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Die Pflege des HIV-positiven und AIDS-kranken Kindes Pflege bei HIV

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Die Pflege des HIV-positiven und AIDS-kranken Kindes Pflege bei HIV

Jutta Schaefer und Sabine Schajor

Die Arbeit ist aufgrund ihres Umfang in drei Teile unterteilt:

1 Das Krankheitsbild HIV und der HIV Test (siehe Sachanalyse Schaefer &

Schajor 1 Teil)

2 HIV positiv: Wie geht’s weiter? (siehe Sachanalyse Schaefer & Schajor 2 Teil)

3 Pflege bei HIV

1 Stationäre Pflege

1.1 Vermeidung von Infektionen

Eine spezifische Pflege für an AIDS erkrankte Kinder gibt es nicht. Sie besteht hauptsächlich aus der Behandlung der Sekundärinfektionen, der Vermeidung von weiteren Infektionen und der psychischen Betreuung. Standardisierte Handlungs- muster sind bei der Betreuung dieser Kinder nicht zu empfehlen, da gerade sie individueller Pflege bedürfen. Da sich die Krankheit durch verschiedene Sekun- därinfektionen definiert, die von Kind zu Kind unterschiedlich sind, ist es auch nicht möglich, Pflegestandards zu entwerfen.

Die Kinder werden in der Regel auf interdisziplinären pädiatrischen Stationen ge- pflegt und nicht auf speziellen Isolationsstationen. Diese Maßnahme wäre auch nicht gerechtfertigt, weder aus hygienischen noch aus humanitären Gründen.

Wir sprechen bei der Pflege nur noch von AIDS-kranken Kindern, da die ”bloße”

HIV-Infektion keiner Pflege bedarf und die Kinder auch nicht stationär aufgenom- men werden. Ihre Beschwerden werden meist nur, wenn überhaupt vorhanden, symptomatisch behandelt und können im häusliche Bereich auskuriert werden.

Eine stationäre Betreuung wird oft erst nötig, wenn das Vollbild AIDS beginnt und die Kinder durch die immer kürzer werdenden infektionsfreien Intervalle und die verschiedenen Sekundärinfektionen immer schwächer werden. Sind die Kinder stationär aufgenommen, so ist eine wichtige Hauptaufgabe der Betreuung, zu ver- hindern, dass sie durch ihre herabgesetzte Immunabwehr nicht noch weiteren Er- regern ausgesetzt werden. Zum Schutz der erkrankten Kinder wurden Maßna h- men entwickelt, die in Form von Regeln für den täglichen Umgang mit den Pati- enten helfen sollen, weitere Infektionen zu vermeiden (Czudzewitz, Bennauer, Hohendahl, Nägeler-Kokott, Backes & Große,1997, S.518):

1. Intensive Händedesinfektion vor Betreten des Patientenzimmers.

2. Intensive Wisch- und Scheuerdesinfektion in der Umgebung des Patienten.

3. Genaue Beachtung der Gebrauchsregeln von Desinfektionsmitteln und Wech- sel von zugelassenen Desinfektionsmitteln, Resistenzvermeidung.

4. Genaue Beachtung der Vorschrift bei thermischer Desinfektion.

5. Für Material mit direktem Erregerkontakt Einwegmaterial verwenden (z.B. Ka- nülen).

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6. Therapeutische Gebrauchsartikel (Inhalationszubehör, Sauerstoffgeräte, Feuchtvernebler etc.) täglich desinfizieren bzw. sterilisieren und die Flüssig- keiten vor dem Gebrauch erneuern.

7. Betreuendes Personal mit Erkältungskrankheit (oder Herpes, Ergänz. d. Verf.) Mundschutz tragen.

8. HIV-positive Patienten müssen nicht isoliert werden, sollten aber nicht mit a n- deren infektiösen Patienten gemeinsam in einem Zimmer betreut werden.

9. Auf gründliche Körperhygiene und häufigen Wäschewechsel achten.

10. Schimmelbildung z.B. an Lebensmitteln oder in Blumenerde verhindern.

Der Grundpflege kommt im Rahmen der Infektionsprophylaxe eine große Bedeu- tung zu, ebenso wie der Krankenbeobachtung. Während der Grundpflege muss sehr sorgfältig gearbeitet werden und es müssen alle hygienischen Abläufe genau beachtet werden. Wichtig ist aber, weiterhin die Eigenständigkeit des Kindes zu wahren und zu fördern und es die Dinge der Körperpflege, die es beherrscht (z.B.

Zähne putzen, Haare kämmen usw.) selbstständig durchführen zu lassen. Eigene Toilettenartikel sind von großer Wichtigkeit, das Kind muss aber nur eine geson- derte Toilette benutzen, wenn es an Durchfällen oder gastrointestinalen Blutungen leidet (Meier, 1997). Das Kind darf solche Maßnahmen aber niemals als Ausgren- zung erleben. Altersgerechte Erklärungen über die Krankheit bzw. Infektiosität können helfen, bei den Kindern Verständnis zu erreichen.

Bei der Krankenbeobachtung muss sehr sorgfältig vorgegangen werden. Viele Medikamente, die die Kinder einnehmen müssen, haben gravierende Nebenwir- kungen. Ein leichter Husten oder Kopfschmerzen können wichtige Hinweise sein.

Da die Eltern in der Regel auch sehr viel mit dem Kind zusammen sind, können sie in diesem Bereich gut mit in die Pflege integriert werden.

Auch andere Symptome, die bei an AIDS erkrankten Kindern zu finden sind, müs- sen frühzeitig erkannt und, meist symptomatisch, behandelt werden. Hierzu zählen Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Müdigkeit, Leistungsabfall, Nackensteifigkeit, Nachtschweiß, trockener Husten, Atembeschwerden usw. Diese Symptome sind oft auch Zeichen für das Voranschreiten der Erkrankung und bedürfen unter Um- ständen einer Änderung der Medikation oder einer anderen Therapie. Auch des- halb ist es wichtig, dass die Pflegeperson Änderungen im Befinden des Kindes schnell erkennt, damit entsprechend gehandelt werden kann.

1.2 Ernährung

” Eine charakteristische Begleiterscheinung für HIV und AIDS sind Mangelernähr- ung und Kachexie. Diese verstärken möglicherweise die Störungen der spezifi- schen und unspezifischen Immunabwehr sowie eine Störung der Darm-Barriere gegen das Durchwandern intestinaler Bakterien” (Modellproramm AIDS und Kin- der, S. 115). Mangelernährung bei HIV und AIDS wird in der CDC-Klassifikation unter Stadium P2 A als Wasting-Syndrom genannt. Unter diesem versteht man einen unbeabsichtigten Gewichtsverlust von mehr als 10% des Ausgangsgewich- tes. Dieser Gewichtsverlust geht einher mit chronischen Diarrhoen, mit chroni- scher Schwäche und Fieber, wobei diese Symptome nicht durch andere Krank- heiten erklärbar sind. ”Die Ursachen (des Wasting-Syndroms) liegen in mangeln- der spontaner Nahrungsaufnahme, unzureichender Resorptionsleistung des Darms und erhöhtem Nährstoffbedarfes” (S. 115).

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Hinzu kommt, dass im Verlauf der HIV-Infektion chronische Krankheitsbilder auf- treten, die ebenfalls zu Mangelernährung führen, wie beispielsweise Infektionen des Gastrointestinaltraktes, Soor-Ösophagitis oder Enteritis. Beschrieben werden zusätzlich häufig auftretende Ernährungsprobleme wie mangelnder Appetit, Schluckstörungen durch Schmerzen bei der Nahrungsaufnahme, Übelkeit und Erbrechen, Oberbauchbeschwerden oder Anorexie. Durch eine Ernährungsthera- pie soll erreicht werden, dass die Kinder ein altersentsprechendes Körpergewicht und Körperlänge vorweisen, aber auch, dass das Proteindepot des Körpers e r- halten bleibt. Weitere Ziele sind die Vermeidung von Durchfällen, indem man die Lebensmittel eliminiert, die zu Intoleranz führen. Schließlich will man auch errei- chen, dass das subjektive Gefühl des Wohlbefindens gewahrt wird und die damit verbundene körperliche Aktivität, sowie das Aufrechterhalten sozialer Kontakte.

Die Ernährungstherapie lässt sich in verschiedene Stufen einteilen:

• Normal- bzw. Diätkost

• Ergänzung mit Trinknahrung und/oder Supplementen

• Enterale Ernährung per Sonde oder os

• Parenterale Ernährung , auch in Kombination mit enteraler Ernährung.

Normal- bzw. Diätkost

Bei Einweisung der Kinder in die Klinik wird durch Ermittlung von Körpergröße, Körpergewicht und anderen Daten ein Ernährungsanamnese des Kindes erstellt.

Durch diese Anamnese kann die Gewichtsentwicklung der letzten 2 Monate fest- gestellt werden. Außerdem soll ein mündliches Ernährungsprotokoll helfen, Hi n- weise auf Art und Menge der Nahrungsaufnahme und das Essverhalten des Kin- des zu bekommen. Die Eltern und das Kind werden darüber informiert, dass bei HIV und AIDS eine ausgewogene, vielseitige und abwechslungsreiche Ernährung angestrebt wird. Sie werden weiterhin auf die besondere Wichtigkeit der Na h- rungsmittelhygiene hingewiesen, da Erreger (z.B. Bakterien, Toxoplasmen, Sal- monellen) auch hier auftreten können, die der Gesundheit der Kinder schaden können.

Vor der eigentlichen Ernährungsberatung wird von Kindern und Eltern ein Ernä h- rungsprotokoll über mehrere Tage, einschließlich einem Wochenende, geführt, das konkrete Hinweise auf mögliche Fehler bei der Nahrungsaufnahme hinweisen soll. Generell gelten folgende Richtlinien (Modellprogramm AIDS und Kinder):

• Die Gesamtenergie sollte mindestens 35% über Normalbedarf liegen

• Der Proteinbedarf sollte altersentsprechend erhöht werden und sich vorzugs- weise aus tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln zusammensetzen.

• Fett eignet sich besonders aufgrund seiner Energiedichte zur kalorischen A n- reicherung

• Kohlenhydrate sind eine geeignete Ergänzung zur hochkalorischen Ernährung.

• Der Flüssigkeitsbedarf muss bei Nachtschweiß, Fieber, Erbrechen und Durch- fall entsprechend erhöht werden.

• Der erhöhte Bedarf an Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen sollte durch geeignete Präparate in altersgerechter Dosierung gedeckt werden Ergänzende Trinknahrungen

Kommt es trotz der oben beschriebenen Maßnahmen erneut zum Gewichtsstill- stand oder sogar zu einer Abnahme, muss überlegt werden, ob dem Kind zusätz- lich hochkalorische Trinknahrungen angeboten werden sollten. Diese Nahrungen

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haben einen Energiegehalt von 1-1,5 kcal/ml und sind altersentsprechend in Art und Menge zu dosieren. Diese Trinknahrungen sollten dem Kind als Zwischen- mahlzeit angeboten werden, über den Tag verteilt. Man kann sie je nach Ge- schmack warm oder als Kaltgetränk herrichten. Sie lassen sich zusätzlich für Mi x- getränke und zum Kochen und Backen verwenden. Hinsichtlich Geschmack und Konsistenz sind die Angebote unterschiedlich und die Kinder sollten sich selber für eines entscheiden, da nur so ein langfristiges Tolerieren möglich ist.

Enterale Ernährung

Sollte es trotz der eingeleiteten Maßnahmen zur Verschlechterung des Ernä h- rungszustandes kommen, muss überlegt werden, ob dem Kind durch eine Ernäh- rung über eine Sonde oder eine PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) geholfen werden kann. Für die Kinder einfacher zu tolerieren ist eine nächtliche Sondierung, was bedeutet, dass die temperierte Nahrung kontinuierlich über eine Ernährungspumpe verabreicht wird. Man sollte hierbei jedoch beachten, dass das Sättigungsgefühl bei den Kindern oft bis in den späten Vormittag andauert. Trotz- dem sollten sie zum Essen animiert werden. Kommt es schließlich zu einer totalen enteralen Ernährung (TEE), so reicht das nächtliche Sondieren nicht mehr aus und es muss nun auch tagsüber sondiert werden. Das sollte über die Einhaltung bestimmter Mahlzeiten erfolgen, nicht wahllos über den Tag verteilt. Eine Anleh- nung an bekannte familiäre Mahlzeiten wäre eine Art der zeitlichen Organisation.

Der Flüssigkeitsbedarf wird jedoch nicht über die TEE gedeckt und die Kinder müssen zusätzlich trinken oder sich weitere Flüssigkeit über die Sonde zuführen (lassen).

Die Medikamentengabe wird jetzt oft zum Problem, da die orale Nahrungsauf- nahme in diesem Stadium der Erkrankung schwierig ist. Dieses lässt sich aber lösen, indem die aufgelösten Medikamente über die PEG gegeben werden.

Jedoch kann es auch bei einer PEG zu Problemen kommen. Die Kinder klagen häufig über Völlegefühl, Übelkeit, Aufstoßen und Erbrechen. Es ist hilfreich, bei diesen Problemen die Nahrung langsam zu sondieren und die Dosen zu verklei- nern. Auch hier sollten die Kinder die Möglichkeit haben, zwischen verschiedenen Nahrungen und deren Verträglichkeiten auszusuchen (Modellprogramm AIDS und Kinder).

Parenterale Ernährung

Sobald die Erkrankung HIV/AIDS weiter fortschreitet, wird die Effektivität der orale und enteralen Ernährung oft durch gastrointestinale Probleme wie Übelkeit und Erbrechen verringert. Da jedoch eine adäquate Ernährung gewährleistet sein muss, kommt es nun zur parenteralen Ernährung. Diese ist sowohl als Ergänzung zur enteralen Nahrungsaufnahme möglich, sie ist aber auch als totale parenterale Ernährung durchführbar. Da es sich hierbei meist um eine längerfristige Thera- pieform handelt, empfiehlt sich das Legen eines zentralvenösen Dauerkatheters.

Zu diesem Zweck stehen in der Kinderheilkunde sowohl das Porth-a-cath-System wie auch der Hickman-Broviac-Katheter zur Verfügung. Die Vor- und Nachteile jedes Dauerkatheters sollen an dieser Stelle jedoch nicht diskutiert werden. Die Einstellung, Durchführung und Überwachung der parenteralen Ernährung erfolgt in der Folgezeit unter Aufsicht der Pädiater. Während dieser Zeit sollte immer wieder versucht werden, das Kind zu weiterer oraler Nahrungsaufnahme zu bringen, da bei etwaiger Gewichtsnormalisierung diese wieder besser toleriert werden und eine Umstellung nicht mit zu vielen Problemen verbunden ist. Sollte es der körper-

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liche Zustand des Kindes eine häusliche Betreuung zulassen, so muss entschie- den werden, ob mit der parenteralen Ernährungstherapie nicht auch unter häusli- chen Bedingungen fortgefahren werden kann. Aber auch in einem möglichen prä- finalen oder finalen Stadium des Kindes muss diese Überlegung angestellt wer- den, um dem Kind und der Familie ein Sterben zu Hause zu ermöglichen und trotzdem eine Ernährungstherapie und eine schmerzstillende Behandlung fortfüh- ren zu können.

1.3 Psychosoziale Betreuung im Krankenhaus

Zur pflegerischen Versorgung in der Kinderklinik gehört auch die psychische Betreuung des Kindes und seiner Eltern, bzw. der gesamten Familie. Bei unseren Angaben beziehen wir uns auf das Modellprogramm AIDS und Kinder, bei dem auch diese Art der Betreuung Bestandteil war. Ob in allen Kinderkliniken, in denen HIV-positive und AIDS-kranke Kinder behandelt werden, eine solche Betreuung möglich und durchführbar ist, wissen wir nicht, wir hoffen aber, dass es so oder ähnlich abläuft. Da es sich bei der Erkrankung AIDS um eine lebenslange Erkran- kung handelt, ist auch die Betreuung des betroffenen Kindes und seiner Familie langfristig angelegt. Sie wird in Intensität und Häufigkeit auf den einzelnen Pati- enten zugeschnitten und beginnt nicht erst bei der stationären Aufnahme, sondern bereits bei der ersten ambulanten Vorstellung des Kindes.

Bei der Diagnosemitteilung an die Eltern ist es wichtig, diese nicht mit dem unver- muteten und niederschmetternden Ergebnis allein zu lassen. Die Eltern brauchen jetzt Unterstützung, und dafür ist eine tragfähige vertrauensvolle Beziehung wich- tig. Deshalb wird empfohlen, dass an diesem Gespräch neben dem Arzt/der Ärztin immer noch ein/e psychosoziale/r Mitarbeiter/in teilnimmt. Diese/r kann dann ve r- suchen, eine Beziehung aufzubauen und den Eltern Unterstützung in jeder Hin- sicht zusichern, Dazu gehört auch die Begleitung nach Hause nach dem Ge- spräch, Hilfe bei der Informationssammlung über die Erkrankung, aber auch Be- gleitung in die Klinik. Immer wieder werden begleitende, stützende Gespräche a n- geboten über wichtige Themen, die die Eltern und, je nach Alter, auch das betrof- fene Kind beschäftigen.

Auch die Krisenintervention gehört zu der Betreuung, da sich oft ein Konflikt in vielfältiger Weise zuspitzt, der Patient oder die Familie emotional überschwemmt werden und nicht mehr in der Lage sind, Abwehrreaktionen zu produzieren oder aus eigener Kraft die Situation zu bewältigen. Außerdem hilft die Sozialberatung beim Zugang zu staatlichen und privaten Hilfen. Es werden Informationen zu Leistungen der Renten- und Krankenkassen gegeben und Hilfestellung geleistet bei den verschiedenen Antragsstellungen. Die meisten Kinder, die heute HIV- positiv oder AIDS-krank sind, sind Kinder von drogenabhängigen Müttern bzw.

Eltern. Die Begleitung dieser Menschen ist immer eine Gratwanderung und kom- biniert mit der Problematik eines infizierten Kindes besonders kompliziert. Die Ko- operation mit Beratungs- und Therapiestellen ist für den/die SozialarbeiterIn hier eine Hilfe, leider mangelt es aber wohl noch immer an Ärzten, die bereit sind, die- se Menschen zu betreuen.

Wichtig für die betroffene Familie sind die Gruppengespräche, die sowohl für posi- tive Mütter und/oder Väter und für Pflegefamilien mit einem HIV-positiven Kind angeboten werden. Hier geht es unter anderem auch um die Frage, wie und ob

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das Kind über die HIV-Infektion aufgeklärt werden soll oder nicht und durch wen diese Aufklärung stattfinden soll. Darüber hinaus gibt es auch therapeutische A n- gebote in verschiedenen Formen wie beispielsweise Familientherapie, Paarthera- pie, Mal- oder Spieltherapie.

Die Betreuung der hämophilen HIV-infizierten Jugendlichen und jungen Erwach- senen ist geprägt durch einen hohen Anteil an Leugnung der Infektion bzw. deren Konsequenzen und der Resignation am eigenen Schicksal. Die Betreuung besteht hier vornehmlich aus Einzelgesprächen mit dem Ziel, dass der Jugendliche die Krankheit akzeptiert und bereit ist, sich mit dieser auseinander zusetzen. Erfa h- rungen haben jedoch gezeigt, dass Gruppenangebote wie gemeinsame Freizeiten oder themenorientierte Arbeit nur von sehr wenigen Betroffenen angenommen wird.

Bei der unmittelbaren "Arbeit" mit dem betroffenen Kind in der HIV-Ambulanz be- stehen folgende Schwerpunkte: das Kennenlernen und Bilden einer Vertrauens- basis, die Reduzierung der Angst bei Blutentnahmen und Untersuchungen, kreati- ve Beschäftigungsangebote und Mal- und Spieltherapie. Eines der wichtigsten Teile der Begleitung und eine sehr belastende Situation für alle Beteiligten ist die Sterbebegleitung. Auch sie gehört in den Rahmen der psychosozialen Betreuung.

Eine Sterbebegleitung ist nur dann wirklich möglich, wenn das Kind lange vorher die Möglichkeit hatte, zu der oder den betreuenden Person/en eine tragfähige und vertrauensvolle Beziehung aufbauen konnte. Auch für die Eltern ist die Art der Be- ziehung wichtig, denn sie müssen zu der Frage angeregt werden, wo das Kind sterben soll, zu Hause oder in der Klinik. Im Team der betreuenden Personen muss geklärt werden, wer zu dem Kind und der Familie einen guten Kontakt hat und sie in dieser schweren Zeit begleiten kann. Es sollte eine feste Bezugsperson da sein, die als eine Art Bindeglied zwischen allen an der Betreuung beteiligten Personen fungiert und die die Wünsche der Eltern und des Kindes transportiert und für eine gute Kooperation sorgt, was in der Sterbephase besonders schwierig ist. Eine gute Kooperation und Organisation ist wichtig, da alle, die an der Sterbe- begleitung beteiligt sind, physisch und psychisch extrem belastet werden. Sie werden zunehmend sprachloser und empfindlicher.

Als besonders schwierig wird die Situation beschrieben, wenn aus medizinischer Sicht keine Maßnahmen zur Verbesserung des Gesundheitszustandes des ster- benden Kindes mehr möglich sind, und etwaige Eingriffsmöglichkeiten das Leiden des Kindes nur verlängern würden. Die Entscheidung, wie es weitergeht, muss im Team gefällt werden und steht häufig der Entscheidung der Eltern entgegen, die alles erdenklich Mögliche tun wollen, um ihr Kind zu retten. Hier brauchen die Pflegenden Stabilität und Standfestigkeit, um den Eltern die Haltung des Teams verständlich und akzeptierbar zu machen.

Für die Eltern ist die Situation aber noch unerträglicher, da oft zu dem Leid, ein Kind zu verlieren noch Schuldgefühle für diesen Tod hinzukommen. Meist sind sie selber auch HIV-positiv und sehen auf diese Weise zusätzlich ihrem eigenen Schicksal entgegen (Modellprogramm AIDS und Kinder).

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2 Therapie

Die Behandlung des HIV-infizierten Kindes wird in mehrere Bereiche unterteilt. Es gibt Maßnahmen, die der Vorbeugung dienen, Maßnahmen, die die Vermehrung des Virus hemmen sollen und Behandlungsmaßnahmen der opportunistischen Infektionen und anderer Erkrankungen (Immundefekt Ambulanz, 1997).

Zu den vorbeugenden Maßnahmen gehört die intravenöse Gabe von Immunglo- bulinen. Die Kinder leiden unter einer mangelnden Antikörperbildung und sind deshalb anfälliger für bakterielle Infektionen der Ohren, Lunge, Haut etc. und für schwere Verläufe von ”Kinderkrankheiten” wie z.B. Masern und Windpocken. Eine intravenöse Gabe von Immunglobulinen im Abstand von vier Wochen beugt die- sen Infektionen vor und hat für die Kinder keine schädlichen Nebenwirkungen. Ein Behandlungsbeginn wird für den Zeitpunkt empfohlen, wenn das HIV-infizierte Kind unter wiederholten Infektionen leidet. Durch die Immunglobulingaben kann die Häufigkeit von bakteriellen Infektionen deutlich gesenkt werden. Sie beein- flusst aber nicht die fortschreitende Zerstörung des Immunsystems. Im weiteren Verlauf der Infektion kann es zu einem Absinken der T-Helferzellen, die vor op- portunistischen Infektionen schützen sollen, kommen. Dann ist eine Einnahme von Antibiotika gegen eine Pneumozystis-carinii-Pneumonie (PcP) zu empfehlen, da dadurch diese Form der Pneumonie weitgehend vermieden werden kann.

Bei der Behandlung der HIV-Infektion wurden in den letzten Jahren enorme Fort- schritte erzielt. Möglicherweise lässt sich durch eine effektive Therapie der Aus- bruch von AIDS verhindern. Es ist bewiesen, dass sich der Gesundheitszustand und die Lebensqualität von bereits erkrankten Kindern deutlich verbessern. Eine Schwierigkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass viele der entdeckten Substanzen bisher (noch) nicht für die Therapie an Kindern zugelassen wurden. Die Medika- mente lassen sich in drei Wirkstoffgruppen einteilen:

1. Reverse Transkriptase Inhibitoren (RTI):

Die RTI hemmen ein wichtiges Eiweiß für die Virusvermehrung, die reverse Transkriptase, ohne dass der sonstige Körperstoffwechsel beeinträchtigt wird.

2. Nicht Nukleosidale Reverse Transkriptase Inhibitoren (NNRTI):

Die NNRTI hemmen auf eine andere Weise die reverse Transkriptase, indem sie daran gehindert wird, ihre Erbinformation in die Zelle einzubauen.

3. Protease-Inhibitoren (PI):

Die PI hemmen die Protease, ein Eiweiß, das am Ende des HIV- Vermehrungszyklus steht.

Die Kombination von RTI und PI zeigte sich den bisherigen Behandlungsmöglich- keiten überlegen. Bei vielen Patienten, insbesondere wenn diese noch nicht vor- behandelt waren, konnte die Viruslast auf Null (= unterhalb der Nachweisgrenze des Tests) gesenkt werden. Ein Problem bei der Therapie ist die regelmäßige und disziplinierte Einnahme der zahlreichen Medikamente. Es kommt häufig vor, dass der Tagesablauf den Zeiten der Medikamenteneinnahme angepasst wird. Für eine optimale Wirkungsweise vieler Medikamente ist es wichtig, sich genau an die vor- gegebenen Zeiten zu halten, z.B. nüchtern oder zu den Mahlzeiten. Eine medika- mentöse Therapie sollte möglichst früh einsetzen. Sie gilt als optimal, wenn unter Medikamenteneinnahme die Viruslast auf Null gesenkt werden kann. Das ist heute schon möglich (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 1996). Bei nicht regelmäßiger Einnahme der Medikamente besteht die Gefahr der Resistenzent-

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wicklung. Das bedeutet, dass das Virus sich verändert, und die Medikamente un- wirksam werden. Zu den möglichen Nebenwirkungen der Medikamente zählen die Verminderung roter und weißer Blutkörperchen, Entzündungen der Bauchspei- cheldrüse, Schädigungen der Nervenbahnen, Hautausschläge, Übelkeit und Erbrechen.

3 Die Rolle der Pflegeperson

Der Pflegeperson im stationären Bereich kommt eine wichtige Bedeutung zu.

Nicht nur die fachgerechte Betreuung der HIV-infizierten und AIDS-kranken Kinder bedarf eines großen Wissens und Einfühlungsvermögens. Nicht ausreichend über die Krankheit, ihre Entstehung und Übertragung informiert zu sein, führt unter Um- ständen auch bei Pflegepersonal zu Ablehnung, Unsicherheit und Angst vor A n- steckung. ”Die Krankheit AIDS hat in den vergangenen Jahren auch unter Kran- kenpflegepersonal zu erheblicher Verunsicherung, Angst und dem Gefühl wach- sender Bedrohung geführt. Die Reaktionen reichen von der Verdrängung des Problems AIDS bis zur offenen Weigerung, AIDS-Patienten zu betreuen, aber auch dem besonderen Engagement dem Patienten gegenüber. (...). Eine qualifi- zierte Versorgung der Patienten macht es erforderlich, daß alle im Pflegedienst tätigen Personen umfassend über die spezifischen psychosozialen Probleme von AIDS-Patienten informiert sind” (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 1991).

”Die Krankenpflege umfaßt den ganzen Menschen, neben der exakten Ausführung von Pflegemaßnahmen steht immer der Mensch in seiner Gesamtpersönlichkeit.

Die Pflege eines Aids-Kranken erfordert aber vom Pflegepersonal einen sehr ho- hen Einsatz und einen pflegerischen Aufwand, der häufig über das Normalmaß hinaus geht” (Brömmelhaus, 1990).

Die Betreuung der Eltern ist eine andere wichtige Aufgabe, für die sie vorbereitet sein muss. Zusätzlich zu den pflegerischen Kenntnissen, die sie vorweisen muss, muss die pflegende Person auch den psychischen Druck aushalten, der durch die besondere Situation auf ihr lastet. Betreuung von todkranken Kindern, Sterbebe- gleitung in der letzten Phase des Lebens dieser Kinder und die Begleitung der El- tern bedeuten eine große Verantwortung. Eine wesentliche Voraussetzung für die Sterbebegleitung ist die eigene Auseinandersetzung mit dem Tod. In dem Zu- sammenhang muss die Pflegeperson lernen, dass auch ihrer Arbeit Grenzen ge- setzt sind. Das Loslassen und Einsehen, wenn außer seelischen Beistand nichts mehr in ihrer ”Macht” steht, sind Dinge, die erst gelernt und durchgemacht werden müssen. Wichtig ist auch, Distanz einzuhalten und sich von der Art der Arbeit nicht ganz einnehmen zu lassen. ”Nähe ist gut, aber gewisse Distanz im richtigen Mo- ment ist ebenso notwendig, damit wir nicht mitleiden, mitsterben” (Bönsch, 1996, S.17). Die eigene psychische Belastung der Pflegeperson ist in dieser Zeit sehr hoch. Die Situation ist aussichtslos und hoffnungslos und deshalb sehr belastend.

Da aber außerdem die Betreuung der Eltern von der Pflegeperson gewährleistet sein soll, darf sie sich nicht zu stark in die Situation hineinziehen lasen, obwohl es auch für sie schwer ist auszuhalten, wenn ein junger Mensch stirbt. Auch die Per- sönlichkeitsänderung eines Menschen, dessen Gehirn mit dem Virus befallen ist, ist sehr belastend, denn auch hier steht nichts mehr aus, was gegen diesen Zu- stand getan werden könnte. Hier macht sich auch ein Gefühl der Hilflosigkeit be- merkbar. ”Gegenseitige Sympathie, Offenheit und Vertrauen sind Grundvoraus-

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setzung, damit man den gemeinsamen Kampf bis zum Tod auch durchsteht”

(Bönsch, 1996, S.16).

Zu den wichtigen Aufgaben der Kinderkrankenschwester/des Kinder-

krankenpflegers gehört aber auch, sich selbst vor einer Übertragung des HIV zu schützen. Um hierbei alle Möglichkeiten einer Übertragung auszuschließen, sind spezielle Schutzmaßnahmen in den Kinderkliniken, wo HIV-infizierte und AIDS- kranke Kinder gepflegt werden, eingeführt worden. Wegen der Wichtigkeit dieser Maßnahmen zitieren wir diese hier wörtlich (Brömmelhaus, 1990, S. 808).

”Schutzmaßnahmen im Umgang mit HIV-Infizierten und an Aids erkrankten Pati- enten:

• Händewaschen und Händedesinfektion

Nach jedem möglichen Kontakt mit erregerhaltigem Blut oder anderem Material muß eine hygienische Händedesinfektion mit einem alkoholischen Händedes- infektionsmittel durchgeführt werden. Die hygienische Händedesinfektion sollte unabhängig davon erfolgen, ob Handschuhe getragen wurden oder nicht. Bei normalem sozialem Kontakt mit dem Patienten, bei dem es zu keiner Kontami- nation der Hände gekommen ist, reicht das Händewaschen aus.

• Handschuhe

Handschuhe sollen getragen werden, wenn auch nur eine geringe Chance be- steht, daß die Hände mit Blut, Körperflüssigkeiten, Sekreten, Körperausschei- dungen oder Gegenständen, die damit beschmutzt sind, in Berührung kom- men. Handschuhe sollen von allen Personen bei Venenpunktionen, Endosko- pien, invasiven Untersuchungen usw. getragen werden. Handschuhe bieten nur dann Schutz vor Infektionen, wenn sie auch zum richtigen Zeitpunkt aus- gezogen werden und dann verworfen werden. Sonst werden primär saubere Gegenstände, wie Lichtschalter, Bedienungshebel, Türklinken, Telefonhörer usw. kontaminiert, die dann später selbst für den Träger oder andere Personen zur Infektionsquelle werden können.

• Kittel und Schutzschürzen

Kittel oder Schürzen sollen bei allen pflegerischen Maßnahmen getragen wer- den, besonders, wenn vorauszusehen ist, daß die Kleidung mit Blut, Körper- flüssigkeiten oder Ausscheidungen kontaminiert werden kann. In besonderen Fällen kann es notwendig sein, flüssigkeitsdichte Kittel oder Schürzen zu tra- gen.

• Gesichtsschutz

Gesichtsmasken sind normalerweise nicht notwendig, sollten jedoch bei länge- rem Kontakt mit hustenden Patienten, bei Durchführung von Endoskopien, In- tubationen, chirurgischen Maßnahmen und vaginalen Entbindungen getragen werden.

• Augenschutz

Das Tragen von Brillen wird bei Tätigkeiten empfohlen, bei denen Spritzen und Aerosole in Form von Blut und anderen Körperflüssigkeiten möglich sind. Für chirurgische Eingriffe sollte der Augenschutz im Operations- und Entbindungs- raum, bei Endoskopien, endotrachealer Intubation, bei Umgang mit Peritoneal- dialysat und beim Absaugen der Patienten verwendet werden.

• Umgang mit Proben

Wenn die Außenseite eines Behälters sichtbar mit Blut oder mit anderen Kör- perflüssigkeiten beschmutzt ist, sollte das Behältnis mit Desinfektionslösung abgewischt werden. Die Proben müssen in die vorgeschriebenen Behältnisse

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gegeben werden. Die Behältnisse müssen gut verschlossen werden, um ein Auslaufen der Flüssigkeit zu verhindern. Die Kennzeichnung als infektiöses Material ist erforderlich. Zur Blutentnahme sollte man geschlossene Blutent- nahmesysteme mit Ventilverschluß verwenden.

• Infektiöser Abfall

Alle Abfälle, die kontaminiert sind mit Blut, Körperflüssigkeiten und Sekreten, sollen als Abfälle der Gruppe B (hierzu werden keine weiteren Angaben ge- macht, Anm. d. Verf.) entsorgt werden. Bei der Entsorgung dieser Abfälle ist besonders darauf zu achten, daß auch Personen, die die weitere Entsorgung durchführen, nicht gefährdet sind. Spitze und scharfkantige Gegenstände müs- sen in stich- und bruchsicheren Behältnissen entsorgt werden (...).

• Wäsche

Wäsche wird in dichte, gut verschlossene Säcke entsorgt. Die Wäsche von HIV-positiven Patienten kann in gleicher Weise wie die Wäsche anderer Pati- enten entsorgt werden.

• Raumpflege und Flächendesinfektion

Zur Desinfektion und Reinigung der Patienten- und Behandlungszimmer kom- men alle Mittel und Verfahren in Frage, die in der Liste des Bundesgesund- heitsamtes als brauchbar für den Wirkungsbereich B, Inaktivierung von Viren, ausgewiesen sind. Reinigungsmaterialien müssen desinfiziert und gereinigt werden bevor sie an anderer Stelle eingesetzt werden.

• Einmalgeschirr

Einmalgeschirr und Bestecke werden im allgemeinen nicht empfohlen. Die chemisch-thermische Aufbereitung in Spülmaschinen ist ausreichend.

• Chirurgische Instrumente

Chirurgische Instrumente müssen vor der Reinigung desinfiziert werden, da bei der Reinigung immer die Gefahr der Verletzung besteht. Nach Desinfektion und Reinigung sind sie zu sterilisieren. Wenn sich alle Personen im pflegeri- schen Bereich immer korrekt verhalten und sorgfältig arbeiten, können sicher einige Infektionen verhindert werden.“

Natürlich unterliegt die Pflegeperson der Schweigepflicht. Die Einhaltung ist immer bei jeder Erkrankung unumgänglich. Im Falle von Kindern, die HIV-infiziert oder an AIDS erkrankt sind, kommt als Folge von Nichteinhalten dieser Pflicht unter Um- ständen hinzu, dass den Patienten bei Bekannt werden ihrer Erkrankung oder bei unbedachten Äußerungen außerhalb des Krankenhauses eventuelle Nachteile entstehen. Da jedoch die psychische Belastung für die Pflegeperson durch die Pflege dieser Kinder sehr hoch ist, muss vielleicht durch ein Gespräch versucht werden, diese Belastung abzubauen. Es ist aber hier sehr wichtig, patientenbezo- gene Daten trotzdem unerwähnt zu lassen, um den Schutz der Erkrankten zu wahren.

4 Schlussgedanken

Bei der Ausarbeitung dieser Sachanalyse ist uns bewusst geworden, wie viel- schichtig das Thema "HIV und AIDS" ist. Im Bezug auf alle Lebensbereiche haben wir an verschiedenen Stellen Berichte über diese Erkrankung und ihre Auswirkun- gen gefunden. In diesem letzten Absatz möchten wir auf einige eingehen und a u- ßerdem Gedanken und Ideen festhalten, die uns beim Verfassen der Sachanalyse durch den Kopf gegangen sind.

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Schon seit dem Auftauchen der ersten HIV- und AIDS-Fälle in den USA gibt es die These, dass der HI-Virus in den Laboren des CIA gezüchtet wurde, um Homose- xuelle im Rahmen einer Impfkampagne gegen Hepatitis Anfang der 70er Jahre in den Vereinigten Staaten mit HIV zu infizieren. Jetzt jedoch konnte diese Vermu- tung von zwei Wissenschaftlern widerlegt werden, die in der Blutprobe eines Afri- kaners, der 1959 starb, Überreste des HI-Virus nachweisen konnten. Somit wurde bewiesen, dass das Virus schon Jahre vor der angeblichen Attacke des CIA exis- tiert hat. Dieser Fund bestätigt also mehr die Annahme, dass sich HIV in Afrika entwickelt hat, kann aber keinen Aufschluss darüber geben, ob das Virus wirklich vom Affen auf den Menschen übertragen wurde und so erst zu einer tödlichen Be- drohung wurde.

Dieser Artikel zeigt unserer Meinung nach deutlich, dass der Wunsch besteht, ei- nen Schuldigen zu finden, der diese Krankheit über die Menschheit gebracht hat.

Wenn ein Schuldiger gefunden würde, wäre es leichter für die Betroffenen, sich mit ihrer Infektion auseinander zusetzen. Erwachsene hätten dann eine einfache

"Entschuldigung" für ihre Erkrankung und müssten nicht mehr ihre eigenen Le- bensgewohnheiten, wie z.B. ungeschützten Sexualverkehr, hinterfragen. Die Su- che nach einem Schuldigen ist für infizierte Kinder immer zwiespältig, da die Schuld fast immer bei den Eltern liegt. Sie selber sind auch in den Augen der Ge- sellschaft immer unschuldig an ihrer Erkrankung.

HIV-positive und AIDS-kranke Kinder sind als Adoptiv- oder Pflegekinder häufig zweitrangig. Es gibt Familien, die, aus welchen Gründen auch immer, vom Ju- gendamt als Adoptionsfamilien abgelehnt wurden. Ihnen wurde jedoch von der selben Stelle empfohlen, sich um die Adoption eines HIV-positiven oder AIDS- kranken Kindes zu bemühen (Arbeitskreis zur Förderung von Pflegekindern, 1993). Bevor sich eine Familie für die Aufnahme eines infizierten Kindes entschei- det, muss sie sich bewusst machen, welche Folgen sich daraus für ihr soziales Leben entwickeln. Voraussetzung für die Aufnahme eines HIV-positiven Kindes ist ein tragfähiges soziales Netz.

Wie bereits oben erwähnt, werden die Kinder nicht auf speziellen AIDS-Stationen gepflegt. Die Einrichtung solcher Stationen wurde zwar diskutiert, man entschied sich jedoch dagegen, da keine medizinische Notwendigkeit hierfür besteht und eine Ausgrenzung der Kinder noch verstärkt würde. Uns gefällt diese Vorgehens- weise, da sie exemplarisch für den Versuch steht, die Kinder in die Gesellschaft zu integrieren, was jedoch leider nicht immer möglich ist. In der Erwachsenenpflege gibt es spezielle AIDS-Stationen. Die dortigen PatientInnen werden isoliert von anderen Kranken gepflegt. Das bedeutet eine große Belastung für die PatientIn- nen und das Personal, da es ständig mit AIDS und sehr häufig auch mit dem Ste r- ben konfrontiert wird. Diese intensive Pflege und die daraus resultierenden Be- lastungen gibt es zwar auch in der Kinderkrankenpflege, durch die interdiszipinäre Belegung der Station versucht man jedoch den Kindern und dem Personal Mög- lichkeiten der Ablenkung zu bieten.

Generell ist uns aufgefallen, dass die Gesellschaft auch heute noch sehr stark mit Vorurteilen behaftet ist. Verschiedene Organisationen (z.B. die Deutsche AIDS- Hilfe) haben in den Medien große Aufklärungskampagnen gestartet, auch mit dem Ziel, Nicht-Betroffene über die Erkrankung und die Ansteckungswege zu informie- ren. Wie wenig Erfolg sie damit hatten, zeigt sich immer wieder, so beispielsweise

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bei den Versicherungsgesellschaften. "Die Versicherungsgesellschaften lehnen wegen des AIDS-Risikos Lebensversicherungsverträge mit schwulen Männern entweder ganz ab oder verlangen zumindest, daß der Interessent vorher einen HIV-Test zuläßt. Für schwule Männer empfiehlt es sich deshalb nicht, beim

Abschluß des Vertrages einen anderen Mann als Bezugsberechtigten anzugeben.

Der Interessent sollte zunächst eine Freundin als Bezugsberechtigte benennen.

Nach Erhalt der Police kann er dann der Versicherung mitteilen, daß nicht die Freundin, sondern der Partner der Bezugsberechtigte sein soll" (Herkommer,1997, S. 124). Erschreckend an dieser Vorgehensweise finden wir, dass scheinbar in den Augen der Versicherungsgesellschaften alle schwulen Männer HIV-positiv sind und den gegenteiligen Beweis erbringen müssen, um eine Lebensversiche- rung abschließen zu können. Deshalb finden wir es erwähnenswert, dass eine öffentliche Informationsschrift auf diesen Missstand aufmerksam macht.

AIDS ist keine Seuche wie andere. Man spricht oft von einer rasend schnellen Ausbreitung, verglichen mit anderen Seuchen wie Cholera, Pest und Tuberkulose verbreitet sie sich jedoch eher langsam. Auch der Übertragungsweg ist schwieri- ger. Tuberkulose beispielsweise kann durch Anhusten übertragen werden, was relativ schnell und einfach geschehen kann. Eine HIV-Übertragung ist schwieriger, da eine Infizierung bei sozialen Kontakten durch zwei Hautschichten, die des Vi- rusträgers und die des Gesunden, vermieden wird. AIDS ist mit einem großen Stigma behaftet. Dies fand man bisher bei keiner anderen Seuche. Das liegt dar- an, dass AIDS die großen Tabuthemen "Drogen" und "Sexualität" berührt.

Literatur

Arbeitskreis zur Förderung von Pflegekindern e.V. (Hg.).(1997). Pflegekinder Heft 1997, Perspektiven Rückblicke. Berlin.

Arbeitskreis zur Förderung von Pflegekindern e.V. (Hg.): (1993). Pflegekinder Sonderausgabe: HIV und AIDS bei Kindern, eine Herausforderung für die Jugend- hilfe. Berlin.

Bönsch, H. (1996). Pflege bei AIDS. Heilberufe 48, Heft 1, S. 14-17.

Brömmelhaus, H.(1990). Symptomatische Pflege und funktionsspezifische Maß- nahmen bei HIV-Infizierten und Aids-Kranken. Die Schwester/Der Pfleger, 29.

Jahrg., 9/90, S.806-808.

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hg.). (1990). AIDS und HIV- Infektion, Informationen für Mitarbeiter/-innen im Gesundheitsbereich. Köln.

Bundesgesundheitszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hg.).(1996). HIV und Aids, Fachinformation für die Patientenbetreuung. Köln.

Czudzewitz, U., Bennauer, M., Hohendahl, J., Nägeler-Kokott, H., Backes, E. &

Große, S. (1997). Die Pflege von Kindern mit HIV-Infektion. kinderkranken- schwester 26. Jg., Nr. 12, S.516-518.

Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (Hg.).(1996b). Frau. Mutter. Positiv. Berlin.

Herkommer, H. 1997. Informationen für Patienten mit HIV und AIDS. Frankfurt a.

Main.

Immundefekt-Ambulanz im Dr. von Haunerschen Kinderspital der Universität Mün- chen (Hg.).(1997). Kinder und AIDS; eine Informationsbroschüre. München.

Meier, M.(1997). Pflege bei Kindern mit Infektionskrankheiten - Aids. In H. Weg- mann (Hg.). Die professionelle Pflege des kranken Kindes. München.

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Modellprogramm AIDS und Kinder (ohne Jahr) Medizinische und psychosoziale Aspekte, Band 34, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit.

Smadja, D. (1993). Positiv leben; Ratgeber für HIV-Positive, ihre Freunde und Familie. Berlin.

Im Folgenden werden Adressen genannt, wo Informationsbroschüren angefordert werden können:

Deutsche AIDS-Hilfe e.V., Postfach 61 01 49, 10921 Berlin

HIV-Tagesklinik für Kinder, Kaiserin-Auguste-Victoria-Haus, Virchow-Klinikum, Heubnerweg 6, 14059 Berlin

Projekt "Kinder und AIDS", Arbeitskreis zur Förderung von Pflegekindern e.V., Geisbergstraße 30, 10777 Berlin

Elterninitiative HIV-betroffener Kinder e.V., Burscheider Straße 33, 40591 Düssel- dorf

Universitäts-Kinderklinik Düsseldorf, Moorenstraße 5, 40225 Düsseldorf Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, BzgA, 51101 Köln

Dr. von Haunersches Kinderspital der Universität München, Lindwurmstraße 4, 80337 München

Kontaktadresse:

Jutta Schaefer Knöpgerweg 1 52074 Aachen

Referenzen

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