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LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Rechtsstreit

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5 Ca 450/19

Arbeitsgericht Wuppertal

Lochthowe

Regierungsbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Ge- schäftsstelle

LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL In dem Rechtsstreit

O. Q., V. feld 16, X.

Klägerin, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungsklägerin

Prozessbevollmächtigte

Rechtsanwälte I., P. mühle 11, X.

g e g e n

Dr. I. T., N. straße 43, X.

Beklagter, Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagter

Prozessbevollmächtigte

Rechtsanwälte L., U. & Partner, L. straße 19 - 21, X.

hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 27.05.2020

durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Gotthardt als Vorsitzen- den und den ehrenamtlichen Richter Dr. Schumacher und den ehrenamtlichen Richter Langner

für Recht erkannt:

I. Auf die Berufung des Beklagten und auf die Anschlussberufung der Kläge- rin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 26.09.2019 - 5 Ca 450/19 - teilweise abgeändert und in der Hauptsache wie folgt gefasst:

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1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 267,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.07.2019 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,18 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.04.2020 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin über die Anträge zu 1. und 2. hinaus im Jahr 2020 sämtliche weiteren mate- riellen Schäden mit einer Haftungsquote von 70% zu ersetzen, die aus der Auszahlung der Vergütung der Klägerin für die Monate September 2017 bis Dezember 2017 erst im Jahr 2018 und damit steuerrechtlich als sonstige Bezüge resultieren, soweit diese nicht auf Dritte übergegan- gen sind.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 341,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.07.2019 zu zahlen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Beklagten und die weitergehende An- schlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Klägerin und dem Beklagten je zur Hälfte auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens tra- gen die Klägerin zu 57 % und der Beklagte zu 43 %.

IV. Die Revision wird für beide Parteien - ausgenommen das Unterliegen der Klägerin betreffend die Steuerberatungskosten von 800,00 Euro für das Jahr 2019 - zugelassen.

T A T B E S T A N D:

Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen entgan- genen Elterngeldes sowie über den Ersatz der Kosten einer Steuerberaterin.

Die Klägerin war seit dem 06.09.2017 bei dem Beklagten, einem Zahnarzt, als zahn- medizinische Mitarbeiterin beschäftigt. Grundlage war der Arbeitsvertrag vom 07.09.2017. In diesem hieß es u.a.:

(3)

„§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses

(3) Die Einstellung erfolgt unter der Bedingung, dass die Mitarbeiterin / der Mitarbeiter nach dem Ergebnis der Einstellungsuntersuchung für die geschuldete Tätigkeit geeignet ist.

§ 6 Vergütung

(1) Die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter erhält für die vertragliche vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.000,00 Euro. Die Vergütung ist jeweils am Letzten eines Monats zur Zahlung fällig.

.…

§ 16

Schriftform, Ausschlussfrist für Ansprüche aus dem Arbeitsverhält- nis

(2) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten von der Praxisin- haberin / dem Praxisinhaber oder von der Mitarbeiterin / dem Mitarbeiter schriftlich geltend gemacht wurden. Die Versäumung der Ausschluss- frist führt zum Verlust des Anspruchs. Im Falle einer Ablehnung sowie im Fall des Schweigens sind die beiderseitigen Ansprüche innerhalb ei- ner Frist von weiteren drei Monaten, spätestens also sechs Monate ab Fälligkeit gerichtlich einzuklagen, ansonsten verfallen sie.“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Arbeitsvertrag Be- zug genommen. Die Klägerin erbrachte ihre Arbeitsleistung bis zum 11.09.2017 ein- schließlich. Am 11.09.2017 hatte die Klägerin nach Dienstschluss einen Termin bei ihrer Frauenärztin, weil sie an Magenkrämpfen litt. Die Frauenärztin stellte eine Schwangerschaft fest. Die Frauenärztin stellte der Klägerin den Mutterpass aus. Sie stellte außerdem eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis einschließlich 15.09.2017 aufgrund der Magenkrämpfe aus. Am 11.09.2017 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie schwanger sei. Sie überreichte dem Beklagten am 12.09.2017 die Ar- beitsunfähigkeitsbescheinigung und den Mutterpass, von dem der Beklagte eine Kopie fertigte. Der Beklagte forderte die Klägerin auf, einen Termin bei dem Betriebsarzt Dr.

X. zu vereinbaren, was diese am 12.09.2017 für den 22.09.2017 tat. Am 13.09.2017 übersandte der Beklagte der Klägerin per E-Mail das als Anlage H 2 zur Akte gereichte Formular mit der Bitte, dies von ihrer Frauenärztin ausfüllen zu lassen. Dies lehnte die Frauenärztin ab. Am 18.09.2017 um 08.00 Uhr wollte die Klägerin ihre Tätigkeit wieder aufnehmen und erschien am Arbeitsplatz. Der Beklagte teilte ihr mit, dass er sie nicht weiter beschäftigen werde und schickte sie nach Hause. Mit anwaltlichem Schreiben

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vom 14.09.2017, das der Klägerin am 19.09.2017 zuging, erklärte der Beklagte die Anfechtung des geschlossenen Arbeitsvertrages, weil die Klägerin weder im Einstel- lungsgespräch noch im Personalfragebogen ihre Schwangerschaft erwähnt habe.

Nach der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz bestehe in Zahnarzt- praxen ein generelles Beschäftigungsverbot für schwangere Mitarbeiterinnen, so dass es nicht möglich sei, die Klägerin als zahnmedizinische Mitarbeiterin zu beschäftigen.

Der Arbeitsvertrag sei deshalb nichtig und wegen Irrtums anfechtbar. Wegen der wei- teren Einzelheiten wird auf das zur Akte gereichte Schreiben vom 14.09.2017 Bezug genommen. Am 22.09.2017 wurde die Klägerin bei Dr. X. vorstellig. Dieser füllte das von dem Beklagten übersandte Formular aus und sprach mit Wirkung vom 22.09.2017 ein „individuelles Beschäftigungsverbot“ bis zum Beginn des Mutterschutzes für jede Tätigkeit aus. Grundlage war die vom Arzt auf den Arbeitsplatz der Klägerin bezogene Gefährdungsbeurteilung mit dem Ergebnis, dass die Arbeitnehmerin sofort unter Fort- zahlung ihres Arbeitsentgeltes freigestellt werde, weil die weitere Beschäftigung ohne Gefährdung der werdenden Mutter nicht möglich sei. Das Attest und die Gefährdungs- beurteilung übersandte der Betriebsarzt unmittelbar an den Beklagten.

Die Klägerin strengte gegen den Beklagten vor dem Arbeitsgericht Wuppertal das Ver- fahren zum Az. 5 Ca 2864/17 an und kündigte folgende Anträge an: (1) Es wird fest- gestellt, dass das zwischen den Parteien seit dem 06.09.2017 bestehende begründete Arbeitsverhältnis fortbesteht; (2) Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin Mutter- schutzlohn in Höhe von 924,80 Euro zu zahlen. Ein Zinsbegehren enthielt der Antrag zu 2), der den Mutterschutzlohn für die Zeit vom 18.09.2017 bis zum 30.09.2017 betraf, nicht. Die beiden Klageanträge stellte die Klägerin im Kammertermin am 11.01.2018 vor dem Arbeitsgericht Wuppertal. Der Beklagte beantragte Klageabweisung. Aus- weislich des Sitzungsprotokolls vom 11.01.2018 wies das Arbeitsgericht darauf hin, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Anfechtungserklärung beendet wurde. Das Gericht wies weiter darauf hin, dass der Klägerin ein Anspruch auf Mutterschutzlohn gegen den Beklagten zustehe. Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 11.01.2018 schlossen die Parteien sodann folgenden Vergleich:

„1. Es besteht Einigkeit darüber, dass das zwischen den Parteien beste- hende Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht.

2. Der Beklagte zahlt an die Klägerin als Lohn beziehungsweise Mutter- schutzlohn für den Monat September 2017 einen Betrag in Höhe von 924,80 Euro brutto Zug um Zug gegen Aushändigung einer Bescheini- gung gemäß § 5 MuSchG auf dem dafür vorgesehenem Formular (rosa Schein).

3. Der Beklagte zahlt an die Klägerin für die Monate Oktober, November sowie Dezember 2017 als Mutterschutzlohn einen Betrag in Höhe von jeweils 2.000,00 Euro brutto Zug um Zug gegen Vorlage der oben ge- nannten Bescheinigung.

4. Damit ist der Rechtsstreit erledigt.

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5. Der Beklagte behält sich den Widerruf dieses Vergleichs durch schrift- liche Eingabe bei Gericht bis zum 09.03.2018 vor.“

Mit Schreiben vom 27.01.2018 teilte die Krankenkasse der Klägerin deren damaligem Prozessbevollmächtigten mit, dass, sofern das Beschäftigungsverhältnis mit der Klä- gerin tatsächlich bestanden habe, im Rahmen der Umlageversicherung eine Erstat- tung der Aufwendungen, insbesondere bei individuellen Beschäftigungsverboten in Betracht komme. Mit Schreiben vom 20.01.2018, das dem Beklagtenvertreter am 07.02.2018 zuging, übersandte der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Schreiben der Krankenkasse vom 27.01.2018 und wies darauf hin, dass der Erstattung der Lohnaufwendungen keine Hindernisse entgegenstünden. Er erläuterte außerdem, warum ein sog. „rosa Schein“ nicht ausgestellt werden könne und auch nicht erforder- lich sei. Mit Schreiben vom 09.03.2018 teilte der Beklagtenvertreter dem damaligen Vertreter der Klägerin mit, dass der Vergleich nicht widerrufen werde. Zugleich wurde um Mitteilung gebeten, ob die Klägerin Entgeltersatzleistungen bezogen habe. Dies verneinte die Klägerin. Der Beklagte widerrief den Vergleich innerhalb der vereinbarten Frist auch nachfolgend nicht. Die Zahlung der Beträge aus dem Vergleich für die Mo- nate September bis Dezember 2017 an die Klägerin erfolgte am 20.03.2018. Da zu diesem Zeitpunkt das Lohnsteuerverfahren für das Kalenderjahr 2017 bereits abge- schlossen war, erfolgte die Auszahlung seitens des Beklagten lohnsteuerrechtlich als

„sonstige Bezüge“.

Auf den Antrag der Klägerin vom 22.06.2018 bewilligte die Stadt Wuppertal dieser für ihr am 01.05.2018 geborenes Kind mit Bescheid vom 26.06.2018 Elterngeld in Form des Elterngeldes Plus in Höhe von monatlich 348,80 Euro ab dem dritten Lebensmonat des Kindes, d.h. ab dem 01.07.2018 bis zum 29.02.2020. Ausweislich der Anlage zum Bescheid vom 26.06.2018 wurden die Monate 02/2017 bis 02/2018 mit jeweils 2.000,00 Euro Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit belegt, ausgenommen die Monate 10/2017, 11/2017 und 12/2017, die mit 0,00 Euro belegt waren und ausge- nommen den Monat 09/2017, der in der Aufzählung der maßgeblichen zwölf Kalen- dermonate nicht vorkam. Der Berechnung des Elterngeldes der Klägerin lagen fol- gende weitere Daten zu Grunde: (1) nicht selbständige Tätigkeit vor der Geburt, (2) keine Erwerbstätigkeit nach der Geburt; (3) Steuerklasse 4; (4) Kinderfreibetrag 0,0;

(5) keine Kirchensteuer; (6) keine kleine Vorsorgepauschale; (7) Arbeitslosenversiche- rung, Rentenversicherung und Kranken-/Pflegeversicherung jeweils ja. Gegen den Be- willigungsbescheid vom 26.06.2018 legte die Klägerin mit Schreiben vom 31.07.2018 Widerspruch ein, weil bei der Elterngeldberechnung die Monate Oktober, November und Dezember 2017 mit 0,00 Euro belegt worden waren. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2018 der Bezirksregierung Münster zu- rückgewiesen. Zur Begründung hieß es u.a., dass die Nachzahlung für die Monate Oktober 2017 bis Dezember 2017 gemäß LStR 39b 2 Abs. 2 zu § 39b EStG ein sog.

„sonstiger“ Bezug sei, weil der Arbeitslohn später als drei Wochen nach Ablauf des Jahres 2018 ausgezahlt wurde. Ein lohnsteuerrechtlich als sonstiger Bezug eingeord- neter Gehaltsbestandteil dürfe gemäß § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG für die Berechnung des Elterngeldes auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht zu

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Grunde gelegt werden. Die materiell-rechtliche Zuordnungsregelung des Steuerrechts sei für die Elterngeldbemessung verbindlich. Gegen den Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin keine Klage vor den Sozialgerichten. Das ihr bewilligte Elterngeld Plus von monatlich 348,80 Euro bezog die Klägerin ab dem 01.07.2018 tatsächlich.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.01.2019 machte die Klägerin einen Schadenser- satzanspruch in Höhe von 1.722,96 Euro entgangenen Elterngeldes für 24 Monate gegenüber dem Beklagten mit Fristsetzung bis zum 31.01.2019 geltend. Dieser wies diese Forderung mit anwaltlichem Schreiben vom 07.02.2019 zurück.

Die Klägerin beauftragte die Steuerberaterin S.-I. mit der Berechnung der steuerlichen Auswirkungen durch den geringeren Elterngeldbetrag im Jahr 2018. Ausweislich der als Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 25.07.2019 zur Akte gereichten Ver- gleichsberechnungen der Steuerberaterin, auf die wegen der Einzelheiten Bezug ge- nommen wird, ergab sich für die Klägerin aufgrund des gezahlten geringeren Eltern- geldes Plus in 2018 eine Steuerersparnis von 47,00 Euro. Mit Rechnung vom 09.07.2019 stellte die Steuerberaterin der Klägerin insgesamt 816,64 Euro brutto in Rechnung, wobei sie ihre Leistungen gemäß StBVV 2012 berechnete. Sie setzte ohne die Mehrwertsteuer von 19% folgende Beträge an: (1) Einkommenssteuererklärung ohne Ermittlung der einzelnen Einkünfte bei einem Gegenstandswert von 11.533,00 Euro und einem 3,50/10 Satz: 193,20 Euro; (2) Ermittlung des Überschusses der Ein- nahmen über die Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit bei einem Gegen- standswert von 15.812,00 Euro und einem 6,5/10 Satz: 193,05 Euro; (3) Zusätzliche Berechnungen im Zusammenhang mit der Ermittlung der Steuer die aufgrund des Pro- gressionsvorbehaltes auf den Elterngeld-Schadensersatz entfällt: 300,00 Euro. Die Klägerin beglich die Forderung in Höhe von 816,64 Euro ausweislich des vorgelegten Online-Bankings-Auszugs. Der Steuerbescheid für das Jahr 2018 datierte vom 12.09.2019. Für dessen Inhalt wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung Bezug ge- nommen.

Die Klägerin beauftragte die Steuerberaterin auch für das Jahr 2019 mit einer Ver- gleichsberechnung. Ausweislich der Berechnungen der Steuerberaterin ergaben sich ohne entgangenes Elterngeld Einkünfte der Klägerin von 3.788,00 Euro im Jahr 2019 und mit entgangenem Elterngeld von 4.650,00 Euro. Dem lagen alleine die Ersatzleis- tungen der Klägerin, d.h. Elterngeld von 4.185,00 Euro bzw. 5.047,00 Euro mit Scha- densersatz Elterngeld zu Grunde. Weitere Einnahmen hatten weder die Klägerin noch deren Ehemann in 2019 erzielt. Es ergab sich nach den Berechnungen der Steuerbe- raterin keine Steuerdifferenz. Für diese Steuerberechnungen für das Jahr 2019 stellte die Steuerberaterin S.-I. der Klägerin inklusive Mehrwertsteuer 800,00 Euro mit Datum vom 30.01.2020 in Rechnung. Diesen Betrag überwies die Klägerin der Steuerberate- rin am 07.02.2020.

Mit ihrer am 25.02.2019 beim Arbeitsgericht Wuppertal eingegangenen, dem Beklag- ten am 11.03.2019 zugestellten Klage hat die Klägerin die Zahlung eines Schadens-

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ersatzes in Höhe von 1.722,96 Euro, mit ihrer Klageerweiterung vom 25.07.2019, wel- che dem Beklagten am 29.07.2019 zugestellt wurde, den Ersatz zukünftiger Schäden sowie eine Erstattung der Kosten, welche ihr durch die Beauftragung der Steuerbera- terin entstanden sind, verlangt.

Die Klägerin hat gemeint, ihr sei durch die verspätete Auszahlung des Arbeitslohns für die Monate Oktober bis Dezember 2017 durch den Beklagten ein Schaden in Form eines geringeren Elterngeldes entstanden, weil der Arbeitslohn bei der Berechnung des Elterngeldes nicht berücksichtigt werden konnte. Sie hat behauptet, dass dann, wenn der Beklagte die Bezüge rechtzeitig gezahlt hätte, sie Elterngeld Plus in Höhe von monatlich 420,25 Euro erhalten hätte. Die Höhe ergebe sich aus dem Elterngel- drechner des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Aus der von ihrer Steuerberaterin erstellten Vergleichsberechnung ergebe sich unter Annahme dieser erhöhten Elterngeldauszahlung eine steuerliche Mehrbelastung von 47,00 Euro im Jahr, welche als steuerlicher Vorteil vom Schadensersatzanspruch für 2018 abzu- ziehen sei. Daraus ergebe sich ein Anspruch in Höhe von 381,70 Euro für 2018 ([6 x (420,25 Euro - 348,80 Euro)] - 47,00 Euro). Aufgrund des noch nicht abschließend zu benennenden Progressionsvorbehalts für das Jahr 2019 sei der Schaden für dieses Jahr noch nicht bestimmbar. Allerdings sei darauf hinzuweisen, dass sie in 2019 keine weiteren Einnahmen erzielt habe, so dass davon auszugehen sei, dass es nicht zu einer Steuerersparnis kommen werde. Nach Auskunft der Steuerberaterin werde es für 2019 und 2020 bei dem reinen Differenzschaden bleiben.

Die Klägerin hat gemeint, den ihr entstandenen Schaden habe der Beklagte zu vertre- ten, weil ihr der geltend gemachte Betrag als Elterngeld Plus zugestanden hätte, wenn der Lohn rechtzeitig gezahlt worden wäre. Dem Beklagten hätte die Unwirksamkeit der Anfechtung des Arbeitsvertrages von vornherein offensichtlich sein müssen. Sie habe sich nicht auf die Durchführung eines sozialgerichtlichen Verfahrens verweisen lassen müssen, weil dieses keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Schließlich habe der Be- klagte auch die Kosten für die Beauftragung der Steuerberaterin zu tragen, welche erforderlich gewesen sei, um den Schaden nach Steuern berechnen zu können.

Sie hat gemeint, dass die Verfallfrist im Arbeitsvertrag unwirksam sei, weil sie auch den gesetzlichen Mindestlohn erfasse. Dies stelle einen Verstoß gegen das Transpa- renzgebot dar.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagte zu verurteilen, an sie 381,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2019 für das Jahr 2018 zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr über den Antrag zu Ziffer 1 hinaus auch sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die aus der Auszahlung ihrer Vergütung für die Monate

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September bis Dezember 2017 erst im Jahr 2018 und damit steuer- rechtlich als „sonstige Bezüge“ resultieren soweit diese nicht auf sonstige Dritte übergegangen sind,

3. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 816,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweili- gen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat gemeint, der Klägerin stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch weder dem Grunde noch der Höhe nach zu, wobei er konkret bestritten hat, dass der Klägerin bei Berücksichtigung der Zahlungen für die Monate Oktober 2017 bis Dezem- ber 2017 ein monatliches Elterngeld Plus von 420,25 Euro zugestanden hätte und die Klägerin dieses 24 mal erhält. Der Beklagte hat die steuerliche Mehrbelastung von nur 47,00 Euro bestritten. Da er sich in dem Vergleich nur zu einer Zug-um-Zug Leistung verpflichtet habe und die Klägerin ihre Verpflichtung der Vorlage des rosa Scheins bis zum Abschluss des Vergleichs am 11.01.2018 nicht nachgekommen sei, erschließe sich nicht, welche Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis er überhaupt ver- letzt haben könnte. Er habe die Bescheinigung gemäß § 5 MuSchG auf dem dafür vorgesehenen Formular (rosa Schein) benötigt, um im Umlageverfahren gemäß AAG das der Klägerin zu zahlende Arbeitsentgelt erstattet zu erlangen. Ausweislich der Re- gelung im Vergleich sei der Mutterschutzlohn erstmals mit der Vorlage des rosa Scheins, d.h. im Jahre 2018 fällig geworden. Darüber hinaus treffe ihn kein Verschul- den. Zudem sei der Anspruch nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags verfallen.

Der Beklagte hat gerügt, dass er die durch die Beauftragung der Steuerberaterin ent- standenen Kosten aufgrund der Regelung des § 12a ArbGG nicht tragen müsse, zumal diese überhöht seien und „Sowieso-Kosten“ beinhalten würden. Für die Abrechnung des Pauschalbetrages von 300,00 Euro zzgl. Mehrwertsteuer bestehe keine Veranlas- sung. Es seien hierfür maximal eine 2/10 Gebühr aus einem Wert von 381,70 Euro anzusetzen, d.h. nicht mehr als 30,00 Euro.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 26.09.2019 stattgegeben. Gegen das ihm am 17.10.2019 zugestellte Urteil hat der Beklagte am Montag, den 18.11.2019 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.01.2010 am 27.12.2019 begründet. Die Berufungsbegründung ist der Klägerin am 02.01.2020 zugestellt worden. Die Berufungserwiderung der Klägerin ist am 31.01.2020 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen.

Der Beklagte meint, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Mutterschutzlöhne für September 2017 bis Dezember 2017 jeweils am Monatsletzten fällig gewesen seien. Für einen Anspruch aus § 18 MuSchG n.F. sei die Klägerin dar- legungs- und beweisbelastet, d.h. zur Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses verpflichtet.

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Dieses habe die Klägerin 2017 aber noch nicht zur Verfügung gestellt. Dem entspre- che die Vereinbarung im Vergleich „Zug-um-Zug“. Die genannten Lohnansprüche könnten daher frühestens im Jahr 2018 nach Vorlage der Bescheinigung fällig werden.

Er habe deshalb keine Schadensursache gesetzt. Der Beklagte behauptet, er habe das Schreiben von Dr. X. betreffend das Beschäftigungsverbot erst deutlich später er- halten.

Die Klägerin müsse sich vorsorglich ein hundertprozentiges Mitverschulden anrechnen lassen. Es sei nicht ersichtlich, warum die Klägerin nicht bereits in 2018 die Beschei- nigung auf dem dafür vorgesehenen Formular (rosa Schein) habe vorlegen können.

Der Beklagte wendet sich gegen die Höhe des geltend gemachten Schadensersatz- anspruchs. Es fehle die Vorlage des Einkommenssteuerbescheides 2018. Aus den Berechnungen der Steuerberaterin ergebe sich, dass sich die steuerliche Mehrbelas- tung von 47,00 Euro nur auf das Einkommen von 11.533,00 Euro und nicht auf das zu versteuernde Gesamteinkommen von 27.345,90 Euro (11.533, Euro + 15.812,00 Euro) beziehe. Die Klägerin solle sich auch zu sonstigen Einkünften in 2018 erklären.

Der Beklagte rügt, er sei zur Zahlung von sog. „Sowieso-Kosten“ verurteilt worden. Mit der Fertigung der Steuererklärung der Klägerin für das Jahr 2018 habe er sich nicht zu befassen. Wie erstinstanzlich gerügt, sei der Betrag von 300,00 Euro zzgl. Mehrwert- steuer aus der Rechnung für 2018 deutlich überhöht und falle nicht mehr unter das Prognoserisiko. Auch mit der Berechnung der Steuerberaterin für das Jahr 2019 habe er sich nicht zu befassen. Es handele sich ebenfalls um sog. Sowieso-Kosten.

Der Beklagte rügt erneut den Verfall der Ansprüche gemäß § 16 Abs. 2 des Arbeits- vertrages. Soweit die Klägerin neue Unterlagen und Sachvortrag in den Prozess ein- führe, rügt der Beklagte Verspätung.

Der Beklagte behauptet, dass es bei den Vergleichsgesprächen im Januar 2018 u.a.

um folgende Sachverhalte gegangen sei. Bis zum 15.09.2017 habe wegen § 3 Abs. 3 EFZG kein Entgeltfortzahlungsanspruch bestanden. Die Klägerin sei darauf hingewie- sen worden, dass für die Zeit ab 18.09.2017 keine Anspruchsgrundlage für den Mut- terschutzlohn erkennbar gewesen sei. Er habe die Auskunft erhalten, dass weder seine eigene Expertise noch diejenige von Dr. X. zur Dokumentation des mutterschutz- rechtlichen Beschäftigungsverbotes ausreichend sei. Für die Erstattung im Wege der Umlageversicherung bei der Krankenkasse sei eine externe ärztliche Bescheinigung im Wege eines ärztlichen Attestes oder auf Rezeptpapier (rosa Schein) erforderlich.

Man sei sich im Wege des Vergleichs einig gewesen, dass die bisherigen Dokumente den Anspruch auf Mutterschutzlohn nicht begründen. Die lange Widerrufsfrist habe den Hintergrund gehabt, dass er habe abklären wollen, wie sich nach Eingang der Formulare die Krankenkasse der Klägerin betreffend die Erstattung positioniert. Des- halb habe er im Vorprozess der Krankenkasse der Klägerin den Streit verkündet. An- gesichts auch des tatsächlichen Ablaufs nach dem Vergleich bis zur Auszahlung des Mutterschutzlohnes bestehe kein Zweifel, dass die im Vorprozess geregelten finanzi- ellen Ansprüche der Klägerin erst nach Bestandskraft des Vergleichs und Abgabe der weiteren klägerischen Erklärungen fällig geworden seien. Außerdem habe ein gesetz- liches Zurückbehaltungsrecht bis zur Erteilung der Auskunft zu Entgeltersatzleistun- gen bestanden. § 271a Abs. 1 BGB führe zu keinem anderen Ergebnis. Die vereinbarte

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Gegenleistung, nämlich die ausreichende Dokumentation habe er erst im Jahr 2018 erhalten. Diese sei auch ausdrücklich im Vergleich geregelt.

Der Beklagte beantragt,

1. das am 26.09.2019 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal zum Az. 5 Ca 450/19 abzuändern und die Klage abzuweisen;

2. die in den Anträgen zu 4. und 5 der Klägerin liegende Anschlussberu- fung zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und soweit der Klageantrag zu 2) den Scha- den für das Steuerjahr 2019 betraf

4. den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 857,40 Euro nebst Zin- sen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins- satz seit Rechtshängigkeit für das Jahr 2019 zu zahlen;

5. den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 800,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Der Klageantrag zu 4) beziehe sich auf das Steuerjahr 2019. Eine Steuerdifferenz ergebe sich in diesem Jahr nicht, so dass sich ein vom Beklagten zu zahlender Betrag von 857,40 Euro ergebe (12 x [420,25 - 348,80]). Der Klageantrag zu 5) beziehe sich auf die Kosten für die Steuerberaterin für die Vergleichsberechnung für das Jahr 2019. Die abschließende Berechnung für das Jahr 2020 sei noch nicht möglich, so dass der Klageantrag zu 2) insoweit als Feststel- lungsantrag aufrecht erhalten bleibe.

Die Klägerin behauptet, sie habe nach dem Termin am 11.01.2018 ihre Frauenärztin auf den sog. „rosa Schein“ angesprochen, die nicht gewusst habe, was damit gemeint sei. Sie ist der Ansicht, die Vorlage des „rosa Scheins“ sei keine Voraussetzung für die Entstehung und Fälligkeit ihres Anspruchs auf Mutterschutzlohn gewesen. Hier sei zu berücksichtigen, dass es um ein generelles Beschäftigungsverbot gehe, das sich aus der Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes ergebe und keiner besonderen ärztli- chen Feststellung bedürfe. Dies habe der Beklagte erkannt, was sich daraus ergebe, dass er sie am 18.09.2017 nach Hause schickte. Und trotz der Feststellung des Be- schäftigungsverbotes ab dem 22.09.2017 durch den Betriebsarzt habe in der Zeit ab dem 11.09.2017 ein vorläufiges mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot gegol- ten. Der Beklagte sei deshalb aufgrund der Nichtzahlung des Mutterschutzlohnes ge- mäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.

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Der Beklagte habe den durch die Nichtauszahlung des Mutterschutzlohns entstande- nen Schaden zu vertreten. Ihm hätte die Anfechtung von Anfang an nicht plausibel erscheinen dürfen.

Sie müsse sich nicht auf ein Klageverfahren gegen den Widerspruchsbescheid ver- weisen lassen. Die Verknüpfung der Bemessungsgrundlage des Elterngeldes mit der lohnsteuerrechtlichen Behandlung aus § 2 c Abs. 1 Satz 2 BEEG ergebe sich bereits aus einer Gesetzesänderung zum 01.01.2015.

Die Klägerin hat gemeint, sie habe die Elterngelddifferenz mit dem Elterngeldrechner des BMFSFL berechnen dürfen. Hierzu behauptet sie, dass die Stadt Wuppertal die- sen ebenfalls für die Berechnung nutze.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie an dem entstandenen Schaden kein Mitverschul- den treffe. Der Beklagte habe bereits ab September gewusst, dass sie schwanger sei und er sie nicht beschäftigen dürfe. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass der Beklagte die Bescheinigung des Betriebsarztes Dr. X. erst „deutlich später“ erhalten habe. Letzt- lich sei dies aber rechtlich auch unerheblich.

An der Zahlungspflicht des Beklagten ändere die vereinbarte Zug-um-Zug-Leistung in dem Vergleich vom 11.01.2018 nichts. Die Aushändigung des „rosa Scheins“ sei nur als Entgegenkommen aufgenommen worden, weil der Beklagte auf dessen Vorlage bestand. Außerdem habe § 5 MuSchG am 11.01.2018 nicht mehr existiert. Sei § 15 MuSchG n.F. gemeint gewesen, handele es sich lediglich um eine Soll-Vorschrift. Au- ßerdem habe sie dem Beklagten ihre Schwangerschaft bereits zuvor nachgewiesen.

Unabhängig davon sei der Schaden im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bereits eingetreten gewesen, weil es alleine auf die von dem Arbeitgeber vorgenommene lohnsteuerrechtliche Einordung der Einnahmen ankomme. Auch eine Auszahlung vor dem Ablauf der ersten drei Wochen des Jahres 2018 oder auch früher hätte nicht dazu geführt, dass die Zahlung lohnsteuerrechtlich als laufender Arbeitslohn gezahlt worden wäre. Die lohnsteuerrechtliche Einordnung als sonstiger Bezug ergebe sich bereits dann, wenn die Einmalzahlung außerhalb des regulären arbeitsvertraglich vereinbar- ten Lohnzahlungszeitraums erfolge. Aber selbst wenn man darauf abstellen wollte, dass maßgeblich die Zahlung nach Ablauf der ersten drei Wochen des Jahres 2018 sei, ergebe sich nichts anderes. Der Schaden hätte auch ohne Vergleichsabschluss faktisch nicht vermieden werden können. Dies sei eine rein theoretische Annahme, weil am 11.01.2018 nur noch eine Woche für Auszahlung und Urteil zur Verfügung gestanden hätten. Sie habe keine Möglichkeit gehabt, eine derart schnelle Zahlung herbeizuführen. Außerdem habe sie den Beklagten umgehend darüber unterrichtet, dass ihre Frauenärztin einen sog. „rosa Schein“ nicht ausstelle.

Ein bereits eingetretener Schaden sei durch den Vergleich weder rückgängig gemacht worden noch mit abgegolten worden. Mangels Kenntnis des Schadens hätten sich die Parteien dazu überhaupt nicht geeinigt. Um die bereits eingetretenen Verzugsfolgen rückgängig zu machen, bedürfe es eines Erlassvertrages. Dazu ergebe sich nichts aus dem Vergleich vom 11.01.2018. Der Vergleich regele die Fälligkeit zunächst nicht ab- weichend. Die Auslegung des Vergleichs lasse auch unter Berücksichtigung der Um- stände, die zu dessen Abschluss führten, keine Mitregelung der Verzugsfolgen erken- nen. Dafür spreche auch, dass der im Vorprozess gestellte Zahlungsantrag keine Ver- zugszinsen enthalten habe. Auf den „rosa Schein“ und die Widerrufsfrist habe sie sich

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nur zur Herbeiführung der gütlichen Einigung auf Drängen des Beklagten eingelassen.

Eine abweichende Regelung der Fälligkeit liege darin nicht. Angesichts der vorherigen Unterrichtungen über ihre Schwangerschaft sei es treuwidrig, dass der Beklagte auf dem „rosa Schein“ bestanden habe. Einem Hinausschieben des Fälligkeitszeitpunktes stehe auch § 271a BGB entgegen. Und auch ohne den Vergleich wäre der Schaden durch die Nichterfüllung der Zahlungsansprüche eingetreten. Es sei abwegig, ihr vor- zuhalten, dass sie einen Schaden tragen müsse, der aus dem Abschluss eines Ver- gleichs folge, zu dessen Inhalt auch ein Urteil geführt hätte. Ihr könne der Vergleich auch nicht als Aspekt des Mitverschuldens entgegengehalten werden. Da der Beklagte die Auszahlung ohne den „rosa Schein“ getätigt habe, habe er auf diese Gegenleistung verzichtet, so dass es an einem gegenseitigen Nachgeben fehle.

Die Klägerin bestreitet, dass man sich bei Vergleichsabschluss einig gewesen sei, dass noch nicht alle Dokumente vorhanden gewesen seien, um den Anspruch auf Mut- terschutzlohn zu begründen. Jedenfalls ihr sei nicht bekannt gewesen, was der Be- klagte mit dem „rosa Schein“ gemeint habe. Dessen Verständnis habe sie erst jetzt erfahren. Vielmehr habe der Beklagte im Kammertermin mitgeteilt, dass er nicht wisse, was er für die Umlageversicherung benötige, weil er sich diesbezüglich nicht erkundigt habe. Vorsorglich wolle er eine Bescheinigung gemäß § 5 MuSchG a.F.. Die Klägerin bestreitet, dass Hintergrund der langen Widerrufsfrist die Abklärung bei der Umlage- versicherung gewesen sei. Und selbst wenn dies so sei, könne es nicht zu ihren Lasten gehen, wenn der Beklagte sich nicht rechtzeitig erkundigt habe. Die Annahme des Beklagten, die vorliegenden Dokumente würden für eine Anspruchsbegründung auf Mutterschutzlohn nicht ausreichen, hätte auf einer fehlerhaften Rechtsansicht beruht.

Der von ihr bestrittene Vortrag dazu, dass der Beklagte die Auskunft erhalten habe, dass es einer „externen“ Bescheinigung bedurft hätte, sei rechtlich unerheblich. Die Auskunft sei falsch und würde allenfalls einen Schadensersatzanspruch des Beklagten gegen denjenigen, der die Auskunft erteilte, begründen. Und selbst wenn die Unterla- gen für die Erstattung durch die Krankenkasse nicht ausreichten, hätte dies keine Aus- wirkungen auf ihren Anspruch auf Mutterschutzlohn. Im Übrigen sei angesichts des Schreibens der Krankenkasse zu bezweifeln, dass eine Erstattung nicht bereits mit dem im Vergleichszeitpunkt vorliegenden Unterlagen möglich gewesen sei.

Die Klägerin meint, die Kosten für ihre Steuerberaterin seien nicht unverhältnismäßig hoch. Zunächst sei sie vergleichsbereit gewesen und habe noch keine Kosten verur- sacht. Erst nachdem der Beklagte den Vergleichsvorschlag aus dem Gütetermin ab- gelehnt hatte, habe sie die Steuerberaterin beauftragt. Um den Schaden abschließend zu beziffern, habe sie die Hilfe der Steuerberaterin danach in Anspruch nehmen müs- sen. Es handele sich nicht um Sowieso-Kosten, weil die Berechnung alleine und aus- schließlich zum Zwecke der Berechnung des Schadens erfolgt sei. Die Steuerberaterin habe sich im Gebührenkorridor der StBVV gehalten. Außerdem habe die Steuerbera- terin erklärt, dass der Arbeitsaufwand besonders hoch gewesen sei. Zwei weitere Steuerberater hätten wegen des erheblichen Umfangs abgelehnt. Im Übrigen habe die Steuerberaterin zutreffend Einkünfte von 11.533,00 Euro aus nicht selbständiger Tä- tigkeit zu Grunde gelegt. Der Betrag von 15.812,00 Euro sei die Summe aus Einnah- men aus dem Arbeitsverhältnis und den Ersatzleistungen gemäß Anlage N.

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Die Klägerin meint, dass sie die Ausschlussfrist eingehalten habe. Unabhängig davon sei diese intransparent, weil sie auch die gesetzlichen Ansprüche nach dem Mindest- lohngesetz erfasse und der Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2014 geschlossen wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anla- gen sowie die Sitzungsprotokolle in beiden Instanzen und die Hinweisbeschlüsse des Gerichts vom 27.02.2020 und 30.03.2020 Bezug genommen.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:

A. Die zulässige Berufung des Beklagten und die zulässige Anschlussberufung der Klägerin sind teilweise begründet, weil die zulässigen Anträge der Klägerin teilweise begründet sind. Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin für das Jahr 2018 Schadens- ersatz für entgangenes Elterngeld in Höhe von 267,19 Euro und für das Jahr 2019 entsprechenden Schadensersatz in Höhe von 600,18 zu leisten. Darüber hinaus ist der Beklagte verpflichtet, der Klägerin 341,32 Euro an Steuerberatungskosten zu er- statten. Der zuletzt noch auf das Jahr 2020 bezogene Feststellungsantrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen sind die Anträge der Klä- gerin unbegründet.

I. Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin für das Jahr 2018 Schadensersatz für entgangenes Elterngeld in Höhe von 267,19 Euro und für das Jahr 2019 entsprechen- den Schadensersatz in Höhe von 600,18 zu leisten, weil die diesbezüglichen Zah- lungsanträge zulässig und in der genannten Höhe begründet sind. Im Übrigen sind sie unbegründet.

1. Die Klageanträge zu 1. auf Zahlung von 381,70 Euro entgangenem Elterngeld für das Jahr 2018 und zu 4. von 857,40 Euro für das Jahr 2019 sind zulässig. Dies gilt auch, soweit die Klägerin ihren in der ersten Instanz gestellten Feststellungsantrag betreffend das Jahr 2019 nunmehr im Rahmen ihrer zulässigen und insbesondre frist- gemäßen Anschlussberufung (vgl. dazu BGH 07.05.2015 - VII ZR 145/12, juris rn. 26 ff.) als Zahlungsantrag weiter verfolgt. Der Übergang von einer Feststellungsklage auf die Leistungsklage bei gleichbleibendem Klagegrund, wie es hier der Fall ist, stellt nach § 264 Nr. 2 ZPO als Erweiterung des bisherigen Klageantrags keine Klageände- rung dar (BAG 15.09.2011 - 8 AZR 846/09, juris Rn. 61; BAG 19.12.2018 - 10 AZR 233/18, juris Rn. 18). Und selbst wenn man dies anders sehen wollte, ändert dies nichts. Die Umstellung auf den Zahlungsantrag ist sachdienlich i.S.v. § 533 ZPO und kann auf die ohnehin in der Berufungsinstanz zu Grunde zu legenden Tatsachen ge- stützt werden.

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2. Die Klageanträge zu 1. und 4. sind in Höhe von 267,19 Euro und von 600,18 Euro begründet, weil der Beklagte der Klägerin in diesem Umfang aus dem Gesichts- punkt des Schuldnerverzuges gemäß §§ 280 Abs. 1, 2 BGB i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen nicht rechtzeitiger Zahlung des Mutterschutzlohnes für die Monate Okto- ber, November und Dezember 2017 zum Ersatz des deshalb entgangenen Elterngel- des unter Berücksichtigung von deren Mitverschulden verpflichtet ist.

a) Der Beklagte befand sich mit der Zahlung des Mutterschutzlohnes an die Klä- gerin für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 in Höhe von jeweils 2.000,00 Euro brutto in Verzug.

aa) Der Klägerin stand für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 Mut- terschutzlohn gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (aF) von jeweils 2.000,00 Euro brutto zu, weil die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG a.F. vorlagen.

(1) Der Anspruch der Klägerin auf Mutterschutzlohn richtet sich nach den bis zum 31.12.2017 geltenden Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes. Das Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts vom 23.05.2017, das in Art. 1 eine Neufassung des Mutterschutzgesetzes enthielt, ist gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 dieses Gesetzes am 01.01.2018 in Kraft getreten, wobei zugleich gemäß Art. 10 Abs. 2 dieses Gesetzes das bisherige Mutterschutzgesetz zum 01.01.2018 außer Kraft trat (BGBl. I vom 29.05.2017 S. 12278 ff.). Mangels Übergangsvorschrift ist das neue Mutterschafts- recht erst auf die Fallgestaltungen anzuwenden, die ab dem 01.01.2018 in dessen Geltungsbereich fallen (Tillmanns in Tillmanns/Muschler, Mutterschutzgesetz, Bund- eselterngeld- und Elternzeitgesetz, 2. Aufl. 2018, § 1 MuSchG Rn. 2). Dies ist hier nicht der Fall.

(2) In den Monaten Oktober, November und Dezember 2017 bestand zwischen der Klägerin und der Beklagten das mit Arbeitsvertrag vom 07.09.2017 begründete Ar- beitsverhältnis fort, so dass die Klägerin, wie von § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG a.F.

ausdrücklich verlangt gemäß § 1 Nr. 1 MuSchG a.F. in den Geltungsbereich des Mut- terschutzgesetzes fiel. Die von dem Beklagten erklärte Anfechtung des Arbeitsvertra- ges mit Schreiben vom 14.09.2017 war unwirksam. Selbst wenn eine schwangere Frau die vereinbarte Tätigkeit wegen eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungs- verbotes zunächst überhaupt nicht aufnehmen kann, besteht kein Anfechtungsrecht des Arbeitgebers wegen Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB) oder Irrtum (§ 119 Abs. 2 BGB). Und selbst wenn die Klägerin bei Abschluss des Arbeitsvertrages - was die Kammer ausdrücklich lediglich zu Gunsten des Beklagten unterstellt - gewusst hätte, dass sie schwanger ist und zunächst einem mutterschutzrechtlichen Beschäftigungs- verbot unterliegt, bestand kein diesbezügliches Fragerecht des Beklagten. Die diesbe- züglichen Fragen sind ebenso unzulässig wie eine auf deren falsche Beantwortung gestützte Anfechtung, sei es wegen Irrtum oder arglistiger Täuschung, weil dies eine unzulässige Benachteiligung wegen des Geschlechts darstellt (vgl. bereits BAG

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06.02.2003 - 2 AZR 621/01, juris Rn. 17 ff. im Anschluss an die dort zitierte Rechtspre- chung des EuGH). Der Arbeitsvertrag ist danach entgegen der Ansicht des Beklagten im Anfechtungsschreiben auch nicht gemäß § 134 BGB nichtig.

(3) Der kurze Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zu dem hier in Rede stehenden mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot steht dem Anspruch auf Mutterschutz- lohn ebenso wenig entgegen, wie die nur kurze tatsächliche Beschäftigung der Kläge- rin. Der Anspruch auf den Mutterschutzlohn des § 11 Abs. 1 MuSchG a.F. setzt weder eine Wartezeit voraus (Pepping in Rancke, Mutterschutz, Elterngeld, Elternzeit, Be- treuungsgeld, 5. Aufl. 2018, § 18 MuSchG Rn. 30 zu § 18 MuSchG n.F.) noch ist er davon abhängig, dass das Arbeitsverhältnis in Vollzug gesetzt wurde (LAG Berlin- Brandenburg 30.09.2016 - 9 Sa 917/16, juris Rn. 28, 32 ff.). § 1 Nr. 1 MuSchG a.F.

verlangt lediglich den Bestand eines Arbeitsverhältnisses. Unabhängig von Vorstehen- dem ist das Arbeitsverhältnis hier, wenn auch nur kurz, in Vollzug gesetzt worden.

(4) Es bestand das gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG a.F. erforderliche mutter- schutzrechtliche Beschäftigungsverbot gemäß § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. ab dem Zeit- punkt der Schwangerschaft der Klägerin und damit jedenfalls ab dem 18.09.2017, d.h.

dem Zeitpunkt ab dem die Klägerin im Vorprozess den Mutterschutzlohn mit dem An- trag zu 2. eingeklagt hatte.

(4.1.) Das Beschäftigungsverbot gemäß § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. knüpft anders als dasjenige gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG a.F. alleine an objektive Risiken bestimmter Arbeiten an. Erforderlich aber auch ausreichend ist das Vorliegen einer abstrakten Ge- fahr für Leben oder Gesundheit von werdender Mutter oder Kind. Eine solche abstrakte Gefahr liegt vor, wenn die Tätigkeit bei einer generell-abstrakten Betrachtung im Hin- blick auf die mit ihr verbundenen Gesundheitsgefahren für die Mutter oder das Kind zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzel- fall einzutreten pflegt (C. Jacobsen in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Ar- beitsrecht, 1. Aufl. 2016, § 4 MuSchG Rn. 5). Daraus folgt, dass ein mutterschutzrecht- liches Beschäftigungsverbot gemäß § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. unabhängig von einer ärztlichen Bescheinigung unmittelbar kraft Gesetzes eintritt, sobald der Tatbestand ei- nes Verbots objektiv erfüllt ist (BAG 11.11.1998 - 5 AZR 49/98, juris Rn. 18, 22;

BVerwG 27.05.1993 - 5 C 42/89, juris Rn. 14). Inhaltlich stellt § 4 Abs. 1 MuSchG eine Generalklausel dar, die in Absatz 2 durch eine Aufzählung einzelner verbotener Tätig- keiten beispielhaft ergänzt wird. Weitere Konkretisierungen und zudem eine Erweite- rung verbotener Tätigkeiten enthalten die auf der Grundlage des § 4 Abs. 4 MuSchG erlassenen Rechtsverordnungen (BAG 11.11.1998 a.a.O. Rn. 22; BVerwG 27.05.1993 a.a.O., juris Rn. 10).

(4.2.) Hier bestand mit Eintritt der Schwangerschaft der Klägerin und damit jedenfalls ab dem 18.09.2017 objektiv ein mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot i.S.v. § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. Dies folgt bereits aus der Bescheinigung von Dr. X. vom 22.09.2017. Es ist zwar richtig, dass dieser Arzt in dem Attest zur Vorlage bei dem Arbeitgeber ein individuelles Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG a.F.

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ausgesprochen hat, wie sich aus dem dort vorgedruckten Text ergibt. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich objektiv um ein mutterschutzrechtliches Beschäftigungsver- bot gemäß § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. handelt, wie sich aus der von dem Arzt ebenfalls vorgenommenen und dokumentierten Gefährdungsbeurteilung gemäß § 1 MuSchArbV in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (a.F.) bezogen auf die Tä- tigkeit der Klägerin, nämlich einer Stuhlassistenz in einer Zahnarztpraxis, Assistenz, Reinigung, Desinfektion und Röntgen ausgeführt hat. Die Gefährdungsfaktoren bezie- hen sich allgemein auf die Tätigkeit der Klägerin, wie die Physikalische Gefährdung durch ionisierende Strahlung. Gleiches gilt für die Gefährdung durch biologische Ar- beitsstoffe, nämlich die Exposition gegenüber Erregern, wie Viren, Bakterien und Pil- zen sowie das Arbeiten mit einer besonderen Gefahr des Entstehens einer Berufs- krankheit. Es handelt sich dabei um schädliche Einwirkungen i.S.v. § 4 Abs. 1 MuSchG a.F., wobei das bejahte Arbeiten mit der besonderen Gefahr des Entstehens einer Be- rufskrankheit mit der Gefährdung für Mutter oder das ungeborene Kind ausdrücklich in der bespielhaften Auszählung in § 4 Abs. 2 Nr. 6 MuSchG a.F. enthalten ist. Als Er- gebnis gemäß § 3 MuSchArbVO a.F. hat der Betriebsarzt festgehalten, dass die Klä- gerin ab sofort freizustellen sei, weil eine weitere Beschäftigung ohne ihre Gefährdung als werdende Mutter nicht möglich sei. Zwar hat Dr. X. die Feststellungen erst am 22.09.2017 getroffen und ab diesem Zeitpunkt ein individuelles Beschäftigungsverbot ausgesprochen. Darauf kommt es indes nicht an, weil die objektiven Voraussetzungen des Beschäftigungsverbotes gemäß § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. bereits zuvor, d.h. auch ab dem 18.09.2017, vorlagen, was alleine maßgeblich ist. Es ist nicht ersichtlich, wa- rum die objektiven medizinischen Feststellungen bezogen auf den Arbeitsplatz der Klägerin in den wenigen Tagen vom 18.07.2019 bis zum 22.09.2017 nicht vorlagen.

Davon ist im Übrigen der Beklagte selbst nicht ausgegangen. Vielmehr hat er bereits mit Schreiben vom 14.09.2017 dezidiert und insoweit in der Sache zutreffend ein ob- jektives mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot bezogen auf den Arbeitsplatz der Klägerin als Zahnarzthelferin angenommen.

(5) In dem hier in Rede stehenden Zeitraum bestand kein Anspruch der Klägerin auf Mutterschaftsgeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Es hat hier ab dem 18.07.2019 auch alleine das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot dazu ge- führt, dass die Klägerin mit dem Arbeiten aussetzte. Anhaltspunkte dafür, dass sie in diesem Zeitraum, anders als bis zum 15.09.2017 unabhängig von der Schwanger- schaft arbeitsunfähig erkrankt war, bestehen nicht. Vielmehr hat die Klägerin am 18.09.2017 ihre Tätigkeit am Arbeitsplatz angeboten. Der Beklagte hat sie indes nach Hause geschickt. Der tragende und insoweit auch richtige Grund dafür war das mut- terschutzrechtliche Beschäftigungsverbot. Dies ergibt sich auch aus dem Anfech- tungsschreiben des Beklagten vom 14.09.2017. Insoweit handelte der Beklagte richtig, weil er die Klägerin aufgrund des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes nicht arbeiten lassen durfte. Die Anfechtung des Arbeitsvertrages scheidet wegen ihrer Unwirksamkeit als rechtliche Grundlage für die Verweigerung der Beschäftigung aus.

(6) Der Höhe nach steht der Klägerin für die Monate Oktober, November und De- zember 2017 Mutterschutzlohn in Höhe von monatlich 2.000,00 Euro brutto zu. Zwar

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kann aufgrund der nur kurzen Beschäftigungszeit der Klägerin nicht gemäß § 11 Abs.

1 Satz 1 MuSchG a.F. auf den Durchschnitt der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn der Schwangerschaft abgestellt werden. Dementsprechend kann auch nicht gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 MuSchG a.F. auf die ersten 13 Wochen oder drei Monate der Beschäftigung abgestellt werden. Maßgeblich ist allerdings der kürzere Zeitraum gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 MuSchG a.F., wobei Zeiten, in denen unverschuldet kein Arbeitsentgelt bezogen wurde, außer Betracht bleiben (§ 11 Abs.

1 Satz 5 MuSchG a.F.). Auch wenn hier ein nur sehr kurzer, nicht einmal einen Monat dauernder Zeitraum für die Durchschnittsberechnung zur Verfügung steht, ist doch auf der Grundlage der obigen Ausführungen sowohl nach einer auf den kurzen Zeitraum bezogenen tatsächlichen Berechnung und selbst bei hypothetischer Betrachtungs- weise (vgl. dazu Boecken in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1.

Aufl. 2016, § 11 MuSchG Rn. 23) aufgrund der fest vereinbarten Monatsvergütung von 2.000,00 Euro brutto klar, dass sich dieser Betrag für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 ergab. Es ist zumindest der Betrag zu zahlen, der der vereinbar- ten Vergütung entspricht. Bei einem gleichbleibendes Entgelt ist dieses weiterzuzah- len und eine Berechnung im Einzelnen erübrigt sich (LAG Berlin-Brandenburg 30.09.2016, a.a.O. Rn. 45), ausgenommen, den hier nicht vorliegenden Fall der ver- schuldeten Arbeitsversäumnis.

bb) Der Beklagte befand sich mit der Zahlung des Mutterschutzlohnes gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verzug, weil für die Zahlung des Mutterschutzlohns eine Zeit nach dem Kalender bestimmt war.

(1) Der Anspruch auf Mutterschutzlohn entsteht mit dem Eintritt des Beschäfti- gungsverbotes und dauert so lange, wie das Beschäftigungsverbot tatbestandsmäßig vorliegt und der ausgleichsbedürftige Verdienstausfall eintritt (Pepping a.a.O. § 18 MuSchG Rn. 29; Volk in Brose/Weth/Volk, Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 9. Aufl. 2020, § 18 MuSchG Rn. 98, 101 jeweils zu § 18 MuSchG n.F.). Der Mutterschutzlohn wird in gleicher Weise abgerechnet und ausgezahlt wie das Entgelt, das ohne das Beschäftigungsverbot zu zahlen wäre, so dass sich weder der Abrechnungszeitraum noch der Fälligkeitszeitpunkt ändert (Schmiegel in Till- manns/Muschler, Mutterschutzgesetz, Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 2.

Aufl. 2018, § 18 MuSchG Rn. 29, Volk a.a.O. § 18 MuSchG Rn. 100, jeweils zu § 18 MuSchG n.F.). Die Fälligkeit der Vergütung war in § 6 des Arbeitsvertrages mit dem letzten des Monats vereinbart.

(2) Die von dem Beklagten angeführten Umstände ändern an diesem Fälligkeits- zeitpunkt nichts. Es kann offen bleiben, ob eine Fälligkeit des Mutterschutzlohns ohne Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft eintritt. Die Klägerin hatte ihre Schwangerschaft dem Beklagten bereits am 11.09.2017 mitgeteilt und dieser hatte sich am 12.09.2017 den Mutterpass kopiert. Für das mutterschutzrechtliche Beschäf- tigungsverbot kommt es auf die objektiven Verhältnisse an. Unabhängig davon ging der Beklagte bereits am 14.09.2019 selbst von einem Beschäftigungsverbot aus. Die Frage der Erstattung des Mutterschutzlohns an den Arbeitgeber im Umlageverfahren

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gemäß dem Aufwendungsausgleichsgesetz berührt nicht die Fälligkeit des Mutter- schutzlohns. Nichts anderes gilt für eine Bescheinigung gemäß § 5 MuSchG a.F.. Un- abhängig davon und selbstständig tragend hatte der Beklagte die erforderliche Be- scheinigung bereits. Inhalt dieser Bescheinigung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 MuSchG a.F. ist derjenige der Mitteilungspflicht aus § 5 Abs. 1 Satz 1 MuSchG a.F., d.h. das Bestehen der Schwangerschaft und der mutmaßliche Entbindungstermin (C. Jacob- sen a.a.O. § 5 MuSchG Rn. 9). Diese Angaben ergeben sich bereits aus dem von der Frauenärztin der Klägerin ausgestellten Mutterpass, den der Beklagte sich kopiert hatte. Und weiter und unabhängig davon ergeben sich diese Angaben auch aus der Bescheinigung von Dr. X. vom 22.09.2017. Auch auf Nachfrage der Kammer im Ter- min hat der Beklagtenvertreter nicht mitgeteilt, wann denn der Beklagte diese Beschei- nigung erhalten hat. Er hat sich schriftsätzlich lediglich darauf berufen, diese später erhalten zu haben, ohne den Zeitpunkt zu nennen. Damit kann die Fälligkeit der jewei- ligen Musterschutzlöhne zum Monatsletzten selbst beginnend mit dem anteiligen Sep- temberlohn nicht in Abrede gestellt werden. Erst recht gilt diese bezogen auf den Jah- resanfang 2018, zu dem sämtliche hier in Rede stehenden Mutterschutzlöhne fällig geworden sind. Im Übrigen hat der Beklagte sich in diesem Verfahren nicht darauf berufen, dass er Schwangerschaft und Entbindungstermin nicht kannte, sondern die Bescheinigung auf dem „rosa Schein“ als eine solche von einem externen Arzt für die Umlageversicherung benötigt habe. Dies ist rechtlich unzutreffend, weil selbst eine Bescheinigung gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG, die das Beschäftigungsverbot ausspricht, von jedem approbiertem Arzt ausgesprochen werden kann (C. Jacobsen a.a.O. § 3 MuSchG Rn. 17). Schließlich und unabhängig von Vorstehendem hat die Kranken- kasse für die Umlage des Mutterschutzlohnes eines solche „externe Bescheinigung“

vor der erfolgten Auszahlung des Mutterschutzlohnes durch den Beklagten weder tat- sächlich verlangt, noch hat der Beklagte diese vor der Zahlung am 20.03.2018 von der Klägerin erhalten. Maßgeblich für die Krankenkasse war ausweislich des Schreibens vom 27.01.2018 vielmehr die Frage des Bestandes des Arbeitsverhältnisses.

(3) Nach dem Ablauf der maßgeblichen arbeitsvertraglich mit dem Monatsletzten kalendermäßig bestimmten Zeitpunkte leistete der Beklagte die Zahlung des Mutter- schutzlohns verzögert i.S.v. § 280 Abs. 2 BGB i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Dieser Zeitpunkt war bezogen auf den letzten hier maßgeblichen Mutterschutzlohn für den Monat Dezember 2017 aufgrund des Feiertags am 01.01.2018 der 02.01.2018. Die Leistung des ausstehenden Mutterschutzlohns für die Zeit vom 18.09.2017 bis zum 31.12.2017 erfolgte erst nach diesem Zeitpunkt am 20.03.2018.

(4) Der gerichtliche Vergleich vom 11.01.2018 ändert an der Fälligkeit des Mutter- schutzlohnes für die Monate bis Dezember 2017 einschließlich nichts. Dies ergibt die Auslegung des Vergleichs.

(4.1.) Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind

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jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, so- weit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu be- rücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem ver- nünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht wer- denden Ergebnis führt. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in dem- selben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig ein- deutigen Vertragswortlaut durch (BAG 02.07.2009 - 3 AZR 501/07, juris Rn. 19; BAG 18.05.2010 - 3 AZR 373/08, juris Rn. 36).

(4.2.) In Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze ergibt die Auslegung des Ver- gleichs vom 11.01.2018 weder, dass die Parteien die sich aus § 11 Abs. 1 MuSchG a.F. i.V.m. § 6 Abs. 1 des Arbeitsvertrags ergebende kalendermäßige Fälligkeit des Mutterschutzlohnes für die Monate September 2017 bis Dezember 2017 am Monats- letzten verändern wollten, noch dass die Parteien den bereits eingetretenen Schuld- nerverzug des Beklagten mit dem Vergleich beendeten. Für beides fehlt es in Anwen- dung der o.g. Auslegungsgrundsätze an Anhaltspunkten in dem Vergleich. Der Begriff der Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem an der Gläubiger die Leistung ver- langen kann. Dieser Zeitpunkt richtet sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Parteien (BGH 11.12.2013 - IV ZR 46/13, juris Rn. 22). Eine wörtliche Regelung, mit welcher die Fälligkeit der Mutterschutzlöhne abweichend von dem Fälligkeitszeitpunkt, den die Parteien im Arbeitsvertrag geregelt hatten, vereinbart wurde, ergibt sich aus dem Vergleich nicht. Der einzige Anhaltspunkt für eine veränderte Leistungszeit ist zunächst die Vereinbarung Zug-um-Zug gegen eine sog „rosa Bescheinigung“. Richtig ist, dass damit die Klägerin die Leistungen ausweislich der späteren Vereinbarung in dem Vergleich erst dann erhalten soll, wenn sie die entsprechende Bescheinigung ge- mäß § 5 MuSchG a.F., sog. „rosa Schein“ vorgelegt hat. Ausweislich der Gesamtum- stände und der Interessenlage der Parteien ist darin aber keine abweichende Fällig- keitsregelung in dem Sinne zu verstehen, dass der am 02.01.2018 bereits eingetretene Schuldnerverzug durch eine abweichende vertragliche Fälligkeitsregelung im Ver- gleich beendet wurde und erst nach Vorlage der Bescheinigung bzw. Ablauf der Wi- derrufsfrist neu beginnt. Es ist zu berücksichtigen, dass der Verzug zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bereits eingetreten war. Die Kammer verkennt nicht, dass die Verzugsfolgen, weil die ersten drei Wochen des Jahres 2018 noch nicht abgelaufen waren (vgl. dazu unten im Zusammenhang mit der Begründung des eingetretenen Schadens), noch nicht eingetreten waren (vgl. zu Abreden, die bereits eingetretene Verzugsfolgen beseitigen sollen z.B. BGH 17.09.1986 - IVb 59/85, juris, BGH 22.03.1995 - XII ZR 20/94, juris). Dies ändert nichts daran, dass sich aus dem Ver- gleich nicht ergibt, dass die Parteien die arbeitsvertraglich bestimmte Fälligkeit und einen bereits eingetretenen Verzug beenden wollten, auch wenn dies grundsätzlich möglich ist (dazu BGH 17.09.1986 a.a.O. Rn. 17). Dies ergibt sich schon daraus, dass ein etwaiger Verzug und daraus resultieren Folgen im Rahmen des Vergleichsab- schlusses überhaupt kein Thema waren. Dies belegen die Anträge des Vorverfahrens, die durch den Vergleich vom 11.01.2018 erledigt worden sind. Als Zahlungsantrag war

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nur derjenige für den anteiligen Septembermutterschutzlohn gestellt, ohne dass Ver- zugszinsen geltend gemacht worden sind. Die verspätete Zahlung war mithin kein Thema. Die Mutterschutzlöhne für die Monate Oktober bis Dezember 2017 wurden ohne vorherigen Antrag mit verglichen. Die Folgen einer verspäteten Zahlung des Mut- terschutzlohnes für das Elterngeld der Klägerin haben beide Parteien bei dem Ver- gleichsabschluss nicht bedacht. Wenn aber die Frage einer verspäteten Zahlung und etwaige Folgen einer verspäteten Zahlung auf der Basis der arbeitsvertraglichen Ver- einbarungen gar kein Gegenstand des Vergleichs waren, dann kann den Parteien nicht unterstellt werden, dass sie dazu mit dem Vergleich eine abweichende Regelung tref- fen wollten. Nichts anderes gilt für die lange Widerrufsfrist. Richtig ist zwar, dass, so- fern sich aus dem Vergleichstext nichts anderes ergibt, aus einem unter Widerrufsvor- behalt geschlossenen Vergleich bindende Rechtswirkungen erst mit Ablauf der Wider- rufsfrist entstehen, wenn bis zu diesem Zeitpunkt kein Widerruf erklärt wurde, d.h. im Regelfall eine aufschiebende Bedingung gegeben ist (BGH 27.10.1983 - IX ZR 68/83, juris; BAG 13.06.2007 - 7 AZR 287/06, juris Rn. 13). So liegt es auch hier. Unter Be- rücksichtigung der Gesamtumstände und der Interessenlage ist der Vergleich gleich- wohl dahingehend zu verstehen, dass die Klägerin sich lediglich damit einverstanden erklärte, dass eine Zahlung tatsächlich später erfolgte und zwar nach Vorlage der ver- einbarten Bescheinigung und insbesondere des Ablaufs der langen Widerrufsfrist. Da- mit wollten die Parteien aber nicht zugleich die zuvor arbeitsvertraglich vereinbarte Fälligkeit mit dem daraus resultierenden und eingetretenen Verzug ganz allgemein o- der auch nur bezogen auf das Elterngeld abbedingen oder für die Zukunft beenden.

Ein solcher übereinstimmender Wille lässt sich weder dem Vertragstext, den Gesamt- umständen, der Interessenlage oder sonstigen Umständen entnehmen. Soweit der Beklagte eingewandt hat, die Klägerin habe erst noch Auskunft zu Entgeltersatzleis- tungen geben müssen, lässt sich dies schon dem Vergleich nicht entnehmen. Der Be- klagte hatte sich ohne Anrechnung zur Zahlung der in dem Vergleich genannten Be- träge verpflichtet. Eine von ihm später vorgenommene Prüfung innerhalb der Wider- rufsfrist in dieser Hinsicht kann nicht dahingehend verstanden werden, dass damit der bereits eingetretene Verzug beendet werden sollte. Mangels abweichender Regelung zur Fälligkeit kommt es auf § 271a BGB nicht an.

cc) Der Beklagte hat die verzögerte Zahlung zu vertreten, weil er mindestens fahr- lässig handelte (§ 276 Abs. 1, 2 BGB), so dass er sich nicht gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB entlasten kann.

(1) Dies gilt zunächst für die von dem Beklagten erklärte unwirksame Anfechtung des Arbeitsvertrags mit Schreiben vom 14.09.2017. Hier kommt bezogen auf die An- fechtung nur ein Rechtsirrtum des Beklagten als Grund dafür, dass er den Verzug nicht zu vertreten hat, in Betracht.

(1.1) An einen unvermeidbaren Rechtsirrtum sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Der Geltungsanspruch des Rechts erfordert im Grundsatz, dass der Schuld- ner das Risiko eines Rechtsirrtums selbst trägt und es nicht dem Gläubiger überbürden kann (BAG 19.08.2015 - 5 AZR 975/13, juris Rn. 31). Beruht die Ungewissheit über

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die Schuld auf rechtlichen Zweifeln des Schuldners (sog. Rechtsirrtum), ist dieser ent- schuldbar, wenn die Rechtslage objektiv zweifelhaft ist und der Schuldner sie sorgfältig geprüft hat (BAG 13.06.2002 - 2 AZR 391/01, juris Rn. 45). Es müssen gewichtige Anhaltspunkte für die Richtigkeit der vertretenen Rechtsmeinung sprechen. Dabei ge- nügt die Berufung auf eine günstige Ansicht im Schrifttum nicht, wohl aber die Beru- fung auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere wenn ihr ein zumindest ähnlicher Sachverhalt zugrunde liegt (BAG 19.08.2015 a.a.O. Rn. 31). Durch die stren- gen Anforderungen an die geschuldete Sorgfalt muss verhindert werden, dass der Schuldner das Risiko der zweifelhaften Rechtslage dem anderen Teil zuschiebt. Fahr- lässig handelt daher, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässi- gen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss (BGH 24.09.2013 - I ZR 187/12, juris Rn. 19).

(1.2) Gemessen an dieser Anforderungen ist dem Beklagten zumindest Fahrlässig- keit vorzuwerfen, wenn er sich darauf stützen wollte, dass die von ihm mit Schreiben vom 14.09.2017 erklärte Anfechtung wirksam ist. Wie oben ausgeführt, ist seit längerer Zeit in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsge- richts geklärt, dass der Arbeitgeber nicht nach einer Schwangerschaft fragen darf und selbst ein von Beginn der Tätigkeit an bestehendes vorübergehendes mutterschutz- rechtliches Beschäftigungsverbot weder zur Anfechtung berechtigt noch zur Unwirk- samkeit des Arbeitsvertrages gemäß § 134 BGB führt. Das Risiko, sich mit der An- fechtung gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung entschieden zu haben, trägt der Beklagte. Ein etwaiges Verschuldens seines Prozessvertreters, der die Anfechtung erklärt hat, müsste der Beklagte sich gemäß § 278 BGB bzw. nachfolgend im Prozess gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.

(2) Die weiteren vom Beklagten herangezogenen Umstände führen nicht dazu, dass er die verzögerte Zahlung nicht zu vertreten hat. Wie ausgeführt hatte er bereits eine Bescheinigung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 MuSchG a.F.. Im Hinblick auf das Ein- greifen des Beschäftigungsverbotes gemäß § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. ist darauf hinzu- weisen, dass der Beklagte selbst von einem solchen ausging, so dass er nicht einwen- den kann, er hätte ein solches nicht gekannt. Unabhängig davon ist es in erster Linie mutterschutzrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zu überprüfen, ob mutterschutzrecht- liche Verbotstatbestände i.S.v. § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. vorliegen (BAG 11.11.1998 a.a.O. Rn. 22).

(3) Der Vergleich vom 11.01.2018 führt nicht dazu, dass der Beklagte die verspä- tete Leistung ab dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses nicht mehr zu vertreten hat. Zwar durfte der Beklagte danach ausweislich der Vereinbarungen abwarten, bis die Klägerin ihm eine Bescheinigung gemäß § 5 MuSchG a.F. aus dem dafür vorge- sehenen Formular vorgelegt hatte. Hierauf kann der Beklagte sich zur Überzeugung der Kammer zu seiner Entlastung indes nicht berufen, weil er eine solche Bescheini- gung, die objektiv nicht notwendig war, gar nicht zur Grundlage seiner Zahlung ge-

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macht hat. Vielmehr hat er auch ohne diese Bescheinigung, die im Übrigen - wie aus- geführt - objektiv nicht erforderlich war, gezahlt. Dann kann er sich nicht in diesem Verfahren darauf berufen, dass diese der Grund für die verzögerte Bezahlung war.

Darauf hat das Gericht mit Beschluss vom 30.03.2020 zu II. hingewiesen. Letztlich ging es um die Abklärung der Erstattung des Mutterschutzlohns im Umlageverfahren nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz. Dies betrifft indes seinen originären Pflich- tenkreis, für den er einzustehen hat. Sein Vertretenmüssen betreffend die verspätete Zahlung des Mutterschutzlohns entfällt insoweit durch den Vergleich nicht. Dass auch die Klägerin durch den Vergleichsabschluss eine Ursache für die Zahlung nach Ablauf von drei Wochen im Jahr 2018 gesetzt hat, ist vielmehr im Rahmen der Frage des Mitverschuldens zu berücksichtigen. Nichts anderes gilt für die vereinbarte Wider- rufsfrist bis zum 09.03.2019. Da es sich - wie oben ausgeführt - um eine aufschiebende Bedingung handelte, konnte die Klägerin die in dem Vergleich vereinbarte Leistung erst nach Ablauf der Widerrufsfrist von dem Beklagten verlangen und ggfs. vollstre- cken (vgl. dazu BGH 27.10.1983 a.a.O. Rn. 12). Wenn aber die Parteien ausweislich des Vergleichs, so wie das Gericht diesen ausgelegt hat, den bereits eingetretenen Schuldnerverzug, den der Beklagte bis zum Vergleichsabschluss auch zu vertreten hatte, nicht für die Zukunft beenden wollten, kann der Beklagte nicht einwenden, dass er aufgrund der nunmehr durch den Vergleich weiter verzögerten Zahlung dies nicht mehr zu vertreten hat. Vielmehr hat die Klägerin sich durch den Vergleich wie ausge- führt, rein tatsächlich auf eine spätere Zahlung eingelassen, ohne den bereits einge- tretenen Verzug zu beenden. Dass die Klägerin mit dem Vergleichsabschluss ebenso wie der Beklagte eine Ursache für die Zahlung nach Ablauf von drei Wochen im Ka- lenderjahr 2018 gesetzt hat, ist eine Frage des Mitverschuldens.

b) Die Klägerin kann von dem Beklagten den Ersatz desjenigen Schadens verlan- gen, der ihr durch die verzögerte Zahlung des Mutterschutzlohnes für die Monate Ok- tober, November und Dezember 2017 entstanden ist. Inhalt und Umfang des Verzö- gerungsschadens richten sich nach §§ 249 ff. BGB. Die Klägerin ist so zu stellen, wie sie bei rechtzeitiger Zahlung stehen würde.

aa) Durch die Zahlung des Mutterschutzlohns für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 nach dem arbeitsvertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt und nach Ablauf der ersten drei Kalenderwochen des Jahres 2018 erst am 20.03.2018 ist der Klägerin ein Schaden in Form eines verminderten Elterngeldes entstanden, weil die Bezüge für diese drei Monate dadurch lohnsteuerrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln und für die Berechnung des Elterngeldes nicht zu berücksichtigen waren.

(1) Gemäß § 2c Abs. 1 Satz 1 BEEG wird für die Berechnung des Elterngeldes der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitneh- mer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f BEEG als Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit be- rücksichtigt. Nicht berücksichtigt werden gemäß § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG Einnahmen,

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die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind.

(1.1) Seit Inkrafttreten des BEEG am 1.1.2007 stellten der Wortlaut und die Begrün- dung des Gesetzes in verschiedenen Fassungen zunächst in § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG und später in § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG durchgehend darauf ab, die lohnsteuerrechtlich als Besonderheit geltenden sonstigen Bezüge bei der Bemessung des Elterngelds auszuschließen. Dieser steuerrechtsakzessorische Ansatz wurde durch die seit 1.1.2015 geltende Fassung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG vom BEEG-Gesetzgeber fortgeführt und bekräftigt. Demnach sollen alle Lohn- oder Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu be- handeln sind (Hinweis auf LStR R 39b.2 Abs 2), auch elterngeldrechtlich so behandelt werden (BSG 27.06.2019 - B 10 EG 2/18 R, juris Rn. 22 im Anschluss an die grundle- gende Entscheidung BSG 14.12.2017 - B 10 EG 7/17 R, juris). Nach dieser klaren gesetzlichen Regelung kommt es dann, wenn eine Lohn- oder Gehaltsnachzahlung des Arbeitgebers als sonstiger Bezug nach § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG zu bewerten ist und dem Bemessungsentgelt nicht zugeordnet werden kann, nicht darauf an, für wel- chen Zeitraum der Arbeitgeber die Nachzahlung schuldet oder der Arbeitnehmer diese

"erwirtschaftet" oder "erarbeitet" - also "erzielt" - hat (BSG 27.06.2019 a.a.O. Rn. 25).

(1.2) Laufender Arbeitslohn ist nach der LStR R 39b.2 Abs. 1 Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließt, wie z.B. Monatsgehälter (Nr. 1) oder Wochen- und Tageslöhne (Nr. 2). Zum laufenden Arbeitslohn gehören aber auch Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich diese ausschließlich auf Lohnzah- lungszeiträume beziehen, die im Kalenderjahr der Zahlung enden (Nr. 6), und Arbeits- lohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres, der innerhalb der ersten drei Wochen des nachfolgenden Kalenderjahres zufließt (Nr. 7). Zu den sonsti- gen Bezügen zählen Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich der Gesamt- betrag oder ein Teilbetrag der Nachzahlung oder Vorauszahlung auf Lohnzahlungs- zeiträume bezieht, die in einem anderen Jahr als dem der Zahlung enden, oder, wenn Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf dieses Jahres zufließt (LStR R 39b.2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8).

Die in der LStR R 39b.2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 enthaltene Abgrenzungsregelung ist im Rahmen des § 2c Abs. 1 S 2 BEEG bei der Bestimmung einer Lohn- oder Gehalts- nachzahlung als sonstiger Bezug zu übernehmen (BSG 27.06.2019 a.a.O. Rn. 28 ff.).

Für nach Ablauf des Kalenderjahres zugeflossene Lohn- oder Gehaltsnachzahlungen konkretisiert die Drei-Wochen-Frist die aus den materiell-rechtlichen Regelungen des EStG abgeleitete Bestimmung des Begriffs des sonstigen Bezugs in seiner zeitlichen Dimension. Hiernach gehören zu den sonstigen Bezügen alle Entgeltzahlungen, deren Zahlungszeiträume von dem als Regel vorgesehenen Zahlungsturnus für Arbeitslohn nicht nur unerheblich abweichen. Dies ist bei Lohn- oder Gehaltsnachzahlungen für das Vorjahr bei Überschreiten der Drei-Wochen-Grenze des Folgejahres der Fall (BSG 27.06.2019 a.a.O. Rn. 35). Dementsprechend hat das Bundessozialgericht eine im April 2014 erfolgte Gehaltsnachzahlung für die Monate August bis Dezember 2013

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