Von Open Science zu Citizen Science:
Openness und Kunst- und Museumsbibliotheken - Rechtliche Aspekte von Open Access -
Dr. Ina Kaulen - Referat für bibliothekarische Rechtsfragen
Openness: Worum geht´s?
Wie wird Open Access umgesetzt?
Open Access durch Offene Lizenzen
Offene Lizenzen: Welche gibt es - und wofür?
Freie Lizenzen bei Erstveröffentlichungen
Digitalisate gemeinfreier Werke
Openness
Worum geht´s?
The Open Definition
The Open Definition sets out principles that define “openness” in relation to data and content.
It makes precise the meaning of “open” in the terms “open data” and “open content” and thereby ensures quality and encourages compatibility between different pools of open material.
It can be summed up in the statement that:
“Open means anyone can freely access, use, modify, and share for any purpose (subject, at most, to requirements that preserve provenance and openness).”
Put most succinctly:
“Open data and content can be freely used, modified, and shared by anyone for any purpose”
https://opendefinition.org/
Openness durch
Open Access
meint den unbeschränkten und kostenlosen Zugang zu
(wissenschaftlicher) Information, zu Texten, Bildern, Grafiken, Software, etc.
sowie
die Möglichkeit zur weiteren
Verbreitung und Nachnutzung.
http://www.open-access.net
Open Access
Wichtige Aspekte
für Museen und andere Kulturerbeeinrichtungen
Common national property Democratization
Cultural heritage
Reaching people
O PEN A CCESS – W ORUM GEHT ´ S ?
Der Begriff „Open Access“ wird je nach Anwenderkreis unterschiedlich definiert.
Wichtigste Aspekte für die Wissenschaft und das Kulturerbe:
Nachnutzbarkeit, Sichtbarkeit, Zugang
Es geht um Austausch, Inspiration, Forschung, Nutzbarkeit. Und um Zugang zu kulturellem Erbe.
Nadelöhre, Nutzungshemmnisse aus rechtlicher Unsicherheit,
Haftungsängste sollen durch klare Erklärungen über die Rechte an einem
Werk vermieden werden.
Wie wird Open Access umgesetzt?
1. Technisch und organisatorisch 2. Standards + Prinzipien
3. Rechtlich
1. Technisch und organisatorisch
Metadaten
Plattformen / Repositorien Technische Formate
Referenzierbarkeit
PIDs (DOI, ROAR etc.)
Langzeitarchivierung Datenbanken
Discovery Systeme
Maschinenlesbarkeit
Interoperabilität
Kuration der „digital collection“?
Digitalisierung
2. Standards und Prinzipien
OpenGLAM Principles
GLAM = Galleries, Libraries, Archives, Museums
https://openglam.org/principles/
FAIR Principles
https://www.forschungsdaten.org/index.php/FAIR_data_principles
DINI Zertifizierung / DINIready
https://dini.de/dienste-projekte/dini-zertifikat/
CARE-Principles
https://www.gida-global.org/care
Beispiele:
Die GLAM-Prinzipien kurz zusammengefasst:
1.
Digitale Informationen zu Überlieferungsobjekten (Metadaten) werden mittels einer geeigneten Lizenz ohne Nutzungsbeschränkungen verfügbar gemacht […].
2.
Gemeinfreie Werke werden (insbesondere im Zusammenhang mit der Digitalisierung) keinen neuen Nutzungsbeschränkungen unterworfen.
3.
Bei der Publikation von Daten wird explizit und unmissverständlich kommuniziert, welche Art von Weiterverwendung erwünscht bzw. erlaubt ist […].
4.
Bei der Publikation von Daten werden offene, maschinenlesbare Dateiformate verwendet.
5.
Neue Möglichkeiten, Internet-NutzerInnen einzubeziehen, werden aktiv genutzt.
Quelle:
Beat Estermann, „OpenGLAM“ – Der neue Trend unter den Gedächtnisinstitutionen
3. Rechtlich
Es geht um Nutzungsrechte
und um Lizenzverträge.
Für alle Werkarten!
Urheberrecht und Open Access
Das (deutsche) Urheberrechtsgesetz steht Open Access neutral gegenüber.
Es definiert Open Access nicht und nennt diesen Begriff nicht einmal.
„Der Urheber kann unentgeltlich
ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann einräumen.“
(§ 32, Abs. 3 UrhG)
Die Bestimmungen des Urhebervertragsrechts erlauben es aber, das eigene Werk im Wege des Open Access zu verbreiten:
„Das einfache Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber,
das Werk auf die erlaubte Art zu nutzen, ohne dass eine Nutzung durch andere ausgeschlossen ist.“
(§ 32 Abs. 2 UrhG)
Das Urheberrecht
Der Urheber/ die Urheberin entscheidet über die (Erst-)Veröffentlichung des Werkes.
Es besteht ein (verzichtbarer) Anspruch auf Namensnennung:
„Der Urheber kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist.“ ( § 13 UrhG)
Ein urheberrechtlich geschütztes Werk darf durch Dritte nur mit der Erlaubnis der Rechteinhaber*innen genutzt werden.
Gesetzliche Erlaubnisse „Schranken“.
Vertragliche Erlaubnisse „Lizenzen“.
Der/die Urheber*in soll eine angemessene Vergütung für die Nutzung seines/ihres
Werkes erhalten (§ 11 UrhG).
Urheberrecht: Werkarten
§ 2 UrhG
(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
1. Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;
2. Werke der Musik;
3. pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst;
4. Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke;
5. Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden;
6. Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden;
7. Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.
(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.
Kein Urheberrechtsschutz besteht für:
Forschungsdaten und Messergebnisse
Sie sind kein Ergebnis einer eigenschöpferischen Tätigkeit.
Sie sind ein vorhandener Wert, der durch Messungen o.ä. erst sichtbar wird.
Schutz kann aber bestehen an bestimmten visuellen, akustischen oder systematischen Aufbereitungen der Daten (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG)
Auch bestimmte Messtechniken oder –apparaturen können Schutz genießen (ggf. als Erfindungen, Patente).
Amtliche Werke
Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse, Bekanntmachungen und Entscheidungen
(http://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__5.html)
S TRUKTUREN DES URHEBERRECHTS
Das Urheberrecht hat zwei Ebenen:
Urheber(persönlichkeits)recht Urhebervertragsrecht
Open Access betrifft nur das Urhebervertragsrecht.
NUTZUNGSRECHTE
Nutzungsrechte sind kein einheitliches Recht, sondern ein Bündel verschiedener Rechte.
Sie können nicht nur inhaltlich, sondern auch zeitlich und/oder regional begrenzt übertragen werden.
Bearbeitungen sind nur mit Zustimmung erlaubt.
N UTZUNGSRECHTE
§ 15 UrhG, Abs.1: Körperliche Nutzungsarten
1. das Vervielfältigungsrecht (§ 16)
2. das Verbreitungsrecht (§ 17)
3. das Ausstellungsrecht (§ 18)
Kopieren
Verbreiten
Ausstellen (nur für
unveröffentlichte Werke)
N UTZUNGSRECHTE
§ 15 UrhG, Abs. 2: Unkörperliche Nutzungsarten
„Recht der öffentlichen Wiedergabe“
1. das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§
19),
2. das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3. das Senderecht (§ 20).,
4. das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5. das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).
Vorführen, aufführen etc. von Texten, Noten, Theaterstücken
Ins Internet stellen (Onlinerecht)
Senden (Rundfunk)
Disco / Kino
Public Viewing/Tatort-Abend in der Kneipe
Bearbeitungsrecht
Schwierig für eine Nachnutzung fremder Werke:
Bearbeitungen sind zwar ohne Zustimmung der Urheberin/des Urhebers zulässig, dürfen aber nicht den eigenen Privatbereich verlassen:
„Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden.“
( § 32, Satz 1 UrhG)
Übertragung von Nutzungsrechten
Eine Lizenz ist die einer Person eingeräumte Erlaubnis, etwas zu tun, was ohne diese Erlaubnis nicht erlaubt wäre.
In diesem Fall:
die Erlaubnis zur Nutzung des urheberrechtlichen Werkes
=
die urheberrechtliche Nutzungslizenz
Übertragung von Nutzungsrechten
Wurden die Nutzungsrechte ausschließlich = exklusiv übertragen, bedeutet dies, dass sie keiner anderen Person übertragen werden können. Dies gilt für den vereinbarten Zeitraum der Exklusivität.
Auch der/die Urheber:in selbst ist durch eine Ausschließlichkeitsvereinbarung von der Nutzung des eigenen Werkes ausgeschlossen, wenn dies nicht anders
vereinbart ist!
Urheberrecht und Open Access
Zusammenfassung:
Open Access ist keine eigene Nutzungsart.
Nutzungsrechte sind kein einheitliches Recht, sondern ein Bündel verschiedener Rechte, die auch einzeln übertragen werden können.
Die einzelnen Nutzungsrechte die ich benötige, um die von mir beabsichtigten Verwertungen vorzunehmen, müssen in der Lizenz genau benannt werden.
Nutzungsrechte können inhaltlich, zeitlich oder regional begrenzt übertragen werden.
Open Access durch
Offene Lizenzen
(z.B. von Creative Commons)
L ÖSUNGSANSATZ : O FFENE L IZENZEN
CC-Lizenzen sind Lizenzverträge.
Der Vertrag kommt zwischen dem/der Rechteinhaber*in und einer Person der
Allgemeinheit in dem Moment zustande, wo diese Person das Werk zu den
Bedingungen der CC-Lizenz nutzt.
L ÖSUNGSANSATZ : OFFENE L IZENZEN
Offene Lizenzen vereinfachen den Abschluss der Lizenzvertrages wie folgt:
Angebot A:
„Ich biete die Nutzungsrechte in Form der Lizenz CC- BY allen an, die mein Werk nutzen möchten.
Ich verzichte auf die ausdrückliche Annahmeerklärung
.“
Annahme
Erfolgt durch die Nutzungshandlung der/des B
(da A auf eine ausdrückliche Annahmeerklärung verzichtet hat).
= Vertrag
Lizenzvertrag gemäß der von A gewählten Offenen Lizenz
Vertragsinhalt Ergibt sich aus dem Lizenztext
CC-Lizenzen – Konkludente Vertragserklärung
„Durch die Ausübung der lizenzierten Rechte (wie unten definiert) erklären Sie sich rechtsverbindlich mit den Bedingungen dieser Creative Commons Namensnennung 4.0 International Public License (“Public License”) einverstanden.
Soweit die vorliegende Public License als Lizenzvertrag anzusehen ist, gewährt Ihnen der Lizenzgeber die in der Public License genannten lizenzierten Rechte im Gegenzug dafür, dass Sie die Lizenzbedingungen akzeptieren, und gewährt Ihnen die entsprechenden Rechte in Hinblick auf Vorteile, die der Lizenzgeber durch das Verfügbarmachen des lizenzierten Materials unter diesen Bedingungen hat.“
https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/legalcode.de
Offene Lizenzen:
Welche gibt es - und wofür?
(erklärt am Beispiel der
Creative Commons Lizenzen)
CC-Lizenzen – Welche gibt es?
OA-konform gemäß „open definition“
Weniger offen:
Gründe:
keine Nachnutzung / schwer kombinierbar / eingeschränkte Verwendung
Open Access: Gewünschte Nutzungshandlungen
kopieren / vervielfältigen verbreiten
an Dritte übertragen öffentlich wiedergeben
ins Internet stellen
bearbeiten und die
Bearbeitungen verbreiten
Für alle vorstehenden Lizenzen gilt:
BY BY bedeutet: Credit must be given to the creator Urheber*innennamen und Quelle nennen!
Hält sich ein*e Lizenznehmer*in nicht an die in der Standardlizenz genannten Regeln, kann er/sie sich nicht auf die Lizenz berufen.
Die Lizenzerklärung ist unwiderruflich.
CC-Lizenzen berühren gesetzliche Erlaubnisse nicht.
Erlaubt das Gesetz mehr als die Lizenz, kann ich mich darauf berufen.
CC – Public Domain Mark
Gemeinfrei - kein Urheberrechtsschutz (mehr)
Die Public Domain Mark ist keine Lizenz, sondern eine Erklärung.
An gemeinfreien Werken bestehen keine Rechte mehr, für die es einer Lizenz bedürfte.
Die Kennzeichnung dient der Rechtssicherheit: Interessierte können auf einen Blick den
„Status“ erkennen.
CC – Zero
Von Urheber*in selbst in Gemeinfreiheit entlassen
Der/die Urheber*in erklärt den Verzicht auf ihr „Copyright“ an dem Werk -> „Waiver of rights“
In den Ländern, wo die Rechtsordnung einen Urheberrechtsverzicht nicht erlaubt, wird CC-Zero als Lizenz ausgelegt.
Inhalt der Lizenz:
Übertragung aller übertragbaren Rechte. Verzicht auf Namensnennungsrecht. Verzicht auf die Geltendmachung eigener Positionen.
Standard für Metadaten
Das Urheber:innenpersönlichkeitsrecht
Persönliche Bindung der Urheberin / des Urhebers zu ihrem bzw. seinem Werk. Diese
Bindung bleibt immer bestehen.
Das Urheberrecht als solches kann nicht übertragen werden.
Man kann auch nicht
darauf „verzichten“. Es entsteht durch die Schaffung des Werkes.
Ein
Urheberrechtshinweis ist nicht nötig.
Urheberrechte können nur bei Menschen entstehen, nicht bei
Institutionen oder Unternehmen.