen Stand

der chirurgischen Myopiekorrektur

Theo Seiler Uwe Genth

Fehlsichtigkeit

Wenn die Brechkraft eines Au- ges und seine Länge nicht aufeinan- der abgestimmt sind, kommt es zur Fehlsichtigkeit. Ist die Brechkraft des Auges zu stark oder das Auge zu lang, sprechen wir von Kurzsich- tigkeit oder Myopie, und im umge- kehrten Fall, also im Falle eines zu kurzen Auges oder einer zu schwa- chen Brechkraft des Auges, von Hyperopie oder Übersichtigkeit (Abbildung 1). Ist der optische Ap- parat des Auges, der aus Linse und Hornhaut besteht, nicht rotations- symmetrisch, dann entsteht ein Astigmatismus. Alle diese Fehlsich- tigkeiten, mit Ausnahme der exzes- siven Kurzsichtigkeit und des hohen Astigmatismus, verstehen wir heute als Normvarianten und nicht als Krankheiten.

Eine Myopie von mehr als ei- ner Dioptrie tritt bei etwa 15 Pro- zent unserer Bevölkerung auf, während die Hyperopie seltener ist.

Eine Hyperopie bis zu zwei Dioptri- en wird oft vom Patienten nicht wahrgenommen, da im jugendli- chen Alter eine solche Übersichtig- keit durch die Akkommodation ausgeglichen wird. Erst mit Nach- lassen der Akkommodationsbreite wird die Hyperopie dann manifest.

Die Therapie der Wahl bei Fehlsichtigkeit ist nach wie vor der Ausgleich mit Brillengläsern. Bei der Myopie sind zerstreuende Lin- sen, also Minusgläser notwendig, während bei der Hyperopie die Brechkraft unterstützt werden muß, daher bündelnde Gläser, also Plus- gläser, angebracht sind. Alternativ zu den Gläsern werden auch Kon- taktlinsen angewendet. Während in früheren Zeiten hauptsächlich harte Kontaktlinsen verschrieben wur-

Refraktiv-chirurgische Eingriffe, das heißt Operationen, die die Änderung der Brechkraft des Auges zum Ziel ha- ben, wurden bis vor wenigen Jahren in Deutschland nur vereinzelt durchge- führt. Der Grund für diese Zurückhal- tung lag in einer relativ schlechten Ri- siko-Nutzen-Bilanz, wobei einer Er- folgsrate von 60 bis 80 Prozent eine Komplikationsrate bis zu zehn Prozent gegenüberstand. Neue technologische Ansätze, wie die Verwendung der Pho- toablativen Laserchirurgie, haben die Nutzen-Risiko-Bilanz erheblich verbes- sert, so daß es in den letzten Jahren zu einem Umdenkungsprozeß in der Ophthalmologie gekommen ist

den, nehmen in den letzten Jahren weiche Kontaktlinsen an Verbrei- tung zu, weil diese Linsen einen höheren Tragekomfort aufweisen.

Das Tragen von weichen Kontakt- linsen ist nicht problemlos, da in et- wa 0,25 Prozent der Fälle pro Jahr eine Entzündung der Hornhaut auf- tritt, die, wenn auch seltener, zu schweren Krankheitsbildern an den vorderen Abschnitten des Auges führen kann (1, 2). Insbesondere beim Tragen von Dauertragelinsen ist die Komplikationsrate noch um einen Faktor 10 höher. Bei einer nüchternen Betrachtung der refrak- tionsändernden Operationen muß das Operationsrisiko dann mit die- sem Risiko verglichen werden.

An dieser Stelle sei bereits be- tont, daß sowohl optische Hilfsmit-

Augenklinik (Direktor: Prof. Dr. med. Dr. rer.

nat. Theo Seiler) im Universitäts-Klinikum Carl Gustav Carus der Technischen Univer- sität Dresden

tel als auch refraktiv-chirurgische Verfahren die Kurzsichtigkeit nur kompensatorisch behandeln. Der locus generis der Kurzsichtigkeit, also das verlängerte Auge mit den Folgen einer höheren Inzidenz von Netzhautablösung und Makularlei- den, bleibt unbehandelt, und daher bestehen die genannten Risiken un- verändert.

Gründe für einen refraktiv-

chirurgischen Eingriff

Wichtiger Teil einer individuel- len Nutzen-Risiko-Abwägung ist der persönliche Vorteil, den ein Pa- tient aus einem solchen Eingriff zieht. Im wesentlichen bestehen drei Kategorien der Notwendigkeit für eine refraktive Operation: die medizinische Indikation, eine sozia- le Indikation und der persönlich orientierte, allgemein nicht nach- vollziehbare Beweggrund.

Das sehr seltene Vorliegen ei- ner medizinischen Indikation ist klar definierbar: es muß gleichzeitig eine Intoleranz von Brillen und Kontaktlinsen bestehen. Als Bei- spiel soll der Patient dienen, bei dem eine Anisometropie von mehr als drei Dioptrien vorliegt (unglei- che Refraktion beider Augen) und der nach langen Jahren Kontaktlin- sen nicht mehr tragen kann, da die Unverträglichkeitsreaktionen nicht mehr beherrschbar sind. Solchen Patienten nutzen Brillen wenig, da die Einzelbilder der beiden Augen rein optisch unterschiedlich groß sind und daher nicht fusioniert wer- den können. Beim Tragen von Bril- len stellen sich oft Schwindel und Unwohlsein ein. Bisher behalf man sich mit der Unterkorrektur eines der beiden Augen, was häufig zur faktischen Einäugigkeit führte. Un- ter diese Kategorie fallen aber auch Patienten, die kontaktlinsenintole-

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Abbildung 1: Schematische Darstellung der Fehlsich- tigkeiten des menschlichen Auges. a) Liegt die Brennebene des Brechungssystems unseres Auges (Hornhaut plus Linse) in etwa in der Netzhaut, dann spricht man von Emmetropie (Normalsichtigkeit). b) Liegt sie dagegen vor der Netzhaut, dann entsteht Myopie (Kurzsichtigkeit). c) Liegt die Brennebene hinter der Netzhaut, spricht man von Hyperopie ( Übersichtig keit).

rant sind und Brillen wegen Druckekzemen nicht vertragen. Bei Patienten, bei denen eine medizini- sche Indikation vorliegt, ist die re- fraktive Operation meist die einzige Möglichkeit, ein im täglichen Leben notwendiges volles Sehvermögen (wieder) herzustellen.

Die soziale Indikation liegt dann vor, wenn ein Patient seinen Beruf wegen seiner Fehlsichtigkeit nicht mehr ausüben kann. Häufig kommt es auch hier zum Dilemma, wenn Kontaktlinsen nicht mehr ver- tragen werden. Als einleuchtendes Beispiel dient der Fluglotse, der mit den Jahren die obere Grenze der Kurzsichtigkeit von — 3,0 Dioptrien überschritten hat, die vom Gesetz vorgegeben ist. Das gleiche gilt für den Koch, der Kontaktlinsen nicht mehr tragen kann, aber seinen Be- ruf mit Brille nicht ausüben kann.

Die Liste läßt sich beliebig fortset- zen mit der Ballettänzerin, die mit Brille nicht auf die Bühne kann, dem Lokomotivführer der Reichs- bahn, für den sich nach der Wende die gesetzlichen Richtlinien für die tolerable Myopie änderten, oder dem Polizisten im Streifendienst, dessen Myopie sich in zehn Jahren um 1,5 Dioptrien verschlechterte und der damit seine Tätigkeit nicht mehr ausüben darf. In allen diesen Fällen steht die Entscheidung an, einen Berufswechsel anzustreben oder einen refraktiv-chirurgischen Eingriff vornehmen zu lassen.

Bei den meisten Patienten ei- ner refraktiv-chirurgischen Praxis wird der Wunsch nach einem Ein- griff allerdings von persönlichen Gründen getragen. Hier spielen kosmetische Argumente neben dem Unwillen, mit einer Brille zu leben, die größte Rolle. Gerade in diesen Fällen ist eine erschöpfende prä- operative Beratung von ausschlag- gebender Bedeutung, um Patient

Abbildung 2: Hornhaut nach radialer Keratotomie.

Es wurden radiale tiefe Einschnitten in die Hornhaut vorgenommen, die die mechanische Stabilität der peripheren Hornhaut vermindern. Dadurch kommt es indirekt zur Abflachung der optisch wichtigen zentralen Hornhaut.

und Operateur vor zu hohen und nicht erfüllbaren Erwartungen zu schützen. Um diese Beratung zu standardisieren, wurde von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft eine Patienteninforma- tion erarbeitet, die seit dem Früh- jahr 1994 zur Verfügung steht.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann bei Vorliegen einer medizini- schen Indikation eine zumindest teilweise Übernahme der Operati- onskosten bei den Krankenkassen geltend gemacht werden, über die dann im Einzelfall entschieden wird. In allen anderen Fällen müs- sen die Kosten vom Patienten sel- ber getragen werden.

Radiale Keratotomie Bei den Keratotomieverfahren wird mit dem Diamantmesser die

Festigkeit des Hornhautgewebes durch tiefe Einschnitte (90 Prozent Tiefe sind typisch) geschwächt.

Werden die Schnitte radial ange- ordnet, so wird die Peripherie der Hornhaut weich und wölbt sich nach außen, so daß sich das Zen- trum der Hornhaut konsekutiv ab- flacht (Abbildung 2). Dieses Ver- fahren, radiale Keratotomie ge- nannt, wurde in den 30er Jahren in Japan entwickelt.

Da bei der in Japan verwende- ten Technik nicht nur Schnitte von außen sondern auch von der Horn- hautrückfläche her durchgeführt werden, dekompensierten fast alle Hornhäute, was verheerende Fol- gen für das Sehvermögen der Pati- enten hatte. In den 70er Jahren wurde in Rußland dieses Verfahren wieder aufgegriffen und sicherer ge- macht, so daß heute visusgefähr- dende Komplikationen selten ge- worden sind. Die radiale Keratoto- mie ist am effektivsten bei Korrek- turen bei bis zu — 4,0 Dioptrien.

Präoperativ müssen die Dicke der Hornhaut am Einschnittort mit Mikroproben von Ultraschallgerä- ten vermessen und dann die speziel- len Diamantmesser mit Mikrome- terschrauben auf ihre Einschnittiefe entsprechend eingestellt werden.

Dabei kann dann von einer Erfolgs- rate von etwa 90 Prozent bei Kor- rekturen bis vier Dioptrien ausge- gangen werden (7, 8). Bei höheren Korrekturen läßt die Treffergenau- igkeit stark nach.

Nun folgt aus der relativen Sel- tenheit visusgefährdender Kompli- kationen nicht etwa, daß das Ver-

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Abbildung 3: Schemati- sche Darstellung der Photoablation. a) Trifft der Laserstrahl auf Ge- webe, so wird es inner- halb von Mikrosekunden verdampft und b) ent- weicht als Gas. c) Da dieser Vorgang wesent- lich schneller abläuft als die thermische Aus- gleichszeit in der Horn- haut, wird das zurück- bleibende Gewebe ther-

misch nicht alteriert. Ablationsprodukte (gasförmig)

Tabelle 1: Nutzen-Risiko-Bilanz der myopen photorefraktiven Keratektomie (PRK) (3).

Myopiebereich Erfolgsrate* Komplikationsrate*

bis — 3,0 dptr.

— 3,1 bis — 6,0 dptr.

über — 6,0 dptr.

98 92 45 bis 60

5 0,5 0,5 5 bis 10

* in Prozent Reoperationen eingeschlossen

fahren nebenwirkungsfrei ist. Auf- grund der tiefen Einschnitte verliert die Hornhaut an Stabilität, und da- durch wird die Refraktion von an- deren Parametern wie dem intra- okularen Druck und dem Hydrata- tionsgrad der Hornhaut abhängig.

Diese Parameter zeigen eine tages- zeitliche Schwankung, und dadurch kommt es auch zu Refraktions- schwankungen während des Tages- ablaufes. Refraktionsschwankun- gen von ein bis zwei Dioptrien sind nicht selten; solche Patienten zeigen morgens noch Emmetropie (Nor- malsichtigkeit) während sie im Lau- fe des Tages immer mehr kurzsich- tig werden (4). Es gibt Fälle, bei de- nen zwei Brillen über den Tag not- wendig wurden. Daneben kommt es gar nicht so selten zu einer anderen Komplikation, der progressiven Hyperopie. Damit ist gemeint, daß der refraktive Effekt mit den Jah- ren zunimmt. In prospektiven Stu- dien fand man progressive Hyper- opie in vier bis fünf Prozent pro Jahr, das heißt, nach fünf Jahren fand sich eine Zunahme des Effek- tes um mehr als eine Dioptrie in 25 Prozent der operierten Augen (9).

So kann es dazu kommen, daß ein Patient kurz nach der Operation normalsichtig ist, um drei bis vier Jahre nach der Operation dann übersichtig um mehr als zwei Diop- trien mit steigender Tendenz zu werden. Befindet sich ein solcher Patient im presbyopen Alter, dann hat er die eine Brille vor der Opera- tion nunmehr durch zwei Brillen nach der Operation ersetzt, nämlich eine Brille für die Ferne und eine für die Nähe. Von einem Gewinn kann also nicht die Rede sein.

Die progressive Hyperopie und die tageszeitlichen Refraktions- schwankungen haben die deutsche

Ophthalmologie zur Einschätzung gebracht, daß das Verfahren der ra- dialen Keratotomie nicht geeignet ist, Kurzsichtigkeit zu behandeln (3).

Laserkeratomileusis oder photorefraktive

Keratektomie (PRK)

Anfang der 80er Jahre wurde die Photoablation von biologischem Gewebe mit Hilfe des Excimerla- sers entdeckt, die eine hochgenaue Gewebeentfernung möglich macht, ohne daß das angrenzende Gewebe thermisch oder mechanisch alteriert

wird (Abbildung 3). 1986 wurde dann die Vorstellung konkretisiert, der zentralen Hornhaut durch Pho- toablation eine andere Krümmung zu geben, quasi ohne daß die Natur diese Formveränderung bemerkt (Abbildung 4). Solche Photoabla- tionen wurden in Deutschland 1986 weltweit erstmals an der menschli- chen Hornhaut durchgeführt, und in der Tat war die Heilantwort be- merkenswert gering. Nach längeren experimentellen Untersuchungen wurden 1988 die ersten menschli- chen Hornhäute für refraktive Zwecke behandelt, und auch hier zeigte es sich, daß Vernarbungen selten waren und die der Hornhaut aufgeprägte Form früh stabil wur- de. Auch blieb die Biomechanik der Hornhaut unverändert. 1989 wurde in Berlin die erste prospektive Stu- die dieser Laserkeratomileusis zur Myopiekorrektur begonnen, von der mittlerweile 2- und 3-Jahresda- ten vorliegen (3, 5). Diese Langzeit- ergebnisse haben die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft

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(int 7.18 46.94 7.26 46.43 7.34 45.93 7.42 45.43 7.30 44.93 7.5 44.43 7.67 43.93 7.76 43.43 7.85 42.93 7.94 42.42 8.04 41.92 8.14 41.42 9.24 40.92 8.34 40.42 8.44 39.92 8.55 39.42 8.66 39.91

nn dpI 7.36 45.79 7.47 43.14 7.57 1 44.39 7.68 43.95 7.88 43.21 7.92 42.36 8.94 41.92 8.16 41.28 0.29 48.63 9.43 39.99 8.57 39.34 8.71 39.79 0.196 30.05 9.01 37.41 9.17 36.76 9.33 36.12 9.59 35.47

Abbildung 5: Zustand nach PRK. a) eine regelrechte klare Hornhaut ein Jahr nach PRK, b) eine zentrale Narbe, die das Sehvermögen vermindert und mit einer Regression einhergeht. Reoperationen sind allerdings möglich

Abbildung 4: Corneale Topographie a) vor und b) drei Monate nach photorefraktiver Keratektomie (PRK). Die blaue Zone beschreibt die direkte Abflachung der zentralen Hornhaut.

1993 dazu bewogen, das Verfahren der photorefraktiven Keratektomie als wissenschaftlich anerkannt zu deklarieren. Die wissenschaftliche Anerkennung wurde jedoch be- grenzt, einerseits auf Korrekturen der Kurzsichtigkeit bis zu sechs Di- optrien und andererseits auf das Ganzfeldverfahren, da inzwischen andere Techniken auf dem Markt sind, von denen prospektive Studi- en nicht vorliegen.

Wie alle refraktiven Verfahren zeigt auch die photorefraktive Ke- ratektomie zur Myopiekorrektur bei niedrigen Korrekturen die be- sten Ergebnisse. In Tabelle 1 sind die Erfolgsraten ein Jahr nach der Operation dargestellt, wobei eine Operation dann als erfolgreich ak- zeptiert wurde, wenn die postopera- tive Refraktion im Bereich plus oder minus einer Dioptrie lag. Er- folgsraten von über 90 Prozent fan- den sich bei Korrekturen bis zu sechs Dioptrien, allerdings kann dieser Bereich heute bis auf 7 bis 7,5 Dioptrien ausgedehnt werden, da sich die Lasertechnologie in der Zwischenzeit verbessert hat.

Neben der Effektivität des Ver- fahrens ist auch die Stabilität der postoperativen Refraktionsverhält- nisse von Bedeutung. Der typische Refraktionsverlauf nach der Opera- tion beinhaltet eine leichte Uber- korrektur direkt nach der Operati- on, die innerhalb der ersten drei Monate regrediert. Nach sechs Mo- naten ist ein ungefährer Endwert

erreicht, wobei eine geringe Re- gression auch noch bis zu zwei Jah- ren nach der Operation feststellbar ist. Diese frühe Stabilisierung trifft für hohe Korrekturen nicht zu, hier fanden wir im zweiten Jahr noch ei- ne signifikante Regression von etwa 0,75 Dioptrien (5).

Wichtig ist auch, daß bisher das Phänomen der progressiven Hyper- ophie bei der photorefraktiven Ke- ratektomie nicht auftritt. Es wäre wünschenswert, die Stabilität der Refraktion noch über einen länge- ren Zeitraum zu beobachten, jedoch ist nach gegenwärtigem Wissen eine weitere Regression nicht wahr- scheinlich. Auch liegt der Betrag der Regression bei Korrekturen bis zu sechs Dioptrien bereits im zweiten postoperativen Jahr unterhalb der Meßgenauigkeit der Refraktion.

Nachdem die Effektivität des Verfahrens und die Stabilität der postoperativen Refraktion positiv

beurteilt werden konnten, mußte dann auch die Sicherheit des Ver- fahrens untersucht werden. Auch dies kann nur mit prospektiven Stu- dien geschehen, wobei eine beson- ders niedrige Komplikationsrate ge- fordert werden muß, da in der Re- gel gesunde, voll sehende Augen ohne medizinische Notwendigkeit operiert werden. In der Berliner prospektiven Studie fanden wir in 2 von 200 Fällen einen signifikanten Visusverlust, wobei in einem Fall ei- ne starke Vernarbung eintrat (Ab- bildung 5), die zum Einjahreszeit- punkt noch nicht reoperiert war, und zum anderen eine exzentrische Ablation, die zu einem geringen Vi- susverlust, aber zu stark beeinträch- tigtem Sehen unter Blendungsbe- dingungen führte. Damit liegt die Komplikationsrate des Primärein- griffes bei etwa ein bis zwei Pro- zent, unter Berücksichtigung von Reoperationen liegt sie bei 0,5 Pro-

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Tabelle 2: Übersicht über zur Zeit verwendete Verfahren der refraktiven Chirurgie

Fehlsichtigkeit Verfahren Studien Bewertung radiale Kerato-

tomie

photorefraktive Keratektomie (PRK)

abgeschlossen

3-Jahres-Daten liegen vor

nicht empfeh- lenswert erfolgreiche Studienergeb- nisse

Myopie bis 6,0 dpt

photorefraktive Keratektomie

noch nicht abgeschlossen

noch nicht emp- fehlenswert hohe Myopie

Keratomileusis kombiniert mit Excimerlaser

noch nicht abgeschlossen

erfolgverspre- chend

photorefraktive Keratektomie Holmiumlaser Thermokerato- astik

nein

noch nicht abgeschlossen

noch nicht emp- fehlenswert erfolgverspre- chend Hyperopie

bis + 3,0 dpt

Astigmatische Keratotomie

Holmiumlaser Thermokera- toplastik

ja

noch nicht abgeschlossen

bedingt empfeh- lenswert, Kom- bination mit PRK möglich lange Regressi- on und Rehabi- litationsphase Astigmatismus

Photorefraktive Keratektomie

noch nicht abgeschlossen

unklar zent (5). Vergleicht man diese mit

der Häufigkeit von Komplikationen beim Tragen von weichen Kontakt- linsen, so stellt man fest, daß beide in der gleichen Größenordnung liegen.

Zweifellos gelang mit dem Ver- fahren der photorefraktiven Kerat- ektomie mit dem Excimerlaser ein Durchbruch, der die refraktive Chirurgie der Kurzsichtigkeit hof- fähig machte. Trotz aller Euphorie muß man bedenken, daß ein solcher Eingriff irreversibel ist, im Gegen- satz zum Tragen von Kontaktlinsen und Brillen. Insbesondere deshalb kann auch ein noch so sicherer re- fraktiv-chirurgischer Eingriff nur als drittrangige Alternative hinter Brille und Kontaktlinse gelten.

Laserverfahren zur Korrektur von Ubersichtigkeit und Astigmatismus

Ebenso wie die Korrekturen der hohen Myopie von mehr als sie- ben Dioptrien stehen operative Verfahren zur Behandlung des Astigmatismus und der Übersich- tigkeit noch in der Phase der klini- schen Erprobung (Tabelle 2). Er- folgversprechend ist die Holmium Thermokeratoplastik zur Korrektur von Übersichtigkeit bis zu +3,0 Di- optrien, bei der ein umgekehrter Effekt wie bei der radialen Kerato- tomie eintritt. Durch narbige Verfe- stigung der peripheren Hornhaut kommt es indirekt zur Aufwölbung des Hornhautzentrums. Auch die hyperope photorefraktive Keratek- tomie steht zur Zeit in der klini- schen Erprobung, wobei bereits klar ist, daß hier eine Behandlungs- zone von mindestens 7 bis 8 mm Durchmesser notwendig wird, um stabile refraktive Ergebnisse zu ge- währleisten. Entsprechende Laser- systeme befinden sich in der Ent- wicklung, klinische Ergebnisse sind nicht vor 1996 zu erwarten.

Auch bei der Korrektur von Astigmatismus ist Zurückhaltung angebracht. Hier scheint die Kom- bination von zwei gebogenen Ein- schnitten und der photorefraktiven Keratektomie am erfolgreichsten zu

sein. Es liegen noch keine Ergebnis- se prospektiver Studien vor.

Deutsches Ärzteblatt

91 (1994) A-3344-3350 [Heft 48]

Literatur:

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3. Presseerklärung der Deutschen Ophthal- mologischen Gesellschaft: Zum gegenwär- tigen Stand der refraktiven Chirurgie.

Mannheim, September 1993

4. Santos VR, Waring GO, Lynn MI et al.:

Morning-to-evening change in refraction, corneal curvature, and visual acuity 2 to 4 years after radial keratotomy in the PERK study Ophthalmology 1988; 95: 1487-1493 5. Seiler T, Wollensak I: Results of a prospec-

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tomy one year after surgery. Ger J Ophthal- mol 1993; 2: 135-142

6. Seiler T, Holschbach A, Derse M et al.:

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7. Spigelman A, Williams P, Lindstrom R:

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8. Waring GO, Lynn MI et al.: Results of the prospective evaluation of radial kerato- tomy study 5 years after surgery for myopia Ophthalmology 1991; 98: 1164-1176 9. Waring GO, Lynn MI, Strahlmann E et al.:

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Am J Ophthalmol 1991; 111: 133-134

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Dr. rer. nat.

Theo Seiler

Direktor der Universitäts- Augenklinik

Universitäts-Klinikum Carl Gustav Carus der

Technischen Universität Dresden Fetscherstraße 74

01307 Dresden

A-3350 (44) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 48, 2. Dezember 1994

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