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Warum wird in den Schulen die politische Bildung vernachlässigt? Zum letzten Punkt wurden folgende Bemerkungen gemacht (Auswahl

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Academic year: 2022

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I 057/2007 ERZ 2. Mai 2007 ERZ C Interpellation

0780 Hufschmid, Biel (SP-JUSO)

Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 31.01.2007

Berner Jugend-Grossrat-Tag (BJGT) vom 24.01.07:

Der Lehrplan und die Politik

Am BJGT diskutierten wir gemeinsam über Themen, mit denen sich die Jugendlichen auseinandersetzen, nahmen ihre Wünsche und Forderungen auf und hörten ihre Fragen, wie zum Beispiel:

• Was tut der Grosse Rat für 95 Prozent der Jugendlichen, die problemlos ihre Schulzeit beenden und doch nicht alle eine Lehrstelle finden?

• Was tut der grosse Rat gegen die zunehmende Gewalt auf Pausenplätzen und in Sportstadien?

• Was legitimiert den Grossen Rat, Gesetze für Jugendliche zu erlassen d.h. wie klärt er die Bedürfnisse der Jugend ab?

• Warum wird in den Schulen die politische Bildung vernachlässigt?

Zum letzten Punkt wurden folgende Bemerkungen gemacht (Auswahl):

• Wir wissen nicht, wie Politik „funktioniert“

• Das Thema Politik ist in der Schule kein Thema oder wird mit dem Hinweis aufs Internet

„erledigt“

• Lehrer sagen ihre Meinung nicht (dürfen sie nicht?)

• Die Politiker sind weit weg von uns und trotzdem bestimmen sie über unser Leben, ohne uns zu kennen

Zu diesem Themenkreis bitte ich den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:

1. In welcher Form erhält der Regierungsrat im Anschluss an einen BJGT Kenntnis von den Bedenken, Wünschen und Forderungen der Jugendlichen?

2. Wurden in den letzten Jahren Forderungen, die an einem BJGT gestellt wurden, vom Gross- und/oder Regierungsrat erfüllt?

3. Ist der Regierungsrat bereit, bei der anstehenden Lehrplanrevision dem Thema „Politik“

mehr Raum zu geben und den Unterricht als verbindlich zu erklären?

4. Wenn ja: Ist der Regierungsrat bereit, für dieses Thema interessierte Jugendliche, Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter, Lehrpersonen und Parlamentarierinnen und Parlamentarier als „Experten“ bei zu ziehen?

5. Wenn nein: Was rät der Regierungsrat den Jugendlichen, wie sie zu dem gewünschten Wissen kommen können?

6. Welches Bild hat der Regierungsrat von der heutigen Jugend? (Diese Frage hat eine Gruppe Jugendlicher aus dem Seeland auch uns Parlamentarierinnen und Parlamentariern am BJGT 07 gestellt)

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Antwort des Regierungsrates

Der Grosse Rat hat mit der als Postulat überwiesenen Motion 076/2000 (Gresch, Richard, Rickenbacher) seinen Wunsch nach einer regelmässigen Begegnung mit der jungen Generation ausgedrückt. Die Kantonale Jugendkommission, die bereits die Vorläufer- Veranstaltungen mitgetragen hat, führt den Jugend-Grossrat-Tag seit 2003 im Auftrag des Grossen Rates durch. Die Präsidentenkonferenz des Grossen Rates genehmigt Thema und Ablauf.

Die Kantonale Jugendkommission setzt auf die Mitarbeit einer wechselnden Vorbereitungsgruppe von Jugendlichen und auf die Unterstützung von Jugendarbeitenden für die Gesprächsleitung. Die regelmässige Auswertung der Anlässe zeigt ein insgesamt sehr positives Echo. Wegen der knapp bemessenen Zeit und aus Gründen der Raumknappheit musste die Teilnehmerzahl bei den Jugendlichen auf etwa 120 Personen beschränkt werden. Die Begegnung im „Original-Ton“ zwischen Jugend und Parlament ist für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendförderung im Kanton und in den Gemeinden ebenso bedeutungsvoll wie das Fortführen der Kontakte zwischen Mitgliedern des Parlamentes und Jugendlichen in den Regionen. Der Berner Jugend-Grossrat-Tag ist ein wichtiges Element zur Umsetzung eines Sozialzieles der Kantonsverfassung: Kanton und Gemeinden setzen sich zum Ziel, dass die Anliegen und Bedürfnisse der Kinder und der Jugendlichen berücksichtigt werden (Art. 30. Abs. 1 Buchst. e KV).

Zu den Fragen der Interpellation hält der Regierungsrat Folgendes fest:

1. Der Jugend-Grossrat-Tag ist eine Veranstaltung des Grossen Rates. Die Jugendlichen werden zu Beginn vom Präsidium des Grossen Rates begrüsst. Der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektor nimmt als Vertreter der Regierung teil und greift im Schlusswort das jeweilige Thema aus seiner Sicht auf.

Werden im Nachgang zu einem Berner Jugend-Grossrat-Tag von Grossrätinnen oder Grossräten parlamentarische Vorstösse eingereicht, teilt der Regierungsrat sie den Direktionen zu und verabschiedet die Antwort der Regierung an den Grossen Rat.

Aspekte der Kinder- und Jugendpolitik können alle Direktionen betreffen. Der Regierungsrat lässt sich bei der Wahrnehmung wichtiger öffentlicher Aufgaben teilweise von sachverständigen Einzelpersonen und Kommissionen beraten. Gemäss Artikel 37 Absatz 2 des Organisationsgesetzes kann der Regierungsrat Kommissionen mit Sachverständigen einsetzen.

Zur Förderung und Sicherung der zweckmässigen Zusammenarbeit der Behörden und Stellen auf dem Gebiet des Kindesschutzes und der privaten und öffentlichen Jugendhilfe wählt der Regierungsrat eine Kantonale Jugendkommission. Diese Kommission ermittelt den Stand und die Bedürfnisse der Jugendhilfe im Kanton und unterstützt die Verwaltung bei ihren Koordinationsaufgaben. Sie berät den Regierungsrat über die Priorität der Aufgaben im Rahmen der für Jugendhilfe zur Verfügung stehenden Kredite und erstattet dem Regierungsrat alle vier Jahre einen Bericht über ihre Tätigkeit und zur Situation der Jugendhilfe im Kanton mit Vorschlägen zur Weiterentwicklung. Die Kommission arbeitet zu diesem Zweck eng mit Jugendorganisationen und Institutionen der Jugendhilfe zusammen. Die Kommission ist berechtigt, zu sämtlichen Vorlagen der Direktionen, die in ihren Aufgabenbereich fallen oder die für die Jugend von Belang sind, Stellung zu nehmen und im Bereich der Jugendhilfe den Direktionen zuhanden des Regierungsrates für alle jugendpolitisch massgebenden Fragen Anträge zu stellen.

Auf diese Weise ist gewährleistet, dass der Regierungsrat in mehrfacher Weise über die Ergebnisse der Jugend-Grossrat-Tage informiert wird (Antworten auf parlamentarische Vorstösse, direkte Rückmeldungen des Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektors, Rückmeldungen der organisierenden Jugendkommission).

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2. Am Beispiel der Problematik „Jugendarbeitslosigkeit“ sei aufgezeigt, dass sich diese Frage nicht direkt beantworten lässt: „Jugend und Ausbildung/Arbeit“ war Thema des Berner Jugend-Grossrat-Tages 2005. Aussagen zur schwierigen Situation für einzelne junge Menschen, eine Lehrstelle und später eine Arbeitsstelle zu finden, lassen sich aber in allen Anlässen seit 2003 finden; auch Hinweise auf Verbesserungen bei der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung oder im Stipendienwesen kommen praktisch alle Jahre vor. Diese Themen beschäftigen den Grossen Rat indessen nicht nur wegen der Diskussionen am Berner Jugend-Grossrat-Tag, sie stehen auch aus anderen Gründen auf der Traktandenliste. So haben zum Beispiel der Volkswirtschafts- und der Erziehungsdirektor gemeinsam Ende 2006 die erste kantonale Lehrstellenkonferenz einberufen, in welcher die Problematik der Übertritte von der Volksschule in eine Berufslehre und von der Berufsausbildung in die Arbeitswelt thematisiert wurde. Zu diesem Anlass waren auch Jugendliche aus Brückenangeboten und aus einer Berufsschulklasse eingeladen. Der Regierungsrat erachtet es als Chance, dass die Mitglieder des Grossen Rates im Rahmen des Berner Jugend-Grossrat-Tages auch die direkte Sicht junger Betroffener zu Sachgeschäften erfahren können.

3. Das Thema „Politik“ ist bereits im heute gültigen Lehrplan für die Volksschule verbindlich geregelt. Ende 2006 haben die Arbeiten an einem gemeinsamen Deutschschweizer Lehrplan begonnen. Der Kanton Bern beteiligt sich an dieser Lehrplanentwicklung; er wird sich dafür einsetzen, dass die politische Bildung auch künftig im Lehrplan als verbindlicher Unterrichtsgegenstand verankert sein wird. Wie in den Antworten auf die Vorstösse I 269/2006, M 257/2006, M 268/2006 dargelegt wird, sind Massnahmen zur Verbesserung der politischen Bildung bereits realisiert, in Bearbeitung oder geplant.

4. Da es sich beim neuen Lehrplan um ein interkantonales Projekt handelt, kann der Regierungsrat nicht alleine festlegen, wer als Expertin oder Experte in die Lehrplanarbeit einbezogen wird. Zum heutigen Zeitpunkt steht noch nicht fest, welche Expertinnen und Experten die Projektleitung des Deutschschweizer Lehrplanprojekts beiziehen wird; die Arbeit an den Fachlehrplänen beginnt erst in der zweiten Hälfte 2008.

5. Wie oben ausgeführt, ist politische Bildung bereits heute verbindlich in der Volksschule zu vermitteln. Auch der kantonale Lehrplan für den gymnasialen Bildungsgang und der Lehrplan für den allgemeinbildenden Unterricht an den Berufsschulen legen fest, dass staatskundliche Aspekte mit einem Bezug zum politischen System der Schweiz behandelt werden. Sicher ist es aber auch zu empfehlen, dass Jugendliche neben dem Wissen und den Erfahrungen, die sie in der Schule vermittelt erhalten, weitere Informations- und Orientierungsmöglichkeiten nutzen, wie Informationen aus dem Internet, Verfolgen der aktuellen Politik in den Medien, Mitarbeit in Jugendorganisationen und Parteien usw. Insbesondere auf der Sekundarstufe II ist die aktive Teilnahme am politischen Leben geeignet, zusätzliche Kenntnisse zur Politik zu erwerben.

6. Die Komplexität der vielschichtigen Bilder der Kinder und Jugendlichen verbietet es, auf wenigen Zeilen ein Bild der Jugend festzuschreiben. Der Regierungsrat unterstreicht indessen zwei grundsätzliche Aspekte: Einerseits gilt es, die negativen Bilder, die Medien und Erwachsene aufgrund von teilweise schwerwiegenden Einzelfällen von Jugendlichen zeichnen, ernst zu nehmen und sich der hohen Kostenfolge von Fehlentwicklungen bewusst zu sein. Oft sind „Jugendprobleme“ bei näherer Betrachtung durch junge Menschen aufgezeigte Probleme der Gesellschaft.

Andererseits muss der Einbezug der jungen Menschen in die Ausgestaltung des Zusammenlebens besser gefördert werden. Dass der überwiegende Teil der Jugendlichen einfühlsam, leistungswillig und sozial kompetent ist, kommt sowohl in deren Bildungsgang als auch im vernetzten Mitwirkungsansatz der Kantonalen

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Jugendkommission seit langer Zeit zum Ausdruck und wurde 2006 durch das erste schweizerische Kinder- und Jugendsurvey „COCON“ auch wissenschaftlich belegt.

Der Regierungsrat erachtet die überwiegende Mehrzahl der Jugendlichen für urteilsfähig und politisch reif. Der Regierungsrat ist deshalb der Auffassung, dass 16- Jährigen die aktive Teilnahme am politischen Prozess zuzutrauen ist, und beantragt deshalb dem Grossen Rat eine Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre. Der Kanton Bern kann damit ein positives Signal für die Jugend abgeben (vgl. Antwort auf die Motion 266/2006).

An den Grossen Rat

Referenzen

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