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Archiv "Europäische Barockmusik für Trompete und Orgel" (20.02.1975)

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Notenbeispiel für die historische Barocktrompete: in Klammern sind sogenannte Durchgangstöne aufgeführt, die in der Naturtonreihe der Barocktrompete nicht enthalten sind, dem Solisten aber dennoch abverlangt werden

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Originaltöne der Barocktrompete

Europäische Barockmusik

für Trompete und Orgel

Klaus E. Rehm

Orgel und Trompete, das ist zwei- fellos eine glückliche akustische Verbindung. Die Orgel, bescheiden als „Königin der Instrumente" im sakralen Bereich herrschend, ist zu ebenso gewaltigem Ausdruck fähig wie die den weltlichen Herrschern eigene Trompete. Ihrem rauhen kriegerischen Dasein rasch ent- wachsen, war sie bald exklusives Instrument privilegierter Fürsten, die allein das Recht hatten, sich Trompeter zu halten. Nichts lag nä- her, als das Instrument der Könige zu der Königin der Instrumente zu bringen, um dem König aller Köni- ge zu huldigen.

Über Literatur und Instrumente

Trotzdem ist die Literatur für Orgel und Trompete sehr spärlich. Vivia- nis Sonaten sind in Italien die ein- zigen, wenn man von denen Fanti- nis absieht, die seiner Trompeten- schule „Modo per Imparare a so- nare di Tromba" (1638) mehr als Übungsliteratur beigegeben sind.

Zwei Krebs-Choralvorspiele sind neben Löwes Capriccien, einigen Sonaten von Pezl und einer winzi- gen Air von Telemann die minimale deutsche Originalliteratur.

Auf der Suche nach geeigneten Werken stößt man auf eine ansehn- liche Anzahl Fastoriginalquellen, die englischen Trumpet Volunta- ries. Das Voluntary im allgemeinen stellt einen Teil der Liturgie dar und wurde vor oder nach dem Got- tesdienst gespielt. Besonderer Be- liebtheit erfreuten sich Voluntaries, die bestimmte Instrumente nach- ahmten. beim Trumpet Voluntary

eben die Barocktrompete. Mit dem der Orgel eigenen Trompetenregi- ster wurden dann auch nur die auf der Barocktrompete spielbaren Na- turtöne verwandt, von denen unten noch die Rede sein wird. Der Kom- ponist mußte nicht nur den Klang im Ohr haben, sondern auch die stark beschränkten Möglichkeiten der alten Trompete berücksichti- gen. Diese Gattung enthält viele der schönsten Trompetenmelodien.

Für alle anderen Transkriptionen kennen wir keine so guten Gründe.

Die Barocktrompete unterscheidet sich von der heute gebräuchlichen Ventiltrompete ganz wesentlich.

1813 erst wurden die Ventile erfun- den, die die schwingende Tonsäule um zuschaltbare Wege verlänger- ten (und damit das Instrument ei- gentlich umstimmten). Zuvor ver- suchte man mit Klappen oder Lö- chern eine chromatische Trompete zu bauen. Ursprünglich hatte die Trompete jedoch keinerlei solcher Hilfsmittel. Sie war meist einwindig gebaut und glich etwa einer Fanfa-

re. Die Länge des Rohres war un- gefähr 200 bis 250 cm, je nach Stimmung. Durch Überblasen der einzelnen Töne konnten mit wech- selnder Lippenspannung begrenzte Töne hervorgebracht werden. Da- mit war jedes Instrument tonartlich fixiert.

Vom solistischen Bläser wurden aber mehrere Töne verlangt, die in dieser, auch Naturtonreihe genann- ten Tonfolge nicht enthalten waren.

(Diese sind in Klammern im abge- bildeten Notenbeispiel aufgeführt.) Verständlicherweise waren solche Töne von schlechterer Qualität und zumeist auch nicht rein zu intonie- ren, besonders, wenn im Wechsel ein zu hoher und zu tiefer Ton folg- te. Es wurde empfohlen, über die Töne leicht wegzugehen, sie nicht zu lange zu halten und nicht über- mäßig zu betonen (Durchgangstö- ne).

Aus diesen Gründen suchte man bei der Rekonstruktion dieser In- strumente nach Möglichkeiten, jene Mängel zu bereinigen, die der Barocktrompete den Todesstoß ga- ben. Otto Steinkopf erfand ein Sy- stem von Überblaslöchern, mit denen alle Töne rein klingen. Ed- ward Tarr regte schließlich an, mit nur einem dieser Überblaslöcher auszukommen. Auf allen bisherigen Schallplatten wurden solche Re- konstruktionen verwandt. Unsere ist die erste Schallplatte, durch die das originale Instrument ohne Hilfsmittel zu Gehör gebracht wird (Clarke, Valentine, Viviani I). Mitar- beiter des Germanischen National- museums Nürnberg haben die In- strumente zur Verfügung gestellt und bei der Aufnahme geholfen.

Über die Komponisten und Kompositionen der Schallplatte RBM 3026 (Disco-Center)

Maurice Greene

Maurice Greene war wohl der be- deutendste englische Kirchenmusi- ker des 18. Jahrhunderts. Außer der Organistenstelle an der St.

Paul's Cathedral hatte er die be- deutendsten Ämter am Hofe inne.

William Boyce war neben John Stanley sein bekanntester Schüler.

Er brachte die von Greene begon- nene Sammlung „Cathedral Music"

heraus. Die in der auf der Platte wiedergegebenen Suite enthaltenen Trumpet Voluntaries gehören zu den letzten ihrer Art und sind die virtuosesten überhaupt.

Johann Jakob Löwe

Johann Jakob Löwe wurde als Sohn eines sächsischen Diploma- ten in Wien geboren. Auf Empfeh- lung seines Lehrers Heinrich Schütz erhielt er seine erste An- stellung in Wolfenbüttel, später war er Organist in Lüneburg (St. Niko- lai). Die beiden Stücke von ihm auf der Schallplatte entstammen der Sammlung „Sonaten, Canzonen und Capriccien ä due Instrumen- tis", Jena, 1664.

536 Heft 8 vom 20. Februar 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Dr. med. Klaus E. Rehm mit einer Barocktrompete

Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen Barocktrompete

G. B. Viviani (Sonate II)

Von G. B. Viviani sind genaue Le- bensdaten nicht bekannt. Zuerst erwähnt wurde er 1672, zuletzt 1693. Er war als „Maestro da Ca- pella" erst in Innsbruck, dann in Pistoia tätig. Zwei Opern und ein Oratorium sind von ihm überliefert.

Die beiden Trompetensonaten, die wir aufgenommen haben, finden sich am Ende einer Sammlung von Sinfonien, Toccaten und Arien für Violine solo, alle in Begleitung von Orgel oder Cembalo (Opus 4, 1678). Die zweite Sonate wird auf der ersten Plattenseite mit moder- nen Instrumenten wiedergegeben;

vor allem die Wiederholungen und das Adagio geben dem mit dem wendigeren modernen Instrument ausgestatteten Trompeter Gelegen- heit zur Verzierung.

Johann Ernst Altenburg

Johann Ernst Altenburg faßte am Ende einer glanzvollen Trompeter- epoche das gesamte damalige Wissen, das bis dahin von den Trompeterzünften geheimgehalten wurde, in seinem Werk „Versuch einer Anleitung zur heroisch-musi- kalischen Trompeter- und Pauker- kunst" für den Herzog Friedrich August von Sachsen zusammen.

Lediglich als Beispiel eines Trios führt er die in Erstaufnahme vorge- stellte kurze Polonaise an: „Das Tricinium, mit drey Trompeten, ist eben das, was auf anderen Instru- menten ein Trio oder Terzett ist. Zu dessen Verfertigung wird mehr Wissenschaft, als zu einem bloßen Bicinio, erfordert. Denn die dritte Stimme hat nicht nur die fünf tiefen Töne, wie ein schmetternder Princi- pal beym Aufzuge, sondern auch ihre eigene Melodie, welche vor- züglich im Convertiren und Abwech- seln besteht."

Henry Purcell

Henry Purcell war der wichtigste englische Komponist bis zur An- kunft Händels am königlichen Hof in London. Er war ungemein pro- duktiv und fand reichlich Nachah-

mer seines Stils. Das kurze Trum- pet Voluntary am Schluß der ersten Seite der Schallplatte entfaltet so recht den Zauber festlichen Orgel- und Trompetenklangs.

Im ersten Teil (Seite 1 der Platte) erklingen moderne Orgeln und Ventiltrompeten — mit Ausnahme der Polonaise von Altenburg. Die zweite Hälfte (Seite 2 der Platte) wird vornehmlich mit historischen Instrumenten interpretiert, die im Klang den meisten Hörern unge- wohnt erscheinen mögen. In der Suite von Clarke wird man erst- mals mit der „unreinen" Naturton- reihe konfrontiert, wobei mehrere Töne bis an die Grenze des Über- springens zum nächsthöheren an- gehoben bzw. nächsttieferen ge- senkt werden müssen. Der 11. Na- turton, das f, der „gleichsam zwi- schen f und fis schwebt, indem er keinen von beiden rein angibt und daher ein musikalischer Zwitter zu nennen ist" (Altenburg) und das

a", eigentlich ein gis, stellen die problematischsten Töne dar. Man kann sie annähernd erreichen,

„und doch ist es kein natürlicher, sondern nur durch die Kunst er- zwungener Klang" (Altenburg).

Johann Ludwig Krebs:

„In allen meinen Taten"

Johann Ludwig Krebs besuchte von 1726 bis 1735 die Thomasschu- le in Leipzig und war Lieblings- schüler von Johann Sebastian Bach. 1751 bemühte er sich ohne Erfolg um die Nachfolge Bachs als Thomaskantor und endete als Or- ganist an der Schloßkirche zu Al- tenburg. Nur die Barocktrompete kann der ursprünglichen Vorstel- lung gerecht werden, wie ein Regi- ster der Orgel zu erklingen. Das Blasinstrument sollte „heimlich hinter oder neben die Orgel ge- stellt" werden (J. A. Kaufmann), um ganz mit der Orgel zu verschmel- zen: zu hören in der Choralbear- DEUTSCHES .ÄRZTEBLATT Heft 8 vom 20. Februar 1975 537

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen Barocktrompete

beitung von Krebs „In allen meinen Taten" mit rekonstruierter Barock- trompete als Erstaufnahme.

Jeremiah Clarke

Jeremiah Clarke gehört trotz sei- nes kurzen Lebens — er beging nach Jahren der Schwermut Selbstmord — zu den bedeutend- sten Musikern seiner Zeit. Wie Greene war er Organist der könig- lichen Kapelle (1704, zusammen mit Croft) und Organist der St.

Paul's Cathedral. Von 1669 bis zu seinem Tode war er „Composer of the Music to the Theatre Royal"

und schuf in dieser Eigenschaft umfangreiche Bühnenmusik. So- wohl das „Trumpet Tune" wie der bekannte „Prince of Denmark's March" wurden bis vor kurzer Zeit Purcell zugeschrieben. Die beiden Stücke erfuhren wegen der Ein- prägsamkeit ihrer Melodien zahl- reiche Bearbeitungen. Beide Stük- ke sind in Erstaufnahmen mit histo- rischen Originalinstrumenten aus dem Germanischen Nationalmu- seum Nürnberg aufgenommen.

Girolamo Frescobaldi

Girolamo Frescobaldi war der füh- rende Meister unter den italieni- schen Organisten. Als Organist am Petersdom in Rom zog er bedeu- tende Schüler, wie zum Beispiel Froberger, Kerll und Tunder, an. Er wirkte bei einem der ersten Kon- zerte für Trompete und Orgel mit, die uns bekannt sind, als er zusam- men mit dem legendären Trompeter Fantini vor dem Kardinal Borghese spielte. Die ausgewählte „Canzona post il communio" ist den „Fiori musicali" (musikalische Blumen) von 1635 entnommen. Die italieni- sche Orgel des 16. Jahrhunderts besaß kein Pedal und meist nur ein Manual, was die Wiedergabe mit einem Orgelpositiv rechtfertigt.

G. B. Viviani (Sonate I)

G. B. Vivianis bereits erwähnte zwei Sonaten gehören zu den we- nigen originalen Werken für Orgel und Trompete. Die erste vor allem gehört ins Standardrepertoire je-

des Trompeters. Um so mehr be- steht Anlaß, sie mit historischen In- strumenten und der ihnen eigenen Intonation in Erinnerung zu brin- gen. An die mitteltönig gestimmte Orgel können wir uns noch relativ schnell gewöhnen. Bei der Trom- pete sind jedoch weder ein a, noch ein f in der Clarinlage möglich.

Diese als „Durchgangstöne" er- träglich zu machen, war eine der wichtigsten Aufgaben des Solisten.

Der dritte und vierte Satz sind (wie Clarke) mit dem Originalinstrument gespielt, die anderen mit einem Nachbau, der ein Überblasloch be- sitzt.

Robert Valentine

Der Engländer Robert Valentine verbrachte mehrere Jahre als Flö- tist in Italien, wo er unter dem Na- men Valentini bekannt war. Die Originalinstrumente stammen von Johann Leonhard Ehe (II) und sei- nem gleichnamigen Neffen, J. L.

Ehe, der die Tradition und die Werkstatt des Onkels weiterführte.

Der Jüngere übernahm sogar die Gravierung (Meisterzeichen), so wie andere Charakteristika. Von Valentine auf der Platte: die Erst- aufnahme von drei kleinen Stücken für zwei Trompeten mit histori- schen Originalinstrumenten.

Johann Ludwig Krebs:

„Wachet auf,

ruft uns die Stimme"

Krebs schrieb seine Choralbear- beitung „Wachet auf, ruft uns die Stimme" für die Zugtrompete („tromba da tirarsi"), mit der es möglich war, auch in der tiefen Lage Töne zwischen den in diesem Register weit auseinanderliegen- den Naturtönen zu erzeugen. Im Gegensatz zu „In allen meinen Ta- ten", wo der Trompete allein die Melodie zukommt, tritt die tiefer und gewaltiger klingende Zugtrom- pete nach viermaliger Vorimitation jeder Choralzeile als Höhepunkt hinzu.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Klaus E. Rehm 753 Pforzheim

Salierstraße 38/IV

KUNSTMARKT

Nach wie vor:

volle Auktionssäle

Die letzten Münchner Versteigerun- gen — Eine Übersicht

Die Auktionssäle waren wohlgefüllt, briefliche und telefonische Gebote lagen vor — dennoch sah man in München den beiden letzten gro- ßen Jahresschluß-Auktionen von Neumeister und Hugo Ruef mit recht gedämpften Erwartungen ent- gegen — in einer Zeit der allge- meinen Rezession (auch, wenn es immer noch Kunsthändler gibt, die diese nicht wahrhaben wollen) sich allzu großen Hoffnungen hin- zugeben oder gar von Rekordprei- sen zu träumen wäre ohnedies glatte Unvernunft!» In München be- trachtete man die Situation sehr realistisch, baute auf die Zugkraft einiger wichtiger Nummern und das bevorstehende Weihnachtsfest und rechnete, wie immer, wohl auch mit etwas Glück!

Man hatte sich nicht getäuscht:

Beide renommierte Häuser konn- ten nach Beendigung ihrer zeitlich fast zusammenfallenden Veranstal- tungen von regem Publikumsinter- esse und insgesamt guten, zum Teil sehr guten Ergebnissen sprechen, insonderheit, was die alte Kunst und das ach so beliebte 19.

Jahrhundert anging, das nach wie vor als Favorit auf dem Gemälde- sektor gelten darf! Die Nachfrage nach diesen Bildern, seien es nun Landschaften, Tiere in der Land- schaft, Stilleben oder die Fülle je- ner so typischen, mit ungemeiner Akribie gemalten Genreszenen, um die man sich auf den Messen gera- dezu reißt, ist in München bekannt- lich immer besonders groß, wenn es um die sogenannten „großen Namen" dieser Schule geht. Doch auch für die zweite und dritte „Ma- lergarnitur" werden teils schon horrende Preise gezahlt, wenn sie nur ansprechen und in den eige- nen häuslichen Rahmen passen. — Nach der Devise „Keine Auktion ohne einen Grützner", war dieser Lieblingsmale! der letzten Jahre denn auch auf beiden Veranstal- 538 Heft 8 vom 20. Februar 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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