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(1)

Polynome

David Willimzig

1 Grundlagen

Wir beschäftigen uns zunächst mit Polynomen in einer Variablen x. Diese haben die Gestalt p(x) =anxn+. . .+a1x+a0 =

n

i=0

aixi.

Die Zahlen a0, a1, . . . , an werden Koezienten genannt und können ganze Zahlen (Z), rationale (Q), reelle (R) oder auch komplexe (C) Zahlen sein. Sogar Restklassen modulo n (Zn) sind möglich, denn auch dort hat man eine Addition und eine Multiplikation zur Verfügung.

Ist an≠0, dann heiÿt n=degp der Grad des Polynoms. Wennp das Nullpolynom ist, also alle Koezienten 0 sind, setzt man formal degp= −∞.

Beispiel 1. p1(x) = x3−2x2+5, p2(x) = −x4+

2x285, p3(x) = x7 −1 sind Polynome vom Grad 3,4 bzw. 7.

Zwei Polynomepundqsind gleich, wenn sie in allen Koezienten übereinstimmen. Wir können Polynome auch addieren, subtrahieren und multiplizieren:

Beispiel 2. Seien p=x2+1, q=x3+2x2+1. Dann ist ihre Summe p+q =x3+3x2+2. Beim Multiplizieren nutzen wir das Distributivgesetz:

pq= (x2+1) ⋅ (x3+2x2+1) =x5+2x4+x2+x3+2x2+1=x5+2x4+x3+3x2+1 Dabei beobachten wir, dass für die Grade von Summen- und Produktpolynom folgendes gilt:

(1)deg(p+q) ≤max{degp,degq}

(2)deg(pq) =degp+degq

Denn die höchsten Potenzen vonp+q müssen natürlich auch schon inpoder inq vorgekommen sein. Wenn degp ≠ degq ist, dann können sich die höchsten Potenzen von p und q nicht gegenseitig auslöschen und wir erhalten sogar Gleichheit in(1). Beim Multiplizieren haben wir ganz allgemein ein Produkt

pq= (anxn+. . .+a1x+a0) ⋅ (bmxm+. . .+b1x+b0)

=anbmxm+n+ Terme niedrigeren Grades

und wennan, bm≠0 waren, so ist auch anbm≠0 und m+n der Grad des Produktes.

(2)

Mit der Division verhält es sich etwas komplizierter, denn ähnlich den ganzen Zahlen geht die Division im Allgemeinen nicht auf:

Beispiel 3. Wir dividierenp(x) =x3+3x2+4x+4durchq(x) =x2+2x+1mit Polynomdivision:

(x3+3x2+4x+4) ∶ (x2+2x+1) =x+1 x3+2x2+x

x2+3x+4 x2+2x+1 x+3

und erhalten den Quotienten t(x) = x+1 und den Rest r(x) =x+3. Das Restpolynom r(x) hat einen kleineren Grad als der Divisor q(x).

Das Beispiel weist auf ein allgemeineres Ergebnis hin, das wir nun beweisen:

Satz 1 (Division mit Rest). Seien p, q Polynome, q≠0, und die Koezienten vonp, q reell.

Dann existieren zwei Polynomet, rmit reellen Koezienten, sodass p=tq+rund degr<degq. Die Polynome t, r sind hierdurch eindeutig bestimmt.

Beweis. Existenz: Induktion über degp

Induktionsanfang: Für solche p mit degp<degq wählen wir t=0, r=p.

Induktionsschritt: Seien nunp=anxn+. . .+a1x+a0, q=bmxm+. . .+b1x+b0 mit an, bm ≠0und n≥m. Wir betrachten t1= an

bmxn−m. Es ist t1q=

an

bmxn−m(bmxm+. . .+b1x+b0) =anxn+ Terme kleineren Grades

Setzen wir nun p1 =p−t1q, so ist degp1 <degp. Auf p1 können wir die Induktionsannahme anwenden: Es gibt also Polynomet2, r mitp1=t2q+r unddegr<degq. Daher istp=p1+t1q= t2q+r+t1q= (t1+t2)q+r und mit t=t1+t2 haben wir das Gewünschte.

Eindeutigkeit: Angenommen, es sei auch p=tq+r mit degr<degq. Dann ist tq+r=tq+r, also q(t−t) =r−r. Wäre nun t≠t, so wäre deg(t−t) ≥0, also

deg(r−r) =deg((t−t)q) =deg(t−t) +degq≥degq.

Andererseits ist deg(r−r) ≤max{degr, degr} <degq, Widerspruch. Also istt=t und somit r−r= (t−t)q=0, d.h. r=r.

Zusatz: Wennp, q nur ganze Zahlen als Koezienten haben und zudembm=1gilt, dann haben auch t, r lauter ganze Zahlen als Koezienten. Denn der Koezient bamn von t1 ist wieder eine ganze Zahl und somit hat auchp1=p−t1qnur ganzzahlige Koezienten. Wir haben also wieder die gleiche Situation für p1 wie bei p, wenn wir die Division fortführen. Induktion ergibt also, daÿ t ganzzahlige Koezienten hat und damit auch r=p−tq.

Falls bei der Divsion der Rest r=0 ist, so sagt man, q ist Teiler von p und schreibt q∣p.

(3)

2 Tricks beim Umgang mit Polynomen

Sei f ein Polynom vom Gradn und a∈R. Division von f durch x−a ergibt nach Satz 1 f(x) = (x−a)t(x) +r, r∈R, degt=n−1 (1) Setzen wir x=a in (1) ein, ergibt sich f(a) =r und somit

f(x) = (x−a)t(x) +f(a). (2)

Ist f(a) =0, so heiÿt a eine Nullstelle/Wurzel von f. Aus (2) folgt nun der Satz 2 (Faktorsatz). f(a) =0⇔f(x) = (x−a)t(x)mit einem Polynom t(x)

Sind etwa α1, α2 zwei verschiedene Nullstellen von f, können wir nach Satz2 schreiben f(x) = (x−α1)t(x) mit t(α2) =0, das heiÿt t(x) = (x−α2)t1(x).

Deshalb

f(x) = (x−α1)(x−α2)t1(x), degt1 =n−2.

Allgemein: Ist f ein Polynom vom Grad n und sind α1, α2, . . . , αn paarweise verschiedene Nullstellen von f, dann ist

f(x) =c(x−α1)(x−α2). . .(x−αn), c∈R

Aber woher wissen wir, obf überhaupt Nullstellen hat? Eine Antwort gibt der

Satz 3 (Fundamentalsatz der Algebra). Jedes Polynom f(x) = anxn+. . .+a1x+a0 mit Koezienten a0, a1, . . . , an∈C, n≥1, an≠0hat mindestens eine Nullstelle in C. (hier o.B.) Beispiel 4. Die Gleichung x2 +1 = 0 hat im Reellen keine Lösungen, denn x2 ≥ 0 für alle x ∈ R. Die imaginäre Einheit i wird jedoch so deniert, dass für sie i2 = −1 gilt. Also ist i2+1=0und damitieine Lösung vonx2+1=0. Ebenso ist übrigens auch−ieine Lösung, denn (−i)2+1= (−i)(−i) +1=i2+1=0. Also können wir schreiben p(x) =x2+1= (x−i)(x+i). Ist wieder f(x) = anxn+. . .+a1x+a0, so können wir nach dem Fundamentalsatz immer eine Lösungx1 von f(x) =0nden, also nach Satz 2einen Linearfaktor(x−x1)vonf(x)abspalten und ein Restpolynom t(x) bekommen, dessen höchster Koezient wieder an ist und für das degt = n −1 ist. Auf die Weise können wir den Grad des Restpolynoms insgesamt n−mal reduzieren. Somit können wir f(x) auch in der Form

f(x) =an(x−x1)(x−x2). . .(x−xn) (3) schreiben, wobeix1, x2, . . . , xn nun nicht notwendigerweise mehr verschieden sein müssen. Eine äquivalente Formulierung ist: Ein Polynom f(x) =anxn+. . .+a1x+a0 vom Grad n hat genau n Nullstellen. Wenn wir diese kennen, kennen wir auch das Polynom, bis auf einen konstanten Faktor.

Es folgt noch etwas Interessantes: Hat man ein Polynomp(x) =anxn+. . .+a1x+a0, wobei auch an =0 sein darf, also ein Polynom vom Grad ≤n, so hat es auch nur höchstens n Nullstellen.

Hat p aber mehr als n Nullstellen, so muss p bereits das Nullpolynom sein. Dieses bildet eine Ausnahme und hat alle reellen Zahlen als Nullstelle.

(4)

Weiter geht es mit ein paar Anwendungen des Faktorsatzes:

Sein∈N. Betrachte das Polynomf(a) =an−bnin der Variablena. Oenbar istf(b) =bn−bn=0, also gilt nach dem Faktorsatz a−b∣an−bn. Das Restpolynom istan−1+an−2b+. . .+abn−2+bn−1, denn

(a−b)(an−1+an−2b+. . .+abn−2+bn−1) =an+an−1b+an−2b2+. . .+a2bn−2+abn−1

−an−1b−an−2b2−. . .−a2bn−2−abn−1−bn

=an−bn.

Sei nunn∈Nund n ungerade. Betrachte das Polynom f(a) =an+bn in der Variablena. Dann giltf(−b) = (−b)n+bn= −bn+bn=0und aus dem Faktorsatz folgta+b∣an+bn. Das Restpolynom ist diesmal an−1−an−2b+. . .−abn−2+bn−1. Dabei wechseln sich die Vorzeichen immer ab, und weil wir n Summanden haben, steht vor dem letzten Summanden wieder ein +. In der Tat ist

(a+b)(an−1−an−2b+. . .−abn−2+bn−1) =an−an−1b+an−2b2∓. . .−a2bn−2+abn−1 +an−1b−an−2b2±. . .+a2bn−2−abn−1+bn

=an+bn.

Wir zeigen nun einen bei Olympiaden immer mal wieder nützlichen Satz:

Satz 4. Sei nun p ein Polynom mit Koezienten aus Z. Sind a, b ∈Z, a≠ b, dann sind a−b und p(a) −p(b) ganze Zahlen und es gilt

a−b∣p(a) −p(b). (4)

Beweis. Wir brauchen nur (4) zu zeigen. Division durch x−a ergibt wie in (2) p(x) = (x−a)q(x) +p(a)

⇔p(x) −p(a) = (x−a)q(x)

Nun hatx−aführenden Koezient1und die Koezienten vonpund vonx−asind ganzzahlig.

Aus dem Zusatz zu Satz 1 folgt: Auchq(x)hat lauter ganzzahlige Koezienten. Einsetzen von x=b ergibt schlieÿlich:

p(b) −p(a) = (b−a)q(b) und da b∈Z, ist auch q(b) ∈Z.

3 Ein paar Aufgaben

Aufgabe 1. Das Polynomphat den Gradnund nimmt fürk=0,1, . . . , ndie Wertep(k) = k+1k an. Bestimme den Wert p(n+1).

(5)

Lösung. Das Polynom p nimmt nur für k=0 den Wert 0 an, aber q(x) ∶= (x+1)p(x) −x ist vom Gradn+1und verschwindet fürk=0, . . . , n, wir kennen alson+1verschiedene Nullstellen von q. Aus dem Faktorsatz folgt

q(x) =a⋅x⋅ (x−1) ⋅ (x−2). . .(x−n)

Um a zu ermitteln, setzen wir x= −1ein und bekommen 1=a(−1)n+1(n+1)!. Also p(x) = (−1)n+1x(x−1). . .(x−n)/(n+1)!+x

x+1 und

p(n+1) =

⎧⎪

⎪⎪

1, wennn ungerade, n/(n+2), wennn gerade.

Aufgabe 2. Seien a, b, c drei paarweise verschiedene ganze Zahlen und sei p(x) ein Polynom mit ganzzahligen Koezienten. Man zeige, dass die Bedingungen

p(a) =b, p(b) =c und p(c) =a nicht gleichzeitig erfüllt werden können.

Lösung. Variante A: Angenommen, die Bedingungen seien erfüllt. Wir leiten einen Wider- spruch her: Da a eine Nullstelle von p(x) −b ist, hatp(x) −b den Teiler x−a. Also gibt es ein Polynomp1(x) mit ganzzahligen Koezienten, für das

p(x) −b= (x−a)p1(x) erfüllt ist. Analog gilt mit Polynomen p2, p3

p(x) −c= (x−b)p2(x) p(x) −a= (x−c)p3(x)

Unter a, b, c wählen wir das Paar mit maximaler absoluter Dierenz. Angenommen, diese ist

∣a−c∣. Dann folgt

∣a−b∣ < ∣a−c∣.

Setze nunx=cin der obersten Gleichung, so folgt a−b= (c−a)p1(c).

Da p1(c) eine ganze Zahl und ≠0ist (sonst wäre a=b), folgt ∣a−b∣ ≥ ∣c−a∣, Widerspruch.

Variante B: Wir können einen Widerspruch auch auf folgende Weise herleiten: Nach Satz 4 gilt a−b∣p(a) −p(b) =b−c

und analog

b−c∣c−a c−a∣a−b

Dann muss aber ∣a−b∣ = ∣b−c∣ = ∣c−a∣ gelten, also gibt es kein alleiniges Paar mit maximaler absoluter Dierenz. Daher können a, b, c nicht paarweise verschieden sein, Widerspruch.

(6)

Aufgabe 3. Gegeben sind2npaarweise verschiedene Zahlena1, . . . , an, b1, . . . , bnund einen×n- Tabelle, die auf folgende Weise ausgefüllt wurde: In dem Feld in der i-ten Zeile und der j−ten Spalte steht die Zahlai+bj.

Man beweise: Wenn das Produkt der Einträge in jeder Spalte gleich ist, dann ist auch das Produkt der Einträge in jeder Zeile gleich.

Lösung. Betrachte das Polynom f(x) =

n

i=1

(x+ai) −

n

j=1

(x−bj) vom Grad <n. Wenn

f(bj) =

n

i=1

(ai+bj) =c

für alle j = 1, . . . , n, dann hat das Polynom f(x) −c mindestens n verschiedene Nullstellen.

Daraus folgt f(x) −c=0 für alle x. Dann aber ist für alle i=1, . . . , n c=f(−ai) = −

n

j=1

(−ai−bj) = (−1)n+1

n

j=1

(ai+bj).

Werfen wir einen Blick hinter die Kulissen: Das Polynom f vereint in sich die Vorzüge, sowohl die Spalten- als auch die Zeilenprodukte als Werte anzunehmen, letzere jedenfalls bis auf einen konstanten Faktor, im Grad aber auch<nzu sein. Natürlich braucht es etwas Glück und sicher auch einen scharfen Blick, welches das richtige Polynom ist. Wie es scheint, sind Polynome immer für eine Überraschung gut.

4 Symmetrische Polynome

Den Aufhänger dieses Kapitels kennt jeder noch aus der Schule. Es ist dies der Satz von Vieta.

Wir schauen ihn uns für Gleichungen2. und 3. Grades an:

Satz 5 (Vieta). (a) Das Polynomf(x) =x2+px+q habe die Wurzeln x1, x2. Dann gilt p= −(x1+x2), q=x1x2. (5) (b) Das Polynom f(x) =x3+px2+qx+r habe die Wurzeln x1, x2, x3. Dann gilt

p= −(x1+x2+x3), q=x1x2+x2x3+x3x1, r= −x1x2x3. (6) Beweis. (a) Wir schreiben

x2+px+q= (x−x1)(x−x2) =x2− (x1+x2)x+x1x2. Die Behauptung folgt durch Koezientenvergleich.

(b) Wir schreiben

x3+px2+qx+r= (x−x1)(x−x2)(x−x3)

=x3− (x1+x2+x3)x2+ (x1x2+x2x3+x3x1)x−x1x2x3. Die Behauptung folgt wieder durch Koezientenvergleich.

(7)

Beispiel 5. Seienx1, x2, x3 die Wurzeln vonx3+3x2−7x+1. Was ist x21+x22+x23? Wir wissen nach dem Satz von Vietax1+x2+x3 = −3, x1x2+x2x3+x3x1 = −7, also

9= (x1+x2+x3)2=x21+x22+x23+2(x1x2+x2x3+x3x1) =x21+x22+x23−2⋅7⇒x21+x22+x23 =23.

Nun beschäftigen wir uns mit Polynomen in mehreren Variablen. Zu Beginn hatten wir gesehen, dass ein Polynom in einer Variablen aus Summanden aixi besteht, sogenannten Monomen. Ein Monom in zwei Variablen x, y ist ein Ausdruck der Form cxiyj. Allgemein: ein Monom in n Variablen x1, x2, . . . , xn ist ein Ausdruck der Form cxi11xi22. . . xinn. Ein Polynom in n Variablen x1, x2, . . . , xn

p(x1, x2, . . . , xn) = ∑cxi11xi22. . . xinn (7) ist einfach eine endliche Summe solcher Monome. Der Koezient c vor einem Monom kann natürlich immer verschieden sein.

Wir schauen uns die Polynome in zwei Variablen näher an: Sei f(x, y)ein solches. Da wir nur endlich viele Monome haben, gibt es sicher höchste Potenzen, in denenxundyauftreten. Seien die Exponenten davon n und m, dann können wirf(x, y) sortiert nach Potenzen aufschreiben:

f(x, y) =an,mxnym+an,m−1xnym−1+. . .+an,0xn +an−1,mxn−1ym+. . .

+a0,mym+a0,m−1ym−1+. . .+a0,0

Hier kann aber auchan,m=0sein, denn diexn−Potenz muss nicht zusammen mit derym−Potenz auftauchen. Man nehme zum Beispiel f(x, y) =x2+y2.

Ein Polynom f(x, y) heiÿt symmetrisch, wenn f(x, y) = f(y, x) für alle x, y. Wenn wir x und y austauschen, ändert sichf also nicht. Beispiele:

ˆ Die elementarsymmetrischen Polynome in x, y

σ1 =x+y, σ2 =xy.

ˆ Die Potenzsummen

si=xi+yi, i=0,1,2, . . . .

ˆ Nicht symmetrisch ist f(x, y) =x2+xy+y, dennf(y, x) =y2+yx+xund es gibt x, y mit x2+xy+y≠y2+yx+x, etwa (x, y) = (1,2).

Allgemein heiÿt das Polynom p(x1, x2, . . . , xn) symmetrisch, wenn x1, x2, . . . , xn beliebig ver- tauscht werden können, ohne dass das Polynom sich (bis auf die Reihenfolge der Summanden) verändert.

(8)

Satz 6 (Symmetrische Polynome). Ist f(x, y)symmetrisch in x, y, so kann f als Polynom in σ1 =x+y und σ2 =xy geschrieben werden.

Dieser Satz ist prinzipiell auf Polynome innVariablen übertragbar. Dann haben wir allerdings nicht nur 2, sondernnelementarsymmetrische Polynome. Wir bringen später noch eine Fassung für 3Variablen.

Beweis. (i) Zuerst für die Potenzsummen. Es gilt:

sn=xn+yn= (x+y)(xn−1+yn−1) −xy(xn−2+yn−2) =σ1sn−1−σ2sn−2. Wir haben also die Rekursion

s0 =2, s11, sn1sn−1−σ2sn−2, n≥2.

(ii) Nun kommt der Beweis für beliebige symmetrische Polynome. Terme der Form axkyk sind kein Problem, da axkyk = aσk2. Enthält f den Term bxiyk (i < k), so auch den Term bxkyi wegen der Symmetrie. Wir fassen diese Terme zusammen:

bxiyk+bxkyi=bxiyi(xk−i+yk−i) =bσi2sk−i. Aber sk−i kann durchσ1, σ2 ausgedrückt werden.

Zwei Beobachtungen stellen wir an dieser Stelle an:

ˆ Nichtlineare Systeme von Gleichungen, die symmetrisch in x, y sind, können durch die Substitution σ1 =x+y, σ2 =xy meist vereinfacht werden. Der Grad dieser Gleichungen wird dann kleiner sein, da σ2 =xy vom Grad 2 bezüglich x, y ist. Sobald wir σ1 und σ2 gefunden haben, können wir die quadratische Gleichungz2+pz+q=0, deren Lösungen x und y sind, einfach hinschreiben. Nach dem Satz von Vieta gilt ja p= −σ1, q=σ2. Also nden wir x, y als Lösungen z1, z2 der Gleichung

z2−σ1z+σ2 =0.

und die Lösungen des Gleichungssystems sind dann die Paare (x, y),(y, x), sofern diese verschieden sind. Dies probieren wir in Beispiel 6 aus.

ˆ Den umgekehrten Fall hatten wir schon in Beispiel 5. Dort war eine Gleichung x3+px2+ qx+r=0 mit Lösungen x1, x2, x3 gegeben. Nach Vieta kennen wir

x1+x2+x3 = −p, x1x2+x2x3+x3x1 =q, x1x2x3 = −r.

Für drei Variablen x, y, z sind die elementarsymmetrischen Polynome gerade σ1=x+y+z, σ2 =xy+yz+zx, σ3=xyz.

Da wir jedes symmetrische Polynom durch elementarsymmetrische Polynome ausdrücken können, wissen wir auch den Wert jedes symmetrischen Polynoms in den Lösungen x1, x2, x3, so etwa x21+x22+x23.

(9)

Beispiel 6. Finde alle reellen Lösungen (x, y)des Systems x+y=3,

x3+y3=9.

Setze σ1=x+y, σ2=xy. Um s3=x3+y3 inσ1, σ2 zu schreiben, wenden wir die Rekursion von vorhin an:

s21s1−σ2s021−2σ2

s31s2−σ2s1121−2σ2) −σ2σ113−3σ1σ2

Die erste Gleichung gibt σ1=3. Einsetzen in die zweite Gleichung ergibt σ2=2. Also sindx, y Lösungen der quadratischen Gleichung

A2−3A+2=0 mit Lösungen 1und 2.

⇒ (1,2),(2,1) sind die Lösungen des Systems.

Wir kommen nun zu der Fassung von Satz 6 für drei Variable x, y, z.

Satz 7 (Symmetrische Polynome II). Ist f(x, y, z) symmetrisch in x, y, z, so kann f als Polynom in σ1=x+y+z, σ2 =xy+yz+zx und σ3=xyz geschrieben werden. (hier o.B.) So können wir etwa die Potenzsummensi=xi+yi+zi, i=0,1,2, . . .durchσ1, σ2, σ3 ausdrücken.

Wir wissen bereits

s0=3, s11,

s212−2σ2 (aus Beispiel 6).

Wir suchen eine Formel für s3. Fangen wir mit einem Polynom an, in dems3 vorkommt. Dafür bietet sichσ13 an:

σ31 = (x+y+z)3 = (x+y+z)(x2+y2+z2+2xy+2yz+2zx)

= (x3+xy2+xz2+2x2y+2xyz+2x2z) + (x2y+y3+yz2+2xy2+2y2z+2xyz) + (x2z+y2z+z3+2xyz+2yz2+2xz2)

= (x3+y3+z3) +3xy(x+y) +3yz(y+z) +3zx(z+x) +6xyz

T rick!→ = (x3+y3+z3) +3xy(x+y+z) +3yz(x+y+z) +3zx(z+y+x) +6xyz−9xyz

= (x3+y3+z3) +3(xy+yz+zx)(x+y+z) −3xyz

=s3+3σ1σ2−3σ3 Daraus folgt

s313−3σ1σ2+3σ3.

(10)

Selbst die Anwendung im Bereich von Ungleichungen ist ersprieÿlich:

Beispiel 7. Faktorisiere den Termx3+y3+z3−3xyz. Wie folgt hieraus die AGM-Ungleichung für drei Variablen:

Für nichtnegative reelle Zahlen a, b, c gilt

3

abc≤a+b+c

3 (8)

wobei Gleichheit genau dann gilt, wenn a=b=c. Mit der vorherigen Formel:

x3+y3+z3−3xyz =s3−3σ313−3σ1σ2+3σ3−3σ3

112−3σ2)

= (x+y+z)(x2+y2+z2−xy−yz−zx). Wegen a, b, c ≥0 existieren die 3. Wurzeln, setze also x= 3

√a, y = 3

b, z= 3

√c. (8) geht dabei über in

xyz≤

x3+y3+z3 3

⇔ 0≤x3+y3+z3−3xyz

= (x+y+z)(x2+y2+z2−xy−yz−zx) Da x+y+z≥0, ist (8) also äquivalent zu

0≤x2+y2+z2−xy−yz−zx (9) Die rechte Seite erinnert an Teile von binomischen Formeln. Tatsächlich ist

x2+y2+z2−xy−yz−zx= 1

2[(x−y)2+ (y−z)2+ (z−x)2] ≥0.

Damit gilt (9). Gleichheit gilt oenbar genau dann, wenn x=y=z ⇔a=b=c.

Wo wir gerade dabei sind: Die häuger verwendete AGM-Ungleichung für 2 Variablen.

Für nichtnegative reelle Zahlen a, b gilt

ab≤a+b

2 (10)

mit Gleichheit genau dann, wenn a=b. Setze x=

√a, y=

b. (10) geht über in xy≤

x2+y2 2

⇔ 0≤x2+y2−2xy= (x−y)2 (11) (11) ist wahr, Gleichheit gilt genau dann, wenn

(11)

5 Ein paar Aufgaben mehr

Aufgabe 4. Die quadratische Gleichung x2+5x+7 = 0 hat die reellen Lösungen α und β. Welche quadratische Gleichung besitzt die beiden Lösungen (a) 1α und β1 bzw. (b) α12 und β12? Lösung. (a) Die Gleichung lautet nach dem Satz von Vieta

x2− (1 α+ 1

β)x+ 1 α ⋅ 1

β =0

⇔ x2− α+β

αβ x+ 1 αβ =0

Nun wissen wir aber - ebenfalls nach Vieta - die Werte α+β = −5, αβ = 7. Damit war die Gleichung

x2+ 5 7x+

1 7 =0 gesucht, oder mit ganzzahligen Koezienten

7x2+5x+1=0.

(b) Diese Gleichung lautet entsprechend x2

α22 α2β2 x+

1 α2β2 =0

⇔ x2

(α+β)2−2αβ (αβ)2 + 1

(αβ)2 =0

und somit

x2− 11 49x+

1 49=0 oder mit ganzzahligen Koezienten

49x2−11x+1=0.

(12)

Aufgabe 5. An der Wand steht eine Leiter der Länge 10m. Darunter bendet sich eine würfelförmige Kiste mit Kantenlänge 1m, so dass sich Leiter und Kiste berühren.

In welcher Höhe berührt die Leiter die Wand?

Lösung. Bezeichne die Katheten des hier abgebildeten rechtwinkligen Dreiecks mit a, b, sodaÿ a die Höhe an der Wand angebe. Dann gilt

a−1 1 =

a

b (Strahlensatz) (12)

a2+b2 =100 (Pythagoras) (13)

(12) ist äquivalent zua+b=ab. Andererseits ista2+b2 = (a+b)2−2ab. Mit z=a+b ergibt (13) z2−2z=100

also

z1,2 =1±

1+100⇒z =1+

101 wegen z≥0.

Andererseits sind a, b wegen z=a+b=ab Lösungen der Gleichung

A2−zA+z =0⇒A1,2 = z 2 ±

√ z2

4 −z

Wegena+b≥10(Dreiecksungleichung) sind beide Lösungen>0und wir erhalten als Katheten- längen

a= z 2+

√ z2

4 −z, b= z 2−

√ z2

4 −z mit z =1+

√ 101 oder umgekehrt. Numerisch ergibt sicha=9,938m odera=1.112m.

(13)

Aufgabe 6. Welche Lösungen besitzt das Gleichungssystem

x+y+z =1 (14)

x2+y2+z2 =17 (15)

x3+y3+z3 =1+xyz? (16)

Lösung. Setzen wir σ1=x+y+z, σ2=xy+yz+zx, σ3=xyz. Mit den Formeln, die wir vorhin hergeleitet haben, gilt

σ1=1 σ12−2σ2=17 σ31−3σ1σ2+3σ3=1+σ3.

Somit σ1 = 1, σ2 = −8 nach der zweiten und schlieÿlich σ3 = −12 nach der dritten Gleichung.

Wir erhalten x, y, z daher als Lösungen der Gleichung A3−σ1A22A−σ3 =0 (vgl. Beobachtung nach Satz 6), also

A3−A2−8A+12=0.

Nun ist A1 =2eine Lösung. Division durch (A-2) führt auf A2−A+6=0

mit den Lösungen A2=2, A3 = −3.Folglich ist (2,2,−3)eine Lösung des Systems. Die anderen Lösungen erhalten wir durch Vertauschen der Variablen, somit sind(2,2−3),(2,−3,2),(−3,2,2) alle Lösungen des Systems.

Literatur

[1] Arthur Engel, Problem Solving Strategies, Springer, New York, 1998 [2] Paul Jainta, Polynome, Die

WURZEL - Werkstatt Mathematik, 2000

[3] Prof. Reinhard Knörr, Lineare Algebra, Uni Rostock, Skript zur Vorlesung 2010/11

Referenzen

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