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Research Area:Labour Market andEmploymentForschungsschwerpunkt:Arbeitsmarkt undBeschäftigungResearch Unit:Organization andEmploymentAbteilung:Organisation undBeschäftigung

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discussion paper

WISSENSCHAFTSZENTRUM BERLIN FÜR SOZIALFORSCHUNG SOCIAL SCIENCE RESEARCH CENTER BERLIN

FS I 96 - 101

Berufsausbildung in Frankreich zwischen Staat, Region und Unternehmen

Neuere Entwicklungen in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur

Swen Hildebrandt

März 1996

ISSN Nr. 1011-9523

Research Area:

Labour Market and Employment

Forschungsschwerpunkt:

Arbeitsmarkt und Beschäftigung

Research Unit:

Organization and Employment

Abteilung:

Organisation und

Beschäftigung

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ZITIERWEISE / CITATION

Swen Hildebrandt

Berufsausbildung in Frankreich zwischen Staat, Region und Unternehmen

Neuere Entwicklungen in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur

Discussion Paper FS I 96 - 101

Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung 1996

Forschungsschwerpunkt: Research Area:

Arbeitsmarkt und Labour Market and

Beschäftigung Employment

Abteilung: Research Unit:

Organisation und Organization and

Beschäftigung Employment

Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung Reichpietschufer 50

D-10785 Berlin

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Zusammenfassung

Berufsausbildung in Frankreich zwischen Staat, Region und Unternehmen: Neuere Entwicklungen in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur

In den 80er und 90er Jahren kam es in Frankreich im Rahmen der Berufsausbildung zu zwei wesentlichen Veränderungen. Einerseits sind die Kompetenzen bei der Regulierung beruflicher Qualifizierung weitgehend von der zentralstaatlichen auf die regionale Ebene übergegangen. Andererseits wurden mit dem Ziel einer besseren Eingliederung Jugendlicher in den Arbeitsmarkt die Unternehmen veranlaßt, Jugendliche auf der Basis von alternierenden Verträgen einzustellen, die einen Wechsel zwischen Arbeitsphasen im Betrieb und Qualifizierungsphasen vorsehen.

Fallbeispiele aus der südfranzösischen Region Provence-Alpes-Côte d’Azur zeigen, daß es in den Unternehmen zu einer Diversifizierung der Berufsausbildungsstrategien mit einem stärkeren Gewicht auf alternierenden Ausbildungsformen kommt. Damit verbunden ist eine Zunahme betrieblicher Regulierung bei der beruflichen Qualifizierung. Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, daß in Frankreich der prägende Einfluß des allgemeinen schulisch- universitären Bildungssystem für betriebliche Qualifizierungsprozesse abnimmt.

Abstract

Vocational Training in France Between State, Region and Enterprise:

New Developments in the Region Provence-Alpes-Côte d’Azur

During the 1980s and 90s, in France two major changes occurred in the area of occupational training. First, the responsibilities for the regulation of occupational qualifications in France were largely transferred from the central to regional governments. Secondly, in order to foster the integration of young people into labour market, companies were given incentives to employ young people on the basis of alternating contracts. Under such contracts employees divide their time between work in the company and training. Examples from the southern French region of Provence-Alpes-Côte d’Azur demonstrate a diversification of the vocational training strategies coupled with an emphasis on alternating occupational training within companies. One result of these new strategies in training is an increase in the company regulation of vocational training. At the same time, the results of the study suggest that the influence of the state-run education and training system on human resource management of French companies is declining.

(4)

Inhaltsverzeichnis

Seite

1. Einleitung 1

2. Dezentralisierung: Neue Aufgabenverteilung

zwischen Staat und Regionen in Frankreich 4

3. Regulierung betrieblicher Qualifizierungsstrategien:

Verpflichtung der Unternehmen zur Ausbildung 7

4. Alternierende Verträge: Angebote zur beruflichen

Qualifizierung Jugendlicher 8

5. Berufsausbildung in Provence-Alpes-Côte d’Azur:

Fallbeispiele der Reorganisation betrieblicher Qualifizierung 11

5.1. Ausbildung in der Großindustrie 12

5.2. Ausbildung im Kreditgewerbe 15

5.2.1. Regionaldirektion einer Großbank 15

5.2.2. Genossenschaftsbank 18

5.2.3. Sparkasse 22

5.3. Ausbildung für Klein- und Mittelunternehmen 25

5.4. Zwischenfazit 30

6. Schlußbetrachtung 32

Literaturverzeichnis 34

(5)

1. Einleitung

1

Die Berufsbildungssysteme in Deutschland und Frankreich unterscheiden sich in den jeweiligen Regulierungsmustern des Verhältnisses von Staat (bzw.

Schule) auf der einen Seite und Unternehmen auf der anderen Seite (Erbès- Seguin 1990; Maurice 1993). Im traditionellen beruflichen Bildungssystem in Frankreich erfolgt die Ausbildung vorrangig in vollzeitschulischen Unterrichts- maßnahmen. Eine Ausnahme bildete die Apprentissage („Lehre“), die aber weitgehend auf das Handwerk begrenzt blieb (Lutz 1976, Voisin 1987, Koch 1989, Korioth 1993). Das deutsche duale System der Berufsausbildung diente in Frankreich häufig als Referenzgröße im Rahmen der Berufsbildungsdebatte (Möbus/Sevestre 1991; Möbus 1993). Zu einer Übernahme des deutschen Modells ist es jedoch nicht gekommen, zumal einem solchen Vorhaben in Frankreich aus makroökonomischen und institutionellen Gründen enge Gren- zen gesetzt sind (Soskice 1994b).

In Frankreich erweist sich die zunehmende Kluft zwischen dem Bildungs- system und den Beschäftigungspolitiken der Unternehmen als nachteilig für die Eingliederungschancen Jugendlicher in den Arbeitsmarkt:

„Die Anpassungsmechanismen auf dem Arbeitsmarkt offenbaren ein immer stärkeres Auseinanderdriften zwischen der Entwicklung des Bildungssystems und den Be- schäftigungspolitiken der Unternehmen, was sich insbesondere zum Nachteil der Jugendlichen auswirkt.“ (Verdier 1993:2)

Vor dem Hintergrund hoher Jugendarbeitslosigkeit wurden bereits Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre in Frankreich staatliche Beschäftigungs- programme initiiert. Diese Programme basierten vor allem auf Lohnsubventio- nen; die Jugendlichen sollten über „Betriebspraktika“ in Beschäftigungen überführt werden (Korioth 1993). Mit dem Ziel, die Unternehmen stärker an der Ausbildung Jugendlicher zu beteiligen, wurden dann Mitte der 80er Jahre al- ternierende Ausbildungsformen geschaffen. Diese Maßnahmen zur Eingliede- rung von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt basieren auf einem Vertragsver- hältnis zwischen dem einzelnen Jugendlichen und dem Arbeitgeber. Sie bein- halten einerseits finanzielle Anreize für die Unternehmen zur Einstellung ar- beitssuchender Jugendlicher; andererseits werden die Unternehmen zur Aus- bildung bzw. Qualifizierung der Jugendlichen verpflichtet. Die alternierenden

1 Diese Studie beruht auf Forschungen, die der Autor gemeinsam mit Sigrid Quack und David Soskice im Rahmen des Programme de Coopération Scientifique (PROCOPE) zur Regu- lierung lokaler Ausbildungs- und Arbeitsmärkte Jugendlicher in Frankreich durchführte.

Carsten Johnson (MPG Berlin) und Olivier Giraud (CERAT Grenoble und SET-METIS Paris) haben das eingereichte Manuskript anregend kommentiert. Ihnen allen sei sehr gedankt.

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Ausbildungen sehen einen Wechsel von Phasen betrieblicher Arbeit und Qua- lifizierung vor. Es handelt sich bei diesen Maßnahmen vor allem um soge- nannte Orientierungs-, Anpassungs- und Qualifizierungsverträge. Zudem wur- den die Bestimmungen für Lehrverträge reformiert, so daß die Apprentissage über das Handwerk hinaus auch für die Qualifizierungsstrategien von Industrie- und Dienstleistungsunternehmen wichtiger wurde.2

Auf institutioneller Ebene wurden „zeitgleich“ seit Anfang der 80er Jahre die Kompetenzen in der beruflichen Ausbildung schrittweise dezentralisiert. Dabei sind die Kompetenzen des Staates vor allem auf die Regionen übergegangen;

die zentralstaatliche Organisation wurde in Überwachungs- und Mit- wirkungsrechte auf der regionalen Ebene gewandelt. Besonders umfassend sind die Regelungskompetenzen der Regionen im Bereich der Apprentissage- Ausbildung. Insgesamt obliegt es nun den Regionen, innerhalb ihres räumli- chen Zuständigkeitsbereichs die Berufsbildungsplanung zu betreiben und mit Hilfe eigener wie übertragener Ressourcen umzusetzen.

An der Regulierung beruflicher Qualifizierung sind neben dem Staat und den Regionen die Unternehmen beteiligt. Französische Unternehmen sind in der Organisation ihrer Ausbildungsstrategien und der Nutzung sowie Auswahl alternierender Ausbildungsformen relativ autonom. Jedoch wird ihnen seit An- fang der 70er Jahre von staatlicher Seite das Mindestmaß der finanziellen Aufwendungen für die berufliche Bildung bzw. für einzelne Bildungsbereiche vorgeschrieben.

In soziologisch ausgerichteten, vergleichenden Untersuchungen zwischen Deutschland und Frankreich wird die starke Kongruenz zwischen den jeweiligen institutionellen Bedingungen des nationalen Systems sowie der Arbeits- organisation und der Berufsbildung auf der betrieblichen Ebene betont. In Frankreich erweist sich dabei das allgemeine schulisch-universitäre Bildungs- system als prägend für betriebliche Qualifizierungsprozesse (Lutz 1976;

Maurice et al. 1982; Drexel 1993). In der ökonomisch ausgerichteten Theorie- richtung der nationalen Produktionssysteme (national production systems) wer- den dagegen die Anreizstrukturen akzentuiert, die nationale Institutionen auf die Organisation von Unternehmen haben (Soskice 1994a). Im internationalen Vergleich weist dabei das französische Produktionssystem einen hohen Grad

2 In der Literatur wird die Apprentissage nicht durchgängig unter den Begriff der alternierenden Ausbildungen subsumiert. Die Kombination praktischer Tätigkeit im Unternehmen mit theoretischer Unterweisung legt jedoch nahe, den einheitlichen Ausdruck der alternierenden Ausbildungen (formations en alternance) für die genannten Vertragsformen einschließlich der Apprentissage zu verwenden. Als Abgrenzungskriterium ist eher der mit der alternierenden Ausbildung verbundene Status der Jugendlichen als Beschäftigte und nicht als Praktikanten (Kirsch 1993) anzusehen. Zudem wird in erster Linie der französische Terminus der Apprentissage und nicht der übersetzte Ausdruck der „Lehre“ verwendet, um Assoziationen mit der deutschen Berufsausbildung im dualen System entgegenzuwirken.

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zentraler bzw. nationaler Organisation durch den Staat auf, was sich nicht zu- letzt in der beruflichen Bildung artikuliert (Hancké/Soskice 1994).

Inwieweit sind diese theoretischen Positionen noch durch Veränderungen im Regulierungssystem beruflicher Qualifizierung in Frankreich und der Imple- mentation alternierender Ausbildungsformen in den Unternehmen gedeckt?

Oder konkreter gefragt: Werden die betrieblichen Qualifizierungsstrategien weiterhin durch das nationale schulisch-universitäre Bildungssystem bestimmt?

Welchen Einfluß haben heute alternierende Ausbildungsverträge im Rahmen der beruflichen Qualifizierung auf Unternehmensebene? Sind eventuelle Ver- änderungen der betrieblichen Ausbildungsorganisation auf eine Kompetenz- verschiebung zwischen nationaler und regionaler Ebene bei der Berufsbildung zurückzuführen?

Eine Antwort auf diese Fragen soll durch die vorliegende Untersuchung aktueller Ausbildungsstrategien in ausgewählten Unternehmen einer französi- schen Region gegeben werden. Dabei wird analysiert, inwieweit die zu beob- achtenden betrieblichen Qualifizierungsstrategien Resultat eines veränderten Verhältnisses zwischen zentralstaatlicher Organisation und den Kompetenzen auf der regionalen Ebene sind. Zudem gilt es zu beantworten, inwieweit die betriebliche Nutzung alternierender Ausbildungsformen zu einer veränderten Regulierung beruflicher Qualifizierung beiträgt. Die Untersuchung soll auch Auskunft darüber geben, inwieweit der französische Zentralstaat noch einen prägenden Einfluß auf betriebliche Qualifizierungsprozesse ausübt.

Als Untersuchungsregion wurde für diese Studie exemplarisch die Region Provence-Alpes-Côte d’Azur (PACA) ausgewählt. Das Problem der Ein- stiegsarbeitsmärkte (Korioth 1993) stellt sich in Provence-Alpes-Côte d’Azur in besonders gravierender Weise:

PACA gehört zu den französischen Regionen mit einem Übergewicht an Klein- und Mittelunternehmen. Großunternehmen sind deutlich unterrepräsentiert. Überpro- portional hoch ist der Beschäftigungsanteil im Dienstleistungssektor. Die Qualifika- tions- bzw. Bildungsstruktur weist auf eine segmentierte Struktur der Erwerbsbevölke- rung mit jeweils höheren Anteilen der Nicht-Diplomierten wie der Hoch-Diplomierten gegenüber dem französischen Durchschnittswert hin. Die Arbeitslosigkeit liegt in PACA über dem Landesdurchschnitt. Von der hohen Arbeitslosigkeit sind die Jugend- lichen unter 25 Jahren besonders betroffen. Zudem liegt der Anteil der Jugendlichen ohne (Berufs-)Bildungsabschluß in der Region höher als im Landesdurchschnitt. Zwar konnte das allgemeine Bildungsniveau arbeitssuchender Jugendlicher in PACA in den letzten Jahren gesteigert werden; daraus resultierte aber keine wesentliche Verbesse- rung der Beschäftigungschancen der Jugendlichen, was sich anhand der in diesem Zeitraum nur geringfügig verringerten Jugendarbeitslosigkeit zeigt. Der Teilarbeitsmarkt der Jugendlichen weist im Vergleich zum Landesdurchschnitt jeweils überdurchschnittliche Anteile prekärer wie stabiler Beschäftigungsverhältnisse und

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somit eine segmentierte Struktur auf. Die eingangs skizzierte ökonomische Struktur der Region spiegelt sich in der Arbeitsmarktsituation der Jugendlichen (Hillau 1993;

Kirsch 1993; Rousseau 1993; Grelet et al. 1994; Simula 1994).

Dieser Einleitung schließen sich zuerst drei kürzere Kapitel an, in denen die institutionellen Rahmenbedingungen der Regulierung der beruflichen Bil- dung in Frankreich skizziert werden: In einem ersten Schritt wird die Dezentra- lisierungsentwicklung staatlicher Regulierung im Rahmen der beruflichen Bil- dung und besonders bei alternierenden Verträgen nachgezeichnet. In einem zweiten Schritt werden die Unternehmen als weiterer zentraler Akteur in der beruflichen Bildung untersucht. Und in einem dritten Schritt werden die wesent- lichen alternierenden Ausbildungsformen dargestellt. Das Hauptgewicht dieser Arbeit liegt aber auf dem folgenden Kapitel, in dem die Fallstudien zur Ausbil- dung und beruflicher Qualifizierung - unter besonderer Berücksichtigung alter- nierender Ausbildungsformen - aus den untersuchten Unternehmen, Branchen bzw. Bildungseinrichtungen präsentiert werden.3

2. Dezentralisierung: Neue Aufgabenverteilung zwischen Staat und Regionen in Frankreich

Dezentralisierung und Dekonzentration in der französischen Berufsbildungs- debatte stellen keine synonymen Begriffe dar. Unter Dezentralisierung ist die Übertragung von Kompetenzen des Nationalstaates auf die Regionen bzw.

Kommunen gefaßt. Dekonzentration bedeutet demgegenüber, daß der Staat Kompetenzen auf seine Vertreter auf der regionalen bzw. lokalen Ebene delegiert. Anders ausgedrückt: Dezentralisierung bedeutet autonome Budgetkompetenz der Regionalräte (conseils régionaux) bzw. der Departe- ments und Kommunen. Dekonzentration bedeutet Budgetdelegierung auf den Regionalpräfekten und die Délégation Régionale à la Formation Professionnelle (DRFP) bzw. die entsprechenden Instanzen auf Departement-Ebene. Im letzteren Fall ist der Haushalt des Staates involviert; im ersteren Fall der Haus- halt der Regionen bzw. Departements.

3 Die empirischen Erhebungen beruhen auf qualitativen Expertengesprächen mit den für die berufliche Bildung Verantwortlichen in den ausgewählten Unternehmen bzw. Bildungsein- richtungen der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur (Herbst/Winter 1994). Zudem wurden Interviews mit Vertretern der regionalen Institutionen (Conseil Régional und Conseil Economique et Social) sowie Vertretern nachgeordneter Behörden nationaler Institutionen in PACA geführt.

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Während der Dekonzentrationsprozeß sich zeitlich nur schwer bestimmen läßt4, kann die Dezentralisierung in der beruflichen Bildung anhand der zwei wichtigsten gesetzlichen Einschnitte nachgezeichnet werden:5

(1) Gesetz vom 07. Januar 1983 (Loi de décentralisation bzw.

„Dezentralisierungsgesetz“)

Das Dezentralisierungsgesetz wurde seit 1981 vorbereitet; die gesetzliche Maßnahme vom Januar 1983 stellt den ersten Gesetzesakt zur Dezentralisie- rung in der beruflichen Bildung dar, dem weitere Gesetze und Verordnungen folgten. Es enthielt folgende Kernelemente (Voisin 1987; Gensbittel 1993):

- Gemeinsames Kompetenzrecht in der Berufsbildung von Staat und Regio- nen. Die Regionen sind frei in ihren Entscheidungen der Entwicklung von Bildungsprogrammen und können diese - sofern finanzierbar - selbständig durchführen.

- Annähernd vollständige Kompetenz der Regionen im Rahmen der Appren- tissage-Ausbildung. Bis auf wenige nationale Lehrlingsbildungszentren (centre de formation d’apprentis - CFA) sind die Regionen für die Führung der CFA zuständig.6

Mit der Kompetenzerweiterung in der beruflichen Bildung gingen finanzielle Umschichtungen einher:

„Die Einführung des Kompetenztransfers vom Staat auf untere Verwaltungseinheiten basiert auf dem Prinzip des Finanzausgleichs. (...) Genauer betrachtet übergibt der Staat gleichzeitig mit einigen seiner Kompetenzen die dazugehörigen Finanz- oder Personalmittel.“ (Voisin 1987:112)

Folglich gewannen die Regionen durch die Dezentralisierungsgesetzgebung weitreichenden Einfluß auf die Apprentissage und die berufliche Weiterbildung (der Erwachsenen) in ihrem Zuständigkeitsbereich. Das Spektrum der Maß- nahmen zur Eingliederung Jugendlicher in den Arbeitsmarkt blieb dem Staat vorbehalten.7 Dies betrifft auch die der Qualifikationserhöhung dienenden und somit auf eine Beschäftigung zielenden Maßnahmen alternierender Ausbil- dungsverträge zwischen Arbeitgeber und Jugendlichen, deren Ausgangspunkt eine Kollektivvereinbarung (accord interprofessionnel) aus dem Jahre 1983 war.

4 Siehe zur Dekonzentration auch Gensbittel (1993).

5 Detailliertere Aufstellungen gesetzlicher Maßnahmen siehe bei Rault (1994) und Bertalmio (1993).

6 Als dritter Aspekt ist zu nennen: Wesentliche Kompetenzen der Regionen im Rahmen der Erstbildung (formation initiale). Mit anderen lokalen Verwaltungseinheiten sind die Regionen für die Planung der Ausbildungen und Investitionen in den Collèges und Lycées zuständig.

Die pädagogische Verantwortung bleibt beim Staat.

7 Zu den Einschränkungen regionaler Regelungshoheit siehe Serfaty (1993).

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(2) Gesetz vom 13. Dezember 1993 (Loi quinquennale bzw.

„Fünfjahresgesetz“)

Hauptziel dieses Gesetzes ist es, die Kompetenzen in der beruflichen Bildung zwischen Staat und Regionen neu zu verteilen. Wesentlich ist dabei, daß die Zuständigkeit für die Berufsbildung der Jugendlichen, im Rahmen der Ausbil- dung wie auch der Weiterbildung, vom Staat auf die Regionen übergeht, soweit dies nicht bereits (wie bei der Apprentissage) der Fall war. Der Transfer wird in zwei Schritten vollzogen. In einem ersten Schritt wurden den Regionen mit Wirkung zum 01. Juli 1994 die qualifizierenden Maßnahmen (actions qualifiantes) übertragen. Dies betrifft vor allem die alternierenden Ausbildungs- formen. In einem zweiten Schritt, der einen Zeitraum von fünf Jahren nach In- krafttreten des Gesetzes nicht überschreiten soll, gehen auch die Kompetenzen für die qualifikationsvorbereitenden Maßnahmen der Jugendlichen (actions de préqualification et d’insertation) ebenfalls vom Staat auf die Regionen über.8 Das genaue Datum wird jeweils von den Regionen bestimmt.9 Mit der Kompe- tenzverschiebung geht eine Übertragung entsprechender Haushaltmittel vom Staat auf die Regionen einher (Centre Inffo 1994; Conseil Régional 1993;

Liaisons Sociales 1994a und 1994b).10

Mit dem „Fünfjahresgesetz“ wurde die Dezentralisierung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung Jugendlicher weitgehend abgeschlossen. Der Staat behält sich jedoch weiterhin ein Recht der fiskalischen und pädagogischen Kontrolle vor und nimmt in den regionalen Berufsbildungsgremien über seine

„dekonzentrierten Vertreter“ Einfluß auf die Entwicklung der beruflichen Bil- dung.11

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß die berufliche Bildung suk- zessive in den Kompetenzbereich der Regionen überführt wurde; der Einfluß der regionalen Ebene bei der Regulierung beruflicher Qualifizierung wurde gestärkt. Damit geht - wie auch bei Lichtenberger (1993) erwähnt - die Erwartung einer größeren Anpassungsfähigkeit der beruflichen Bildung an die Qualifizierungsbedürfnisse der Unternehmen einher.

8 So wurden vor der Dezentralisierung die spezifischen Qualifizierungsziele der Ausbildungs- gänge von nationalen „Berufsausschüssen“ (Comissions Professionnelles Consultatives) bestimmt. Diese Aufgabe wird nun von entsprechenden Ausschüssen auf regionaler Ebene wahrgenommen.

9 In PACA wird ein Termin Ende 1995/Anfang 1996 anvisiert (Conseil Régional 1994).

10 Stichwortartig seien als weitere Regelungsbereiche des „Fünfjahresgesetzes“ genannt:

Entwicklung eines Förderplans für die berufliche Bildung von Jugendlichen in der Region durch die Region mit dem Ziel der kohärenten Förderung aller Ausbildungszweige; Evalu- ierung der Ausbildungspolitik in der Region durch den erweiterten Koordinationsausschuß für Berufsbildung; Schaffung eines definitiven Rechts zur Partizipation an einer berufsbil- denden Maßnahme vor Verlassen des Bildungssystems (Centre Inffo 1994).

11 Zudem behält er seine Kompetenzen bei berufsbildenden Maßnahmen für Problemgruppen (Schwerbehinderte, Analphabeten, Strafgefange, Langzeitarbeitslose), für die Be- schäftigten des Staates und für landesweit organisierte Ausbildungen.

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3. Regulierung betrieblicher Qualifizierungsstrategien: Ver- pflichtung der Unternehmen zur Ausbildung

Wichtigste Akteure in der beruflichen Bildung sind der französische Staat, die Regionen und die Unternehmen (Serfaty 1993).12 Der Staat bzw. die Region als Akteure in der beruflichen Bildung wurden bereits im Rahmen veränderter Kompetenzen als Folge der Dezentralisierung verhandelt. Ausgeblendet blie- ben bisher jedoch die Unternehmen.

Die gesetzliche Basisgrundlage für die Beteiligung der Unternehmen an der beruflichen Bildung stellt das Gesetz vom 16. Juli 1971 dar, das einer nationalen Kollektivvereinbarung (accord national interprofessionnel) aus dem Jahre 1970 gefolgt ist und auch unter der Bezeichnung „Loi Delors“ bekannt ist.

Hervé Belmont, der Regionaldelegierte der DRFP in PACA, betont den

„revolutionären“ Charakter, den dieses Gesetz für die Sozialpartner zur dama- ligen Zeit hatte (Belmot 1993:3). Es enthielt neben der Anerkennung des Rechts der Beschäftigten auf Bildung und der Schaffung der Lehrlings- bildungszentren (CFA), die von nun als einzige Ausbildungsstätten im Rahmen der Apprentissage bzw. Lehre fungieren durften, vor allem die Verpflichtung der Unternehmen, einen bestimmten Prozentsatz der Bruttolohn- und Gehalts- summe für die berufliche Weiterbildung aufzuwenden. Diese Regelung betraf vor allem Unternehmen mit 10 und mehr Beschäftigten. Dabei waren die Unter- nehmen relativ frei in der Verwendung dieser Mittel. Belief sich der gesetzlich festgelegte finanzielle Mindestaufwand für die Weiterbildung 1971 noch auf 0,8% der Lohn- und Gehaltssumme, so wurde er im Laufe der Jahre stetig er- höht und liegt heute bei einem Satz von 1,5%.13 Darüber hinaus muß ein be- stimmter Anteil als „Lehrsteuer“ (taxe d’apprentissage) zur Finanzierung der Apprentissage an ein Lehrlingsausbildungszentrum geleitet werden. Dies sind heute 0,5% der Bruttolohn- und Gehaltssumme des Unternehmens (Rault 1994; Serfaty 1993; Bertalmio 1993).14

In PACA wurden 1992 von den Unternehmen mit 10 und mehr Beschäftig- ten durchschnittlich 2,29% der Lohn- und Gehaltssumme für die Weiterbildung der Beschäftigten zur Verfügung gestellt; wobei mit der Unternehmensgröße auch die finanziellen Aufwendungen für Weiterbildung stiegen. Zwar wurden

12 Darüberhinaus nehmen in der beruflichen Bildung die Europäische Union sowie die Departements und Kommunen eine - wenn auch nachgeordnete - Akteursrolle ein. Siehe deren Rolle in Provence-Alpes-Côte d’Azur bei Bertalmio (1993).

13 Innerhalb dieser 1,5-prozentigen Mindestverpflichtung sind heute neben der Lehrsteuer weitere Pflichtanteile für spezielle Bildungsmaßnahmen vorgesehen; darunter 0,4 % für alternierende Ausbildungen. Unternehmen mit weniger als 10 Arbeitnehmern müssen nur 0,15% der Lohn- und Gehaltssumme für Weiterbildung zur Verfügung stellen.

14 Hinzuzufügen sind weitere 1% der Lohn- und Gehaltssumme für den „individuellen Bil- dungsurlaub“ (congé individuel de formation - CIF) der befristet Beschäftigten. Lehrsteuer und CIF sind auch von den Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten aufzubringen.

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seit 1973 im Laufe der Jahre die Prozentanteile in PACA kontinuierlich erhöht, im interregionalen Vergleich schneiden die Unternehmen in der Unter- suchungsregion jedoch relativ schlecht ab, da 1991 nur in fünf Regionen weni- ger für die Weiterbildung aufgewandt wurde. Mit 2,13% der Lohn- und Gehalts- summe lag PACA etwa 30% unter dem Landesdurchschnitt mit 3,2%. Betrach- tet man aber nur die Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten, dann nimmt PACA einen respektablen 6. Rang (1991) ein (Bentabet/Santoni 1994;

Rousseau 1993). Dies signalisiert, daß die in der Region überwiegenden Kleinunternehmen unterproportional wenig Mittel für die Weiterbildung aufwen- den bzw. daß einige wenige Großunternehmen sehr viel in die Mitarbeiter- qualifizierung investieren.

Zusammenfassend: Die Berufsbildungsstrategien der Unternehmen sind in zweifacher Hinsicht staatlich reglementiert. Einerseits müssen sie einen be- stimmten Prozentsatz ihrer Lohn- und Gehaltssumme für die berufliche Qualifi- zierung ihrer Mitarbeiter aufwenden. Andererseits sind sie zur Aufbringung von Mitteln zur Finanzierung der Apprentissage verpflichtet. Darüber hinaus beste- hen keine weiteren Reglementierungen der Unternehmen in Frankreich bei der Organisation der beruflichen wie betrieblichen Mitarbeiterqualifizierung.

4. Alternierende Verträge: Angebote zur beruflichen Qualifi- zierung Jugendlicher

Mit dem Ziel der Eingliederung junger Menschen in das Beschäftigungssystem wurden seit den 70er Jahren und vor allem in der ersten Hälfte der 80er Jahre in Frankreich eine Vielzahl von Programmen aufgelegt. Im Laufe der Jahre kam es immer wieder zu Überarbeitungen, Umstrukturierungen und teilweise Ein- stellungen von entsprechenden Programmen. Vielen dieser Maßnahmen ist gemeinsam, daß sie dem Eintritt in das Beschäftigungssystem vorgeschaltet sind und eine Alternance von theoretischem Unterricht in einer (Fach-) Schule oder Universität und der praktischen Erfahrung am Arbeitsplatz beinhalten (Möbus/Sevestre 1991, Korioth 1993, Benoit-Guilbot et al. 1994, Gautié et al.

1994).

Unter der Vielzahl der Maßnahmen und Programme werden im Rahmen dieser Studie die wichtigsten Beschäftigungsverträge zur Eingliederung Ju- gendlicher in den Arbeitsmarkt herausgegriffen. Es handelt sich dabei um die - Anpassungsverträge (contrats d'adaption),

- Qualifizierungsverträge (contrats de qualification) und

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- Lehrverträge (contrats d'apprentissage).15

Diese Verträge zielen darauf ab, den Unternehmen durch Lohnkostenvorteile und befristete Vertragsformen Anreize zur Einstellung junger Erwachsener zu geben. Außerdem beteiligt sich der Staat an den spezifischen Qualifizierungs- kosten.

(1) Anpassungsverträge

Zielperspektive dieser Verträge ist es, die Beschäftigung junger Menschen zu erleichtern, die zwischen 16 und 25 Jahren alt sind und bereits über berufsre- levante Qualifikationen verfügen. Im Rahmen dieser Verträge werden die Mit- arbeiter von den Unternehmen über einem Zeitraum von sechs bis zwölf Mona- ten entweder befristet oder unbefristet beschäftigt. Dabei muß das Gehalt wäh- rend der Vertragslaufzeit mindestens 80% der untersten Tarifgruppe ausma- chen. Das Unternehmen ist verpflichtet, die jungen Leute während der Laufzeit des Anpassungsvertrages 200 Stunden selber auszubilden bzw. ausbilden zu lassen; wobei es keine Festlegung hinsichtlich interner Ausbildung oder der Beauftragung externer Ausbildungsträger gibt. Der Unterricht wird mit 50 Francs die Stunde von staatlicher Seite refinanziert. Weitere Vorteile für die Unternehmen bestehen in Steuererleichterungen und - bei unbefristeten Ver- trägen - in einem einmaligen Einstellungszuschuß. Seit der Reform der Anpas- sungsverträge (1987) werden die Unternehmen aber nicht mehr von den Sozialversicherungsbeiträgen für diese Beschäftigtengruppe entlastet; was zu einem Rückgang der Einstellungen auf der Basis von Anpassungsverträgen führte (D.S.T.E. 1993; Commisariat général du Plan 1993).

(2) Qualifizierungsverträge

Ein Qualifizierungsvertrag wird auf befristete Zeit zwischen einem Unternehmen und einem jungen Menschen (16 bis 25 Jahre) geschlossen, der über keine oder für die Tätigkeit nicht ausreichende berufliche Qualifikationen verfügt. Die Verträge können einen Zeitraum von 6 Monaten bis 2 Jahren umfassen, wobei ein Viertel der Zeit für Ausbildung im Unternehmen oder in einer Bildungsinstitution verwendet werden muß. Die Ausbildung führt nicht in jedem Fall zu einem anerkannten Diplom. Die monetären Vorteile für den Arbeitgeber liegen neben einem einmaligen Zuschuß in steuerlichen Begünstigungen und der Befreiung vom Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung. Zudem erhal- ten die jungen Leute je nach Alter nur einen bestimmten Prozentsatz des ge- setzlichen Mindestlohnes (SMIC) als Gehalt. Jede Unterrichtsstunde wird mit 60 Francs refinanziert. Bis zur Reform 1987 waren diese Verträge für viele - vor allem große - Unternehmen in Frankreich uninteressant, weil das Vorbil- dungsniveau der potentiell über diese Verträge einzustellenden Mitarbeiter zu niedrig war. Nun kommen aber auch Mitarbeiter mit einer fachschulischen oder

15 Eine umfassendere Auflistung siehe beispielsweise bei Voisin 1987, Commisariat général du Plan (1993), Gautié et al. 1994 und Bertalmio (1993).

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universitären Vorbildung für die Qualifizierungsverträge in Betracht (D.S.T.E.

1993, Lhôtel/Monaco 1993).

(3) Lehrverträge

Die Apprentissage ist die älteste Form alternierender Ausbildung in Frankreich,

16 sie stammt in ihrer heutigen Form aus dem Jahr 1971 und wurde 1987 über- arbeitet, so daß sie nun auch für ein breiteres Feld von Unternehmen von größerem Interesse ist.17 Die Zielgruppe besteht wie bei den obigen Verträgen aus jungen Menschen im Alter von 16 bis 25 Jahren, die über keine oder für die Tätigkeit nicht ausreichende berufliche Qualifikationen verfügen. Zwischen dem Unternehmen und dem "Lehrling" wird ein befristeter Lehrvertrag mit einer Dauer von in der Regel 2 oder 3 Jahren geschlossen. Während dieser Zeit ar- beiten die jungen Leute im Betrieb und erhalten alternierend zur praktischen Tätigkeit jährlich mindestens 400 Stunden Unterricht18, der in einem Centre de Formation d'Apprentis (CFA) (Lehrlingsbildungszentrum) durchgeführt wird.

Eine Wahlfreiheit der Bildungsträger besteht nicht. Ziel ist es, daß die Apprentis zu einem anerkannten Diplom geführt werden. Das Vorbildungsniveau liegt in der Praxis - trotz der Öffnung 1987 - bei der Apprentissage noch niedriger als bei den Anpassungs- oder Qualifizierungsverträgen. Der Unterricht im CFA wird vom Staat und den Regionen sowie aus der von den Unternehmen zu leistenden "Lehrsteuer" (taxe d'apprentissage) finanziert. Die Unternehmen erhalten auch hier einen einmaligen Zuschuß und sind seit der 87er Reform von den Sozialversicherungszahlungen befreit. Die Vergütung der Apprentis orientiert sich an der Dauer der Lehrzeit und dem Alter der Kandidaten; sie bleibt aber auf einen Bruchteil des SMIC beschränkt. Eine weitere wichtige Reform datiert aus dem Jahre 1992. Durch Gesetz wurde die Öffnung der Apprentissage für den öffentlichen Sektor, die Anpassung der Vergütungen der Lehrlinge an die der Jugendlichen mit einem Qualifizierungsvertrag und die Zulassung zu einem Ingenieurdiplom (diplôme d’ingénieur) führende Lehrver- träge erreicht. Zudem wurde die Möglichkeit eröffnet, daß die CFAs und andere Ausbildungseinrichtungen Verträge miteinander schließen (D.S.T.E. 1993, Lhôtel/Monaco 1993; Cambon 1993).19

16 Zur historischen Entwicklung der Apprentissage in Frankreich siehe Schriewer (1982), Voisin (1987) und Rault (1994).

17 Früher war die Lehre vor allem im handwerklichen Bereich existent und wurde hauptsäch- lich von Jugendlichen frequentiert, die aufgrund mangelnder Fähigkeiten, Begabung oder Interesse aus dem allgemeinen Bildungssystem ausschieden. Diese Form der Ausbildung genießt daher immer noch einen schlechten Ruf in Frankreich (Lutz 1986, Cambon 1993).

Heute machen das Handwerk und der Handel die wesentlichen Einsatzbereiche der Apprentissage aus. Der industrielle Sektor ist mit knapp 5% unterrepräsentiert (D.S.T.E.

1993, Korioth 1993). In den Banken gibt es erst seit 1993 ernstzunehmende Bemühungen, auch dort diese Form alternierender beruflicher Erstausbildung zu installieren.

18 Beim BAC professionnel beträgt die Anzahl der Unterrichtsstunden 1500.

19 Die Vielfältigkeit der Organisationsformen und Akteurskonstellationen im Rahmen der Apprentissage wird in einer CEREQ-Untersuchung in der Region Rhône-Alpes deutlich (Brochier et al. 1994).

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Im Rahmen des oben dargestellten „Fünfjahresgesetzes“ (siehe Kapitel 2) war ursprünglich eine Neuschneidung der alternierenden Ausbildungsverträge vorgesehen (Centre Inffo 1994). Dieser Plan erlangte zwar keine Gesetzeskraft, weist aber auf die Diskussion der Homogenisierung der verschiedenen Ausbildungen in Alternance hin. Durch das Gesetz werden insbesondere die Sozialpartner zur Meinungsbildung über die Zukunft dieser Ausbildungsformen und deren Finanzierung veranlaßt. Dabei wird vor allem die Vereinheitlichung von Apprentissage und Qualifizierungsverträgen im Mittelpunkt der Debatte stehen (Pair 1994).20 Cambon forderte bereits in seinem Bericht für den Ar- beits-, Beschäftigungs- und Berufsbildungsminister eine einheitliche alternie- rende Ausbildung und unterbreitete verschiedene konkrete Vorschläge, die schrittweise zum Ziel, der „Schaffung eines eigenen alternierenden Systems“

(Cambon 1993:57), führen sollten.21

Zusammenfassend: Auf regionaler Ebene können die Unternehmen nun zwischen einer Vielzahl von Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen wählen; vor allem seit durch Reformen die Ausbildungen für ein breiteres Spektrum von Unternehmen interessanter gestaltet wurden. Während die Nut- zung der Apprentissage einer stärkeren Regelungsdichte unterliegt, bestehen bei der Qualifizierung im Rahmen von Anpassungs- und Qualifizierungsverträ- gen größere Freiheitsgrade für die Unternehmen. Forderungen der Vereinheit- lichung der Inhalte und der Zertifikate und damit nach erhöhter Transparenz des Angebotes an alternierenden Ausbildungen, wie sie im Cambon-Bericht erhoben werden, haben bisher noch keine nennenswerten Konsequenzen ge- habt.

5. Berufsausbildung in Provence-Alpes-Côte d’Azur:

Fallbeispiele der Reorganisation betrieblicher Qualifizierung

Im folgenden werden drei Fallbeispiele der Reorganisation betrieblicher Aus- bildung in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur präsentiert. Bei der Auswahl der Unternehmen, Branchen bzw. Ausbildungseinrichtungen war es einerseits wichtig, den sekundären wie tertiären Sektor zu berücksichtigen. Andererseits galt es, der regionalen Unternehmensstruktur mit überdurchschnittlichen Be- schäftigungsanteilen in kleinbetrieblichen Dienstleistungsunternehmen Rech- nung zu tragen. So erfolgte in dieser Untersuchung eine Konzentration auf ein großindustrielles Unternehmen, eine Dienstleistungsbranche und eine Ausbil- dungseinrichtung, in der Jugendliche für eine Beschäftigung in Klein- und Mittelunternehmen qualifiziert werden.

20 Zu den Unterschieden beider Ausbildungsformen siehe auch Brochier/Lamanthe (1991).

21 Im übrigen ist anzumerken, das viele Vorschläge des Cambon-Berichtes (1993) in die Ge- setzgebung eingeflossen sind.

(16)

5.1. Ausbildung in der Großindustrie

Bei dem untersuchten Unternehmen handelt es sich um ein großindustrielles Stahlunternehmen. Es ist einer der größten Arbeitgeber in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur. Zur Zeit werden in dem Unternehmen ca. 3.800 Personen beschäftigt. Das Unternehmen gehört zu einer der größten Industrie- gruppen Frankreichs. Hinsichtlich seiner Ausbildungsstrategien agiert das Un- ternehmen jedoch autonom.

Verbunden mit einem Wechsel im Top-Management und vor dem Hinter- grund einer sich verschlechternden Stellung auf dem Weltmarkt wurde Mitte der 80er Jahre in dem Unternehmen ein Personalentwicklungsprojekt mit der Zielsetzung eingerichtet, den Bedarf an Mitarbeiterqualifikationen in 10 Jahren zu prognostizieren. Die Untersuchung der Personalbestände führte zu dem Ergebnis, daß die überwiegende Zahl der Mitarbeiter nicht einmal über ein minimales, berufsfachliches Diplom, sprich einem Certificat d’Aptitude Profes- sionnel (CAP), verfügte. Zudem wurde festgestellt, daß in der Vergangenheit viele Arbeiter, v.a. ausländische Arbeitskräfte, ohne jegliche formale berufliche Qualifikationen eingestellt wurden. Daraus resultierte - immer mit dem Ziel der Verbesserung der ökonomischen Situation des Unternehmens - eine neue per- sonalpolitische Konzeption, die drei Teilstrategien umfaßte:

- Es wurden keine Neueinstellungen mehr vorgenommen. Der Personalbedarf sollte mit dem vorhandenen Personal gedeckt werden.

- Die Anzahl der Beschäftigten wurde von damals 4.500 Arbeitnehmern konti- nuierlich gesenkt. Von betriebsbedingten Entlassungen wurde dabei abge- sehen. Jedoch wurden - teils mit staatlicher Unterstützung - Anreizsysteme geschaffen, die den Personalabbau durch freiwillige Abgänge und Vorruhe- standsregelungen bewerkstelligen sollten.

- Umfassende Qualifizierungsmaßnahmen wurden eingeleitet, um das ermit- telte Defizit des Personals an berufsfachlichen Qualifikationen zu verringern und die Kompetenzen der Mitarbeiter zu heben.

Der Qualifizierungsprozeß wurde in mehreren Schritten vollzogen. In einer ersten Phase wurden Mitarbeiter in die traditionellen Berufsbildungskurse Certificat d’Aptitude Professionnel (CAP) und Brevet Professionnel (BP) einge- schrieben, wobei aufgrund fehlender Vorqualifikationen dem CAP größere Be- deutung zukam. Beide Diplome sind Staatsdiplome; die Kurse wurden im Rah- men des Ausbildungsangebotes eines Gymnasiums (lycée) in der Region durchgeführt.22 Ziel der Bildungsanstrengungen war die Anhebung der allge- meinen Qualifikationen des Personals; betrieblicher Aufstieg war mit der Teil- nahme an den Berufsbildungsmaßnahmen in der Regel nicht verbunden. Ende der 80er Jahre kam es in einer zweiten Phase zu einem Wandel der Qualifizie-

22 Anfänglich wurden bis zu 500 Mitarbeiter pro Jahr weiterqualifiziert. Die Produktion durfte davon aber nicht betroffen werden.

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rungsstrategie. Dem Unternehmen war daran gelegen, die Ausbildung seines Personals stärker an den Tätigkeiten in der Stahlbranche und an der Praxis im Unternehmen auszurichten. Daher trat das Unternehmen in Verhandlungen mit der Education Nationale ein und gründete eine Bildungsgesellschaft (organisme de formation). Ergebnis war die Einrichtung zweier Berufsbildungskurse, einem speziellen CAP und einem entsprechenden BP, die beide zu anerkannten staatlichen Diplomen führten. Ausbildungsträger war die von dem Unternehmen gegründete Bildungseinrichtung. Als Lehrkräfte wurden Experten aus dem Betrieb eingesetzt. Von nun an wurde die „Anpassungsausbildung“ der Mitarbeiter von beiden Bildungsträgern (lycée und organisme de formation) wahrgenommen. Der überwiegende Anteil der Qualifizierung erfolgt aber im Rahmen der beiden praxisorientierteren, vom Unternehmen geschaffenen Be- rufsbildungskurse.23 In ein bis zwei Jahren wird das Qualifizierungsziel erreicht sein.

Die skizzierte Personalstrategie betrifft nur die geringqualifizierten Arbeits- kräfte in Produktion und Verwaltung. Darüber hinaus sind im Unternehmen aber auch, wenngleich in deutlich geringerer Zahl, höherqualifizierte Arbeit- nehmer beschäftigt. Auch für diese Mitarbeiter werden Qualifizierungs- maßnahmen angeboten. Eine Durchlässigkeit zwischen beiden Gruppen bzw.

der auf sie jeweils zugeordneten Bildungsmaßnahmen ist nicht gegeben.

Zudem wurden und werden weiterhin hochqualifizierte Spezialisten in be- schränktem Umfang vom externen Arbeitsmarkt rekrutiert.

Durch den fast 10jährigen Einstellungsstopp leistete das Unternehmen keinen Beitrag zur Eingliederung Jugendlicher aus der Region in den Arbeits- markt. Erst seit relativ kurzer Zeit hat sich dies gewandelt. Das Unternehmen ist in eine dritte Phase im Rahmen seines Qualifizierungsprozesses eingetreten.

Auf der Basis von „Lehrverträgen“ (contrats d’apprentissage) werden zur Zeit an die 30 Jugendliche aus der Region ausgebildet. Drei Gründe werden für die heutige Einstellung Jugendlicher genannt: Zuerst war es der Unterneh- mensleitung wichtig, einen Beitrag zur Beschäftigung Jugendlicher aus der Region zu leisten. Dann führte die erfolgte wirtschaftliche Konsolidierung des Unternehmens zu Freiräumen, die eine erneute Einstellungspolitik erlaubten.

Und schließlich gestattete die Konstruktion des Lehrvertrages nicht nur, die Jugendlichen während der Ausbildungszeit zu testen, sondern beschert dem Unternehmen auch Mitarbeiter, die nach Ausbildungsende direkt im Produk- tionsprozeß einsetzbar sind. Während der betriebliche Teil der Ausbildung im Unternehmen stattfindet, wird der schulische bzw. theoretische Teil durch das bereits erwähnte Lycée gesichert. Vorbedingung der Durchführung der Lehr- verträge ist die Existenz eines „Lehrlingsbildungszentrums“ (centre de formation d’apprentis [CFA]); ein solches hat das Gymnasium eingerichtet. Das Un- ternehmen verteilt seine „Lehrlinge“ auf zwei verschiedene Formen der

23 Heute werden nur noch deutlich unter 100 Mitarbeiter pro Jahr im Rahmen dieser Ausbil- dungsgänge weiterqualifiziert.

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Apprentissage. Einerseits werden Jugendliche in eine Ausbildung über- nommen, die zu einem auf einen contrat d’apprentissage beruhenden CAP/BEP führt und einen wöchentlichen Wechsel zwischen Unternehmen und Schule vorsieht. Andererseits absolvieren einige der Jugendlichen einen Kurs, der zu einem berufsspezifischen Abitur (BAC professionel) führt, der ebenfalls durch das Gymnasium organisiert wird. In beiden Ausbildungsgängen sind die Jugendlichen in Klassen mit Schülern aus anderen Industriebetrieben der Region zusammengefaßt, die ebenfalls einen Lehrvertrag mit einem Unternehmen geschlossen haben. Experten des untersuchten Unternehmens sind aber als Ausbilder in dem Lycée tätig; für ihre Lehrtätigkeit werden sie von der Schule bezahlt.

Die unternehmenseigene Bildungseinrichtung wird trotz des erwarteten Endes der „Anpassungsausbildung“ fortbestehen. In Zukunft werden kurz- zeitigere, nicht zu staatlichen Diplomen führenden Weiterbildungsmaßnahmen angeboten werden, was bisher schon ein Tätigkeitsfeld dieser Einrichtung ist.

Dabei handelt es sich um qualifizierende Maßnahmen, vor allem für den Produktionsbereich, die auch anderen Unternehmen in der Region offenstehen.

Die meisten der externen Teilnehmer kommen aus Zuliefererunternehmen des Großunternehmens.

Eine direkte Finanzierung der beruflichen Bildung des untersuchten Unter- nehmens durch die Region PACA bzw. dem Regionalrat findet nicht statt und wird nach eigenen Aussagen vom Unternehmen auch nicht angestrebt. Über die Lehrlingsausbildung im Lycée wird aber ein Teil der Ausbildung letztlich doch durch die Region finanziert.

Insgesamt stellt das Stahlunternehmen ungefähr 7% seiner Lohn- und Ge- haltssumme für die berufliche Bildung zur Verfügung. Damit liegt es deutlich über dem Landesdurchschnitt, dem Branchendurchschnitt und selbst über dem durchschnittlichen Anteil der Bildungsausgaben der französischen Kreditinsti- tute in Frankreich, die in der Spitzengruppe in Frankreich liegen, was die finanziellen Aufwendungen für Aus- und Weiterbildung anbetrifft.

Zusammenfassend: Das untersuchte großindustrielle Unternehmen hat in umfangreichem Maße seine unterqualifizierten Arbeitskräfte weitergebildet.

Dazu nutzte es vorhandene staatliche Instrumente der beruflichen Ausbildung bzw. schaffte seinen Bedürfnissen angepaßte, eigene institutionalisierte Aus- bildungsgänge, die vom Staat anerkannt wurden. Mitte der 90er Jahre nahm das Unternehmen die Ausbildung Jugendlicher wieder auf. Dabei griff es auf staatliche bzw. von den Regionen finanzierte berufliche Bildungsformen zurück.

Ein wesentliches Kriterium der neuen Berufsbildungsstrategie des Unter- nehmens war die erneute Ausrichtung der Berufsausbildung an den Bedürfnis- sen des Unternehmens.

(19)

5.2. Ausbildung im Kreditgewerbe

Der Auswahl der Untersuchung der beruflichen Ausbildungsstrategien in den Banken und Sparkassen der Region PACA liegt ein doppeltes Motiv zugrunde.

Auf der einen Seite stellen die Kreditinstitute einen wesentlichen Anteil an der Dienstleistungsbeschäftigung. Sie gehören zu den Kernsektoren im tertiärem Bereich. Auf der anderen Seite - und dies ist von besonderem Interesse - un- terscheidet bzw. unterschied sich das Qualifizierungssystem in dieser Branche deutlich von dem anderer Branchen in Frankreich.

Bis Mitte der 80er Jahre ist die Berufsbildung in französischen Kreditinstitu- ten durch die weitgehende Abwesenheit des Staates gekennzeichnet. Die Banken und Sparkassen sicherten und regulierten direkt oder indirekt - vermittelt durch brancheneigene Bildungseinrichtungen - die berufliche Qualifizierung ihrer Mitarbeiter (Hildebrandt 1993; Quack et al. 1995). In diesem Sinne konnte man von einem Monopol (d’Iribarne/Lemaître 1987) oder Quasi- Monopol (Möbus/Verdier 1990) der Banken bei der Aus- und Weiterbildung sprechen. Seit Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre sehen sich die Institute verstärkt mit einem Strukturwandel konfrontiert, der einen Wechsel von einer administrativen zu einer wettbewerbsorientierten Geschäftspolitik notwendig machte (Petit/Vernières 1990). Damit gingen erhöhte Anforderungen an die Qualifikationen der Beschäftigten einher. Diese betreffen vor allem die ver- kaufsorientierten Mitarbeiter im front office, die Spezialisten für bestimmte Pro- dukte sowie das Führungspersonal (Cossalter 1990; Courpasson/Livian 1993).

Der Bedarf an veränderten Qualifikationen des Personals führt unter anderem auch zur Öffnung der Banken gegenüber anderen Bildungsanbietern (z.B.

Lycées und Universitäten) und zur Nutzung staatlich-induzierter Berufs- bildungsprogramme (z.B. Qualifizierungsverträge).

Die empirische Untersuchung stützt sich auf Fallstudien in der regionalen Niederlassung einer Großbank, in einem kreditgenossenschaftlichen Institut und einer Sparkasse.

5.2.1. Regionaldirektion einer Großbank

In diesem Fallbeispiel handelt es sich um die regionale Einheit einer großen Geschäftsbank, die in ganz Frankreich ein ausgedehntes Filialnetz unterhält.

Als Teil einer Universalbank werden sämtliche Geschäftssparten von der Regionaldirektion abgedeckt.24

24 Neben dieser Regionaldirektion gibt es auf dem Territorium der Region Provence-Alpes- Côte d’Azur eine zweite Regionalniederlassung.

(20)

Die Rekrutierungs- und Personaleinsatzpolitik dieser Bank, wie auch die anderer in der Association Française des Banques zusammengeschlossenen Banken, hat sich Anfang der 90er Jahre grundlegend verändert. Mit dem Strukturwandel war eine Neuorientierung der Filialstruktur verbunden. Das Filialnetz wurde neu geordnet und an den unterschiedlichen Bedürfnissen ver- schiedener Kundengruppen ausgerichtet. Wichtigstes Element war dabei die Trennung des Privatkundengeschäfts und des Geschäfts mit Freiberuflern (professionnels) auf der einen Seite und dem Firmenkundengeschäft auf der anderen Seite. Während früher alle Neueinstellungen auf der Ebene der Regionen vorgenommen wurden, wird nun nur noch das Personal für den spä- teren Einsatz im Privatkundenmarkt „vor Ort“ rekrutiert. Neueinstellungen mit Blick auf einen späteren Einsatz im regionalen Firmengeschäft wurden zentra- lisiert. Diese Strukturierung ging mit einer Selektion der Einstellungen nach Bildungsniveaus einher. Grosso modo kann daher gesagt werden, daß Jugendliche mit einem Abitur oder BAC+2-Abschluß25 in der Region für den Bankberuf ausgewählt werden und daß junge Menschen mit einem BAC+4 oder 5-Diplom von der Zentrale, d.h. meistens von Paris aus, eingestellt wer- den.26

Im Gegensatz zu anderen Regionalgliederungen derselben Bank werden weiterhin Jugendliche für eine spätere Tätigkeit in der Bank eingestellt. Diese

„privilegierte Stellung“ wird auf die gute ökonomische Entwicklung in der Region sowie den regionalen Marktbedingungen im Bankgeschäft zurückgeführt.

Während vor 3 bis 4 Jahren jährlich noch an die 15 neue Mitarbeiter rekrutiert wurden, belaufen sich die Einstellungen auf der regionalen Ebene heute auf ca.

10 Personen im Jahr. Späteres Einsatzfeld dieser Mitarbeiter ist das regionale bzw. lokale Privatkundengeschäft. Daneben werden von der Pariser Zentrale junge Diplomierte mit BAC+4/5 rekrutiert, die später entweder in den Zentralabteilungen in Paris mit Spezialistentätigkeiten betraut werden oder im Firmenkundengeschäft eingesetzt werden. Weitere Einstellungen, z.B. für administrativ-verwaltende Tätigkeiten im back office, erfolgen nicht.

Vor ca. vier Jahren sind die Verantwortlichen in dieser Regionaldirektion dazu übergegangen, nur noch Jugendliche einzustellen, die zuerst - auf der Grundlage eines zweijährigen Qualifizierungsvertrags (contrat de qualification) mit der Bank - an einem Gymnasium ein auf kommerzielle Tätigkeiten ausge- richteten Brevet de Technicien Supérieur (BTS)-Abschluß (Niveau BAC+2) er- worben haben. Konkreter gesagt: Die Bank arbeitet in der Region mit einem Lycée zusammen, schließt mit den Schülern einen Qualifizierungsvertrag, überträgt die theoretische Ausbildung dem Lycée, das die Jugendlichen zu

25 BAC ist die Abkürzung für baccalauréat. BAC+2 steht für Abiturienten mit zweijähriger (fach-)schulischer oder universitärer Ausbildung). Entsprechend weisen die Zusätze +3, +4 und +5 auf ein drei-, vier- bzw. fünfjähriges Hochschulstudium mit jeweiligem Abschluß hin.

26 Siehe hierzu ausführlicher Quack/Hildebrandt (1995a, 1995b) und Quack et al. (1995).

(21)

einem BTS führt, und gibt nach erfolgreichem Abschluß der Prüfung in aller Regel den Jugendlichen einen regulären Arbeitsvertrag.

Während der Ausbildung wechseln sich theoretisch-schulischer Unterricht im Lycée und betrieblicher Arbeitseinsatz in den Filialen für Privatkunden der Bank in wöchentlichem Rhythmus ab. Da das angebotene BTS auf kommer- zielle Tätigkeiten zielt, werden in der Schule keine bankfachlichen Kenntnisse vermittelt, sondern im Unterricht geht es eher um den Umgang mit Kunden, den Erwerb verkäuferischer Qualifikationen und allgemeine wirtschaftliche Kennt- nisse. Zudem sind die Lehrer keine Bankfachleute und können daher die Jugendlichen auch nicht in die Banktechniken einführen. In den Klassen sitzen neben den Jugendlichen aus der Bank Jugendliche, die Qualifizierungsverträge mit Dienstleistungsunternehmen aus anderen Branchen abgeschlossen haben.

Dies führt zu einer etwas paradoxalen Situation: Einerseits wurde eine enge Verbindung zum Lycée aufgebaut, was auch in der Aufnahme des für Bildung Verantwortlichen der Bank in den Prüfungsausschuß dieses BTS deutlich wird;

andererseits trägt der schulische Unterricht nicht zur fachspezifischen Ausbildung der Jugendlichen bei, was die Bank nicht zu einem Umdenken bei der Auswahl des Kooperationspartners veranlaßt.27 Das Bankgeschäft wird vielmehr durch die praktischen Tätigkeiten in den Filialen, meistens unter Aufsicht des Filialleiter, durch Lernen am Arbeitsplatz den Jugendlichen nahe- gebracht. Sie arbeiten aber bereits am Schalter und haben Kundenkontakt. Zu- dem partizipieren sie gelegentlich an den bankinternen Weiterbildungskursen.28

Diese Strategie der Konzentrierung auf ein Lycée, ein BTS, eine Vertrags- form wurde von den Verantwortlichen der Regionaldirektion vor allem aus Praktikabilitätsgründen gewählt. Beim Einstieg in die Nutzung der Qualifizie- rungsverträge wollte man nicht zum Nebeneinander verschiedener Ausbil- dungsformen kommen. So werden weder Jugendliche über einen Lehrvertrag (contrat d’apprentissage) noch durch eine andere Vertragsform beschäftigt. Aus unseren Forschungen in anderen Regionen wissen wir, daß andere Banken, aber auch andere Regionaldirektionen derselben Bank, unterschiedliche Strategien verfolgen. Daneben sieht die Regionaldirektion neben den finanziel- len Aspekten den Vorteil, junge Mitarbeiter einstellen zu können, die bereits berufliche Erfahrungen in der Bank gesammelt haben.

Die in PACA gefundene Lösung ist mit einigen Implikationen verbunden:

Sie führt zum einen zu einer sehr homogenen Struktur junger Mitarbeiter, die sich von der Schule aus bereits kennen und auch danach gleiche Bildungsver-

27 Alternativen scheinen in der Region zur Verfügung zu stehen, wie im Rahmen der folgen- den Fallbeispiele deutlich wird.

28 Die Mehrheit der Jugendlichen, die in dieser Bank einen Qualifizierungsvertrag haben, sind weiblichen Geschlechts. Junge Männer bewerben sich weniger für eine Arbeitstätigkeit in der Bank; sie konzentrieren sich eher auf andere Dienstleistungsbereiche.

(22)

läufe aufweisen. Umgekehrt haben Jugendliche aus anderen Städten der Region keinen Zugang zu einer Beschäftigung in der untersuchten Bank.

Nach Beendigung des Qualifizierungsvertrages und nach erfolgter fester Einstellung werden die neuen Bankmitarbeiter im front office der Filialen im Privatkundengeschäft eingesetzt. Wichtig ist, daß die Bank im Rahmen der wettbewerbsorientierten Geschäftspolitik gezielt für diese Tätigkeiten Mitarbei- ter benötigt. Für Arbeiten im back office verfügt die Bank noch über Personalüberhänge aus den 70er Jahren (Hildebrandt 1993), die sich nur be- dingt für verkaufsorientierte Tätigkeiten weiterqualifizieren lassen. Im Laufe der Zeit haben die jungen Bankmitarbeiter die Möglichkeit, zunächst für vermö- gende Privatkunden und Freiberufler und später vielleicht für Firmenkunden zuständig zu werden. Vorbedingung ist aber, daß die Mitarbeiter erfolgreich an den branchenspezifischen Bankdiplomkursen partizipieren und an der inner- betrieblichen Weiterbildung teilnehmen. Erst in diesen Kursen werden vertiefte banktheoretische Kenntnisse vermittelt. Von Seiten der Bank wird darauf sehr viel Wert gelegt.29

Kontakte zu den Universitäten der Region sind nur geschäftspolitischer bzw. bankfachlicher Natur und beschränken sich auf die kurzzeitige Aufnahme von sechs bis sieben Praktikanten im Jahr. Ehemalige Studierende aus PACA, die mit einem BAC+4 oder 5-Diplom von Paris für Spezialistentätigkeiten oder das Firmengeschäft eingestellt werden, können zwar während ihrer Trainee- ausbildung oder danach in der Region eingesetzt werden; dies ist dann aber kein geplanter Prozeß, sondern eher die Ausnahme.

5.2.2. Genossenschaftsbank

Bei dem untersuchten Institut handelt es sich um eine Genossenschaftsbank, die vor nunmehr 3 Jahren aus der Fusion dreier ehemals selbständiger kredit- genossenschaftlichen Banken hervorgegangen ist.30 Die Fusion hat zu einem Wandel der Personal- und Ausbildungsstrategien der Bank geführt.

Unter der neuen Geschäftsleitung der nun fusionierten Banken wurden personalpolitische Reorganisationsmaßnahmen getroffen, die dem eingangs dieses Kapitels geschilderten Bedarf an veränderten Qualifikationsanforderun- gen des Personals und der ungünstigen Alterspyramide der Beschäftigten31 Rechnung tragen sollten. Das neue Konzept umfaßte folgende Aspekte:

29 Bevor die Bank in die Qualifizierungsverträge eingestiegen ist, war dies der traditionelle Weg der Ausbildung neuer Mitarbeiter. Siehe hierzu ausführlicher Möbus/Verdier (1991) und Hildebrandt (1993).

30 Neben dieser Bank gibt es heute in der Region PACA nur noch ein weiteres kreditgenos- senschaftliches Institut der gleichen Gruppe.

31 Siehe hierzu die Arbeiten von Chantal Cossalter (Cossalter 1990; CEREQ 1992).

(23)

- Einführung von Anreizsystemen, um einen zügigen Personalabbau durch freiwillige Abgänge zu organisieren. Es wurden relativ hohe Abfindungen an ältere Arbeitnehmer gezahlt.

- Mit Unterstützung durch den „nationalen Beschäftigungsfond“ (Fond National de l’Emploi) wurden gute finanzielle Bedingungen für Vorruhestandsrege- lungen der Mitarbeiter über 55 Jahren geschaffen.

- Schaffung der Möglichkeit eines schrittweisen Überganges in den Ruhestand (pré-retraite à mi-temps).

Durch diese Maßnahmen wurden einerseits ältere Arbeitnehmer zur Aufgabe ihrer Beschäftigung in der Bank veranlaßt; andererseits zielten diese Maß- nahmen speziell auf die Mitarbeiter in adminstrativen Tätigkeitsbereichen.

Demgegenüber kam es zu einem regelrechtem Einstellungsschub junger Mitarbeiter, die in kundenorientierten Bereichen der Bank eingesetzt wurden bzw. werden.

In den 60er, 70er und 80er Jahren wurde auf der Grundlage einer breiten Spannbreite von Bildungsniveaus rekrutiert. Es kam auch immer wieder zu Einstellungswellen auf hohem Vorbildungsniveau (BAC+4/5), weil durch die Zunahme des Bankgeschäfts (bancarisation) in den Genossenschaftsbanken ein erhöhter Bedarf an Führungskräften (cadres) und Spezialisten entstand.

Vor der Fusion 1992 wurde von den damaligen drei Banken in der Regel auf dem Niveau BAC+2 eingestellt, wobei die Mitarbeiter einen zweijährigen Stu- dienabschluß in Wirtschaftswissenschaften oder Jura aufwiesen.

Der Bedarf an Führungskräften ist mittlerweile gedeckt. Im Rahmen der sich auch in dieser Bank etablierenden wettbewerbsorientierten Geschäftspoli- tik werden nunmehr - in einem bedeutend größerem Umfang als vor der Fusion - vor allem junge BAC+2-Absolventen mit einer kommerziellen Ausrichtung ein- gestellt.32 Im Rahmen des Auswahlverfahrens wird versucht, die Jugendlichen zu identifizieren, die bereits zu diesem Zeitpunkt ein Profil erkennen lassen, daß sie später erfolgreiche Verkäufer von Bankdienstleistungen sein werden.

Als Diplom wird in der Regel ein BTS action commerciale oder ein Diplôme Universitaire de Technologie (DUT) verlangt; das kommerzielle Profil ist den Ausbildungsverantwortlichen aber wichtiger. Daher können auch Abiturienten berücksichtigt werden, während Bewerbern mit langjähriger Universitätsausbildung von vornherein das erforderliche Profil abgesprochen wird. Junge Frauen bewerben sich in besonders starkem Maße; bei der Einstellung wird aber auf ein ausgeglichenes Verhältnis der Geschlechter Wert gelegt.

32 Ausnahmsweise werden gelegentlich Spezialisten eingestellt, die meistens aber schon über berufliche Erfahrungen verfügen.

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In den letzten zwei Jahren wurden 90 Jugendliche für eine spätere Be- schäftigung in der Genossenschaftsbank eingestellt. Mit jedem der Jugendli- chen wurde ein alternierender Ausbildungsvertrag geschlossen.

(1) Von den 90 Jugendlichen wurden zum Zeitpunkt der Erhebungen 70 mit einem Anpassungsvertrag (contrat d’adaption) beschäftigt. Dieser läuft ein Jahr und beinhaltet nur eine geringe Anzahl von Unterrichtsstunden. Die Jugendlichen, die in den Filialen der Bank arbeiten, sind alle zwei Wochen für einen Tag in dem Centre de Formation de la Profession Bancaire (CFPB)33 zur theoretischen Unterweisung oder werden durch die internen Ausbilder der Bank qualifiziert. Da die Jugendlichen meistens bereits über einen BAC+2-Abschluß verfügen, zielt die schulische Ausbildung nicht auf ein Diplom. Am CFPB werden Kurse besucht, die nur zu einzelnen Zwi- schenprüfungen im Rahmen des Brevet Professionel de banque führen.34 Gleiches gilt für die zweite, von der Bank genutzte Form alternierender Ausbildung.

(2) Die verbliebenen 20 Jugendlichen haben mit der Bank einen Qualifizie- rungsvertrag (contrat de qualification) geschlossen. Sie sind ebenfalls in der Filialorganisation beschäftigt, der theoretische Ausbildungsanteil liegt bei ihnen aber über dem der Anpassungsverträge. Sie werden durchschnittlich mehr als einem Tag pro Woche im CFPB oder in der Bank unterwiesen.35 Während im ersten Jahr der vermehrten Einstellungen (40 Jugendliche) jeweils zur Hälfte Anpassungs- und Qualifizierungsverträge geschlossen wurden, be- schränkte sich die Bank im zweiten Jahr auf die Anpassungsverträge. Nach der Fusion wußte man nicht so genau, welcher Art von alternierenden Verträgen man sich bedienen wollte, zumal in einer der Vorgängerbanken Anpassungs- verträge und in einer anderen Bank Qualifizierungsverträge üblich waren. Man verringerte die Dauer der Qualifizierungsverträge von zwei Jahren auf ein Jahr, was letztlich noch doppelt soviel Unterricht wie bei den Anpassungsverträgen bedeutete, und wollte zunächst Erfahrungen mit beiden Ausbildungsgängen sammeln.

Interessant ist für die Bank jeweils die mit den alternierenden Ausbildungs- verträgen verbundene Entlastung bei den Sozialabgaben und die untertarifliche Bezahlung. Als entscheidendes Kriterium wird aber die Möglichkeit genannt, die Jugendlichen über ein bis zwei Jahre hinweg beobachten zu können und erst dann zu entscheiden, ob eine weitere feste Beschäftigung für das Institut

33 Das CFPB ist eine von den französischen Kreditinstituten getragene Aus- und Weiterbil- dungseinrichtung. Siehe detaillierter hierzu Quack et al. (1995).

34 Seit einigen Jahren wird das BP de banque vom CFPB auf der Basis von sog. unités capi- talisables organisiert. Nach Abschluß der „Ausbildung“ haben die Jugendlichen aber die Möglichkeit, weitere solcher Einheiten zu absolvieren und somit das BP de banque-Diplom zu erlangen.

35 Die jeweiligen Anteile betragen 70% CFPB und 30% interner Unterricht.

(25)

sinnvoll ist. Eine sofortige Festanstellung hätte zur Folge, daß eine spätere Entlassung rechtlich und aufgrund des „genossenschaftlichen Geistes“ der Bank kaum möglich wäre.

Im Vergleich beider Vertragssysteme liegen die Nachteile der Anpas- sungsverträge in dem geringen Umfang der theoretischen Ausbildung, während gerade dies von der Bank als Vorteil der Qualifizierungsverträge genannt wird.

Die Entscheidung für die Nutzung der Anpassungsverträge orientierte sich aber an einem anderen Aspekt: Der Vorteil der contrats d’adaption und somit der Nachteil der contrats de qualification besteht in der Häufigkeit der Abwesenheit der Jugendlichen von ihren Arbeitsplätzen in den Filialen und den damit dort auftretenden Problemen der Arbeitsorganisation. Letztlich waren also für die Beendigung der Nutzung der Qualifizierungsverträge die Interessen der Filialen an einem kontinuierlichen Arbeitseinsatz der Jugendlichen ausschlaggebend.

Diese Logik spiegelt sich auch in den zukünftigen Ausbildungsstrategien:

1995 werden weitere 50 Jugendliche aus der Region, das heißt vor allem aus dem Territorium, auf das sich das Geschäftsfeld der Bank erstreckt, einge- stellt.36 Basis der Ausbildungen werden einjährige Anpassungsverträge mit den Jugendlichen sein, die weiterhin einen BAC+2-Abschluß mitbringen. Jedoch wird der theoretische Unterricht auf mehrere Tage konzentriert, was einem län- geren, ununterbrochenen Einsatz in der Filialorganisation dient. Zudem wurde geregelt, daß während der Abwesenheit der Jugendlichen zu Bildungszwecken, diese in den Filialen vertreten werden. Auch deshalb werden weiterhin besonders viele Jugendliche eingestellt. Die Kooperation mit dem CFPB wird als positiv, auch aufgrund der der Bank entgegengebrachten Flexibilität, bezeichnet. Jedoch wird das CFPB zukünftig nur noch die Hälfte der theoreti- schen Unterweisung tragen, da das nationale Bildungsinstitut der Gruppe der untersuchten Bank ein interessantes Angebot gemacht hat und nun die ver- bleibende Hälfte der theoretischen Ausbildung übertragen bekommt.

Zwar wird in anderen Genossenschaftsbanken der gleichen Gruppe sowie in anderen Kreditinstituten, auch in der Region PACA, mit Jugendlichen ein Lehrvertrag (contrat d’apprentissage) geschlossen, für das untersuchte kredit- genossenschaftliche Institut besteht in dieser Hinsicht aber kein Handlungsbe- darf, weil man mit den gewählten Ausbildungsformen zufrieden ist und diese den betrieblichen Bedürfnissen entsprechen.

Bei der Entscheidung über die „Übernahme“ werden drei Kriterien ange- legt: Beziehungen zu den Kunden, Integration in die Arbeitswelt und Aneignung von Wissen. Da schon bei Einstellung auf ein kommerzielles Profil Wert gelegt

36 Traditionell sind die Marktanteile der Bank in ländlichen Gebieten größer als in den Städten; die Jugendlichen kommen aber zu größeren Anteilen aus den Städten.

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wird, Vertragskonstellationen mit geringeren Bildungsanteilen auswählt werden und die Jugendlichen während der Arbeit in den Filialen am Schalter (einfaches Privatkundengeschäft) bereits an ihrem verkäuferischen Geschick und Leistungen gemessen werden, überraschen diese zur Festanstellung füh- renden Kriterien nicht. Die überwiegende Mehrzahl der Jugendlichen wird nach Vertragsende in der Bank regulär beschäftigt. Einschließlich der

„Ausbildungszeit“ bleiben die Jugendlichen zwei bis drei Jahre am Schalter eingesetzt, bevor sie sich in Richtung des vermögenden Privatkundengeschäfts oder dem Einsatz als Firmenkundenberater entwickeln können.

Die jungen Bankmitarbeiter partizipieren nach dem Ende ihrer Anpas- sungs- bzw. Qualifizierungsverträge an den institutionellen Ausbildungskursen der Genossenschaftsbank bzw. der Gruppe, die nur zum Teil staatlich aner- kannt sind, sowie an Weiterbildungsmaßnahmen. Von den interviewten Ver- antwortlichen für die berufliche Bildung wird in Zusammenhang mit der internen Aus- und Weiterbildung, aber auch bei der Nutzung alternierender Ausbil- dungsformen, immer wieder die hohe Autonomie betont, über die sie - auch im Verhältnis zur Genossenschaftsbankengruppe - verfügen.

5.2.3. Sparkasse

Neben der untersuchten Sparkasse gibt es in der Region PACA - ähnlich der Genossenschaftsbank und der Regionaldirektion - ein zweites Sparkassen- institut. Französische Sparkassen haben erst seit Mitte der 80er Jahre den Status einer Universalbank. Zu ihrem Kundenkreis gehören vor allem die Privatkunden und die öffentliche Hand (collectivités locales). Im Firmengeschäft sind sie bisher weniger aktiv. Bis Mitte der 70er Jahre waren die Sparkassen in erster Linie auf den Verkauf eines steuerbegünstigten Sparbuchs konzentriert.

Diese frühere Ausrichtung auf ein Monoprodukt ist nicht ohne Bedeutung für die Ausbildungspolitik der Sparkassen. So haben die Sparkassen erst im Laufe der 80er Jahre nennenswerte Ausbildungsanstrengungen unternommen. Die für eine einfache Produktpalette notwendigen Kompetenzen konnten lange Zeit durch das Mittel des Lernens am Arbeitsplatz erworben werden; spezielle Ausbildungsgänge waren nicht notwendig. Im Prozeß der Produktdiversifikation gewann die Ausbildung jedoch stetig an Gewicht. Dabei setzten die Sparkas- sen zuerst fast ausschließlich auf Weiterbildungsmaßnahmen sowie auf grup- peneigene institutionelle Kurse, die zu Diplomen führten, die nur im Verband anerkannt waren. Im weiteren Verlauf der Produkterweiterung, die mit dem Ab- schluß der Konzentration im Sparkassensektor und den damit verbundenen Reorganisationsmaßnahmen einher ging, intensivierten die Sparkassen ihre Ausbildungsanstrengungen (Duet 1994; Quack/Hildebrandt 1995a).

Auch in der untersuchten Sparkasse wandelte sich die Rolle von Ausbil- dung. Wurde sie früher noch als eine finanzielle Verpflichtung („impôt“) ver- standen, so stellt sie heute eine Investition für das Institut dar. Bis Ende der

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