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Über die Gefahren des Geldes

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Academic year: 2022

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Über die Gefahren des Geldes

Der niedergelassene Kollege, der am Tag bis zu Hundert Patienten behan- delt oder der stationär tätige Arzt, der unter fabrikartigen Bedingungen in der Klinik arbeitet, erwartet be - rechtigterweise eine gute Bezahlung.

Ganz zu schweigen von den Kolle- gen, die im Rahmen komplizierter invasiver Eingriffe nervliche Anspan- nungen aushalten, von denen sich ein Laie oft keine Vorstellung macht.

Trotzdem gibt es den Moment, an dem sich das allzu starke Streben nach dem Geld nicht nur negativ auf das Ansehen der Ärzte auswirkt, sondern auch zur Gefahr für Patien- ten und zur Erosion der innerärztli- chen Solidarität führt.

So hat die Bundesärztekammer in den letzten Monaten die Praxis der Bonuszahlung im Rahmen von Chef- ärzteverträgen gerügt. Zwar gab es für Chefärzte schon immer die Mög- lichkeit des Zuverdienens durch eine Behandlung von Wahlleistungspati- enten mit der Gefahr von Fehlent- wicklungen, wie der ausschließlichen Behandlung von Privatpatienten.

Doch die Bonuszahlung für das Errei- chen bestimmter Case-Mix-Punkte oder für ein positives Betriebsergeb- nis birgt ganz andere Probleme. Wie wird sich ein Chefarzt eines periphe- ren, zu einem großen privaten Kon- zern gehörigen Krankenhauses ver- halten, wenn er einen Patienten, den er nicht selbst behandeln kann, wei- tervermitteln muss. Sollte er per Bonuszahlung am Konzernergebnis

beteiligt sein, besteht die berechtigte Gefahr, dass er ihn nicht – wie es üblich wäre – in das nächstgelegene Krankenhaus der Maximalversor- gung schickt, sondern in ein Klini- kum des gleichen Konzerns, das aber unter Umständen meilenweit vom Wohnort des Patienten entfernt ist?

Wie verhält sich der Chefarzt, dessen variabler Gehaltsanteil von den er - reichten Case-Mix-Punkten abhängt?

Wird dieser gar in Überschätzung der eigenen Möglichkeiten einmal mehr einen Patienten selbst behandeln, der in einer anderen Einrichtung evtl.

eine bessere Therapie erhielte? Hier sind Gefahren für den Patienten zumindest nicht auszuschließen. Die durch derartige Bonuszahlungen ver- mittelte Grundeinstellung trägt letzt- endlich dazu bei, dass sich die Klini- ken untereinander als in Konkurrenz stehende Wirtschaftseinheiten be - trachten und nicht mehr als koope- rierende Einrichtungen. Lediglich Bonuszahlungen für Zielvereinbarun- gen, die zu einer Verbesserung der Patientenversorgung führen, wie zum Beispiel die Einführung neuer Behandlungs- oder Untersuchungs- methoden, wären aus unserer Sicht ethisch-moralisch vertretbar.

Doch es sind auch andere Aus- wüchse der Geldakquise entstanden.

So zum Beispiel das zwar relativ harmlose, allerdings das Ansehen der Ärzteschaft in der Bevölkerung schä- digende Phänomen des zu offensi- ven Anbietens von IGEL-Leistungen.

Auch die hohen Gehaltssteigerungen, die sich die Vorsitzenden der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung geneh- migten und die sogar den Bundesge- sundheitsminister zum Eingreifen nötigten, dürften dem Ansehen der Ärzteschaft nicht genützt haben.

Gefährlicher für den Patienten ist jedoch der Drang zur „Mengenaus- weitung“ bestimmter ärztlicher Leis- tungen. Eine budgetfreie Bezahlung ambulanter Operationen oder die Honorarzahlung nach „Stückmenge“

führen zu einer maximalen und nicht mehr zu einer optimalen Behand- lung von Patienten. So werden in Deutschland etwa dreimal soviel pro- thetische Eingriffe an Hüft- und Kniegelenken pro 100.000 Patienten

durchgeführt wie dies beispielsweise in Skandinavien der Fall ist. Vor die- sem Hintergrund sollte sich jeder Arzt immer wieder selbst dazu ermahnen, bei der Auswahl einer Therapie in erster Linie das Wohl des Patienten und erst in zweiter Linie die eigene Brieftasche in Betracht zu ziehen. Kooperationsverträge zwi- schen Krankenhäusern und nieder- gelassenen Ärzten sollten juristisch einwandfrei und vordergründig zum Nutzen für den Patienten sein.

Leider häufen sich zwischen den ver- schiedenen Ärzten bzw. Arztgrup- pen Auseinandersetzungen, deren Ursache in einem vermeintlichen Abgraben von Verdienstmöglichkei- ten besteht. Die Palette reicht dabei von einem argwöhnischen gegensei- tigen Beobachten, über sich häu- fende Widerspruchsverfahren inner- halb der Kassenärztlichen Vereini- gung bis zu Klagen zwischen nieder- gelassenen Kollegen, Kliniken oder Medizinischen Versorgungszentren vor dem Sozialgericht. „Teile und herrsche“ ist ein Prinzip, das Politiker sehr gut verstehen, und es fällt ihnen offensichtlich leicht, durch ein künst- liches Anfachen eines „Wettbe- werbs“ die Solidarität der Ärzte- schaft nachhaltig zu torpedieren.

Diese Beispiele mögen reichen, um aufzuzeigen, dass die Lust am Geld- verdienen nicht die erste Priorität des ärztlichen Handelns sein sollte. Da nicht mehr Geld ins System herein- kommen wird, sollte das Hauptau- genmerk auf einer ausgeglichenen und gerechten Verteilung liegen.

Nichtsdestotrotz haben die Ärzte ein Anrecht auf ein gutes, überdurch- schnittliches Entgelt, schließlich füh- ren sie auch eine überdurchschnitt- lich verantwortungsvolle Tätigkeit aus. Dies muss den entsprechenden Entscheidungsträgern auch immer wieder klar gemacht werden, aller- dings nicht in marktschreierischer Art und Weise oder durch halbseidene Methoden, sondern durch zähe Ver- handlungen, die diskret und mit kla- ren Argumenten geführt werden.

Prof. Dr. med. habil. Jens Oeken (unter Mitarbeit von Dr. med. Dietrich Steiniger)

Vorstandsmitglieder

Editorial

136 Ärzteblatt Sachsen 4 / 2012

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