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Burundi: Von der Instabilität zur Eskalation

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Burundi: Von der Instabilität zur Eskalation

Von Stephan Klingebiel, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

vom 28.04.2015

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Burundi: Von der Instabilität zur Eskalation

Bonn, 28.04.2015. Tausende Menschen fliehen zur- zeit täglich aus dem zentralafrikanischen Burundi.

Die dort anstehenden Wahlen – am 26. Mai wird für das neue Parlament abgestimmt, am 26. Juni für den Präsidenten – bieten erhebliches Konfliktpotential in einem der ohnehin ärmsten Länder der Welt, das im Human Development Index Platz 180 von 187 belegt.

Nun hat sich im Vorfeld der Wahlen die politische Situation rapide verschlechtert, nachdem Präsident Pierre Nkurunziza von der Regierungspartei (CNDD- FDD, die die wichtigste Rebellengruppe während des bis 2005 anhaltenden Bürgerkriegs war) für eine dritte Amtszeit benannt wurde, obwohl die Verfas- sung auf eine Begrenzung von zwei Amtszeiten abzielt. Nach der offiziellen Nominierung am ver- gangenen Samstag fürchten die Menschen nun eine Welle der Gewalt.

Die vergangenen Wochen hatten bereits deutlich gemacht, dass große Teile der Bevölkerung eine solche Entscheidung nicht einfach hinnehmen wür- den. Diesen Protesten ist die Regierung nicht erst seit diesem Wochenende mit Polizeigewalt begeg- net, bei denen es zu Todesopfern kam. Marodieren- de paramilitärische Jugendgruppen, die der Regie- rungspartei nahestehen, haben die Gewaltspirale wesentlich eskalieren lassen und das Land in eine erneute Krisensituation versetzt. Rund 3.000 Men- schen, die täglich nach Ruanda fliehen, sind ein kla- rer und vor allem trauriger Indikator für die großen Befürchtungen in der burundischen Bevölkerung.

Flüchtlinge werden von Sicherheitskräften daran gehindert, Burundi zu verlassen. Aus Angst, ihr Hab und Gut zu verlieren, bleiben Menschen teilweise in ihren Häusern, während sie ihre Kinder ins Ausland zu bringen versuchen.

Schon die vergangenen zehn Jahre waren immer wieder von Phasen der Instabilität geprägt. Drei große Probleme lassen sich erkennen. Erstens verlie- fen die ersten Wahlen nach dem 12-jährigen Bürger- krieg 2005 zwar positiv, insgesamt aber schien das Land sich dem (damaligen) Demokratisierungstrend in verschiedenen Teilen Subsahara-Afrikas mit eini- ger Verspätung anzuschließen. Präsident und Regie- rungspartei versinnbildlichten allerdings immer wie- der, dass es sich bei der burundischen Demokratie in vielen Bereichen bestenfalls um eine brüchige Fassa- de handelte. Politisch motivierte Gewalt und syste- matische Einschüchterung von Opposition und Zi- vilgesellschaft (die es immerhin gibt!) waren bereits in den vergangenen Jahren Teil der Politik Präsident Nkurunzizas.

Zweitens ist es dem Land bislang kaum gelungen,

die ethnische Überlagerung der burundischen Politik zu überwinden: Die Regierungspartei gilt weiterhin als eine Hutu-Partei, unter den Flüchtlingen nach Ruanda sind vor allem Tutsi. Damit bestimmen Gruppenidentitäten wesentlich über Zugang zu politischer Teilhabe und Wohlstand. Der Fortbestand dieser Muster, die ethnische Prägung der Parteien und die mögliche ethnische Instrumentalisierung von politischen Konflikten zählen damit weiterhin zu den brisanten Kernproblemen des Landes.

Drittens hat es Burundi in den vergangenen zehn Jahren nicht vermocht, spürbare soziale und ökono- mische Fortschritte zu erreichen. Das Land zählt weiterhin zu den ärmsten der Welt. Die geringe Ent- wicklungsorientierung der Regierung, weit verbreite- te Korruption der Elite und ein Präsident, der weni- ger durch überzeugende politische Konzepte, son- dern vor allem wegen seines ausgeprägten Fußball- hobbys von sich reden macht, haben dazu beigetra- gen, dass das Land rund 10 Jahre letztlich vor sich hin dümpelte.

Entwicklungszusammenarbeit, die weiterhin wichtig für das Funktionieren des Landes ist, stand und steht in diesem Land vor einem Dilemma. Einerseits sollte nach dem Ende des Bürgerkriegs alles getan werden, um ein erneutes Abgleiten in das Bürgerkriegschaos zu verhindern. Insofern war (und ist) der internatio- nalen Gemeinschaft daran gelegen, eine „Friedensdi- vidende" für das Land spürbar zu machen und allen Gruppierungen im Land einen Anreiz zu bieten, in die Überwindung der Konfliktstrukturen zu investie- ren. Andererseits haben diese Hilfeleistungen dazu beigetragen, die herrschende Elite von ihrer Verant- wortung zu entbinden, die Entwicklung des Landes selbst voran zu bringen. Zudem haben die klaren Hinweise der Gebergemeinschaft, eine nicht verfas- sungsgemäße dritte Amtszeit des Präsidenten wer- de nicht unterstützt, trotz der Abhängigkeit Burun- dis von ausländischen Gebern wenig Wirkung ge- zeigt. Auch die Regierung weiß um dieses Geberdi- lemma und vertraut letztlich darauf, dass sich die internationale Gemeinschaft mit den Realitäten im Land arrangiert.

Mit diesem Dilemma werden die Geber in den nächs- ten Wochen und Monate weiter umgehen müssen.

Vorerst geht es um Schadensbegrenzung: Wenn Präsident Nkurunziza schon für eine dritte Amtszeit kandidiert, dann möge er doch zumindest sicherstel- len, dass die staatlich organisierte und tolerierte Gewalt gegen die Opposition aufhört und die Wah- len frei und fair verlaufen.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 28.04.2015 www.die-gdi.de | www.facebook.com/DIE.Bonn | www.youtube.com/DIEnewsflash

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