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Stunde Abs. 1 Satz 1 BGB Ha#ung für Verrichtungsgehilfen. Organisa9onsverschulden und Repräsentantenha#ung

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(1)

Stunde 6

1. § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB Ha#ung für Verrichtungs- gehilfen (Lehre vom Organisa9onsverschulden und Repräsentantenha#ung

2. Gefährdungsha#ung:

Tierhalterha#ung, Ha#ung im Straßenverkehr

(2)

Prinzip bei der Delega/on von Verkehrssicherungspflichten

Wer die Erfüllung einer VSP auf einer dritte Person überträgt, muss diese

1. sorgfältig auswählen und

2. sorgfältig ständig überwachen.

=> Haftung für Verrichtungsgehil- fen

(3)

Ha;ung für Verrichtungsgehilfen

§ 831 Ha'ung für den Verrichtungsgehilfen (1) 1Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dri@en widerrechtlich zufügt. 2Die Ersatzpflicht tri@

nicht ein, wenn der GeschäEsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder GerätschaEen zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(4)

§ 831 Absatz 1 BGB - Aufbau

1. Verrichtungsgehilfe = Person, die den Weisungen des Schuldners unterworfen,

2. wird mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn tätig und

3. verwirklicht Tatbestand und Rechtswidrig- keit einer unerlaubten Handlung nach (§ 823 Abs. 1 BGB). Im Falle des § 826 BGB auch Vorsatz.

4. Verschulden des Geschäftsherrn im Hinblick auf Auswahl und Überwachung des Verrichtungsgehilfen

-> Wird nach § 831 Absatz 1 Satz 2 BGB vermutet

-> Dezentralisierter Entlastungsbeweis möglich nach § 831 Absatz 1 Satz 2 BGB

4

(5)

Entlastungsbeweis

Prinzip: § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB ermöglicht prinzipiell einen dezentralisierten Entlastungsbeweis („Exkulpa4on).

Vorstandsvorsitzender

Prokurist

Polier

Arbeitnehmer verwirklicht § 823 Abs. 1 BGB

Die Spitze eines Unternehmens kann sich vom Vorwurf der unsorgfälJgen Auswahl und BeaufsichJgung der nächst niedrigeren Mitarbeiterstufe (Prokuristen, Vorstandsassistenten) entlasten, so dass sich der Geschädigte im Ergebnis an die Angestellten und Arbeiter halten muss, die unmiNelbar gehandelt haben; zugleich hohes Prozessrisiko für den Geschädigten, der nicht weiß, wer wen ausgewählt und beaufsichJgt hat.

Entlastung nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB

Entlastung nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB

Entlastung nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB

5

(6)

Beachte

Haften die Organe nach §§ 831 I 1, 823 oder 826 BGB wird die Haftung nach § 31 I BGB auf die Gesellschaft übergeleitet

§ 31 Ha'ung des Vereins für Organe

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dri@en zufügt.

(7)

Lehre vom Organisa5onsverschulden

Ausgangspunkt: Das Unternehmen haftet nach § 823 Abs. 1 BGB, wenn es eine unternehmerische Organisationspflicht verletzt hat. Die Organisationspflicht stellt eine Verkehrssicherungspflicht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB dar.

Wichtigste Pflichten:

1. Das Unternehmen muss so organisiert sein, dass die Unternehmensspitze unmittelbare und persönliche Verantwortung in Bereichen trägt, in denen es zu schweren Beeinträchtigungen absolut geschützter Rechtsgüter kommen kann. Konsequenz: Kann die Spitze sich in einem solchen Fall nach § 831 Absatz 1 Satz 2 BGB entlasten, hat das Unternehmen eine Organisationspflicht nach § 823 Absatz 1 BGB verletzt.

2. Eine Organisationspflicht ist auch verletzt, wenn die Mitarbeiter bei solchen Gefahren nicht im Hinblick auf ein sorgfaltsgemäßes Vorgehen instruiert werden.

Kritik: Die Wertungen des § 831 BGB werden unterlaufen.

Dagegen: Lehre vom Organisationsverschulden beschränkt sich auf Fälle schwerer Rechtsgutsverletzung.

7

(8)

Repräsentantenha;ung

Ausgangspunkt: Nach § 31 BGB ist dem Verein, das Verschulden seiner Organe zuzurechnen (vglb. § 278 BGB). Die Norm ist heute praktisch auf alle Gesellschaften (GmbH, AG, OHG, GbR nach §§ 705 ff. BGB als Außengesellschaft) anwendbar.

Lehre von der Repräsentantenhaftung: Anwendung des

§ 31 BGB nicht nur auf echte Organe und Vertreter der Gesellschaft (Geschäftsführer, Vorstand), sondern auf jeden Repräsentanten der Gesellschaft = Person, die eigenverantwortlich einen Aufgabenbereich leitet und keiner weiteren Aufsicht untersteht.

Lehre vom Organisationsverschulden: Unternehmern haftet aus § 823 Abs. 1 BGB, weil seine Spitze die Haftungsverantwortlichkeit nicht richtig organisiert

Repräsentantenhaftung: Unternehmen haftet aus § 823 Abs. 1 BGB für seine Arbeitnehmer, wenn diese als Repräsentanten des Unternehmens auftreten.

8

(9)

Fall 9

Die S-GmbH hat als Verlegerin das Buch

„Menschenversuche im Na]onalsozialis- mus herausgegeben. Darin wird aufgrund einer Namensverwechselung G als Lagerarzt des KZ Buchenwald genannt und einige, zur Tötung von Menschen führende Testreihen beschrieben. In Reak]on auf die Erscheinung des Buches verliert G seine Kassenzulassung, und ihm wird die Weiterführung seiner Praxis einstweilen untersagt. Zur Abschreckung verlangt er den Gewinn der S aus der Auflage des Buches, 300.000 €, als Entschädigung.

(10)

Fall 9

Die S beruft sich darauf, dass der Fehler dem bei S angestellten Lektor L unterlaufen sei: Dieser habe im Text des Manuskripts eine Silbe mit Hilfe des Computers durchgängig automatisch ersetzen lassen und dabei nicht bedacht, dass auch der Name des Lagerarztes verändert würde. Der Geschäftsführer der S kann belegen, L sorgfältig ausgewählt und laufend überwacht zu haben.

Allgemeine Anweisungen für die Bearbeitung der Manuskripte durch die „Suche-und-Ersetze- Funktion existieren im Verlag jedoch nicht.

Besteht der Anspruch des G gegen S?

(11)

Fall 9

Anspruch des G gegen S aus § 831 I 1 BGB

1. L als Verrichtungsgehilfe?

(12)

Fall 9

Anspruch des G gegen S aus § 831 I 1 BGB

1.L als Verrichtungsgehilfe?

Ist als Angestellter der S mit deren Wissen und Wollen tätig und ist dem S weisungsabhängig (§ 611a I 2 BGB).

(13)

Fall 9

Anspruch des G gegen S aus § 831 I 1 BGB

1.L als Verrichtungsgehilfe (+)

2.Hat L eine unerlaubte Handlung tatbestandlich und rechtswidrig begangen?

(14)

Fall 9

2. Unerlaubte Handlung begangen des L

(1) Nicht § 824 BGB, da diese

Norm nicht auf eine

Entschädigung iSd. 300.000 € gerichtet ist, sondern nur echten Schadensersatz

(Hinweis: Hier wäre auch eine andere Betrachtungsweise vertretbar)

(15)

Fall 9

2. Unerlaubte Handlung des L

Entschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeits- rechts (APR) des G nach § 823 I BGB.

(16)

Fall 9

Rechtswidrige Verletzung des APR des G nach § 823 I BGB?

(1) APR betroffen?

(17)

Fall 9

Rechtswidrige Verletzung des APR des G nach § 823 I BGB.

(1) APR betroffen: Sozialer Achtungsanspruch des G unmi_elbar berührt.

(2) Welche Sphäre?

(18)

Fall 9

Rechtswidrige Verletzung des APR des G nach § 823 I BGB.

(1) APR betroffen: Sozialer Achtungsanspruch des G unmittelbar berührt.

(2) Individualsphäre.

(3) Tatsachenbehauptung oder Werturteil?

(19)

Fall 9

Rechtswidrige Verletzung des APR des G nach § 823 I BGB.

(1) APR betroffen: Sozialer Achtungsanspruch des G unmi_elbar berührt.

(2) Individualsphäre.

(3) Unrich9ge Tatsachenbehaup- tung

(4) Rechtswidrigkeit?

(20)

Fall 9

Rechtswidrigkeit:

Art. 5 I 1 bzw. Abs. 3 (Wissenschaftsfreiheit) GG wegen Tatsachenbehauptung

Beachte: Tatsachenbehauptung ist falsch.

ÞVerdient keinen Grundrechts- schutz.

ÞVorrang des APR aus Artt. 1, 2 Abs. 1 GG

(21)

Fall 9

Rechtswidrige Verletzung des APR des G nach § 823 I BGB.

(1) APR betroffen: Sozialer Achtungsanspruch des G unmi_elbar berührt.

(2) Individualsphäre.

(3) Unrich9ge

Tatsachenbehauptung (4) Rechtswidrigkeit (+)

(22)

Fall 9

Anspruch des G gegen S aus § 831 I 1 BGB

1.L als Verrichtungsgehilfe (+)

2.L hat eine unerlaubte Handlung begangen.

3.Verschulden der S nach § 831 Abs. 1 Satz 2?

(23)

Fall 9

Verschulden der S nach § 831 Abs. 1 Satz 2?

Möglichkeit der Exkulpa9on

S den L sorgfäl9g ausgesucht und ständig überwacht

ÞKein Verschulden der S.

(24)

Fall 9

Anspruch des G gegen S aus § 831 I 1 BGB

1.L als Verrichtungsgehilfe (+)

2. L hat eine unerlaubte Handlung begangen.

3. Verschulden der S (-)

4. Ergebnis: Anspruch besteht nicht.

(25)

Fall 9

Anspruch des G gegen S aus

§ 823 I BGB

1. Absolut geschütztes Rechtsgut:

Rechswidrige Verletzung des APR (+)

2.Zurechnung gegenüber S?

(26)

Fall 9

Problem: Zurechnung gegenüber S?

a) Kausalität (+): Ohne die verlegerische Tätigkeit der S wäre G nicht in seinem APR rechtswidrigerweise verletzt worden.

(27)

Fall 9

b) Problem: Zurechnung gegenüber S?

MiAelbare Verletzungshandlung!

=> Die Verletzung des APR des G ist S nur zurechenbar, wenn sie eine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.

(28)

Fall 9

Verletzung einer Organisations- pflicht

Pflicht, das eigene Unternehmen so zu organisieren, dass Dritte nicht zu Schaden kommen

= Verkehrssicherungspflicht!

(auch genannt: Lehre vom Organisationsverschulden)

(29)

Fall 9

Zwei Inhalte: Bei Tä9gkeiten mit großem SchädigungspotenSal für DriAe:

1. Pflicht, den Betrieb so einzurichten, dass Fehler dieser Art verhindert werden und/oder

2. Pflicht, den Betrieb so zu organisieren, dass für Fehler dieser Art die Unternehmens- spitze ha#et!

(30)

Fall 9

Anwendung auf den Fall:

(1) S hat nicht durch Anweisungen, Qualitätskontrolle etc. verhindert, dass das APR Dritter verletzt wird.

(2) S hat auch den Ablauf nicht so organisiert, dass die Geschäftsführung von S unmittelbare

Haftungsverantwortung trägt.

Beachte: Nach (2) haftet S gerade dafür, dass sie keine Haftungsverant- wortung begründet hat, die auf sie, S, hinführt!

(31)

Fall 9

Problem:

Wird hier die Wertung des § 831 I 2 BGB durch die Lehre vom OrganisaNonsverschulden nach

§ 823 I BGB unterlaufen?

HM.:Nein. Diese Lehre greiT nur bei

besonders schweren

Rechtsgutsverletzungen.

Bezüglich dieser muss der Betrieb über § 831 I 2 BGB hinaus organisiert sein.

Hier: Fall einer besonders schweren Verletzung

(32)

Fall 9

Anspruch des G gegen S aus § 823 I BGB

1.Absolut geschütztes Recht: APR 2.Zurechnung gegenüber S (+)

3.Rechtswidrigkeit wg. Verletzung der Organisationspflicht.

4.Verschulden, wg. Verletzung der Organisationspflicht; Maßstab des

§ 276 II BGB vorgibt.

5.Schaden?

(33)

Fall 9

Schaden?

Entschädigung in Geld für Verletzung des APR, wenn

a)Verletzung besonders schwerwiegend ist

und

b) in anderer Weise nicht zu kompensieren.

Hier: Besondere Schwere bereits bejaht. Eine Kompensa9on durch Gegendarstellung bzw.

„Beipackze_el“ in Buch reicht wegen der breiten Streuung nicht (GegenA vertretbar).

(34)

Fall 9

Anspruch des G gegen S aus § 823 I BGB

1.Absolut geschütztes Rechtsgut(+)

1.Zurechnung gegenüber S (+) 2.Rechtswidrigkeit.

3.Verschulden.

4. Entschädigung (+)

(35)

Fall 9

Anspruch des G gegen S aus

§ 823 I BGB i.V.m. § 31 BGB (Lehre von der Repräsentanten- ha[ung).

(36)

Fall 9

Beachte: § 31 BGB ist eine Überleitungsnorm.

Die unerlaubte Handlung des L nach § 823 Abs. 1 BGB wird S komplett zugerechnet (Tatbe- stand, Rechtswidrigkeit und Schuld)

(37)

Fall 9

Anspruch des G gegen S aus § 823 I BGB (Lehre von der Repräsentantenha[ung) i.V.m.

§ 31 BGB.

1.Verletzung des APR (+) 2.Unmi_elbar durch L (+) 3.Rechtswidrigkeit (+)

4.Verschulden des L.

5.Zurechnung gegenüber der S nach § 31 BGB?

(38)

BGB

§ 31 Ha'ung des Vereins für Organe

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dri@en zufügt.

(39)

Fall 9

Haftet S für L nach § 31 BGB?

L ist kein Organ der S. Aber mglw.

verfassungsmäßig berufener Vertreter, weil er faktisch Führungsaufgaben wahrnimmt. S macht ihn mit der faktischen Aufgabenbetreuung zu ihrem Repräsentanten.

=> Anwendung des § 31 BGB

(40)

Fall 9

Anspruch des G gegen S aus § 823 I BGB (Lehre von der Repräsentantenhaftung,

Mindermeinung) i.V.m. § 31 BGB.

1.Verletzung des APR (+) 2.Unmittelbar durch L (+) 3.Rechtswidrigkeit (+)

4.Verschulden des L.

5.Zurechnung gegenüber der S nach § 31 BGB.

6.Schaden (+)

(41)

§ 831 BGB Unterschiede zu § 278 BGB:

! § 831 I 1 BGB ist eine eigene Anspruchsgrund-lage;

! § 831 BGB setzt kein Sonderrechtsverhältnis (Schuldverhältnis) zwischen den Parteien

voraus;

! Der Schuldner kann sich nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB entlasten; im Rahmen des § 278 BGB ist dies nicht möglich;

! anders als der Erfüllungsgehilfe in § 278 BGB ist der Verrichtungsgehilfe

weisungsgebunden.

Beachte noch: Doppelte Vermutung nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB: Vermutung der unsorgfäl]gen Auswahl und Beaufsich]gung des Gehilfen und Vermutung der Kausalität dieses Verschuldens für die Schädigung.

41

(42)

Überblick über sons5ge Tatbestände im Rahmen der §§ 823 ff. BGB (I)

§ 824 BGB (Anspruchsgrundlage):

Unwahre Tatsachenbehauptung schadet der Kreditwürdigkeit oder dem beruflichen Fortkommen.

§ 829 BGB (Anspruchsgrundlage)

BilligkeitshaEung in den Fällen der Unzurechnungsfähigkeit nach §§ 827, 828.

HaEungsgrund: Einkommensgefälle zwischen Täter, der leicht den Schadensersatz finanzieren kann und seinem Opfer.

§ 832 Abs. 1 Satz 1 BGB (Anspruchsgrundlage) HaEung der Aufsichtspflich]ge für Minderjährige oder Beaufsich]gungsbedürEige bei vermutetem Verschulden.

42

(43)

Überblick über sonstige Tatbestände im Rahmen der §§ 823 ff. BGB (II)

Haftung für Gebäudeschäden:

§ 836 BGB (Anspruchsgrundlage):

Verantwortlich ist der Grundstücksbesitzer, vermutetes Verschulden.

§ 837 BGB (Anspruchsgrundlage):

Gebäudebesitzer, vermutetes Verschulden.

§ 838 BGB (Anspruchsgrundlage):

Gebäudeunterhaltungspflichtiger, vermutetes Verschulden.

43

(44)

Tierhalterha)ung nach § 833 Satz 1 BGB

1. Tierhalter: übt die Herrschaft über das Tier aus und zieht den Nutzen aus dessen Haltung.

Tier dient nicht dem beruflichen Fortkommen (s.

Satz 2)

2. Körperverletzung, Gesundheitsbeschädigung oder Sachbeschädigung eingetreten.

3. Verursacht durch das Tier:

a) Kausalität (Äquivalenztheorie)

b) In der Verletzung muss sich die typische Tiergefahr verwirklichen

4. Haftungsausschluss bei Handeln auf eigene Gefahr. Opfer geht ein ggü. der normalen Tiergefahr deutlich erhöhtes Risiko aus freien Stücken ein. Bsp.: Gefahr des Reitens immer von

§ 833 Satz 1 BGB erfasst, nicht aber Gefahr beim Springen über ein Hindernis.

5. Evtl. Haftungsminderung nach § 254 BGB!

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(45)

Gefährdungsha;ung

Haftung ohne Rechtswidrigkeit und Verschulden.

Grund: Das Prinzip ausgleichender Gerechtigkeit. Wer die Vorteile aus dem Betrieb einer gefährlichen Sache zieht, muss für die korrespondierenden Nachteile (Haftungsschäden) Verantwortung tragen, ohne dass es auf Rechtswidrigkeit und Verschulden ankommt.

Wichtigste Fälle im Studium:

§ 7 StVG: Haftung des Halters eines Kfz

§ 833 Satz 1 BGB: Tierhalter

§ 701 Abs. 1 BGB: Haftung des Gastwirts für eingebrachte Sachen (str.; Oechsler VS, Rn 1426, 1429)

§ 1 HaftpflichtG: Eisenbahn

45

(46)

StVG

§ 7 Ha;ung des Halters, Schwarzfahrt

(1) Wird bei dem Betrieb eines KraTfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu besUmmt ist, von einem KraTfahrzeug mitgeführt zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das KraTfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des KraTfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des KraTfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das KraTfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(47)

Wich5ge Tatbestandsmerkmale in § 7 StVG (1) 1. Halter

nicht notwendig Eigentümer, sondern eine Person, die zwei Voraussetzungen erfüllt:

a) Sie muss aus dem Kfz Nutzen ziehen, dieses also für eigene Rechnung betreiben (Grund:

Haftung als ausgleichende Gerechtigkeit).

b) Sie muss die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Kfz haben, da sonst die Haftung nicht persönlich zurechenbar (Bsp.: gestohlenes Fahrzeug). Beachte hier § 7 Abs. 3 StVG!

2. Betrieb des Fahrzeugs

Früher: Maschinentechnischer Betriebsbegriff

= der Motor muss in Betrieb sein.

Heute: Entspricht nicht dem Schutzzweck des

§ 7 Abs. 1 StVG => funktionaler Betriebsbegriff.

Der Halter muss die Funktionen des Fahrzeugs nutzen (auch Be- und Entladen als Betrieb), dann ist Haftung geboten.

47

(48)

Wich5ge Tatbestandsmerkmale in § 7 StVG (2) 2. Betrieb des Fahrzeugs (Fortsetzung)

Grenze: Wo die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kfz keine Rolle spielt, das Fahrzeug also bpw. nur als Arbeitsmaschine eingesetzt wird: Motor läuft, um Öl in das Haus zu pumpen; vgl. BGHZ 79, 259, 263.

3. Keine Haftung bei höherer Gewalt nach § 7 Abs. 2 StVG (seltene Ausnahme). Zwei Voraussetzungen:

Schadenseintritt war selbst bei höchstmöglicher Sorgfalt nicht zu vermeiden

und

die Ursache hat mit dem normalen Fahrzeugbetrieb nichts zu tun, ist also betriebsfremd (Kfz wird gezielt zur Ermordung eines Polizisten eingesetzt).

48

(49)

Beachte auch!

Ein Mitverschulden kann nach § 9 StVG berücksich]gt werden. Darin liegt der Hauptanwendungsbereich des § 828 Abs. 2 BGB!

49

§ 9 Mitverschulden

Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Verletzten mitgewirkt, so finden die VorschriTen des § 254 des

Bürgerlichen Gesetzbuchs mit der Maßgabe Anwendung, dass im Fall der Beschädigung einer Sache das Verschulden desjenigen,

welcher die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Verletzten

gleichsteht.

(50)

Gefährdungsha'ung nach § 7 StVG - Au]au (1) Der Anspruchsgegner als Halter des

Fahrzeugs.

(2) Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts nach § 7 Abs. 1 StVG.

(3) Betrieb eines Fahrzeugs: stets maschinentechnischer und funk]onaler Betriebsbegriff erörtern.

(4) Innerer Zusammenhang zwischen (2) und (3): In der Verletzung des absolut geschützten Rechtsgutes muss sich gerade die spezifische Betriebsgefahr realisiert haben (zentraler Prüfpunkt).

(5) Keine höhere Gewalt nach § 7 Abs. 2 StVG (ebenfalls wich]ger Prüfpunkt)

(6) Schaden

50

(51)

Fall 10

Tammy (T) darf gelegentlich den Sportwagen ihres Vaters (V) benutzen, der mit einem straßenverkehrsrechtlich

zugelassenen mächtigen Turbolader ausgestattet ist. Letztes Wochenende besuchte sie mit dem Fahrzeug ihren Freund, der in einem kleinen rheinhessischen Dorf zu Hause ist. Das Fahrzeug wurde dabei am Straßenrand geparkt. Als T am Sonntagabend nach Hause fahren will und den Wagen wie gewöhnlich startet, erzeugt der starke Motor beim Startvorgang wie üblich ein aufbrausendes Geräusch.

(52)

Fall 10

Auf dem von der Straße aus nicht einsehbaren Hof des Nachbarhauses kommt es dadurch zu einem folgenschweren Ereignis: Dort trainiert nämlich gerade der Nachbar N ein ihm gehörendes,hoch gezüchtetes und nervöses Rennpferd für ein nahendes dörfliches Vereinsturnier. Durch das Motorengeräusch aufgeschreckt, bäumt sich das Pferd auf und wirT N aus dem Sa^el. Dieser erleidet einen schmerzhaTen Schulterbruch.

N entstehen Heilbehandlungskosten in Höhe von 7.000 €. Zugleich fordert er ein Schmerzensgeld, und zwar von V. Zu Recht?

(53)

Fall 10

I. N gegen V aus § 831 I 1 BGB 1. T als Verrichtungsgehilfin?

(54)

Fall 10

I. N gegen V aus § 831 I 1 BGB

1. T als Verrichtungsgehilfin?

Problem: Weisungsabhängig- keit? Starke Zweifel; können dahinstehen; denn:

2. Begeht T eine unerlaubte Handlung?

a)Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts des G (+)

b)Verletzung einer VSP? Nein:

Erlaubte Gefahr = Motor war zugelassen.

(55)

Fall 10

I. N gegen V aus § 831 I 1 BGB

1. T als Verrichtungsgehilfin?

Keine Weisungsabhängigkeit.

2. Begeht T eine unerlaubte Handlung (-)

3. Anspruch besteht nicht.

(56)

StVG

§ 7 Ha;ung des Halters, Schwarzfahrt

(1) Wird bei dem Betrieb eines KraTfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu besUmmt ist, von einem KraTfahrzeug mitgeführt zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das KraTfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des KraTfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des KraTfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das KraTfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(57)

Fall 10

I. N gegen V aus § 7 I StVG

1. V als Halter = Sachherrscha#

und primäre Nutzungsberech9- gung.

(58)

Fall 10

I. N gegen V aus § 7 I StVG 1. V als Halter?

Problem: V hat keine konkrete Sachherrschaft, da T das Kfz benutzt.

Aber: Freiwillige Überlassung auf Zeit beseitigt Halterschaft nicht (arg. e § 7 III StVG)

(59)

Fall 10

I. N gegen V aus § 7 I StVG 1. V als Halter (+)

2. Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts:

Gesundheitsverletzung.

3. Betrieb des Fahrzeugs?

(60)

Fall 10

I. N gegen V aus § 7 I StVG 1. V als Halter (+)

2. Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts:

Gesundheitsverletzung/Kör- perverletzung.

3. Betrieb eines Kfz?

Starten des Fahrzeug: sowohl im maschinentechnischen, als auch im funk9onalen Sinn Betrieb (beachte: Nicht nur

Fortbewegung!)

(61)

Fall 10

I. N gegen V aus § 7 I StVG 1. V als Halter (+)

2. Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts (+)

3. Betrieb eines Kfz (+)

4. Innerer Zusammenhang zwischen Betriebsgefahr und Verletzung?

(62)

Fall 10

Innerer Zusammenhang zwischen Betriebsgefahr und Verletzung?

1. Problem: Zählt zur Betriebsgefahr auch Motoren- lärm? Ganz h.M.: Ja.

(63)

Fall 10

Innerer Zusammenhang zwischen Betriebsgefahr und Verletzung?

2. Problem: Motorenbetrieb war straßenverkehrsrechtlich erlaubt.

-> spielt in § 7 I StVG keine Rolle, weil hier die Haftung nicht auf einem Rechtsverstoß, sondern auf Gefährdung gründet (Gefährdungshaftung)

(64)

Fall 10

3. Problem: Tiergefahr nach § 833 Satz 1 BGB spielte ebenfalls eine Rolle.

-> Beachte § 254 Abs. 1 BGB a.E.:

Es geht um die überwiegende Verursachung (nicht immer notwendig ein Verschulden)!

-> Beide Gefahren wirkten mit.

Keine Alles-Oder-Nichts- Entscheidung, sondern Berücksich9gung der Tiergefahr im Rahmen des § 9 StVG

(65)

StVG

§ 9 Mitverschulden

Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Verletzten mitgewirkt, so finden die Vorschri#en des § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit der Maßgabe Anwendung, dass im Fall der Beschädigung einer Sache das Verschulden desjenigen, welcher die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Verletzten gleichsteht.

(66)

Fall 10

I. N gegen V aus § 7 I StVG 1. V als Halter (+)

2. Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts (+)

3. Betrieb eines Kfz (+)

4. Innerer Zusammenhang zwischen Betriebsgefahr und Verletzung (+)

5. Schaden, allerdings gekürzt nach § 9 StVG i.V.m. § 833 Satz 1 BGB 30%

(67)

BGH NJW 2019, 2227

Halter S verschuldet mit seinem Kfz einen Auffahrunfall auf das Fahrzeug des X. Dieses wird in die Reparaturwerkstatt des G abgeschleppt und in einer Garage abgestellt. Aufgrund des Auffahrunfalls kommt es eineinhalb Tage später in der Nacht zu einem Kurzschluss im Fahrzeug. Dieses beginnt darauf zu brennen, und das Feuer ergreift die gesamte Garage des G. G verlangt von S Schadensersatz aus § 7 Abs. 1 StVG.

67

(68)

Gefährdungsha'ung nach § 9 StVG

§ 9 Mitverschulden

Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Verletzten mitgewirkt, so finden die Vorschri#en des § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit der Maßgabe Anwendung, dass im Fall der Beschädigung einer Sache das Verschulden desjenigen, welcher die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Verletzten gleichsteht.

68

(69)

§ 17 StVG

Schadensverursachung durch mehrere KraDfahrzeuge (1) Wird ein Schaden durch mehrere KraVfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem DriGen kraV Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die HaVung der Fahrzeughalter untereinander.

69

(70)

§ 18 StVG - Fahrzeugführer

70

§ 18 Ersatzpflicht des Fahrzeugführers

(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des KraEfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den VorschriEen der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.(2) Die VorschriE des § 16 findet entsprechende Anwendung.

(3) Ist in den Fällen des § 17 auch der Führer eines KraEfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so sind auf diese Verpflichtung in seinem Verhältnis zu den Haltern und Führern der anderen beteiligten KraEfahrzeuge, zu dem Tierhalter oder Eisenbahnunternehmer die VorschriEen des § 17 entsprechend anzuwenden.

(71)

§ 18 Abs. 1 StVG

Ha;ung für vermutetes Verschulden (vglb. § 831 I BGB)

1. Unfall iSd. § 7 Abs. 1 StVG

2. Anspruchsgegner ist Führer des Fahrzeugs (= Fahrer)

3. Anspruchsgegner kann sich nicht nach § § 18 I 2 StVG entlasten

71

(72)

§ 17 Abs. 2 StVG - Aufbau

1. Verursachung des Unfalls durch Gläubiger und Schuldner

2. Der Verursachungsbeitrag des Schuldners übersteigt den des Gläubigers:

- objektive Umstände wie Ge- schwindigkeit, Beschaffenheit des Kfz - subjektive Verschulden, Alkoholisierung

=> Bildung einer Haftungsquote

72

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