ie Landesminister und Senato- ren in Bremen und Nieder- sachsen, Hessen und Nord- rhein-Westfalen begrüßten das Ange- bot der Kinder- und Jugendärzte, durch Beratungs- und Unterrichts- stunden die Gesundheitserziehung an allen Schulen zu unterstützen und da- mit einen Beitrag zur Gesundheits- vorsorge zu leisten. So prüft Nieder- sachsen derzeit, ob Gesundheitsför- derung und -beratung noch in diesem Jahr modellhaft an einigen Schulen eingerichtet werden kann.
Gesundheitserziehung als integraler Bestandteil
Auch das Land Bremen scheint positiv eingestellt: Die Hilfe der nie- dergelassenen Ärzte sei dem Bremer Kinder- und Jugendgesundheitsdienst willkommen, erklärte die Bremer Ge- sundheitssenatorin Hilde Adolf. Die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit müssten gemeinsam mit der Bil- dungsbehörde und der Ärztekammer geprüft werden, heißt es in einer Stellungnahme zu den Beschlüssen des 6. Jugendmedizinischen Kongresses des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte Deutschlands in Weimar.
Gleiches gilt für Hessen und auch für Nordrhein-Westfalen, wo bereits seit einigen Jahren dieses Modell an aus- gesuchten Schulen erprobt wird.
Gesundheitserziehung als inte- graler Bestandteil an allen Schulen Deutschlands hatten die 1 200 Teil- nehmer in Weimar in einer Resoluti- on an die Kultus- und Gesundheits- minister der Länder gefordert. Der schulärztliche Dienst sei damit heillos überfordert, erklärte dazu Dr. med.
Hartmut Schirm, Referent für Sozial- pädiatrie und Jugendgesundheitshilfe von der Düsseldorfer Akademie für öffentliches Gesundheitswesen. Um die zwölf Millionen Schüler in der Bundesrepublik ausreichend zu ver- sorgen, wären nach Ansicht von Schirm etwa 60 000 Amtsärzte erfor- derlich. Derzeit sind es gerade mal 1 200. Selbst die etwas mehr als 10 000 niedergelassenen Pädiater können den Versorgungsumfang allein kaum bewältigen. Vor dem Hintergrund von nur noch 2 000 Ausbildungsstellen für Pädiater würde es Jahrzehnte dauern, den Mangel an Kinder- und Jugend- ärzten für eine umfassende schulärzt- liche Betreuung zu beheben.
Auf dem Kongress zeichneten verschiedene Referenten ein alarmie- rendes Bild vom Gesundheitszustand der Schüler und Jugendlichen in der Bundesrepublik. Danach leidet mehr als die Hälfte der 12- bis 18-Jähri- gen unter erheblichen seelischen und körperlichen Störungen. Chronische Krankheiten nähmen rapide zu.
Bislang zahlen die
schulischen Fördervereine
Jugendliche selbst würden aber Krankheiten eher verharmlosen und nur in Notfällen den Arzt aufsuchen.
„Schüler und Jugendliche haben je- doch einen Anspruch auf Gesund- heitserziehung und Gesundheitsför- derung“, so die Kongressteilnehmer in ihrer Resolution. Vor allem im schulischen Bereich fehle es an einem ausreichenden ärztlichen Beratungs- und Versorgungsangebot.
Lehrer wie Eltern haben deshalb in einigen Ländern wie Nordrhein-
Westfalen bereits die Initiative ergrif- fen und das Angebot der Kinder- und Jugendärzte, deutlich mehr mit und in den Schulen zu arbeiten, angenom- men. So werden an rund 50 nordrhein- westfälischen Grund- und weiter- führenden Schulen seit einigen Jahren wöchentlich ärztliche Beratungsstun- den abgehalten. Bezahlt werden die Ärzte dafür vom jeweiligen Förder- verein mit rund 120 Mark pro Stunde.
Angesichts der immer tiefer greifen- den Sparmaßnahmen der öffentlichen Haushalte, unter dem auch der jugend- ärztliche Dienst der Gesundheitsämter zu leiden hat, könnte das Angebot aus Weimar den Mangel an medizinischer Versorgung und Beratung damit ohne größeren finanziellen Aufwand wenn nicht ganz ausgleichen, so doch erheb- lich mildern.
Viele Kinder- und Jugendärzte, so betonte der Präsident des Bundesver- bandes, Dr. med. Klaus Gritz, hätten sich bereits dafür durch intensive Fort- bildung qualifiziert und seien auf die Aufgaben in der Schule vorbereitet.
Vor dem Hintergrund eines immer größeren Drucks auf Lehrer hält er es für dringend geboten, zur Betreuung gesundheitsgefährdeter Schüler, Ärzte in ein Netzwerk schulischer und außer- schulischer Hilfen einzubinden. „Ge- sundheit muss in die Schule getragen werden“, fordert Gritz. Spezielle Ju- gendsprechstunden der niedergelasse- nen Ärzte reichten dafür nicht aus.
Dr. med. Uwe Büsching, Initiator und wissenschaftlicher Leiter des Weimarer Kongresses und niederge- lassener Pädiater in Bielefeld, ver- weist auf eigene Erfahrung mit ärztli- cher Beratung an Schulen: „Wir müs- sen das Vertrauen der Jugendlichen gewinnen. Nur dann können wir auf sie einwirken.“ Die Gesundheitserzie- hung und Gesundheitsförderung an Schulen sei deshalb ein wichtiger Bei- trag zur medizinischen Vorsorge.
Aus den eng bemessenen Ho- norarbudgets der niedergelassenen Ärzte seien derartige Aufgaben nicht zu finanzieren. Deshalb, so Gritz, müssten diese Präventionsmaßnah- men außerhalb der Krankenkassen- Budgets finanziert werden. Zurzeit wird knapp ein Prozent der GKV-Ge- samtausgaben von rund 250 Milliar- den DM für medizinische Prävention ausgegeben. Joseph Kanders A-1201 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 18, 5. Mai 2000
T H E M E N D E R Z E I T TAGUNGSBERICHT