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Positionspapier des DGB zur Reform des dualen Arbeitsschutzsystems

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Academic year: 2022

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Positionspapier des DGB zur Reform des dualen Arbeitsschutzsystems

1. Die Gewerkschaften werden aktiv an Reformen des Arbeitsschutzsystems mitarbeiten:

Sie sehen die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit der beiden Aufsichtsdienste des Arbeitsschutzes neu zu justieren, zu effektivieren und zu modernisieren. Berufs- genossenschaften und Bundesländer haben im Rahmen einer gemeinsam erarbeiteten

„Allgemeinen Verwaltungsvorschrift“ gute Kooperationswege aufgezeigt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit muss diese Vorschrift endlich in Kraft setzen. Die politische Führungsebene der Bundesländer ist aufgerufen,

Rahmenbedingungen für eine verbesserte Kooperation bereitzustellen.

DGB und Gewerkschaften sind der Auffassung, dass eine verbesserte Kooperation und Arbeitsteilung der Aufsichtsdienste nach ArbSchG § 21 Abs. 3 (Zusammenwirken mit den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung) der einzig gangbare Weg ist, das Arbeitsschutzniveau in Deutschland zu erhalten und zu verbessern. DGB und

Gewerkschaften sehen die dringende Notwendigkeit, das duale System durch eine Neujustierung und Effektivierung der Zusammenarbeit zwischen staatlicher

Arbeitsschutzaufsicht und gesetzlicher Unfallversicherung sowie eine Erweiterung des Aufgabenspektrums zu modernisieren. Die neuen Herausforderungen der globalisierten und flexibilisierten Arbeitswelt verlangen nicht weniger, sondern mehr Motivationsarbeit, Beratung, Hilfestellung und Kontrolle.

In gemeinsamen Vereinbarungen zwischen Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Unfallversicherungsträgern und Länderbehörden wurden Weichen für eine deutlich verbesserte Zusammenarbeit gestellt,

so z.B. in einem Leitlinienpapier von April 2003 und der Allgemeinen Verwaltungs- vorschrift zur Koordinierung der beiden Aufsichtsdienste von November 2003. Diese

Verwaltungsvorschrift enthält die Grundidee, dass Unfallversicherungsträger primär beraten und Behörden primär kontrollieren sollen. Sie enthält ferner die Bestimmung,

die Daten und Vorgehensweisen der Betriebsbesichtigungen gegenseitig transparent zu machen und aufeinander abzustimmen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, diese Kooperationsvereinbarung umgehend zu genehmigen.

Mittlerweile hat die Fachebene der Bundesländer ihre Bereitschaft erklärt, mit den Unfallversicherungsträgern verbindliche Absprachen zur Arbeitsteilung und

Prioritätensetzung bei der

Überwachung zu treffen. Insbesondere sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, Lösungen für den elektronischen Austausch von Inforationen über wesentliche Ergebnisse von Betriebsbesichtigungen zu schaffen. Die Gewerkschaften begrüßen

ausdrücklich diese Perspektive und fordern die Arbeits- und Sozialminister der Bundesländer auf, die politischen Rahmenbedingungen für diese verbesserte Kooperation bereitzustellen.

Bund und Ländern sollte darüber hinaus die Bestrebung unterstützen, gemeinsam mit den Unfallversicherungsträgern eine nationale Arbeitsschutzstrategie zu entwickeln, aus der sich verbindliche Arbeitsschutzziele herleiten, die durch abgestimmte Arbeitsprogramme umgesetzt werden.

2. Das duale Arbeitsschutz-System in Deutschland hat sich für die Beschäftigten und deren Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit grundsätzlich bewährt und muss weiter ausgebaut werden. Für die Behauptung, dass die Kooperation der Aufsichtsdienste der gesetzlichen Unfallversicherung und der staatlichen Gewebeaufsicht zu keinem

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Zeitpunkt ausreichend sichergestellt werden konnte und deshalb keine Zukunft hat, gibt es keine Beweise. Es ist bemerkenswert, dass eine empirische Evaluation nicht vorliegt.

In den BMWA-Eckpunkten heißt es, das duale System bedeute für Betriebe „vermeidbare Belastungen“ und „bürokratische Hemmnisse“. Dahinter steckt die Behauptung, dass es nennenswert viele Doppelkontrollen gäbe mit teilweise unterschiedlichen Anordnungen und unnötigen und kostenintensiven Folgen. Für diese Annahme gibt es keine haltbaren Belege.

In den Bundesländern gibt es Beispiele einer guten Zusammenarbeit, die Schule machen sollten. Es handelt sich um Branchenprojekte, die von der Gewerbeaufsicht und den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung gemeinsam durchgeführt werden. Es ist befremdlich, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit die durchweg guten Erfahrungen dieser Kooperationsbeispiele nicht zur Kenntnis nimmt. Dass eine von Berufsgenossenschaften und staatlicher Aufsicht gemeinsam getragene Aktivität

bundesweit, mit einheitlichen Kriterien und mit hohem Wirkungsgrad möglich und machbar ist, zeigt beispielsweise die „Aktion Netzwerk Baustellen“. Sie wurde im Rahmen der EU- Baustellenkampagne 2003 mit insgesamt mehr als 6500 Baustellen-Revisionen

durchgeführt. Damit hat sich eine nachhaltige Form zielgerichteter Kooperation etabliert.

Ein wichtiges Ergebnis ist, dass Arbeitsschutz-management und Sicherheitsorganisation einen maßgeblichen Einfluss auf die Qualität des Arbeitsschutzes vor Ort haben.

Es ist nach unserem Dafürhalten ein Unding, eine derart weitgehende Neuordnung unseres Arbeitsschutz-Systems ohne eine entsprechende systematische Evaluation der Strukturen, der Prozesse und des Nutzens der überbetrieblichen Institutionen für Sicherheit und

Gesundheit der Arbeitnehmer/innen und ohne die sonst erfolgreich praktizierte Konsultation und Einbeziehung der betroffenen Kreise in Gang zu setzen. Die Gewerkschaften fordern daher das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit auf, entsprechende

Analyseaufträge zu entwickeln und diese mit den Sozialpartnern, den

Unfallversicherungsträgern und den Länderbehörden abzustimmen mit dem Ziel eines von allen Beteiligten gemeinsam getragenen Evaluationsauftrags.

3. Die geplante faktische Abschaffung der staatlichen Arbeitsschutzaufsicht ist keine Reform. Sie bedeutet in der Praxis eine Absenkung der fachlichen Aufsichtskapazitäten und eine Schwächung des Vollzugs durch die Bundesländer. In bestimmten Bereichen – so z.B. in der Bauwirtschaft – hätte ein Verzicht auf eine staatliche Kontrolle für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten besonders schwerwiegende Folgen.

In dem BMWA-Eckpunkte-Papier wird angeführt, eine Übertragung sei für die Bundesländer ohne eine Kostenerstattung an die Unfallversicherungsträger möglich. Dies zeigt, dass ein substanzieller Abbau der Aufsichtstätigkeiten in Betracht gezogen wird. Die deutschen Gewerkschaften sehen auf Grund des erweiterten Präventionsauftrages des ArbSchG ganz entschieden die Notwendigkeit, die Aufsicht fachlich und personell an diesen neuen

Aufgaben auszurichten.

Das Argument, durch die sozialpartnerschaftliche Einbindung der Berufsgenossenschaften sei eine „sachgerechte Aufgabenerledigung“ besser gewährleistet als durch den Staat, ist in dieser Pauschalierung unkorrekt. Richtig ist, dass der Branchen- und Berufsbezug eine hohe Qualität der fachlich-konkreten Beratungsleistung sichert; die Durchsetzungsfähigkeit als Kontrollinstanz ist bei den Präventionsfachkräften der Berufsgenossenschaften durch deren sozialpartnerschaftliche Einbindung aber begrenzt. Erfahrungen aus der Bauwirtschaft sprechen deutlich dafür, dass für Kontroll- und Vollzugsaufgaben die staatlichen Aufsichts- personen unverzichtbar sind. Aus gewerkschaftlicher Sicht muss immer wieder darauf hingewiesen werden, dass es in vielen Bereichen, insbesondere in Klein- und Kleinst-

betrieben, hohe Defizite im Arbeitsschutz gibt, wovon ein Teil auch durch Motivations- und

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Beratungsangebote nicht zu beheben ist. Diesen Defiziten ist letztlich nur mit den Mitteln der staatlichen Aufsicht – d.h. im Klartext: der klassischen Gewerbepolizei – beizukommen.

Dies geschieht im übrigen auch im Interesse der Arbeitgeber, die die Unfallfolgen durch mangelhaften Arbeitsschutz über die Umlagebeiträge der Berufsgenossenschaften finanzieren müssen. Die staatliche Aufsicht ist aber auch für die Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten in allen Branchen und Tätigkeitsfeldern, einschließlich der prekären Arbeitsbereiche, unverzichtbar.

4. Durch die Zunahme der Leistungsverdichtung, durch die Veränderungen der Arbeits- belastungen in den Betrieben, insbesondere durch die Zunahme der psychischen Belastungen und durch Veränderungen bei den Beschäftigungsformen ist eine neue inhaltliche Ausgestaltung der Tätigkeit der überbetrieblichen Arbeitsschutzinstitutionen überfällig. Gerade hier müssen Überlegungen angestellt werden, wie die

Arbeitnehmer/innen besser geschützt und ihre Interessenvertretungen besser unterstützt werden können.

Alle Umfragen und Erhebungen sprechen dafür, dass klassische Arbeitsbelastungen wie z.B. Arbeitsschwere, Lärm und Schichtarbeit nicht abgenommen haben, während zugleich neue Belastungen wie Zeitdruck, entgrenzte Arbeitszeiten und weitere Stressfaktoren bei der Arbeit von Jahr zu Jahr zunehmen. Diese Belastungen führen vermehrt zu arbeits- bedingten Erkrankungen und arbeitsbedingten Frühverrentungen. Im Sinne eines erweiterten Präventionsauftrages müsste diesen Fragen auch seitens der Aufsichts- behörden sehr viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, als dies bisher der Fall war.

Der erweiterte Präventionsauftrag bedarf einer Ausweitung und nicht einer Kürzung der staatlichen Aufsichtsressourcen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, auf die Unterstützungsfunktion der Gewerbe- aufsicht für die betrieblichen Interessenvertretungen und die örtlichen Gewerkschafts- organisationen hinzuweisen. Betriebs- und Personalräte und Gewerkschaften vor Ort müssen die Möglichkeit haben, bei Bedarf staatliche Hilfe zu bekommen, sei es in Form von Qualifizierung und Fachberatung, oder sei es in Form von Unterstützungsmaßnahmen hinsichtlich der Durchsetzung des erforderlichen Arbeitsschutzes im Betrieb. Die Arbeits- schutzaufsicht muss mehr Nähe zu den Arbeitnehmer/innen entwickeln. Auch einzelne Beschäftigte müssen sich, insbesondere wenn sie aus Kleinbetrieben kommen,

vertrauensvoll an die Gewerbeaufsicht wenden können. Zur modernen Überwachung gehören Dienstleistungen für die von Gefährdungen Betroffenen genauso wie die

hoheitliche Interventionsmöglichkeit gegenüber den für Arbeitsschutz Verantwortlichen.

Die Gewerkschaften sind bereit, in diesem Sinne an der Modernisierung und Effektivierung der Arbeitsschutzaufsicht und des dualen Systems mitzuarbeiten.

5. Das neue Arbeitsschutzrecht gibt den Unternehmen wesentlich mehr Gestaltungs- spielräume. Doch mehr Freiheiten und unternehmerische Eigenverantwortung sind nur dann positiv zu bewerten, wenn der Einfluss und die Beteiligung der betrieblichen Arbeitsschutzakteure gestärkt wird und die staatliche Kontrollfunktion erhalten bleibt.

Insbesondere wird es darum gehen, in den betrieblichen Aushandlungsprozessen für mehr Verfahrens-gerechtigkeit zu sorgen. Hier hat der Staat nach Auffassung der Gewerkschaften eine besondere sozialstaatliche Aufgabe und Verantwortung.

Neben der im Arbeitsschutzgesetz vorgeschrieben Verantwortung der Arbeitgeber ist die erste Kontrollinstanz diejenige des Betriebs- oder Personalrats. Allerdings müssen deren Beteiligungsrechte ausgeweitet werden, um die innerbetriebliche Umsetzung des Arbeits- schutzes zu verbessern. Überbetrieblich muss in einem nächsten Schritt an die Unfall-

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versicherungsträger gedacht werden, die zwar im Wesentlichen beraten, doch auch kontrollieren sollen. Die letzte und wesentliche Kontrollinstanz ist die staatliche Gewerbeaufsicht.

Die Gewerbeaufsicht macht einerseits zwar Beratung, dies vor allem aus der

Systemperspektive, doch andererseits muss sie nach Auffassung der Gewerkschaften wieder einen deutlicheren Akzent auf den Kontrollaspekt setzen. Selbstverständlich wollen auch wir, dass die Gewerbeaufsicht kundenfreundlicher auftritt. Doch darf dies nicht bedeuten, auf Überwachung zu verzichten und den Unternehmen zu vermitteln, dass sie von nun an keine Kontrollen mehr zu befürchten hätten. Diesen Freibrief werden die Gewerkschaften nicht mittragen. Im Arbeitsschutzgesetz ist bereits eine erhöhte Eigen- verantwortung des Arbeitgebers vorgesehen. Bedauerlicherweise kommt die Mehrzahl der Arbeitgeber aber ihren Verpflichtungen - beispielsweise zur Gefährdungsermittlung - nicht bzw. nicht ausreichend nach. Hier wird nicht nur gegen geltendes europäisches Recht verstoßen, hierdurch wird vor allem die Sicherheit und die Gesundheit von Arbeitnehmern grob fahrlässig gefährdet.

Nach übereinstimmender Auffassung der Fachwelt ist eine Aufsicht erforderlich, der weniger die betrieblichen Details kontrolliert (Revision), sondern mehr auf System- und Prozesskontrolle orientiert. Genau deshalb ist eine Unterstützung der Arbeitnehmer/innen und ihrer Interessenvertretungsorgane so wichtig. Es wird zukünftig mehr darum gehen müssen, dass der Staat auf eine betriebliche Verfahrensgerechtigkeit achtet und dieser Aufgabe auch Nachdruck verleiht. Hier greift Mitbestimmungsrecht und Arbeitsschutzrecht ineinander.

6. D Politik der Bundesländer folgt leider keiner erkennbaren einheitlichen Strategie und ist in sich höchst widersprüchlich. Während die Fachebene in den letzten Jahren ihre Bereitschaft gezeigt hat, die Erfordernisse eines modernen Arbeitsschutzes aufzugreifen, dominiert auf der politischen Ebene der Bundesländer das Bestreben, Arbeitsschutz als reinen Kostenfaktor zu betrachten. Die jüngsten Vorstöße einiger Bundesländer im Bundesrat, gesetzliche Standards aufzuweichen und abzubauen,

gehen in die falsche Richtung.

Auf der Fachebene der Bundesländer wird seit Jahren diskutiert, wie dem erweiterten Präventionsauftrag des ArbSchG nachzukommen ist. Im November 2001 wurde von der Arbeits- und Sozialminister-Konferenz ein Strategiepapier verabschiedet, das nach wie vor wegweisend ist. Darin wird als Grundorientierung angegeben, den Arbeitsschutz als integrierten Bestandteil betrieblicher Prozesse und der Unternehmensorganisation

entwickeln zu helfen und die staatlichen Arbeitsschutzaufsicht entsprechend zu erweitern und zu modernisieren. Zugleich soll damit erreicht werden, ein ganzheitliches, präventives und die gesundheitlichen Ressourcen der Beschäftigten stärkendes Arbeitsschutz-

verständnis zu praktizieren. Um diesen Zielen näher zu kommen, sollte der Gedanke der Kooperation gestärkt und in der Praxis der Zusammenarbeit von Unfallversicherungsträgern und Behörden deutlich weiter entwickelt werden. Wörtlich heißt es in diesem Papier: „Die Bündelung der Ressourcen im Rahmen einer umfassenden Aufgabendefinition fördert die Effizienz und schafft Vertrauenskulturen im Arbeitsschutz. Voraussetzung hierfür ist die Rollenklärung der jeweiligen Institution. Jede sollte im Rahmen eines arbeitsteiligen Netzwerks die Position einnehmen, für die sie die beste Kompetenz einbringt.“ Darüber hinaus wurde die Notwendigkeit überbetrieblicher Netzwerke und Partnerschaften unter Einbeziehung der Sozialpartner, der Sozialversicherungsträger und privater Dienstleister thematisiert. All dies wurde in den meisten Bundesländern in Angriff genommen.

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Andererseits und in einem direkten Widerspruch dazu häufen sich die Angriffe der Landesregierungen auf den Arbeitsschutz oder auf das Niveau des Arbeitschutzes in eklatanter Weise. Dies geschieht zu einem über Initiativanträge im Bundesrat, so z.B.

derjenige aus Baden-Württemberg, in dem die Abschaffung der sicherheitstechnischen und betriebsärztlichen Betreuung kleiner Betriebe und angeblich gefährdungsarmer Arbeitsbereiche verlangt wird. Ein weiterer Antrag aus Niedersachsen will gar die Betreuungsgrenze auf 200 Beschäftigte anheben. Zugleich demonstrieren einige Bundesländer

ihre Bereitschaft zum Abbau unserer Standards durch einen einschneidenden und unverantwortlichen Abbau der Betreuung ihrer eigenen Beschäftigten, so z.B. bei Lehrkräften und Beamten in Polizei- und Vollzugsdiensten. Ein derartiger Rückzug der Landespolitik aus ihrer Verantwortung für die Gesundheit ihrer Beschäftigten muss umgehend beendet werden.

7. Das Recht auf Leben und Gesundheit, festgeschrieben in ILO-Konventionen und EU- Richtlinien, ist ein unveräußerliches Grundrecht, das freilich national ganz

unterschiedlich umgesetzt wird. Die deutsche Arbeitsschutzpolitik und deren Vollzug sollten dafür sorgen, dass wenigstens hierzulande überall ein gleich hohes Niveau im Arbeitsschutz gewährleistet ist. Die Kommunalisierung der Arbeitsschutzbehörden muss rückgängig gemacht werden. Die staatliche Überwachung muss über alle Bundesländer stärker vereinheitlicht werden.

Wurde die Arbeit der Gewerbeaufsicht bereits in den letzten Jahren durch Personal- einsparungen bis an die Grenzen des zu Verantwortbaren gebracht, haben nun einige Bundesländer weitere Abbau-Beschlüsse gefasst: So ist beispielweise in Baden-

Württemberg im Jahre 2003 der Vollzug der Arbeitsschutzverwaltungen auf die Land- und Stadtkreise übertragen worden. Mit der Kommunalisierung des Arbeitsschutzes wird ein gefährlicher Schritt zur Abschaffung des staatlichen Arbeitsschutzes in Deutschland

gegangen. Denn kommunale Arbeitsschutzbehörden, deren Personalstärke sich auf wenige Personen reduziert, können – aufgrund der Auflösung sinnvoller Facheinheiten wie z.B.

Maschinensicherheit, Gefahrstoffe, Biostoffe usw. - nicht mehr auf Synergiestrukturen wie bisher zurückgreifen. Sie sind dadurch nicht mehr in der Lage, eine sinnvolle betriebliche Beratungs-, Unterstützungs- oder Überwachungsfunktion auszuüben. Die

Kommunalisierung des Arbeitsschutzes muss daher rückgängig gemacht werden.

Aus Sicht der Arbeitnehmer müssen massive Anstrengungen unternommen werden, einheitliche und in allen Bundesländern einheitlich angewandte Kriterien für die staatliche Arbeitsschutz-Überwachung zu erarbeiten. Dies kann und soll im Rahmen einer nationalen Arbeitsschutzstrategie erfolgen. Der von der Ministerpräsidenten-Konferenz am 17. Juni 2004 beschlossene Abbau länderübergreifender Gremien und Arbeitsgruppen ist hierfür nicht zielführend. Die davon erhoffte „Nutzung einfachgesetzlicher Gestaltungsspielräume“

wäre für den Arbeitsschutz kontraproduktiv. Arbeitsschutz darf nicht zu einem negativen Wettbewerbsfaktor werden. Dies können und dürfen die Gewerkschaften nicht zulassen.

Bund und Länder müssen in einer gemeinsamen Verabredung die politischen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen, die Qualität des Arbeitsschutzes in allen Regionen auf ein gleich hohes Niveau zu bringen. Dazu gehört zwingend eine qualitativ erheblich weiterentwickelte arbeitsweltbezogene Gesundheitsberichterstattung. Für die notwendigen Vorarbeiten, die fachliche Begleitung und die Koordinierung dieser Aktivitäten sollten nach Auffassung der Gewerkschaften die Ressourcen der Bundesanstalt für

Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin genutzt werden. Die Gewerkschaften wissen, dass für eine derartige Politik noch erheblicher gesellschaftlicher Überzeugungsbedarf besteht. Die Gewerkschaften sind bereit, sich an einer konstruktiven Gestaltung der notwendigen Reformen im dualen Arbeitsschutzsystem konstruktiv zu beteiligen.

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