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Rückzahlung von Elterngeld

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VG Bayreuth, Urteil v. 22.05.2019 – B 3 K 18.676 Titel:

Rückzahlung von Elterngeld Normenketten:

BGB analog § 677, § 683 S. 1, § 812 BayVwVfG Art. 57

GG Art. 3 BV Art. 118

BayEUG Art. 1, Art. 6 Schlagworte:

Schulgeld, Elterngeld, Ganztagsschule, Anmeldung, Betreuung, Vertragsschluss, im eigenen Namen, Anfechtung, Leistung

Fundstelle:

BeckRS 2019, 48381  

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand 1

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung eines sogenannten Elterngeldes für den Besuch der Ganztagsschulklasse seiner Tochter an der … in den Monaten Mai bis August des Schuljahres 2013/14 in Höhe von monatlich 50 Euro.

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Die Klägerin ist Sachaufwandsträgerin der … und bietet seit dem Jahr 2010 durchgängig für alle Jahrgänge von der 1. bis zur 4. Klasse Ganztagsklassen mit Mittagsbetreuung und zusätzlichen pädagogischen Leistungen an. Der Unterricht in den Ganztagsklassen erfolgt montags bis donnerstags von 8.00 - 15:30 Uhr und freitags von 8:00 - 13:00 Uhr.

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Die Tochter des Beklagten wurde am 13.03.2011 für die 1. Klasse an der … angemeldet. Das hierzu durch den Beklagten ausgefüllte und unterschriebene Formblatt, welches ein Emblem der … trug, war mit

„Anmeldung für die Ganztagsschule im Schuljahr 2011/2012“ überschrieben. Es enthielt neben der auszufüllenden Daten der Schülerin und deren Erziehungsberechtigten eine Information über die

Schulzeiten. Dort hatte offenbar der Beklagte das Unterrichtsende für freitags, 12:15 Uhr, unterstrichen und handschriftlich in Klammern angefügt: „nicht 13 Uhr?“. Desweiteren enthielt das Formular eine kurze Kostenaufstellung folgenden Inhalts: „Die entstehenden Kosten setzen sich wie folgt zusammen: Elterngeld monatlich 50 Euro, Mittagessen täglich ca. 2,50 Euro.“ Eine Unterschrift eines Vertreters der Klägerin bzw.

der … war auf dem Formblatt nicht vorgesehen und wurde dementsprechend auch nicht geleistet. Das Konzept der gebundenen Ganztagsschule an der … war zuvor in ihren Räumen auf einer

Informationsveranstaltung im November 2010 vorgestellt worden. Dabei war den Eltern erläutert worden, dass sie für ihre Kinder wählen könnten zwischen dem Besuch einer „normalen“ Halbtagesschule und dem Besuch der Ganztagsschule, letzteres allerdings nur mit zusätzlicher pädagogischer Betreuung. Dabei war darauf hingewiesen worden, dass der Zugang zur Ganztagsschule nur möglich sei, wenn auch das

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zusätzliche pädagogische Angebot hierfür in Anspruch genommen und monatlich ein Elterngeld in Höhe von 50 Euro entrichtet werde. In einem Elternbrief vom 26.07.2012 wiesen der damalige Schulleiter der … sowie der Oberbürgermeister der Klägerin erneut darauf hin, dass die Schülerinnen und Schüler an der … neben dem Unterricht zusätzliche Angebote erhielten, die durch pädagogische Fachkräfte im Rahmen eines Kooperationsvertrages der Klägerin mit der …Stiftung erbracht würden. Hierfür sowie für das gemeinsame Mittagessen hätten die Eltern der Schülerinnen und Schüler in den gebundenen Ganztagsklassen monatlich ein „Elterngeld“ in Höhe von 100 Euro zu entrichten.

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Seit Beginn des Schuljahres … zahlte der Beklagte bis einschließlich April 2014 jeweils monatlich das geforderte Elterngeld in Höhe von 50 Euro. Von Mai 2014 bis einschließlich August 2014 stellte er die Zahlung zunächst ein, zahlte in der Folgezeit bis zum Wechsel seiner Tochter auf das Gymnasium schließlich aber wieder monatlich 50 Euro an die Klägerin. Im Schuljahr 2013/14 besuchte die Tochter des Beklagten die … an der … Ihre Schulzeit endete dort zum …

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Die Klägerin beantragte am 05.04.2016 beim Amtsgericht Coburg den Erlass eines Mahnbescheides gegen den Beklagten über eine Hauptforderung von 200,00 Euro für Lehrgangs- bzw. Unterrichtskosten und begründete ihren Anspruch nach dessen Widerspruch mit Schriftsatz vom 28.07.2016, der beim

Amtsgericht …am 26.08.2016 einging. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 13.12.2016 und 28.09.2017 wies das Amtsgericht … mit Urteil vom 19.01.2018 die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin hin hob das Landgericht … dieses Urteil durch Beschluss vom 13.06.2018 auf und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Bayreuth.

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Die Klägerin beantragt weiterhin:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die Hauptforderung in Höhe von 200,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszins seit Zustellung des Mahnbescheids, sowie die Nebenforderung in Höhe von 8 Euro zu zahlen.

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Sie trägt vor, an der … sei zusätzliches Personal eingesetzt worden, um eine über das gesetzlich vorgegebene Maß hinausgehende pädagogische Betreuung der Schülerinnen und Schüler der Ganztagsklassen zu gewährleisten.

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Im Unterschied zu einer regulären staatlichen Ganztagsschule gebe es an der … vier ausgewählte Fachkräfte, die mit einer Arbeitszeit von 13-18 Wochenstunden jeweils einer Klasse als zweite

Ansprechpartner zusätzlich zum Klassenlehrer zugeordnet seien. Diese seien am Vor- und Nachmittag teilweise mit im Unterricht und ermöglichten es so dem Lehrpersonal, Klassen zu teilen bzw. den Unterricht zu differenzieren. Auch außerunterrichtliche Projekte und Freizeitangebote würden von den

sozialpädagogischen Fachkräften vorbereitet und durchgeführt; sie vermittelten soziale Kompetenzen, seien Ansprechpartner bei Sorgen und förderten die Schülerinnen und Schüler individuell durch Arbeit in kleinen Gruppen. Zudem begleiteten sie die Kinder zu besonderen Unternehmungen wie Museumsbesuchen, Theater etc.

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Diese Leistungen seien auch von der Tochter des Beklagten in Anspruch genommen worden.

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Die Klägerin ist der Ansicht, zwischen den Parteien sei ein - privatrechtlicher oder jedenfalls öffentlich- rechtlicher - Vertrag wirksam zustande gekommen, der die Erbringung zusätzlicher pädagogischer Leistungen durch die … gegen Zahlung eines Elterngeldes in Höhe von 50 Euro monatlich und 600 Euro pro Kalenderjahr zum Inhalt habe.

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Zwischen den Parteien sei ein Dienstvertrag über zusätzliche pädagogische Leistungen in Form eines schuldrechtlichen Vertrages gem. §§ 611, 328 BGB geschlossen worden. Durch die Anmeldung der Tochter des Beklagten an der Schule sei ein Dauerschuldverhältnis begründet und bis zur Beendigung ihres

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Schulbesuchs fortgeführt worden. Jedenfalls durch die jahrelange Inanspruchnahme der Leistungen sei konkludent ein Vertragsverhältnis begründet worden.

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Dieser Vertrag sei durch den Beklagten auch nicht wirksam konkludent durch Einstellung der Zahlung angefochten worden. Hierzu fehle es bereits an einer Anfechtungserklärung gegenüber der Klägerin als Anfechtungsgegner gem. § 143 BGB. Jedenfalls sei die Anfechtungsfrist gem. § 124 BGB aber nicht eingehalten, da sie bereits ab Beginn des Schuleintritts lief. Zudem fehle es an einem Anfechtungsgrund;

insbesondere habe - anders als durch das Amtsgericht … angenommen - keine widerrechtliche Drohung gem. § 123 Abs. 1, 2 Alt. BGB stattgefunden. Es habe die Möglichkeit bestanden, die Tochter des Beklagten in eine Halbtagsklasse an der … oder an einer anderen Schule einzuschulen, weshalb kein künftiges Übel angedroht worden sei. Die für einen öffentlich-rechtlichen Vertrag erforderliche Schriftform sei gewahrt. Die Unterzeichnung beider Vertragsparteien auf einer Urkunde sei keineswegs zwingend. Die übereinstimmenden Willenserklärungen seien zweifelsfrei zu erkennen; die Abgabe der Willenserklärungen sei durch Unterzeichnung des Leistungsbegehrens in der Anmeldung, die Erteilung einer

Bankeinzugsermächtigung und den durch den Oberbürgermeister unterzeichneten Elternbrief schriftlich erfolgt.

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Der Vertrag sei auch nicht wegen Verstoßes gegen das Bayerische Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) sowie die hierzu ergangenen Richtlinien des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (BayStMUK) nichtig gem. § 134 BGB, da die erforderlichen Genehmigungen bzw.

Bestätigungen des Ministeriums vorlägen.

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Die … sei zum Schuljahr 2006/2007 als Modellschule für Ganztagsgrundschulen ausgewählt worden; zu diesem Zeitpunkt sei bereits die Erhebung von Elternbeiträgen zur Mitfinanzierung einer zusätzlichen sozialpädagogischen Kraft pro Ganztagsklasse vorgesehen gewesen. Zudem habe das BayStMUK eine Abweichung vom Regelfall der Kostenfreiheit gem. Ziffern 2.7.1. und 2.7.2. der Bekanntmachung zu gebundenen Ganztagsangeboten an Schulen vom 8. Juli 2013 genehmigt; die Voraussetzungen für eine Abweichung lägen auch nach Auslauf der Erprobungsphase noch vor.

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Gem. Art. 129 Abs. 2 der Bayerischen Verfassung (BV) sei nur der Unterricht an Grundschulen

unentgeltlich; das Elterngeld sei aber nicht für den Unterricht, sondern für die zusätzliche pädagogische Betreuung erhoben worden. Die grundsätzliche Schulgeldfreiheit des Besuchs öffentlicher Schulen gem.

Art. 23 Abs. 1 des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (BaySchFG) schließe freiwillige Beiträge der Erziehungsberechtigten zur Verbesserung der Schulverhältnisse nicht aus, zumal mit Art. 23 Abs. 2 BaySchFG dafür sogar explizit eine gesetzliche Grundlage bestehe.

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Die Klägerin führt weiter aus, dass, selbst wenn man nicht von einem wirksamen Vertragsschluss zwischen den Parteien ausgehen wolle, zu berücksichtigen sei, dass die Tochter des Beklagten die von der Klägerin erbrachte Leistung tatsächlich und mit Wissen und Wollen der Eltern in Anspruch genommen habe. Insofern ergebe sich über Art. 62 Satz 2 BayVwVfG die Anwendbarkeit der §§ 812 ff. BGB.

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Das Elterngeld sei aus Gründen der Vereinfachung der Zahlungsmodalitäten jeweils für 12 Monate erhoben worden, was den Eltern auch bekannt gewesen sei, sodass auch für den Monat August 2014, in dem aufgrund der Schulferien kein Schulbesuch stattfand, ein Anspruch auf Zahlung des noch ausstehenden Elterngeldes bestehe.

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Der Beklagte sei auch passivlegitimiert, da er nicht als Stellvertreter seines Kindes gehandelt habe, sondern ein Vertrag zu Gunsten Dritter (seiner Tochter) geschlossen worden sei. Der Beklagte habe nicht deutlich gemacht, in fremdem Namen handeln zu wollen. Solches sei auch der Anmeldung für die Ganztagsschule nicht zu entnehmen und stünde im Widerspruch zur erteilten Bankeinzugsermächtigung für das Elterngeld.

Zudem sei im Zweifel von einem Handeln im eigenen Namen auszugehen, was auch der Interessenlage

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des Vertragspartners entspreche, der durch Abschluss eines Vertrags zu Gunsten Dritter einen Anspruch gegen die regelmäßig leistungsfähigeren Eltern erhalten habe.

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Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

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Er trägt in tatsächlicher Hinsicht vor, die Klägerin habe für seine Tochter keine zusätzliche

sozialpädagogische Betreuung durch zusätzlich eingestelltes Personal zur Verfügung gestellt. Jedenfalls sei das Elterngeld in Höhe von 50 Euro für die Erbringung etwaiger Leistungen nicht erforderlich gewesen.

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Das Betreuungsangebot der Klägerin unterscheide sich nicht maßgeblich von dem einer normalen Ganztagsschule. Auch dort stünden zusätzliche Erzieherinnen bzw. Sozialpädagogen neben den Lehrern zur Verfügung und der Stundenanfall sei im Normalfall sogar höher als an der … An der … hätten nicht vier, sondern nur zwei bis drei pädagogische Betreuer zur Verfügung gestanden. Unternehmungen wie

Museumsbesuche oder Theater etc. würden auch an normalen Ganztagsschulen angeboten.

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Der Beklagte ist der Ansicht, es fehle an einer Rechtsgrundlage für die Geltendmachung eines Elterngeldes, die schon deshalb erforderlich sei, weil bezüglich dessen Zahlung nach der Leistungsfähigkeit der Eltern differenziert worden sei. Eine solche Differenzierung benötige bereits im Hinblick auf den

Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV) einer gesetzlichen Grundlage.

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Eine Rechtsgrundlage ergebe sich nicht aus dem Gesetz, insbesondere nicht aus dem BayEUG; vielmehr stehe dieses der Geltendmachung eines Elterngeldes entgegen.

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Eine entsprechende Vereinbarung über die Zahlung eines Elterngeldes sei mangels Vertragsbindungswillen des Beklagten nicht getroffen worden; jedenfalls sei ein Vertrag nicht wirksam zustande gekommen.

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Mit der Anmeldung seiner Tochter an der … sei lediglich deren Zugang zur Schule erfolgt, nicht aber auch der Umfang der Inanspruchnahme der Leistungen der … geregelt worden. Insbesondere ergebe sich aus der Anmeldung nicht, dass der Beklagte für seine Tochter zusätzliche, d.h. über das gesetzliche Maß hinausgehende, pädagogische Leistungen in Anspruch nimmt und hierfür 50 Euro pro Kind bezahlt, da lediglich von einem „Elterngeld“ von monatlich 50 Euro für den Besuch der Schule die Rede gewesen sei.

Dabei handele es sich um eine unzulässige Zugangsgebühr für den Besuch einer öffentlichen Schule. Eine mündliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten sei ebenfalls nicht getroffen worden. Zudem bedürfe eine solche ohnehin gem. Art. 57 BayVwVfG der Schriftform, da es sich dann um einen genuin öffentlich-

rechtlichen Vertrag handeln würde, nachdem er dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule gem.

Art.1 BayEUG zuzuordnen sei. Die Schriftform sei jedoch nicht gewahrt mit der Folge, dass die Vereinbarung nach Art. 62 BayVwvfG i.V.m. § 125 BGB unwirksam sei.

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Jedenfalls aber sei eine evtl. erfolgte Vereinbarung wegen Verstoßes gegen das BayEUG unwirksam.

Diesem samt den hierzu ergangenen Richtlinien des Ministeriums sei zu entnehmen, dass

Ganztagsangebote an Schulen, insbesondere Grundschulen, für die Dauer der verpflichtend vorgesehenen Bildungs- und Betreuungszeiten von 4 Wochentagen, jeweils im Zeitraum von 8 bis 16 Uhr, mit Ausnahme der Kosten für die Mittagsverpflegung, für Schülerinnen und Schüler grundsätzlich kostenfrei sein müssen.

Entgelte für zusätzliche Betreuungsangebote nach 16 Uhr oder für Betreuungsangebote an einem weiteren Wochentag könnten zwar vereinbart werden, eine solche Vereinbarung gebe es im vorliegenden Fall zwischen den Beteiligten aber nicht; derartige Betreuungsangebote seien an der … auch nicht angeboten worden. Ein Elterngeld dürfe daher allenfalls in „ganz begründeten Ausnahmefällen“ erhoben werden, was hier jedoch nicht vorliege, da sich das Ganztagsangebot der Oberen Volksschule Kulmbach nicht von den Ganztagsangeboten an anderen Grundschulen unterscheide.

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Zudem bestimme die Bayerische Verfassung in Art. 129 Abs. 2, einfachgesetzlich untermauert durch Art. 23 Abs. 1 BaySchFG, dass der Unterricht an Volksschulen und Berufsschulen unentgeltlich ist. Bei den durch die Klägerin angeführten zusätzlichen pädagogischen Leistungen handele es sich jedoch um Unterricht in diesem Sinne. Bei dem Elterngeld handele es sich auch nicht um freiwillige Beiträge i.S. des Art. 23 Abs. 1 BaySchFG, da den Eltern mitgeteilt wurde, dass sie ohne Zahlung des Elterngeldes das Ganztagsangebot überhaupt nicht in Anspruch nehmen könnten.

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Daher wäre eine evtl. Vereinbarung nach § 134 BGB i.V.m. Art. 62 BayVwVfG unwirksam.

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Ein etwaiger privatrechtlicher Vertrag sei durch den Beklagten jedenfalls wirksam angefochten worden. Ihm habe ein Anfechtungsrecht gem. § 123 BGB zugestanden, da ihm widerrechtlich gedroht worden sei und er außerdem von einem der Klägerin zuzurechnenden Dritten über den Inhalt der von der Klägerin zu

erbringenden Leistungen getäuscht worden sei. Die in Aussicht gestellten Konsequenzen bei fehlender Zahlung hätten ein empfindliches Übel für den Beklagten dargestellt, da er sich sonst gezwungen gesehen hätte, seinen Alltag anders zu organisieren und seine Tochter auf eine Schule hätte schicken müssen, die außerhalb ihres Schulsprengels liegt und die ihre Freunde daher nicht besuchen. Am Informationsabend der

… sei den Teilnehmern gegenüber zum Ausdruck gebracht worden, dass der Besuch der Schule nur möglich sei, wenn die zusätzlichen pädagogischen Leistungen in Anspruch genommen werden. Darin habe eine Täuschung gelegen, da der Schulbesuch kostenfrei zu erfolgen habe. Durch den Widerruf der von ihm erteilten Einzugsermächtigung habe der Beklagte seine Anfechtung auch gegenüber der Klägerin erklärt, wobei er sich seiner Bank als Erklärungsbote bedient habe. Der Beklagte führt weiter an, dass die Klägerin - unterstellt, ein wirksamer Vertrag wäre geschlossen worden - ihre Leistungen ohnehin nicht erbracht habe.

Da es sich um eine absolute Fixschuld gehandelt habe, die maßgeblichen Leistungszeiträume aber ohne Erbringung einer Leistung durch die Klägerin verstrichen seien, entfalle wegen des Ausschlusses der Leistung gem. § 275 Abs. 1 BGB nach § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB auch der Anspruch auf die Gegenleistung.

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Für den Monat August 2015 sei zudem schon deshalb kein Elterngeld zu entrichten gewesen, da seine Tochter die … bereits Ende Juli 2015 verlassen habe. Eine Vereinbarung darüber, dass das Elterngeld für das ganze Kalenderjahr, somit auch für den Ferienmonat August zu bezahlen sei, sei zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Daher bestehe diesbezüglich ein Rückzahlungsanspruch.

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Hilfsweise bestreitet der Beklagte seine Passivlegitimation. Wenn überhaupt sei eine schriftliche Vereinbarung im Hinblick auf das Elterngeld allenfalls mit seiner Tochter, vertreten durch ihren

Erziehungsberechtigten geschlossen worden. Gegen diese müsse sich die Klage deshalb allenfalls richten.

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Mit Gerichtsbescheid vom 01.02.2019 wies das Gericht die Klage ab.

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Mit Schriftsatz vom 07.03.2019 beantragte die Klägerin mündliche Verhandlung und die Beiladung des Freistaats Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus. Dessen Interessen würden durch die Verwaltungsstreitsache berührt. Dies belege insbesondere die

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 31.01.2018, KWMBl.

2018, S. 85 ff., welche sich mit gebundenen Ganztagsangeboten an bayerischen Schulen befasse.

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Mit Schriftsatz vom 16.05.2019 erklärte die Klägerin ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und regte an, die Berufung zuzulassen. Es handele sich bei dem Verfahren um ein Musterverfahren; die Handhabung der Klägerin bezüglich des Elterngeldes beschränke sich nicht auf die Beklagte.

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Auch der Beklagte teilte mit Schriftsatz vom 16.05.2019 mit, dass auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werde.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe 37

Der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht Bayreuth ist jedenfalls aufgrund der rechtskräftigen Verweisung der ursprünglich zum Amtsgericht … erhobenen Klage durch das Landgericht …eröffnet. Das

Verwaltungsgericht Bayreuth ist gem. § 17a Abs. 1 Satz 3 GVG an diese Verweisung gebunden.

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Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet.

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Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 250 Euro nicht zu, da sie keinen Anspruch auf Zahlung eines Elterngeldes in Höhe von monatlich 50 Euro für die Monate April bis August 2014 gegen den Beklagten hat.

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1. Ein Anspruch auf Zahlung von Elterngeld ergibt sich weder aus dem Gesetz, noch aus einer Benutzungs- oder Gebührensatzung der Klägerin.

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Weder das BaySchFG noch das BayEUG enthalten Bestimmungen, aus welchen sich eine

Anspruchsgrundlage für die Erhebung von Elterngeld für zusätzliche pädagogische Leistungen herleiten ließe. Vielmehr trägt gem. Art. 6 BaySchFG grundsätzlich der Staat den Personalaufwand und gem. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 BaySchFG die zuständige kommunale Körperschaft den Schulaufwand. Schulgeld wird an öffentlichen Schulen ausdrücklich nicht erhoben (Art. 23 Abs. 1 BaySchFG); es wird den

Erziehungsberechtigten lediglich freigestellt, freiwillige Beiträge zur Verbesserung der Schulverhältnisse zu leisten (Art. 23 Abs. 2 BaySchFG). Gem. Art. 6 Abs. 5 Satz 5 BayEUG erfolgt auch die Einrichtung

gebundener Ganztagsangebote, wie sie an der … angeboten werden, nach Maßgabe der hierfür im Haushalt bereit gestellten Stellen und Mittel.

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Selbst unter der Annahme, dass die durch die Klägerin angeführten zusätzlichen pädagogischen Leistungen nicht als Unterricht i.S.v. Art. 129 Abs. 2 BV zu werten wären und nicht schon deshalb von Verfassungs wegen unentgeltlich sein müssten, lässt sich den einschlägigen Gesetzen mithin keine Anspruchsgrundlage für die Erhebung von Elterngeld entnehmen.

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Eine entsprechende Benutzungs- oder Gebührensatzung der Klägerin existiert ebenfalls nicht.

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Insbesondere ergibt sich auch aus den Bekanntmachungen des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 01. August 2011 (KWMBl. 2011, S. 240 ff.) und vom 31. Januar 2018 (KWMBl.

2018, S. 85 ff.) keine Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Elterngeldes. Abgesehen davon, dass die Bekanntmachung eines Ministeriums mangels Rechtscharakters und damit mangels Verbindlichkeit schon keine taugliche Rechtsgrundlage für einen Anspruch sein kann, betonen diese Bekanntmachungen selbst, dass es zur Erhebung von Elternbeiträgen entsprechender Verträge bedarf. So lautet Ziffer 2.7 der Bekanntmachung vom 01. August 2011: „Gebundene Ganztagsangebote sind für die Dauer der verpflichtend vorgesehenen Bildungs- und Betreuungszeiten gemäß Nr. 2.1.2.1 von vier Wochentagen jeweils im Zeitraum von 8.00 Uhr bis 16:00 Uhr - mit Ausnahme der Kosten für die Mittagsverpflegung - für die Schülerinnen und Schüler grundsätzlich kostenfrei. Für zusätzliche Betreuungsangebote nach 16:00 Uhr oder für Betreuungsangebote an einem weiteren Wochentag können mit den Erziehungsberechtigten Entgelte vereinbart werden.“ In Ziffer 2.3.6 der Bekanntmachung vom 31. Januar 2018 heißt es: „Zur Finanzierung von Zusatzangeboten können Elternbeiträge erhoben werden.“ Dies wird ergänzt in Ziffer 2.7.2: „Für Zusatzangebote außerhalb der Kernzeit (z.B. Betreuungszeiten nach 16:00 Uhr oder an einem weiteren Wochentag) sowie für sonstige besondere Angebote während der Kernzeit können mit den Erziehungsberechtigten gemäß 2.3.6 Entgelte vereinbart werden.“ Hierdurch ist klargestellt, dass selbst

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nach Ansicht des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus eine Rechtsgrundlage für Elternbeiträge gerade noch nicht besteht, sondern in Form von Verträgen („Vereinbarungen“) erst geschaffen werden muss.

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2. Ein Anspruch besteht auch nicht aufgrund eines Vertrages zwischen den Beteiligten, da ein solcher nicht wirksam zustande kam.

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Eine derartige Vereinbarung über die Erbringung zusätzlicher pädagogischen Leistungen ist ein öffentlich- rechtlicher Vertrag, weil sich sein Gegenstand auf von der gesetzlichen Ordnung öffentlich-rechtlich geregelte Sachverhalte bezieht. Das ist der Fall, wenn die vertragliche Regelung bei einer gesetzlichen Gestaltung eine Norm des öffentlichen Rechts wäre oder wenn sich der Vertrag in einem engen und untrennbaren Zusammenhang mit einem nach Normen des öffentlichen Rechts zu beurteilenden

Sachverhalt befindet. So liegt es insbesondere dann, wenn der Vertragsgegenstand jedenfalls bis zu einem gewissen Maße durch eine öffentlich-rechtliche Vorschrift vornormiert ist (Eyermann/Rennert, VwGO, 14.

Aufl. 2014, § 40 Rn. 68). Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung hat die Erbringung pädagogischer Leistungen, insbesondere die fachgerechte Betreuung von Grundschulkindern, zum Gegenstand. Das BayEUG und das BaySchFG normieren u.a. die konkreten Aufgaben einer Schule sowie deren Finanzierung. Zu den Aufgaben einer Grundschule gehört gerade auch die Betreuung der

Schulkinder durch pädagogisches Personal sowohl während des Unterrichts als auch während der Pausen oder an der Schule stattfindender Freizeitaktivitäten. Aus diesem Grund besteht ein derart enger

Sachzusammenhang der Vereinbarung mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften, dass auch der Vertrag selbst als öffentlich-rechtlich einzustufen ist.

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Dieser wurde aber nicht wirksam geschlossen, da jedenfalls die gem. Art. 57 BayVwVfG erforderliche Schriftform nicht gewahrt wurde.

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Dafür müssen sowohl Angebot als auch Annahme dem jeweils anderen Vertragspartner zugehen; nicht erforderlich ist lediglich die Abgabe beider Willenserklärungen auf derselben Urkunde (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.08.1994 - 11 C 14.93). Das durch den Beklagten unterzeichnete Anmeldeformular, in welchem sich die Klausel über die Zahlung von Elterngeld in Höhe von monatlich 50 Euro findet, ist - einen

entsprechenden Vertragsbindungswillen unterstellt - als Angebot zu werten. Hingegen kann in der Ausgabe des Anmeldeformulars der … kein Angebot zum Abschluss eines Vertrages gesehen werden, da aus der Sicht eines objektiven Empfängers davon auszugehen ist, dass die Schule aus Kapazitätsgründen nicht jedes Kind in ihre Ganztagesklassen aufnehmen möchte und entsprechend durch die Ausgabe des Anmeldebogens nur eine Möglichkeit zur Angebotsabgabe schaffte (invitatio ad offerendum).

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Auf das (unterstellte) Angebot des Beklagten hin erfolgte keine schriftliche Annahme durch die Klägerin.

Insbesondere ist eine solche auch nicht in dem Elternbrief vom 26.07.2012 zu sehen, da dieser jeglichen Bezug zu dem Angebot vermissen lässt. Nicht nur wurde der Elternbrief erst mehr als ein Jahr nach der Anmeldung der Tochter des Beklagten an der … geschrieben; er ist zudem vollständig allgemein gehalten und enthält lediglich eine Information über die vermeintliche Zahlungsverpflichtung, nicht aber eine Erklärung bezogen auf konkrete Vertragsangebote der Eltern.

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Sämtliche sonstige gegebenenfalls mündlich abgegebene Erklärungen erfüllen die Schriftform schon nicht im Ansatz.

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Ungeachtet dessen wahrt das Anmeldeformular die gem. Art. 57 BayVwVfG erforderliche Schriftform bereits deshalb nicht, weil es keinerlei Angaben darüber enthält, für welche Leistungen der Klägerin das Elterngeld konkret zu zahlen war. Die wesentlichen Punkte eines öffentlich-rechtlichen Vertrages müssen sich jedoch aus dem schriftlichen Vertragstext selbst ergeben (Grundsatz der Urkundlichkeit). Nicht ausreichend ist es, wenn sie sich anhand von Umständen ermitteln lassen, die außerhalb des Vertragstextes liegen (BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 6.88). Das Anmeldeformular, das der Beklagte unterschrieben hat, gibt lediglich

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an, dass an der …ein Elterngeld von monatlich 50 Euro zu zahlen ist. Dass hierfür im Gegenzug die Schulkinder an der … ein verbessertes pädagogisches Betreuungsangebot in Anspruch nehmen können, folgt daraus nicht. Allein der Begriff „Elterngeld“ birgt jedenfalls keine Hinweise hierauf; bei verständiger Betrachtung des Inhalts des Anmeldeformulars wäre es ebenso denkbar, dass dieses Geld etwa für bestimmte Sachmittel (Hefte, Bücher, Computer o.ä.) zu zahlen sein sollte. Auch wenn das schulische Konzept und die konkreten pädagogischen Leistungen, die die Klägerin für die Schülerinnen und Schüler der … verspricht, ausführlich und detailliert auf einem Elternabend im November 2010 vorgestellt worden sein sollten, so genügt dies dem Schriftformerfordernis nicht, da sie sich dem Anmeldeformular selbst nicht entnehmen lassen. Lediglich durch die Aussage von bei dem Elternabend anwesenden Zeugen ließe sich rekonstruieren, was dort im Einzelnen gesprochen wurde; gerade dies soll durch das Schriftformerfordernis verhindert werden (Beweisfunktion).

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Ohnehin ist zweifelhaft, ob der öffentlich-rechtliche Vertrag nicht wegen Verstoßes gegen Art. 23 Abs. 1 BaySchFG gem. Art. 59 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig wäre. Nach Art. 23 Abs. 1 BaySchFG wird an öffentlichen Schulen kein Schulgeld erhoben. Diese Norm stellt eine einfachgesetzliche

Ausgestaltung des Art. 129 Abs. 2 BV dar, wonach der Unterricht an Berufs- und Volksschulen unentgeltlich ist. Angesichts des Umstands, dass die durch die Klägerin geltend gemachte zusätzliche pädagogische Betreuung ausschließlich während der Schulzeiten stattfand und offenbar insbesondere auf bessere Lernbedingungen und die Vermittlung sozialer Kompetenzen abzielte, spricht vieles dafür, diese Leistungen als von der Schuldgeldfreiheit umfasst anzusehen.

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3. Auch ergibt sich kein Zahlungsanspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag nach

§§ 683 Satz 1, 677 BGB analog.

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In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist inzwischen geklärt, dass die Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzlich auch im öffentlichen Recht Anwendung finden. Danach können die Geschäftsführer bei einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag gem. § 683 BGB analog die Erstattung ihrer Aufwendungen verlangen. Voraussetzung dafür ist das Vorliegen öffentlich-rechtlicher Rechtsbeziehungen, die Merkmale der bürgerlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag aufweisen.

Eine öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag liegt dann vor, wenn jemand (der Geschäftsführer) ein (öffentlich-rechtliches) Geschäft für einen anderen (den Geschäftsherrn) mit dessen wirklichem oder mutmaßlichem Willen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein (§ 677 BGB analog).

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Eine Geschäftsführung ohne Auftrag setzt demnach insbesondere voraus, dass ein Handeln ohne Auftrag oder gesetzliche Berechtigung erfolgt. Dies war vorliegend jedoch gerade nicht der Fall, da die Klägerin durch die pädagogische Betreuung der Grundschüler in Erfüllung ihr gesetzlich zugewiesener Aufgaben handelte. Auch wenn die erbrachten pädagogischen Leistungen möglicherweise über das gesetzlich vorgeschriebene (Mindest-) Maß hinausgingen, so fielen sie doch in den Aufgabenbereich der Schule, wie er sich aus Art. 2 BayEUG ergibt. Innerhalb dieses Aufgabenbereiches liegt es nach dem Gesetz

ausdrücklich im Verantwortungsbereich der Schule, den Unterricht, die Erziehung und das Schulleben im Rahmen des verfassungsrechtlichen Bildungsauftrags und der Rechts- und Verwaltungsvorschriften in eigener Verantwortung zu gestalten (Art. 2 Abs. 4 Satz 2 BayEUG). Aufgabe einer Schule ist nicht nur die Erteilung von Unterricht im Sinne konkreter Stoffvermittlung, sondern ganz allgemein die Gestaltung eines Schulalltages, der zur Umsetzung der in Art. 2 Abs. 1 BayEUG genannten Aufgaben beiträgt. Hierzu gehört selbstverständlich die fachgerechte Betreuung der Schülerinnen und Schüler während der Pausen und sonstiger Erholungszeiten, aber auch der Einsatz pädagogischer Fachkräfte, die neben dem Lehrpersonal eingesetzt werden, um die Schülerinnen und Schüler individueller zu fördern oder auch eine zeitweile Teilung der Klassen und die Durchführung besonderer Schulprojekte sowie Ausflüge zu ermöglichen. Dies alles ist von dem Gestaltungsspielraum der Schule umfasst, da er der Umsetzung ihrer Aufgaben dient.

Auch diese Fachkräfte werden in erster Linie dafür eingesetzt, um Kenntnisse und Fertigkeiten beizubringen und die Schulkinder etwa durch Vermittlung sozialer Kompetenzen zu erziehen. Die Klägerin handelte somit gerade nicht ohne Auftrag, sondern in Erfüllung eigener Aufgaben.

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4. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, der als eigenständiges Rechtsinstitut des Verwaltungsrechts anerkannt und darauf gerichtet ist, eine ohne Rechtsgrund eingetretene Vermögensverschiebung auszugleichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.09.2007 - 2 C 14.06). Er ist im Verhältnis zwischen Bürger und Körperschaft des öffentlichen Rechts zum Zwecke der Rückabwicklung rechtgrundlos erbrachter Leistungen oder sonstiger

rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen anwendbar und soll eine dem materiellen Recht nicht entsprechende Vermögensverschiebung korrigieren, was sinnvoll nur unter Berücksichtigung der

Rechtsbeziehungen möglich ist, in denen es zu dieser Vermögensverschiebung kam (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2004 - 5 C 71.03). Die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches sind erfüllt, wenn es zu einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung in entsprechender Anwendung der §§

812 ff. BGB kommt.

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Dies ist jedoch nicht der Fall, da die Leistung der Klägerin - soweit diese tatsächlich erbracht wurde - nicht ohne Rechtsgrund erfolgte bzw. eine Korrektur der Vermögensverschiebung nicht angezeigt ist, weil diese mit dem materiellen Recht in Einklang steht. Denn die pädagogischen Leistungen der … fielen alle in den Aufgabenbereich einer Schule, wie er sich aus Art. 2 BayEUG ergibt (s.o.). Es steht gem. Art. 2 Abs. 4 Satz 2 BayEUG im Verantwortungsbereich der Schule, ein geeignetes Konzept zu entwickeln und umzusetzen, um ihrem Bildungsauftrag nachzukommen. Dabei steht ihr ein Gestaltungsspielraum zu, sodass sie durchaus auch Leistungen anbieten kann, die gesetzlich nicht explizit vorgeschrieben bzw. an anderen Ganztagesschulen nicht üblich sind. Entscheidet sie sich für ein solches Konzept, so ist es mit dem materiellen Recht nicht unvereinbar, dass hierfür der Schulträger die Kosten trägt. Zwar stand der Tochter des Beklagten kein grundsätzlicher Anspruch auf Aufnahme in der Ganztagesschule zu (vgl. Art. 6 Abs. 5 Satz 6 BayEUG). Mit ihrer Aufnahme in die … entstand jedoch der Anspruch, dort auch ordnungsgemäß beschult zu werden. Ist hierfür aus Sicht der Klägerin die Hinzuziehung zusätzlicher Fachkräfte erforderlich, so muss sie auch die zusätzlichen Kosten hierfür übernehmen.

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Anderes könnte nur dann gelten, wenn die … gegenüber dem Beklagten bzw. seiner Tochter L. erbracht hätte, die über die in ihrem schulischen Konzept vorgesehenen hinausgingen (bspw. Gitarrenunterricht oder ein zusätzliches Sportangebot außerhalb der Schulzeiten), was insbesondere dann der Fall wäre, wenn diese Leistungen nur für einzelne Schulkinder erbracht worden wären. Die pädagogischen Leistungen, die die Klägerin geltend macht, waren jedoch für alle Kinder gleichermaßen vorgesehen und damit Teil des Gesamtkonzeptes der Schule.

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5. Als unterlegene Beteiligte hat die Klägerin nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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6. Die Berufung war nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der

Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. Happ, in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 36; BayVGH, Beschluss vom 30.12.2009 - Az. 15 ZB 09.1236; BVerwG, Beschluss vom 14.09.2012 - Az. 6 B 35/12). Dies ist hier nicht der Fall. Die hier zu entscheidenden Fragen mögen zwar auch in weiteren Fällen von

Bedeutung sein, da offenbar auch andere Eltern von Schülerinnen und Schülern der … Elterngeld

bezahlten. Sie bedürfen jedoch keiner berufungsgerichtlichen Klärung, da sie ausschließlich die spezifische Konstellation zwischen der Klägerin und den Erziehungsberechtigten der (ehemaligen) Schülerinnen und Schüler der … - und damit lediglich gleich liegende Einzelfälle - betreffen.

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