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Die digitale Welt verschlafen?

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Bayerisches Ärzteblatt 7- 8/2016

339 Leitartikel

Dr. Max Kaplan, Präsident der BLÄK

Die Digitalisierung verändert das Gesundheitswesen. Unsere Welt ist geprägt durch exponentielle IT-Entwicklungen mit gi- gantischen Datenströmen. Wir Ärztinnen und Ärzte haben jetzt den Auftrag, diese Technologien im Gesundheitswesen kritisch zu begleiten, mitzusteuern und mitzugestalten, wollen wir nicht schon bald auf der Standspur der globalen Datenautobahn lan- den. Wir haben die digitale Medizin wohl begründet lange igno- riert und befinden uns heute im Wettstreit mit Global-Playern und Start-Ups, mit Anbietern von Gesundheits-Apps oder digitalen Arzneimitteln. Ist die Chance in der digitalen Welt für uns bereits vertan? Ich denke nicht, wenn wir jetzt die Chancen wahrneh- men, ärztliches Wissen IT-fähig zu machen und die Gestaltung der digitalen Servicewelt in die Hand nehmen.

Die Vorteile, die telemedizinische Anwendungen – gerade auch in einem Flächenstaat wie Bayern – bringen können, sind zahl- reich. Anwendungen finden wir in Telediagnostik, -konsultation und -metrie oder im -Monitoring. Viele Gebiete haben mit der Vorsilbe „Tele“ bereits Potenziale eröffnet, die aus der heutigen Versorgungslandschaft nicht mehr wegzudenken sind, wie etwa die Telekardiologie oder die Teleradiologie. Telekonsile können die Arzt-Arzt-Kommunikation beschleunigen, was auch den Pa- tientinnen und Patienten zugutekommt. Das soeben verabschie- dete E-Health-Gesetz wird schon bald neue Anwendungen für Ärzte und Versicherte bringen, denn bis 2018 sollen alle Arztpra- xen, Krankenhäuser und Apotheken an die Telematik-Infrastruk- tur angeschlossen sein. Hierzu zählen zum Beispiel der Medi- kationsplan, der elektronische Arztbrief, Videosprechstunden bei Bestandspatienten oder auch die elektronische Patientenakte.

Unsere Patientinnen und Patienten wünschen diese Form der Onlinekommunikation, doch kann eine Videosprechstunde immer nur eine optionale Ergänzung sein, nicht aber den direkten Pa- tientenkontakt ersetzen. Gerade das vertrauensvolle Patienten- Arzt-Verhältnis darf auf keinen Fall unter der Digitalisierung der Medizin leiden, die Patientensicherheit nie in Frage gestellt sein.

Dies müssen wir stets im Fokus haben.

Datensicherheit

Sensible Gesundheitsdaten sind begehrt, deshalb muss sicher- gestellt sein, dass niemand unwissentlich mit der Preisgabe persönlicher Daten für die über 100.000 Gesundheits-Apps be- zahlt. Die Gefahr ist nicht irreal; auch will sich Bundesgesund- heitsminister Hermann Gröhe (CDU) bei seinen europäischen Amtskollegen für mehr Datensicherheit bei Smartphone-Apps einsetzen, was ich begrüße. Auch der Deutsche Ärztetag in Hamburg hatte Ende Mai mehr Transparenz für Nutzer von Gesundheits-Apps, die bei Prävention, Diagnostik und The- rapie nützlich sein können, gefordert. Aber sie bergen auch Risiken, vor allem bezüglich Zuverlässigkeit und Datensicher- heit. Kein Zweifel darf darüber bestehen, dass auch Gesund-

heits-Apps von privaten Krankenversicherungsunternehmen oder von gesetzlichen Krankenkassen den geforderten Quali- tätsstandards unterliegen müssen. Daten aus diesen Anwen- dungen dürfen beispielsweise nicht zur individuellen Risiko- adjustierung privater Krankenversicherungstarife eingesetzt wer- den. Ich warne vor Bestrebungen von gesetzlichen Krankenkas- sen, Daten aus Gesundheits-Apps und Fitness-Trackern in der geplanten elektronischen Patientenakte zu sammeln und diese von den Krankenkassen verwalten zu lassen, dienen doch Pati- entenakten und -daten ausschließlich der ärztlichen Versorgung und gehören nicht in die Hände der Krankenkassen.

Digitale Vernetzung

Dabei ist die digitale Vernetzung in Kombination mit dem Gesund- heitswesen enorm gesellschaftsrelevant. Sinnvolle medizinische Anwendungen könnten bald schon sogenannte digitale Medi- kamente sein. Die Verbindung von lebensnotwendigen Medika- menten mit Datenströmen, gewonnen durch neuartige Sensoren, beschleunigt durch die mobile Revolution durch Smartphones, ist nur ein Teilaspekt von E-Health. Unsere Patienten informieren sich heute im Internet über Krankheiten und Behandlungsmög- lichkeiten. Sie messen mit Apps und Fitnessarmbändern ihre Vi- talwerte. Die Fülle an Applikationen, die sich Nutzer auf ihre Mo- bilgeräte herunterladen können, bringt uns in ein Spannungsfeld zwischen Segen und Fluch und macht deshalb eine Zertifizierung dieser Apps notwendig. Unterschieden werden muss vor allem zwischen Apps, die dem Lifestyle dienen, und medizinischen Ge- sundheitsprodukten. Und nicht wenige sehen in uns Ärztinnen und Ärzten inzwischen Erfüllungsgehilfen ihrer Optimierungs- wünsche. Ein weiterer Aspekt: Mit diesem Messen und Tracken gelangen gleichzeitig immer mehr gesundheitsrelevante Daten ins Netz, die dann irgendwo in diesen riesigen „Big Data“ strömen.

Dennoch müssen wir Ärztinnen und Ärzte die digitalisierte Medi- zin als Herausforderung begreifen. Zunächst ging es uns um die Beschäftigung mit den berufsrechtlichen Fragen. Die Berufsord- nung statuiert dabei kein generelles Fernbehandlungsverbot, je- doch fordert sie ganz klar, dass auch bei einer telemedizinischen Versorgung eine unmittelbare Behandlung des Patienten durch einen Arzt gewährleistet sein muss. Jetzt müssen wir selbst die Instrumente entwickeln, die wir brauchen, um diese digitale Welt mitzugestalten. Mit einer flächendeckenden Einführung des elektronischen Arztausweises, einer Klarstellung über die be- rufsrechtlichen Pflichten durch die Berufsordnung und entspre- chenden Fortbildungsangeboten schaffen wir die Rahmenbedin- gungen. Jetzt haben wir noch die Möglichkeit, zu gestalten und das Feld nicht den großen Konzernen zu überlassen. Denn dann würden wir sehr schnell nur noch zu Figuren, die zu funktionieren haben mit Verlust unseres Ethos, unserer Empathie und unseres Altruismus, was auch weiterhin den Arzt auszeichnen muss.

Die digitale Welt verschlafen?

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