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Muscheln und Schnecken in der Grottenbaukunst

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Academic year: 2022

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Muscheln und Schnecken in der Grottenbaukunst

Theoretische Grundlagen der Grottenbaukunst

Maßnahmen hinsichtlich der Restaurierung und Konservierung an Muscheln und Schnecken im deutschsprachigem Raum

Facharbeit WiSe 2008 / 2009

(2)

Inhaltsangabe

Einleitung... 3

TEIL I ... 4

1 Begriffsdefinitionen ... 5

1.1 Grotte... 5

1.2 Conchylien... 5

1.3 Muscheln ... 6

1.4 Schnecken... 7

2 Entwicklung der Grottenarchitektur ... 7

2.1 Erste archäologische und schriftliche Quellen ... 8

2.2 Entwicklung der Grottenbaukunst in Italien... 9

2.3 Entwicklung der Grottenbaukunst in Frankreich ... 9

2.4 Entwicklung der Grottenbaukunst in Deutschland ... 10

3 Grottenbautypen ... 10

3.1. Grottenbautypen unterschiedlicher Architektur... 10

3.1.1 Grottenberge... 10

3.1.2 Pavillongrotte ... 11

3.1.3 Futtermauergrotte ... 11

3.1.4 Sala terrena ... 12

3.2 Grottenbautypen unterschiedlicher Innenraumgestaltung... 13

3.2.1 Naturgrotte („grotte rustique“) ... 13

3.2.2 Architektonische Grotte mit Mosaiküberzug... 13

3.2.3 Exkurs Muschelinkrustationen ... 14

4 Anleitung zum Grottenbau aus historischen Quellenschriften... 15

4.1 Der Grottenbau nach Josephum Furttenbach... 15

4.2 Der Grottenbau nach D. Johann Georg Krünitz ... 18

TEIL II ... 20

Vorbemerkung... 21

5 Durchgeführte Maßnahmen an Muscheln und Schnecken an einigen exemplarischen Grotten in Deutschland ... 22

5.1 Muschelgrotte des Beuchlitzer Schlösschens in Holleben bei Halle (Saale)... 22

5.2 Der Grottensaal im Neuen Palais ... 26

5.3 Weitere Grotten in Potsdam... 35

5.4 Das Schneckenhaus im Hofgarten von Schloss Veitshöchheim... 41

5.5 Die Grotten von Schloss Neuburg a. d. Donau... 44

5.6 Die Grottenhalle der Münchner Residenz... 46

5.6.1 Exkurs Laserreinigung ... 53

5.7 Aufsatzsekretär mit Muscheldekor aus dem Stadtmuseum Köln ... 54

(3)

6 Durchgeführte Maßnahmen an Muscheln und Schnecken an einigen exemplarischen Grotten

in Österreich... 57

6.1 Die Grotten von Schloss Hellbrunn in Salzburg ... 57

7 Zusammenfassung ... 61

Die Grotten von Schloss Hellbrunn... 63

8 Anhang... 64

Abbildungsverzeichnis ... 64

Literaturverzeichnis... 67

(4)

Einleitung

Als Grotte bezeichnet man die künstliche Nachbildung einer Höhle, die bereits eine hohe Beliebtheit in der Antike genoss und im 16. – 18. Jahrhundert eine Renaissance feierte. Speziell im 18. Jahrhundert schmückte man die Grotten weiter aus mit Felstrümmern, Muscheln, Schnecken und zahlreichen Minerale, so dass jener geheimnisvolle Raum in keinen „Lust- und Thiergärten“ 1 fürstlicher Paläste mehr fehlen durfte.

In der vorliegenden Facharbeit wird sich der Thematik der Grottenbaukunst in zwei Teilen genähert. Im ersten Teil erfolgen die Auseinandersetzung mit verschiedenen Begrifflichkeiten zur Grottenbaukunst sowie die Zusammenstellung einzelner wissenschaftlicher Erforschungen zu künstlichen Grotten in den 60er und 90er Jahren. Teil I schließt mit historischen Anleitungen zum Grottenbau des 17. und 18.

Jahrhunderts.

Der zweite Teil der Facharbeit wird sich hauptsächlich mit der Auswertung durchgeführter restauratorischer, konservatorischer und rekonstruierender Maßnahmen an einigen ausgewählten Objekten im deutschsprachigen Raum beschäftigen.

Für die hilfreiche Bereitstellung und die damit ermöglichte Einsichtnahme in Restaurierungs- und Archivunterlagen sowie Diplomarbeiten sei im Folgenden Herr Dipl. Restaurator Stephan Wolf, Dr.

Katrin Janis, Dipl. Restaurator Hans- Christian Klenner, Dipl. Restauratorin Claudia Peter, Dr. Käthe Klappenbach, Dipl. Archivarin Stephanie Tonke, Dipl. Museologin Antje Adler, Dipl. Restaurator Roland Will, Dipl. Restaurator Roland Sommer, Dr. Dirk Strohmann, Frau Eyßelein und Frau Reimer besonders gedankt. Für den anregenden Emailverkehr und Telefonaten danke ich Dipl. Restaurator Christian Binder, Dipl. Restaurator Christoph Tinzl und seiner Frau Dipl. Restauratorin Heike Fricke- Tinzl, Dipl.

Restaurator Jörg Riedel, Prof. Erwin Emmerling sowie Dr. Manfred Koller. Abschließend sei Dipl.

Restauratoren Sunniva Vohland, Dipl. Restauratorin Verena Göttel, Dipl. Geologin Janine Meinhard- Degen, Frau Dr. Heim, Frau Sabine Vogt, Dr. Ulrike Wendland, Dipl. Restaurator Karsten Böhm, Dipl.

Restaurator Thorsten Arnold, Dipl. Restauratorin Karoline Danz und Dipl. Restauratorin Christiane Kern für deren Unterstützung durch die freundliche Weiterleitung und Vermittlung von Kontakten gedankt.

1 Furttenbach, J. (1628), S. 35

(5)

TEIL I

Theoretische Grundlagen

Begrifflichkeiten, Entwicklung sowie Anleitungen zur Grottenbaukunst

(6)

1 Begriffsdefinitionen 1.1 Grotte

„Gr. und Lat. Crypta, Fr. Grotte, Ital. Grotta, überhaupt eine jede geräumige natürliche Gruft oder Höhle im Innern der Erde, und insonderheit der Berge. Im letztern Falle wird eine Grotte auch Berg=Höhle genannt. Besonders eine künstliche Höhle in einem Lustgarten, oder ein in großen Lustgärten angebrachtes, und eigentlich zur Abkühlung bestimmtes Gebäude, welches eine Nachahmung natürlicher Höhlen ist, und gemeiniglich mit kleinen Steinen, Korallen, Schlacken, Drusen, Muschelschalen, Versteinerungen u. s. f. ausgezieret wird; dergleichen zusammen gesetzte Arbeit, die man auch wohl in Sählen und an andern Orten anbringt, Grottenarbeit oder Grotten=Werk, Fr. Rocaille;

eine mit dergleichen Sachen ausgelegte Säule, eine Grottensäule, Fr. Colonne de rocaille, die Verrichtung selbst aber grottieren genannt wird. Von diesen künstlichen Grotten, welche einige Neuere eine Gartengruft, Kunsthöhle, oder Lusthöhle nennen, sind diejenigen unterschieden, die in ihrer ganzen äußerlichen Anordnung nicht die mindeste Kunst verrathen, sondern ein rohes Werk der Natur zu seyn scheinen, und welche im Franz. Grottes satyriques genannt werden, im Gegensatz der Eremitagen (Hermitages), an denen die Kunst schon einen etwas sichtbarern Antheil hat.“2

Die künstlich erschaffenen Grotten sollen, abgesehen von den künstlichen Gartenlauben und Sala terrenas, dem Betrachter suggerieren, sich in einer natürlich gewachsenen Umgebung zu befinden. Die Vergegenwärtigung der Natur wurde durch die Verwendung echter Mineralien, Muscheln, Schnecken, Tuffstein etc. in einer kunstvoll zusammengesetzten Ordnung präsentiert.

1.2 Conchylien

„Conchylien, d. h. Schalthiere, eine eigene, zahlreiche, zu den Würmern gehörige Thiergattung. Sie zeichnen sich durch die kalkartige Schale aus, die ihren weichen Körper umgibt und sich aus der Haut (dem Mantel) absetzt, anfangs weich, dann hornartig, zuletzt hart und spröde wird. Haben diese Thiere nur eine Schale, so heißen sie Schnecken […], mit zwei Schalen Muscheln […]. Theils entstehen sie aus Eiern, theils werden sie lebendig geboren. Das Junge bringt den Ansatz zur Schale schon mit auf die Welt. – Ost sind diese Schalen von so wunderbarem, buntem, künstlichem Bau, daß sie den reizendsten Anblick gewähren, und darum in kostbaren Sammlungen (Conchyliensammlungen, Conchylienkabineten) aufgestellt werden.“ 3

2 Krünitz, J. (1780/1789), Band 20, S. 147

3 http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834/A/Conchylien

Abb. 1: Innenansicht der „Grotta Grande“ in den Boboli- Gärten in Florenz

(7)

1.3 Muscheln

„Eine Art Schalthiere mit zweyen Schalen, welche vermittelst eines Gewindes geöffnet werden können.

1. Eigentlich, wo bald das ganze Geschöpf mit seiner Schale, bald das Thier ohne Schale, bald aber auch nur die Schale allein mit diesem Nahmen belegt wird. In Ansehung des ganzen Geschöpfs nimmt man es in der Naturgeschichte in weiterer Bedeutung, so daß auch die Austern, Pinnen, Kammmuscheln, Perlenmuscheln etc. dahin gehören. In engerer Bedeutung hingegen pflegt man oft nur diejenigen Schalthiere dieser Art Muscheln zu nennen, welche länglich rund sind, ihre Vergliederung mitten in dem Gebäude haben, und größtentheils gegessen werden können, und daher zum Unterschiede von andern Arten auch Küchenmuscheln heißen: Mytilus L. Diese letzteren, von welchen es sowohl Fluß= als Seemuscheln giebt, heißen in Holland. gleichfalls nur Mosseln schlechthin. In den Küchen versteht man unter dem Nahmen der Muschel oft nur das Thier, welches diese Schalen bewohnt. Kalbfleisch mit Muscheln. Eine Muschelbrühe. Ausgestochene Muscheln. Dagegen man eben so oft unter diesem Nahmen eine der beyden Schalen allein versteht, welche vollständig eine Muschelschale heißt.“ 4

Abb. 2: Darstellung einer zweischaligen Riesenmuschel

„In der Naturgeschichte gebrauchte man das Wort Muschel in den vorigen Zeiten in einem so weiten Sinne, daß man darunter alle Conchylien verstand, es mochten Muscheln oder Schnecken seyn. Jetzt redet man, wie vorhin bemerkt worden, indessen bestimmter, und versteht darunter bloß diejenigen Conchylien, welche aus zwey deutlichen Schalen bestehen, die auf verschiedene Art unter sich verbunden sind. Bald durch ein eigentliches Schloß, wenn gewisse Hervorragungen, die man Zähne nennt, in entgegengesetzte Vertiefungen eingreifen, bald aber auch nur durch ein muskulöses Band, welches sich an beyden Schalen zugleich befindet, in dem Wasser biegsam und elastisch ist, und daher Dauer genug hat, beyde Schalen fest zu halten. Linné hat bey seinen Geschlechtscharactern auf diese Verbindung beyder Schalen genaue Rücksicht genommen, wir werden also auch darüber einiges zur Erläuterung sagen müssen.

Solche Conchylien also, die aus zwey einzelnen Schalen bestehen, die sich von einander trennen lassen, beym Leben des Thiers aber nicht getrennt gedacht, und auch nie getrennt werden können, nennt man eigentlich Muscheln, lat. Conchae, Conchae bivalves, franz. Coquillages, Coquillages bivalves, holländ. Schelpen, tweeschaalige Schelpen, Doubletten, Schulpen.“ 5

4 Krünitz, J. (1805), Band 98, S. 210

5 Krünitz, J. (1805), Band 98, S. 212

(8)

1.4 Schnecken

„Ein gewundenes einschäliges Schalthier, oder Thiere, deren Gehäuse (Schalen) Windungen oder wenigstens eine Anlage dazu haben, und welche eigentlich unter dem Namen der Schalengehäuse, Conchylien, bekannt sind.“ 6

„Was nun die schaligen Bauchfüßler anbetrifft, so sind dies Thiere, welche die einschaligen Muscheln bewohnen. Sie zeigen in ihrem innern Bau weniger Verschiedenheit, als die nackten Bauchfüßler. Ihre Kiemen liegen entweder, wie bei den Blattwürmern, unter dem überstehenden Rande des Mantels, oder wie bei den Erdschnecken, in einer besonderen Höhlung, deren Oeffnung selbst entweder in einem bloßen Loche, oder in einer mehr oder weniger langen Röhre besteht. Alle diejenigen, deren Kiemen inwendig liegen, scheinen zum Athemholen der Luft selbst zu bedürfen, und kommen zu dieser Absicht oft an die Oberfläche des Wassers. Die Anzahl der Fühlfäden ist bei den Landgattungen vier, und bei fast allen

Wassergattungen zwei. Die Augen liegen bald an der Spitze dieser Fäden, bald an deren Wurzel, und zuweilen am Kopfe selbst. Das Maul ist in die Länge

oder in die Quere gespalten, oder bildet eine runde Oeffnung, oder ist rüsselförmig verlängert. Es ist mit harten Zähnen bewaffnet, welche aber auch bei mehreren Gattungen fehlen. Was die Schalen betrifft, so sind sie sowohl in Rücksicht der Gestalt, als der Farbe unendlich verschieden. Die Hauptverschiedenheiten derselben liegen in der Gestalt der Oeffnung, in der Erhebung der Spiralwindungen über der letzten dieser Windungen, in den Höckern, Warzen und Furchen, welche sich an der Oberfläche derselben finden. Mehrere Geschlechter sind mit einem schalenartigen oder hornartigen Deckel versehen, welcher an dem Fuße des Thieres befestiget ist, und die Schale ganz oder zum Theil verschließt, wenn der Fuß sich zurückzieht. Die Geschlechter dieser schaligen Bauchfüßler sind:

A. Schnecken mit Schalen, die aus mehreren Stücken bestehen. [Zum Beispiel:] Die Käfermuscheln, Chilon […].

B. Mit Schalen, welche aus einem einzigen nicht gewundenen Stücke bestehen; [zum Beispiel:] die Schüsselschnecken, Klippkleber, Patellae, Fr. Patelles […]

C. Mit spiralgewundener, aus einem Stücke bestehender Schale, deren Mündung ganz, das heißt, ohne Ausschnitt oder Kanal ist. [Zum Beispiel:] Die Seeohren, Halyotes; Fr. Ormiers ou Oreilles.“7

2 Entwicklung der Grottenarchitektur

Freistehende Grotten in Parkanlagen, künstlich erschaffene Felslandschaften kombiniert mit Grotten oder die Grotte integriert als Saal in die Architektur widerspiegelten in verschiedenen Epochen der Kunst- und Geschichtsschreibung den Zeitgeschmack Im folgenden Abschnitt erfolgt ein kurzer Abriss über die Entwicklung der Grottenarchitektur von der Antike bis zur Gegenwart.

6 Krünitz, J. (1827), Band 147, S. 166

7 Krünitz, J. (1827), Band 147, S. 174

Abb. 3: Darstellung einer Murex inflatus

(9)

2.1 Erste archäologische und schriftliche Quellen

Seit dem frühen Altertum, insbesondere bei den Griechen, galten Höhlen als Sitz und Wirkungsstelle der Erdgötter. Bei angenehmer Kühle während des Verweilens in den Höhlen spürten die Gläubigen eine innige Nähe zu ihren Göttern8 und vermutete man „Verstecke und Orte der vergnügsamen Zweisamkeit, wo man die Götter in „enger Umarmung“ überraschen konnte.“9

In der Renaissance, in der man sich wieder der Antike zuwandte, wurden die Motive der Grotten wiederaufgenommen. Barbara Rietzsch 10 bezeichnet die archäologischen Funde der Kaiserthermen und die Domus Aurea in Rom/ Italien sowie das Fortunaheiligtum in Praeneste (heutiges Palestrina)/

Italien als primäre Quellen für die während des 16. Jahrhunderts entstandenen Grotten. Auch waren einige antike Nymphaeen11, welche in Berghöhlen eingebaut wurden, sowie natürliche Grotten12, die in der Antike architektonisch ausgestaltet wurden, in der Renaissance noch frei zugänglich, konnten demnach also als Inspirationsquelle dienen. Hierzu nennt Rietzsch u.a folgende Nymphaeen und natürliche Grotten der Antike als Beispiel: Sperlonga- Grotte des Tiberius südöstlich von Rom sowie die Grotte der Egeria in Rom/ Italien. 13

In den schriftlichen Quellen beschreibt Ovid in den Metamorphosen (III 157 – 166) die Grotte der Diana:

„Hier lag eine unbeschattete Höhle im hintersten Winkel, Keinerlei Schöpfung der Kunst; die Natur in eigner Erfindung, Hatte ein Kunstwerk geformt: aus lebendigen Bimstein und leichtem Tuff einen Bogen gezogen, der hier an der Stelle gewachsen.

Lieblich rauscht zur rechten ein Quell; es floß in ein weites Becken, von grasigem Rand umgürtet, das leuchtende Wasser.

Hier war die Göttin der Wälder, die Jungfrau, gewohnt, wenn sie müde War von der Jagd, die Glieder mit fließendem Naß zu begießen.

Als sie dort untergetreten, da reicht sie einer der Nymphen,

Ihrer Knappin, den Speer, den entspannten Bogen, den Köscher.“ 14

An einer anderen Stelle der Metamorphosen (VIII, 562 -564) beschreibt Ovid eine Grotte, welche aus durchlöcherten Bimsstein und rauen Tuff zu einer Halle erbaut ist, dessen Decke mit Purpurschnecken und Muscheln besetzt war. 15

Jacopo Sannazaro beschreibt in seiner 1504 erschienen Schrift „Arcadia“ die Grotte des Pan als

„spelunca veccissima e grande“, wobei er spekulierte, ob sie natürlich entstanden oder auf kunstvolle Weise in den Berg geschlagen sei. 16

8 Hepner, M. (1960), S.333

9 Strohmeier, K.; Knauer, D.; Stas, M. (2007), S. 38

10 Rietzsch, B. (1987), S. 21

11 Architektonisch gefasste, meist ungedeckte Brunnenanlagen bzw. Wasserbecken, welche den Nymphen geweiht waren, aus: Jahn, J., Haubenreißer, W. (1995), S. 612 sowie aus: Das Fremdwörterbuch, Duden- Verlag, S. 715

12 Natürlich, meist aus Kalkstein entstandenen Höhlen (z.B. Tropfsteinhöhlen) bzw. Grotten

13 Rietzsch, B. (1987), S. 26 ff

14 König, U. (2002), S. 38

15 König, U. (2002), S. 38

16 Maué, C. (1995), S. 76

(10)

2.2 Entwicklung der Grottenbaukunst in Italien

Die ersten neuerschaffenen Grotten der Neuzeit entstanden in Italien. Wie bereits erwähnt, finden sich hier die Vorlagen der Grottenarchitekturen in römischen Bauten der Antike.

Die ersten römischen Grotten dienten in großen Villengärten zur Aufstellung von Statuen und zum kühlen Verweilen während der heißen Sommermonate.

Mitte des 16. Jahrhunderts verlagerte sich das Zentrum des Grottenbaus von Rom nach Florenz, wo der Grottenraum nicht mehr nur zum Aufstellen von Skulpturen genutzt wurde, sondern sich mehr und mehr in die Gartenarchitektur eingliederte und sich zu einer eigenständigen Architekturform mit abgeschlossener Raumgliederung17 herausbildete. „Der künstlerischen Phantasie waren keine Grenzen durch sonst notwendige Rücksichten auf Architekturregeln gesetzt - im Gegenteil - das Ungewöhnlichste und Gesuchteste, möglichst den Regeln

Widersprechende sollte verwirklicht werden.“18 Wie unter anderem die „Grotta Grande“ in den Boboli- Gärten zu Florenz verdeutlicht, kam es Mitte des 16. Jahrhunderts vormerklich in

Florenz zur architektonischen Verbindung mehrerer Grottenräume innerhalb einer Anlage mit umfangreichem ikonografischem Programm.

Bereits Ende des 16. Jahrhunderts stagnierte der Bau der Grotten, es wurden nur noch vereinzelt neue erschaffen, bis im 18. Jahrhundert deren Errichtung gänzlich eingestellt wurde.

2.3 Entwicklung der Grottenbaukunst in Frankreich

In Frankreich konzentrierte sich der Bau von Grotten vormerklich rund um Paris. Zu Beginn des 16.

Jahrhunderts ahmte man anfangs das italienische Vorbild noch nach, doch es sollte sich schon schnell eine eigenständige Form entwickeln: Veranschaulichung der Macht. Anders als in Italien verkörperten die französischen Grotten vielmehr den Glanz und die Stärke der Bauherren. Nicht selten unterlagen Ikonografie und Ausgestaltung des Inneren der Grotte einer Huldigung einzelner Persönlichkeiten.

Beispielhaft steht hierfür die Thetis- Grotte im Park von Versailles. „Die Thetis- Grotte war eine Huldigung an den „Roi Soleil“. Die gesamte Ausstattung bezog sich auf ihn [Ludwig der IX], seien es die Skulpturen oder die vergoldeten Gitter, die Sonnenstrahlen darstellten, welche auf sechs Erdkarten in Medaillons niederfielen oder die Fassade mit drei Arkadenöffnungen, die an einen Triumphbogen erinnerte.“19

17 Beispielsweise „Grotta degli Animali“ in Castello oder “Grotta Grande” im Boboli- Garten zu Florenz

18 Rietzsch, B. (1987), S. 3

19 Rietzsch, B. (1987), S. 14

Abb. 4: Außenansicht der „Grotta Grande“ in den Boboli- Gärten in Florenz

(11)

2.4 Entwicklung der Grottenbaukunst in Deutschland

In Deutschland setzte das Interesse an Grotten im Vergleich zu Italien und Frankreich erst verspätet ein. Die hier noch stark verwurzelte, mittelalterliche Tradition der Gartenkunst ermöglichte anfangs nur eine Verbindung der Grotte mit bereits vorhandenen Stilelementen, was sich beispielsweise bei der Konzeption von Irrgärten, künstlicher Berge und Inseln zeigt.20

Mitte des 16. Jahrhunderts erlaubte vermehrt reger Handel zwischen Deutschland, Italien, Frankreich und Holland die Umgestaltung und das Anlegen neuer Gärten - die ersten Grotten wurden errichtet. 21 Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) stagnierten in Deutschland der Bau von Gärten und damit auch der Bau von Grotten für längere Zeit. Erst Ende des 17. Jahrhunderts etablierte sich eine neue Form des Grottenbaus: die Sala Terrena. 22

3 Grottenbautypen

Bei den unterschiedlichen Grottenbautypen muss hinsichtlich der Architektur und der Innenraumgestaltung unterschieden werden.

Die folgende Ausarbeitung wurde der Veröffentlichung „Künstliche Grotten des 16. und 17.

Jahrhunderts: Formen der Gestaltung von Außenbau und Innenraum an Beispielen in Italien, Frankreich und Deutschland“ von Barbara Rietzsch aus dem Jahre 1987 entnommen.

3.1. Grottenbautypen unterschiedlicher Architektur 3.1.1 Grottenberge

Ein Grottenberg versinnbildlicht einen künstlichen Hügel mit einer Grotte im Inneren. Hierbei soll eine natürlich entstandene Berggrotte nachgeahmt werden.

Der früheste bekannte künstliche Grottenberg wird dem 15. Jahrhundert zugeschrieben. Dieser Grottenberg im Garten von San Giorgio in Ferrara/ Italien beherbergte Aufzeichnungen zufolge zwei Zimmer, die mit Mosaiken und Groteskenmalerei ausgestaltet waren. Der Berg an sich wurde mit verschiedenen Gewächsen bepflanzt.

Anfang des 16. Jahrhunderts wurden in Frankreich die künstlichen Grottenberge nur als Festdekorationen erbaut. 23 Erst nach der Jahrhundertmitte errichtete man künstliche Berge als freistehende Gartendekorationen, aus denen sich mit der Zeit die sogenannte „Montagne d`eau“

entwickelte: „ein kleiner Tuffberg, der mit allerlei künstlichen Pflanzen und Tieren sowie Wasserspielen geschmückt ist. […]. Die „Montagne d´eau“ blieb bis ins 18. Jahrhundert auch in Deutschland und Italien fester Bestandteil von Gartenanlagen und wurde schließlich auch im Grotteninneren aufgestellt. Als Beispiel für den deutschsprachigen Raum sein hier ein „Montagne d´eau“ in der Midas- Grotte in Hellbrunn [Österreich] erwähnt, der mit Tieren in der Art Palissys besetzt ist.“ 24

Im Gegensatz zu Frankreich, wo künstliche Grottenberge in der zweiten Jahrhunderthälfte sehr beliebt waren, wurden in Italien nur wenige Exemplare erbaut.

20Rietzsch, B. (1987, S. 17

21 Beispielsweise die Anlegung eines Grottenhofes in der Münchener Residenz durch Wilhelm V (1582)

22 Beispielsweise der Grottensaal des Neuen Palais in Potsdam

23 So ließ Heinrich der II. 1550 beim Einzug in Rouen/ Frankreich einen großen Berg, durchsetzt mit verschiedenen Mineralien, als Bekrönung eines Triumphbogens errichten.

24 Rietzsch, B. (1987), S. 31

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3.1.2 Pavillongrotte

Pavillongrotten, größtenteils schlösschenartige Bauten mit einer kleinen Terrassenanlage, befanden sich in Gärten, meist in unmittelbarer Nähe zu einem Schloss oder einer Villa. Sie wurden häufig als Aufenthaltsort für Gesellschaften und Festlichkeiten als „kleine, intimere Wohngebäude“25 erbaut. Oftmals waren sie zwischen Bosketten 26 versteckt

Die Pavillongrotte bildete sich in Frankreich im Laufe des 16. Jahrhunderts als meistgebaute Grottenform aus. Beispielhaft hierfür stand die „Thetis- Grotte“ im Park von Versailles, welche allerdings bereits 1684 wieder abgerissen wurde. Im deutschsprachigen Raum findest man heute die Form der Pavillongrotte im Park von Hellbrunn/ Österreich: die „Orpheus- Grotte“, die „Kronen“- oder „Midas- Grotte“ sowie das

„Schneckenhaus“ im Schlosspark von Veitshöchheim bei Würzburg.

In Italien setzt sich der freistehende Pavillon nicht durch. Die einzige Pavillongrotte ist die „Buontalenti- Grotte“ in den Boboli- Gärten zu Florenz.

Abb. 5: Außenansicht des „Schneckenhaus“

im Schlosspark von Veitshöchheim 3.1.3 Futtermauergrotte

Die Futtermauergrotte wurde, wie es der Name schon andeutet, in die Futtermauer 27 großer Terrassen eingegraben und diente insofern zur Akzentuierung der Mittelachse von Gartenanlagen. Der Eingang der Futtermauergrotte konnte architektonisch gestaltet werden, meist erfolgte dies über toskanische Säulenpaare, welche den Eintritt rahmten.

In den meisten Gärten, insbesondere in Italien, wo die Futtermauergrotte die beliebteste Form aller Grotten darstellte, gab es eine oder zwei Futtermauergrotten, die oft sehr klein und unbetretbar waren. Ihre Ausstattungen beliefen sich meist auf Götterfiguren und wasserumrauschte Tuffberge.

25 Peter, C. (2006), S. 14

26 Boskett: Gruppe von beschnittenen Büschen und Bäumchen (besonders in Gärten der Renaissance- und Barockzeit), aus:

Das Fremdwörterbuch (2007), S. 148

27 Futtermauer: Im Gegensatz zur Stützmauer, die gegen abrutschende Erdmassen abstützen soll, verkleidet die F. nur etwas, also etwa einen Felsen, der sich selbst hält, aber gegen Verwitterung durch die Mauer geschützt werden soll, aus:

Kleines Wörterbuch der Architektur (2003), S. 51

Abb. 6: Futtermauergrotten der Villa d´Este

(13)

Geräumige Futtermauergrotten waren im 16. und 17. Jahrhundert in Tivoli/ Italien (Villa d´Este) sowie in Saint Germain- en- Laye/ Frankreich (Schloss Saint Germain- en- Laye) erbaut worden.

Ein Sonderfall der Futtermauergrotte ist im Hof des Palazzo Pitti in Florenz zu finden. Die Futtermauergrotte ist durch ihre Lage als „Garten“- Grotte gekennzeichnet, doch war es in Italien auch möglich, die Grotte in den architektonischen Verband des Haupthauses zu integrieren. Im Hof des Palazzo Pitti in Florenz wurde „in die Nordwestmauer des „Cortile del Ammannati“, die gleichzeitig als Futtermauer für die bepflanzte Terrasse dient […], im 16. Jahrhundert auf der Mittelachse des Haupteingang gegenüber eine Grotte eingebaut […]. Diese bildete das Zentrum des Hofes und ist gleichzeitig Teil der Palastanlage wie des Gartens.“ 28

In Frankreich hingegen wäre laut Rietzsch die Bauweise, eine Grotte unmittelbar mit dem Wohnbereich zu verbinden, undenkbar gewesen. Im deutschsprachigen Kunstkreis, wo der italienische Villenbau gerne kopiert wurde, findet man auf Schloss Hellbrunn/ Österreich ein Beispiel für den integrierten Grottenbau: im Untergeschoss des Schloss Hellbrunns wurden fünf miteinander verbundene Grottenräume eingebaut, die allerdings nicht mit dem Schlossinneren verbunden waren, sondern nur vom Garten aus erreichbar waren.

3.1.4 Sala terrena

Die Sala terrena (it. = ebenerdiger Saal), oder auch Gartensaal genannt, ist ein im Erdgeschoss liegender Saal, der oftmals sehr prächtig als Grotte mit entsprechenden Grottierungen und Springbrunnen geschmückt wurde. Die Sala terrena ist eine Schöpfung des deutschen Barocks, die sich aus speziell italienischen Vorbild herauskristallisiert hat. Vorreiter der Sala terrena stellen die monumentalen Freiraumarchitekturen italienischer Loggien dar. 29

Die Sala terrena betont laut Herget besonders das „lastende, schwere, schattige [und] drückende Element“ 30 der Natur als auch die „Sammelleidenschaft und Phantasie des Barockmenschen, […]die Neigung zum Extremen, zum Kontrast, zur Steigerung und zu Überraschungseffekten […]“. 31 Der Raumtypus der Sala terrena öffnet sich dem architektonisch gegliederten Barockgarten und kann als dessen Fortsetzung im Innenraum gesehen werden. Der Unterschied zu Nymphaeen oder reinen Grotten ist, dass die Sala terrena als architektonisches Element in den Schlossbau einbezogen wurde, und so auch noch als geschützter Raum bei kühleren Temperaturen genutzt werden konnte. 32

Die Form der „klassisch- absoluten Grotten- Sala terrena“ findet sich beispielsweise in Pommersfelden als auch im Neuen Palais zu Potsdam wieder, wo für beide Exemplare u.a.

Tuffstein, Muscheln, Schnecken, Glimmer, Minerale und Kristalle verwendet worden sind.

28 Rietzsch, B. (1987), S. 38 f.

29 Herget, E. (1954), S. 186

30 Herget, E. (1954), S. 162

31 Herget, E. (1954), S. 166 f.

32 Könemann, D.; Meinhardt- Degen, J.; Peter, C. (2007), S. 38

Abb. 7: Der Grottensaal in Neuen Palais, kolorierte Zeichnung, 2. Hälfte 18. Jhd, Künstler unbekannt

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3.2 Grottenbautypen unterschiedlicher Innenraumgestaltung 3.2.1 Naturgrotte („grotte rustique“)

Die Naturgrotte, oder auch „grotte rustique“ genannt, war schon zu römischer Zeit als Nachahmung von natürlichen Felshöhlen ein vorrangig gebauter Grottentyp. Der italienische Architekt Leon Battista Alberti 33 gibt in seinem Neunten Buch zur Architektur Anweisungen zur Ausstattung einer Naturgrotte:

„Grotten und Höhlen pflegen die Alten absichtlich mit einer rauhen Kruste zu überziehen, welcher kleine Klumpen aus Bimsstein oder aus dem Schaume des tiburtinischen Steines beigemengt waren, den Ovid den lebenden Bimsstein nennt. Ich habe auch gesehen, daß man grünes Wachs verwendete, um den moosigen Flaum der Grotte nachzubilden. Besonders gefiel mir das, was ich in einer Höhle sah; dort hatte man an der Stelle, wo das Quellwasser hervorbrach, aus allerlei Muscheln und Schnecken des Meeres, die teils verkehrt, teils nach oben lagen, in den verschiedensten Farben auf wirklich gefällige Weise eine Schale gebildet.“ 34

Künstlich angelegte Naturgrotten zeichnen sich durch die reichliche Verwendung von Tuffstein aus, der durch seinen Habitus 35 den Eindruck eines natürlich gewachsenen Felsgesteins unterstreichen soll. Der Tuffstein wurde in mehreren kleinen Brocken mit Zement oder Nägeln auf dem Untergrund befestigt. Neben dem Tuffstein wurden auch natürliche Stalaktiten zur Dekoration verwendet, um den bizarren und phantastischen Charakter des Innenraums zu erhöhen.

Für den weiteren Gesamteindruck der Grotte spielten aufgestellte Skulpturen, meist mit dem Element Wasser verbundene Gottheiten, eine wichtige Rolle. Das Nymphaeum in der Villa Carpi in Rom sowie die „Grotta degli animali“ mit Skulpturenschmuck in der Medici- Villa in Castello stehen in Italien beispielhaft für künstlich erschaffene Naturgrotten.

3.2.2 Architektonische Grotte mit Mosaiküberzug

Bereits in der Antike hat es, wie Überreste von Ausgrabungen zeigten, neben den reinen Tuffgrotten auch schon architektonisch strukturierte Nymphaeen gegeben. In der Rückbesinnung zur Antike wurde man in der Renaissance dazu inspiriert, mit den Architekturformen zu spielen und diese zu verändern.

„Der erste und am meisten verbreitete Typ der architektonischen Grotte täuscht eine Architektur vor, deren Elemente Muscheln und vielfarbige Mosaiksteinchen sind. […] Zuerst wird ein Gerüst aus Ziegelsteinen aufgemauert, das alle wesentlichen Architekturteile, wie Wandgliederung und Gewölbe in ihrer Grundform vorzeichnet. Putz und Stuck überziehen den Rohbau und formen die „Architektur“ in

33 * 14. Februar 1404 in Genua, † Ende April 1472 in Rom

34 Mc Doughall, E. zitiert nach Rietzsch, B. (1987), S. 44

35 Das Tuffgestein besitzt eine lockere und poröse Oberflächenstruktur, die durch vulkanische Gase entstanden ist.

Abb. 8: Blick in die „Grotta degli animali”

in der Medici- Villa, Castello/ Italien

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ihren Feinheiten aus, In den noch weichen Bewurf werden Muscheln, bunte Kiesel, Petrifikationen 36, Halbedel- und gelegentlich Goldmosaiksteine so eingedrückt, dass sie die vorgegebenen Formen nachvollziehen und interpretieren. Ergänzend sind meist Tuffbrocken oder Stalaktiten appliziert, sie treten aber hinter dem bestimmenden „Rustikamosaik“, wie dieses in Grotten verwendete Mosaik genannt wird, zurück.“ 37

Die Auswahl der unterschiedlichsten Materialien unterlag nicht selten auch einer spezifischen Glaubens- und Geisteshaltung. So waren Tropf- und Bimsstein sowie Tuff nicht nur wegen ihrer im 18.

Jahrhundert angenommenen Herkunft aus dem Wasser sehr beliebt, sondern vor allen Dingen wegen angeblich darin enthaltener Versteinerungen, die als Überbleibsel der Sintflut angesehen wurden. 38 Darüber hinaus wurden verschiedensten Steinen auch immer wieder geheime Kräfte zugeschrieben.

Beispielhaft stehen u.a. der Grottenhof der Münchener Residenz oder auch die Muschelgrotte im Nordischen Garten im Potsdamer Park Sanssouci. Im Grottenhof der Münchener Residenz nähern sich Architektur und Plastik durch den einheitlichen Rustikamosaiküberzug einander in ihrer Erscheinungsform an und werden beide zu einem gleichwertigen Element bezüglich der Dekoration, hingegen die Dekoration durch das Rustikamosaik in der Muschelgrotte des Nordischen Gartens in Potsdam vorherrscht.

3.2.3 Exkurs Muschelinkrustationen

Schalen von Krustentieren, insbesondere Muschel- und Schneckenschalen, fanden seit dem 1. Jh. v.

Chr. in Italien ihre Verwendung als Mosaikmaterial. Besonders blaue Mosaikgründe und die Rahmung von Mosaikfeldern mit Muschelverzierungen sollten die optische Wirkung des Wassers in Nymphaeen,

36 Petrifikation: Vorgang des Versteinerns, aus: Das Fremdwörterbuch (2007), S. 789

37 Rietzsch, B. (1987), S. 49

38 Klappenbach, K. (1997), S. 3

Abb. 9: Grottenhalle der Münchner Residenz

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Thermen und Bädern römischer Villen hervorheben. Die am häufigsten verwendete Schalen sind die essbare Herzmuschel (Cardium edule), sowie die Schalen der Wasser- und Wallhornschnecke. 39

„In der Regel sitzen die Muschelschalen und Schneckenhäuschen mit der Innenseite im Mörtel, so dass ihre Außenseite sichtbar ist. Gelegentlich aber wurde […] ihre Außenseite in den Mörtel gesetzt;

offensichtlich bevorzugte man den schimmernden Effekt der mit Perlmutt belegten Innenfläche der Schale, die das einfallende Licht so bricht, dass Interferenzerscheinungen auftreten und zarte irisierende Farben entstehen- in Verbindung mit Glasmosaik und der Spiegelung des Wassers eine höchst lebendige, schillernde Wirkung. Perlmutt ist auch in frühchristlicher-byzantinischer Zeit Mosaikwerkstoff. Es wurde fast ausschließlich zur Erzielung besonderer Farb- und Lichteffekte eingesetzt.“ 40

Ikonographisch war die Muschel bereits seit der Antike positiv belegt, da sie als Lebensspender Wasser angehören. Schnecken hingegen galten lange Zeit als unkeusch, da man in ihnen „aus Abfall entstandene Würmer“41 sah.

4 Anleitung zum Grottenbau aus historischen Quellenschriften 4.1 Der Grottenbau nach Josephum Furttenbach

Der Ulmer Stadtarchitekt Joseph von Furttenbach d. Ä. (1591 – 1667 ) versucht in seinen Schriftenreihen „Architectura civilis“ (1628),

„Architectura Recreationis“ (1640) und Architektura privata“ (1641) das gesamte architektonische und technische Wissen seiner Zeit darzustellen und liefert dabei auch detailreiche und illustrierte Beschreibungen zum Grottenbau.

„Die „Grotten“ […] leitet Furttenbach aus dem Italienischen als Orte mit „finstere Klufften“ und

„raue Felsen“ her, wie sie von Natur nahe am

„mediterraneischen Meer“ liegen. Diese liefern deshalb auch die „ rechte Mittel“, nämlich „ raue Scoglie“ (= Fels) und „mannigfaltige Sorten wunderbarlicher Mu-schelen, Schnecken, Corallen und dergleichen“. Diese sind „mit gutem Verstandt zusammen zu componiren, daß der Mensch hernach … seiner selbst, wo und an was Ort er zugegen, gleichsam gantz vergisset …“. Die Bewunderung der Schöpfung Gottes in den vom

„wilden Meer“ geformten Wunderdingen verbindet sich hier mit dem Ergötzen an der zierlichen Ordnung, in der menschlicher Verstand alles zu Abb. 10: Titelblatt „Architectura Civilis“ von

Joseph von Furttenbach (1628

39 Meyer, A. (1997), S. 419

40 Meyer, A. (1997), S. 419

41 Hartmann, B. (1992), S. 15

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)kombinieren vermag. „Grottenmaister“ nennt Furttenbach diese Kunsthandwerker Italiens, bei denen er nach seiner Aussage selbst praktiziert und nach dem Sprichwort „die Hände auch selbert … in den Taig zu stossen“ gelernt hat.“42

Furttenbachs „vordere thail der Grotta“ ist mit „Quaterstucken gar Rustico auffgebauen […]. In der mitten ist der Eingang welcher mit zweyen von eisern Stangen vergätterten Flügel/ oder Thüren geschlossen wirdt/ gleiche mainung hat es mit den zwayen nebenfenstern. Von anderen einfallenden Lichtern/ werden allein zway runde Löcher/ ob der mitlern Thür/ und dann ob jedem grossen Nebenfenster auch ein vierecktes Loch gemacht/ damit wirdt diß Werk genugsam beleuchtet.“ Die spärliche Beleuchtung und die rustikal wirkende Aussenfassade begründet Furttenbach wie folgt: „in bedenckung dass ein grotta etwas finsters seyn solle/ damit sie einer Wildniß gleich thüe […]“.

Im Inneren der Grotte sitzt „auff einer Insul […] der Orpheo 43, der spielt auff seiner Geige“, um ihnherum „macherley wilde/ und zahme Thier“. In weiteren Nebenhöhlen finden sich die Skulpturen von Neptun und Satyren. Die Wände sind mit „ wunderlichen formen roth geballierte Corallen/ mit andern schönen Meergewachsen mancherley Corallenzincken [und] geknorzeten Felsen“ ausgestattet. Die Decken wiederum sollen mit „wunderseltsamen im Meer gefundenen Zapfen [..] gar dick behängt“ und mit „lauter Perlenmuttermuscheln/ die da wie Silber glantzen/ schupenweiß gestaffiert“ werden. „in den vier Ecken deß Gewölbs aber [kommen] rote Schnecklin/ und derer vil zusammen […] damit die Farben wol außeinander kommen […].“ An unterschiedlichen Stellen der Grotte können laut Furttenbach noch Rosen und „macherley kriechenden Thierlin“ aus Muscheln, Schnecken und Meergewächsen versetzt werden, „dass man wenig vom Felsen darvor sehen mag“.

In den einzelnen Höhlen der Grotte soll Wasser fließen, „darinnen könden auch Fisch gehalten werden“.

Die integrierten Wasserspiele aber „mussen […] also angerichtet werden/ damit die darinn stehende Figuren niemahlen vom Wasser benetzt/ [werden] sonder ihre beständige Farben behalten mögen.“ In den Sommermonaten können sich auf bereitgestellten Sesseln „allda die Herren neben dem Frauen- zimer […] erqicken“. 44

42 Furttenbach, J. zitiert nach: Koller, M (1997), S. 548

43 berühmteste Sänger in der griechischen Mythologie

44 Furttenbach, J. (1628), S. 36 - 48

Abb. 11: Kupferstich Vorderansicht, Abb. 12: Kupferstich Innenansicht

„Architectura Civilis“ von Josephum von „Architectura Civilis“ von Josephum von Furttenbach (1628) Furttenbach (1628)

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Im Werk „Architektura privata“ geht der Autor sowohl näher auf die damals üblichen Techniken des Reinigens und Polierens („Pallieren“) des Muschelwerks als auch auf die besten Herstellungsweisen des dafür nötigen Befestigungskitts ein. Um „Aller Sortten berlenmutternde Muscheln/ und auch

dergleichen Schnecken/ wie unsauber sie auch immer weren/ zu pallieren/ damit sie/ wie Silber schimeren/ und ein schönen Glanz bekommen“, geht man wie folgt vor: zu allererst „solle man die Muscheln oder Schnecken/ […]wo sie offen seyn/ mit Wax fleissig verstreichen/ damit hernach die Paiß [= Beize 45] nicht hinein komme“. In jener „Paiß“ aus „MenschenHarnwasser“, „ungelöschten Kalk“ und

„zwo Hand voll Salß“ sollen die Muscheln und Schnecken sechs oder acht Tage lang liegen bleiben.

Damit „die Scorza oder benannte unsaubere Haut herabgehet“ müssen die Muscheln und Schnecken anschließend noch mit frischen Wasser geputzt und „mit Schaidwasser [= Salpetersäure 46] angestrichen/ oder aber gar darin gelegt“ werden. Zum „Pallieren aber/ nimbt man Kreiden und Venedische Saiffen/ deß einen so vil als deß andern/ wol undereinander gerührt/ […] alsdann mit einem weißen Tüchlin so lang und vil abgeriben/ biß dass die Muscheln und Schnecken schön lustro, oder glanßent werden.“

„Die Corallenzincken zu pallieren“ erfordert eine andere Herangehensweise: „Man nehme ein wol scharpffe zarte neue Feylen / und thu ein Corallen-zincken nach dem andern/ mit sondern Fleiß überfeylen“.

Anschließend erfolgt das Polieren und

„glanßend machen“. 47 Hierzu werden die Korallen „auf vier bis fünf gestreckten und benetzten Lederriemen mit gesiebtem Bimssteinpulver abgerieben, bis sich Glanz und typische Eigenfarben (Weiß, Blutrot, Goldgelb, Leibfarb oder Schwarz) zeigen.

Diese polierten Korallen erzielen den dreifachen Preis von rohen.“ 48

Furttenbach überliefert zum Einkitten der Grottierungen drei verschieden „Stuchator Kitte“49: einen auf Harz- Wachs- Basis, einen Ölkitt und einen aus einem Wachs-

Fett- Harz- Gemisch. „Der erstgenannte besteht aus Kolophonium (oder griechischem Pech), gelbem Wachs, Venezianer Terpentin („oder Gloret“) und Mastix, die zusammengeschmolzen und dann mit weißem Marmormehl oder mit Ziegelpulver zu einem wasser-, kälte- und hitzebeständigen Kitt vermengt werden. Der zweite Ölkitt ist nur mit Leinöl gebunden und mit „abgelöschtem Kalchmehl“ als Hauptmenge sowie etwas weißem „Brodtmehl oder Kernenmehl“ verknetet, wobei kleinweise Kalkmehl eingestreut wird. Zuletzt kommen noch feine kleine Baumwollfasern dazu und wird die Masse mit dem Knetholz so lange geschlagen, bis sie weder auf den Händen noch auf dem „Wagelholtz“ klebt. Für das Einkitten von Muscheln oder Schnecken muß aber deren Haftseite aufgerauht und mit Leinöl vorgestrichen werden. Der „dritte Handkitt“ besteht aus einer Schmelze von gelbem Wachs mit etwas Unschlitt, Schweineschmalz und Venezianer Terpentin, gemischt mit billigem Bleiweiß […] und etwas

45 Nach Koller, M. (1997), S. 549

46 Nach Koller, M. (1997), S. 549

47 Furttenbach, J. (1641), S. 52 - 62

48 Furttenbach, J. zitiert nach Koller, M. (1997), S. 549

49 Furttenbach, J. (1641), S. 56 ff.

Abb. 13: Kupferstich, „Architectura Civilis“ von Joseph von Furttenbach (1628)

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Kienruß, „damits Aschenfarb werde“. Auch dieser sei sehr beständig für das Setzen von Schnecken und Muscheln.“ 50

4.2 Der Grottenbau nach D. Johann Georg Krünitz

Abb. 14: Titelblatt „Oekonomische Encyklopädie“ von Johann Georg Krünitz (1773 bis 1858)

Johann Georg Krünitz (1728 - 1796) war ein bedeutender deutscher Naturwissenschaftler, Enzyklopädist, Lexikograph und Arzt. Von besonderem Wert ist sein Beitrag zur deutschsprachigen Oeconomischen Encyclopädie, aus derer folgende Zitate stammen.

„Die Grotten in den Lustgärten, werden, wofern bey diesen Höhlen die Absicht, daß man darin bey großer Sonnenhitze frische Luft schöpfen kann, erreicht werden soll, an schattigen und verdeckten Orten, oder bey den hohen Absätzen der Gärten unter der Erde angebracht. Sie müssen gleich auswendig wie Klippen oder Berge aussehen, auch wenig Architectur haben. Der Eingang zu denselben darf höchstens nur aus dem bäurischen Werke eine Einfassung bekommen. Inwendig müssen sie angenehm dunkel seyn, und es muß unten, außer durch die Thüre, gar kein Licht hinein fallen; oben aber kann es, in Ansehung des durch die Decke fallenden wenigen Lichtes, also eingerichtet werden, wie etwann die Natur selbst dergleichen Oeffnungen durch Felsen formiret, oder wie sie von einem Menschen mit Zeit und Geduld, ohne Beyhülfe sonderlicher Werkzeuge durchgegraben werden kann. Bey dem Eintritt in dieselben muß man zwar alles, wie auf einem Theater, auf einmahl in das Gesicht bekommen, doch müssen hin und wieder an den Wänden viele kleine Winkel und Absätze ausgetheilt seyn, die man nach und nach erst suchen muß, und wo in jedem etwas Betrachtungswürdiges anzutreffen ist. Die Materialien, woraus die Grotten zusammen gesetzt werden, müssen aus dauerhaftem Zeuge bestehen, daß ihm die Nässe nicht schaden kann, insonderheit muß zu der Verbindung ein recht guter Oehlkitt genommen werden. Zu Ueberkleidung der Wände und Decken braucht man eines Theils mancherley Steine, als: runde kleine farbige Kieselsteine, welche fein kraus und zackig aussehen, Tuph= und Tropfsteine, oder andere figurirte Steine; ferner: Belemniten oder so genannte Donnerkeile und Pfeilsteine, Knochensteine (Osteocolla), Schnecken= und Muschelsteine; versteinertes Holz, oder auch Birken= und Eichen=Baum=Rinde; imgleichen Steine und Drusen, welche aus den Bergwerken kommen; allerley Kiese (Markasite), ja die gebrochenen Erze selbst, so gar auch die bey dem Schmelzen davon übrig bleibenden Schlacken; Steine, die in Kupferbergwerken gefunden werden, und wohl metallreich aussehen, aber nichts in sich halten;

Krystall= und Amethystdrusen u. d. gl. Andern Theils gebraucht man auch ferner allerley Korallenzinken, Perlenmutter, Seeohren, und unzählich andere Arten von Muscheln und Schnecken.

Endlich gehören auch dazu große vollkommene Spiegel, oder Spiegel= und allerhand farbige

50 Furttenbach, J. zitiert nach Koller, M (1997), S. 549

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Glas=Stücke, aus Krystallglas zubereitete Kugeln und lange Zapfen. Der Fußboden wird mit ganz kleinen Steinchen, nach allerhand Figuren besetzt. […]“ 51

„Neben gedachten Bekleidungen müssen die Grotten auch mit mancherley springendem und fallendem Wasserwerk, Statüen, und zuweilen auch mit Gemählden, ausgezieret werden. Man macht auch wohl Bilder darein, die sich bewegen, als: Jäger, die nach Vögeln einen Wasserstrahl aus einer Flinte schießen; einen Bachus, der von ungefähr das nach und nach eingeschluckte Wasser auf einmahl ausspeyet; allerley hüpfende und singende Vögel, welche in ihren Stimmen und Bewegungen der Natur gemäß sind, so oft man das treibende Wasser darauf läßt; auch wohl Orgeln, deren Claviere durch musikalische Walzen, diese aber und die Blasebälge durch fallendes Wasser beweget werden.“52

„Das Grottieren der Sähle, oder die Verzierung der Wände eines Sahles mit Drusen, Schnecken, Muscheln, Korallzinken, Glaskugeln etc. verrichten gemeiniglich die Bildhauer. Diese Conchylien und Mineralien müssen nicht willkührlich und ohne Ordnung neben einander, sondern nach symmetrischen und architectonischen Gesetzen, befestiget werden. Daher wird ein Sahl allemahl nach einem Plan oder einer Zeichnung grottiert. Man ahmet mit verknüpften Schnecken und Muscheln die Glieder der Baukunst nach; ja, man zieht auch seltene Muscheln, mit Korallen vermischt, auf Draht, und befestigt sie wie einen Feston. Ueberdem werden auch wohl Figuren von Stuck oder Gyps mit Muscheln Schnecken und Drusen überkleidet, und in dem Grottenwerke aufgestellt. Die Conchylien und Mineralien werden mit einem Kitt oder auch nur mit Gyps befestiget. Denn in einem Zimmer, wo der Gyps nicht verwittert, kann man sie, ohne Nachtheil der Dauer, auf Gyps ansetzen; so wie hingegen ihr Stand und Lage in freyer Luft, die dauerhafte Verbindung vermittelst eines Oehlkittes erfordert. Die Farbe des Kittes muß mit der Farbe des Körpers übereinstimmen; denn der Künstler muß die Zusammenfügung, so viel wie möglich, zu verbergen suchen.“ 53

51 Krünitz, J. (1780/1789), Band 20, S. 148

52 Krünitz, J. (1780/1789), Band 20, S. 149

53 Krünitz, J. (1780/1789), Band 20, S. 150

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TEIL II

Erstellung eines Maßnahmenkataloges hinsichtlich des restauratorischen und konservatorischen Umgangs mit Muscheln und Schnecken in exemplarischen Grotten

im deutschsprachigen Raum

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Vorbemerkung

Die vorliegende Erstellung des Maßnahmenkataloges an künstlichen Grotten im deutschsprachigen Raum erfolgte auf der Grundlage von zur Verfügung gestellten Restaurierungsdokumentationen und Archivunterlagen sowie Publikationen durch die jeweiligen Landesdenkmalämter, Schlösserverwaltungen, Bauämter, Hochschulen sowie auf die mündliche bzw. schriftliche Auskunft von Restauratoren, welche vor Ort die Restaurierungsmaßnahmen leiteten oder an ihnen mitgearbeitet haben.54

Die Liste beruht keineswegs auf Vollständigkeit, da zum Zeitpunkt der Recherche u.a.

Restaurierungsmaßnahmen an Objekten noch ausstanden bzw. nicht abgeschlossen waren und somit keine Dokumentationen vorlagen55. In puncto Dokumentationen muss leider festgestellt werden, dass deren Erstellung in den vergangenen Jahrzehnten größtenteils sehr lückenhaft oder gar nicht vorgenommen wurde, so dass bei einigen Objekten die Maßnahmen zur Restaurierung und Konservierung nur mangelhaft aufgenommen werden konnten. Umso erfreulicher ist allerdings in diesem Zusammenhang der mündliche Austausch von Informationen durch Restauratoren und Stiftungsmitglieder.

Darüber hinaus musste ich mich leider auch dem Veröffentlichungsverbot des Grafen von Schönborn beugen, welcher die Erteilung von Auskünften über Erkenntnisse des Forschungsprojektes im Grottensaal des Schlosses Weißenstein in Pommersfelden und Informationen über die daraufhin vor Ort durchgeführten Maßnahmen strikt untersagt hat und laut mündlicher Aussagen von Restauratoren Zuwiderhandlungen ahndet .

Bei der Erstellung des Maßnahmenkataloges habe ich das Hauptaugenmerk, wie eingangs bereits erwähnt, auf Arbeiten an Muscheln und Schnecken gelegt. Grotten, an denen zwar Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen, jedoch ohne die Einbeziehung von Muscheln und Schnecken durchgeführt wurden, bleiben im vorliegenden Kapitel unberücksichtigt.56 Einleitend erfolgt jeweils eine kurze Abhandlung über Beschreibung und Geschichte des Objektes sowie die Nennung der dortig verbauten Materialien und deren vorgefundenen Schäden.

54 Beim Zitieren wurden etwaige Kommata- und Rechtschreibefehler übernommen.

55 Beispielsweise derzeitig durchgeführte restauratorische Maßnahmen im Neuen Schloss von Bayreuth sowie geplante Arbeiten an der Magdalenenklause im Schlosspark Nyphmenburg in München

56 Ausnahme: Die Potsdamer Grotten wurden auf Grund des regionalen Bezuges alle mit aufgenommen.

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5 Durchgeführte Maßnahmen an Muscheln und Schnecken an einigen exemplarischen Grotten in Deutschland

5.1 Muschelgrotte des Beuchlitzer Schlösschens in Holleben bei Halle (Saale)

Die im Folgenden herangezogene Diplomarbeit „Die Muschelgrotte des Beuchlitzer Schlösschens- Untersuchungs- und Konservierungskonzeption“ wurde von Claudia Peter, Studentin der Fachhochschule Erfurt, im Jahre 2006 erstellt.57 Die Bearbeitung vor Ort beinhaltete die Erfassung der Schäden an zwei Musterfeldern der Südwand und eine anschließende Erstellung einer Konservierungskonzeption auf Grundlage von Beprobungsfeldern.

Objektbeschreibung:

Bei dem ehemaligen Herrenhaus von Holleben, dem Beuchlitzer Schlösschen, handelt es sich um eine kleine zweigeschossige Dreiflügelanlage aus dem frühen 18. Jahrhundert. Dem Beuchlitzer Schlösschen gliedert sich ein zweigeschossiger Gebäudeteil in Pavillonform an, in dessen Erdgeschoss sich die sogenannte Muschelgrotte befindet.

Die Muschelgrotte, ein von außen unscheinbar wirkender rechteckiger Raum, lässt sich von der Gartenseite über eine Sandsteintreppe betreten.58 Im Inneren der Muschelgrotte sind der Deckenspiegel, die Wände sowie dortig eingelassene Nischen größtenteils mit einheimischen Mineralien, Muschel- und Schneckenarten sowie Schlacken dekoriert, wobei die Mineralien auf Grund ihrer Vielzahl und Dominanz die Ausgestaltung beherrschen. „Lediglich die aus Muscheln, Schnecken und Schlacken fein gelegten Linien und Ornamente durchbrechen die Dominanz der Mineralien.“59 Der insgesamt vertikale Raumeindruck wird durch Pilaster in Stuckmarmormanier unterstrichen.

Objektgeschichte:

„Zur Geschichte des Beuchlitzer Schlößchens existieren nur wenige aussagekräftige Originalquellen.

Seit dem 15. Jahrhundert ist die Familie von Sack Besitzer des Rittergutes Beuchlitz. Im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts lässt Carl Christoph von Sack ein älteres Gebäude zu einem barocken Herrenhaus umbauen. Auf den Vorgängerbau weist noch heute ein sekundär vermauerter Inschriftenstein mit der Jahreszahl 1552 hin. 1733 erwirbt Johann Paul Stecher das Anwesen. […] 1737

57 Der Diplomarbeit von Claudia Peter sind folgende Angaben, wenn nicht anders gekennzeichnet, entnommen.

58 Hier kann man die Tradition der Sala terrena beobachten, die seitliche Lage und die Längsausrichtung der Muschelgrotte hingegen widersprechen dem Sala terrena Typus. Die Diplomandin Peter spricht hierbei von einer Zwitterstellung zwischen einer Sala terrena und einer Pavillongrotte.

59 Peter, C. (2006), S. 11

Abb. 15: Nische der Muschelgrotte des Beuchlitzer Schlösschens

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übernimmt sein Sohn Johann Christoph von Stecher das Rittergut. Er war alleiniger Pächter der Saline in Schönebeck und einer der reichsten Männer Preußens. Der Pavillon mit der Grotte ist nicht zusammen mit dem Herrenhaus, sondern in einer jüngeren Bauphase entstanden. Sowohl der Erbauer des Gartenpavillons, als auch die sogenannten „Grottenmaister“ sind unbekannt.“ 60

Im 19. Jahrhundert erfuhr die Anlage des Herrenhauses eine Umgestaltung als Wohnhaus mit mehreren Parteien. Der Gartenpavillon war davon weitgehend nicht betroffen. Weitere Um- und Anbauten erfolgen nach 1945. Für die Muschelgrotte allerdings sind größere Veränderungen bzw.

Reparaturphasen weder belegt noch nachzuvollziehen. Ende des 19. Jahrhunderts kam es vermutlich zum Austausch des originalen Fußbodens, wobei der untere Wandbereich des Stuckmarmorsockels aufgehackt wurde, um die neuen Keramikfliesen zu verlegen. Die Fehlstellen wurden umlaufend mit einem Zementmörtel geschlossen. Während und nach dem zweiten Weltkrieg diente der Raum mehreren Generationen als Lager und Abstellkammer. Die Muschelgrotte diente unter anderem als Kohlekeller, Wäscheraum und wurde zum Aufstellen von Kaninchenställen genutzt. Nach der Räumung im Jahre 1998 stand der Raum bis zum Beginn der Untersuchung leer. Jüngere Überarbeitungen stellen Putzergänzungen mit aufgebrachtem Dekorationsmaterial dar. 61

Exemplarisch verwendete Materialien:

Bei dem überwiegenden Teil der Mineralien handelt es sich um Quarz als Haupt- bzw. Begleitmineral sowie Schwerspat (Baryt). Untergeordnet sind auch Pyrit und Markasit sowie Kupferkies und Carbonate vertreten.

Der größte Teil der Muscheln und Schnecken stammt aus regionalen Flüssen und Teichen. Darunter fallen die einheimische Flussperlenmuschel, die Teichmuschel sowie die gemeine Herzmuschel. Die Schnecken lassen sich unterteilen in Süßwasserschnecken (hier:

Spitzhornschnecke,Sumpfschlammschneck,

Sumpfdeckelschnecke) und die Landschnecken (hier: Weinbergsschnecken, Baumschnecke). Ein kleiner Teil der Mollusken, die größtenteils nur als Abdruck oder als Reste erhalten sind, kommen aus dem Mittelmeer, dem Atlantik oder der

Nordsee. 62 Alle Muscheln wurden mit ihrer Außenseite in den Antragsmörtel versetzt, so dass die mit Perlmutt besetzte Innenseite sichtbar war.

Auf dem Flächen der Pilasterkapitelle wurde eine sogenannte Streufassung mit Glasflittern aufgebracht.

Die Grottierungsmaterialien wurden in einem Kalk-Gips-Putz mit feinem Sandzuschlag sowie in reinem Gipsmörtel versetzt. Je nach Dekorationsmaterial wurde ein entsprechend eingefärbter Grottierungsmörtel verwandt, um den Verlauf von Versetzmörtel und Grottierungsmaterial zu kaschieren.

60 Peter, C. (2007), S. 1

61 Peter, C. (2006), S. 13 ff.

62 Hier: die Kammmuschel und diverse Austerarten, nach: Peter, C. (2006), S. 19

Abb. 16: Ansicht Muscheln und Schnecken an der Decke

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Schadensphänomene der Schnecken und Muscheln:

„Sowohl die Schnecken als auch die Muscheln sind im Wesentlichen von Abbrüchen […] und dem vollständigen Verlust des Materials durch mechanische Einwirkungen sowie dem Zerfalls des Kupferkieses betroffen. Die Fehlstellen sind in allen Bereichen zu verzeichnen. Teilweise sind die Materialien locker, jedoch nicht vom Verlust gefährdet. […]

Viele Molluskengehäuse und Schalen zeigen eine farbige Erscheinung oder sogar Musterungen. Sie werden von Pigmenten und Farbstoffen gebildet. Diese sind häufig nicht lichtecht, wodurch die Farben mit der Zeit verblassen und Zeichnungen unlesbar werden. Die beiden übrigen Schichten bestehen zu einem geringen Anteil < 10 % aus anorganischen Substanzen. Deren Aufbau wird von anorganischen Salzen bestimmt (z.B. Kalziumkarbonat (Calcit oder Aragonit), Kalziumphosphat). Gegenwärtig sind bei dem Großteil der Schnecken lediglich diese beiden Schichten erhalten. So fern die oberste organische Schicht freilag und dadurch abwittern konnte. Bei den Muscheln ist dies weniger der Fall, da die oberste Schicht häufig eingebettet oder mit der Perlmuttschicht nach außen aufgebracht wurde. Es ist durchaus möglich, dass die Schalen und Gehäuse bereits verwittert eingebaut worden sind. Die freiliegende Perlmutterschicht ist weniger empfindlich und größtenteils vollständig erhalten […].

Sämtliche Oberflächen sind stark durch flächige Staubauflagerungen und punktuelle Auflagerungen, vermutlich Fliegenkot verschmutzt“ 63

Vorgeschlagene Maßnahmen an den Muscheln und Schnecken:

„Punktuelle Festigung der Schnecken, Muscheln und Drusen

Das Konzept der Diplomandin Claudia Peter sieht vor, den Bestand des 18. Jahrhunderts zu konservieren und lediglich minimale restauratorische Eingriffe vorzunehmen.

„Lockere Schnecken, Muscheln sowie Schlacken müssen punktuell an den Antragsmörtel befestigt werden. Die Wideranbringung kann durch ein gut klebendes mineralisches Festigungsmittel64, welches dem Bestand entspricht, erfolgen. Ein dickflüssiges transparentes Kunstharz wäre ebenso denkbar, würde jedoch ein zusätzlich eingebrachtes Mineral bedeuten. Abgefallene Materialien können nur bei

63 Peter, C. (2006), S. 35 f.

64 „Fixieren der gelockerten Materialien durch Injektion von Gips gelöst in Ethanol“ aus: Peter, C. (2006), S. 49

Abb. 17: Detailansicht mit sichtbaren Fehlstellen

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eindeutiger Zuordnung wieder angebracht werden. Hierfür wird das gleiche Applikationsmittel, entsprechend eingestellt, verwendet.“ 65

„Reinigung der Dekorationsmaterialien

Die lose aufliegenden Verschmutzungen auf den Mineralien, Schnecken und Muscheln, sowie den Schlacken können nicht mit einer Alterungsbedingten Patina verglichen werden. […] Die sensiblen Schalen der Mollusken sind trocken abzupinseln.66 Der abgekehrte Staub wird im Zuge der Reinigung abgesaugt. […] Auch die Antragmörtel lassen sich sowohl trocken, als auch mit Wasserdampf gut reinigen.“ 67

Fehlstellenergänzung

„Die Ergänzung geschädigter Partien soll im Rahmen des Konzeptes die Aufgabe haben den Bestand zu sichern. Fehlstellen, welche die Wahrnehmbarkeit optisch stören werden nur im Einzelfall zurückgedrängt. […] Sowohl eine Ergänzung, als auch eine Rekonstruktion […] sind jedoch derzeit kein Bestandteil der angestrebten Konservatorischen Maßnahmen.

Fehlstellen innerhalb der mit Dekorationsfeldern gestalteten Wandfelder stellen keine Gefährdung für den Bestand dar. Auf Grund der Farbigkeit und Struktur der Materialien beeinträchtigen Verluste die Lesbarkeit der Gestaltung kaum. Zudem gibt der den Materialien farblich angepasste Antragsmörtel häufig die Form oder Textur der fehlenden Mineralien bzw. Mollusken wider. Da sowohl die Farbigkeit als auch die Form vielfach der Umgebung entsprechen, fallen die Fehlstellen selten auf. […] Im Rahmen des Konservierungskonzeptes wird keine zwingende Notwendigkeit zur Ergänzung dieser Fehlstellen gesehen.“ 68

65 Peter, C. (2006), S. 45

66 „Trockenreinigung mittels Feinhaarpinsel“ aus: Peter, C. (2006), S. 50

67 Peter, C. (2006), S. 46

68 Peter, C. (2006), S. 46 f.

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5.2 Der Grottensaal im Neuen Palais

Das Neue Palais wurde unter dem preußischen König Friedrich der Große69 1763 – 1769 erbaut. Das kostspielige Bauvorhaben, vom König selbst als „Fanfaronade“70 (Prahlerei) bezeichnet, sollte nach dem Siebenjährigen Krieg auch architektonisch die Vormachtstellung von Preußen symbolisch unterstreichen. Der gewaltige Schlossbau (230 m lang) sollte als Sommersitz und Aufenthaltsort für Verwandte und Gäste des Königs dienen.

Abb. 18: Ansicht Gartenseite des Neuen Palais, Kupferstich von J.F. Schleuen, um 1770

Objektbeschreibung:

Zu Beginn des Baus am Neuen Palais war ursprünglich keine Grotte im Typus der Sala terrena vorgesehen. Anfängliche Pläne zeigen im Erdgeschoss einen rechtwinkligen größeren Raum ohne Stützengliederung mit Öfen und Kaminen an den Wänden. Erst als 1765 der heutige Marmorsaal aus statischen Gründen einen Unterbau verlangte, schien der Gedanke an einen als Grotte gestalteten Gartensaal aufgekommen zu sein.71 Hinweise darauf finden sich in historischen Zeichnungen wieder, welche skizzierte Brunnennischen an der Vestibülseite zeigen.

„Der Grottensaal im Neuen Palais hat einen querrechteckigen Grundriß und ist durch acht mächtige Pfeiler- vier davon freistehend- in drei Schiffe geteilt, die sich durch Gurtbögen zueinander öffnen […].

Die Entwürfe für die gesamte Ausgestaltung des Grottensaals stammen von Carl v. Gontard […].72 Als Grottierer im Grottensaal sollte anfangs der eigens von Friedrich dem Großen nach Preußen geholte Joachim Ludwig Heydert arbeiten, der sein Können bereits an der grottierten Mauer an der Bildergalerie unter Beweis stellte. Auf Grund von Sparmaßnahmen des Königs, dem die veranschlagten 12000 Taler Heyderts zu teuer erschienen, wurden die Bildhauer Buschmann, Kambly und Müller für die Grottierarbeiten herangezogen, die nicht mit ausländischen Muscheln, Kristallen, halbedlen Steinen und

69 * 24. Januar 1712 in Berlin; † 17. August 1786 in Potsdam

70 Rohde, G., Sachse, R. (2000), S. 36

71 „Der Raumtypus eines pfeilergestützten Substruktionssaales hatte schon in dem Saal des Sockelgeschosses des Potsdamer Stadtschlosses und im Gartensaal des Berliner Prinz- Heinrich- Palais (heute Humboldt- Universität) Vorbilder in der preußischen Schloßarchitektur.“ nach: Rohde, G., Sachse, R. (2000), S. 38

72 Rohde, G., Sachse, R. (2000), S. 38

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Drusen, sondern vornehmlich mit gekauften Muscheln und hauptsächlich Gips grottierten.73 „So entstand - erstmals schon im Stile des Frühklassizismus - die Dekoration, deren Elemente in ihrer Anordnung noch jetzt erhalten sind, aber aus Gründen der Sparsamkeit unter Friedrich dem Großen nur mit minderwertigen Materialien geschmückt wurden: Der für Grotten übliche Tropfstein ist eine Imitation aus Gips, belegt mit „Streuglas“ (feinen farbigen Glassplittern). Die dazwischen liegenden Bänder wurden mit billigen Mineralen, Drusen (mit Mineralen gefüllte Hohlräume), Glasschlacken und vermutlich auch Bernsteinen besetzt. Doch anstatt des dafür üblichen Kitts verwendeten die Ausführenden den weniger haltbaren, aber kostengünstigen Gips.“74

Abb. 19: Innenansicht des Grottensaals des Neuen Palais, Aquarell von C. Graeb, um 1850

Die ursprüngliche Ausstattung des 18. Jahrhunderts und der vermutlich anfangs relativ geringfügige Gehalt an Muscheln, Schnecken, Mineralien und Gesteinen wurde durch die jeweiligen Herrscher weiter ausgebaut. So befahl beispielsweise Friedrich Wilhelm III 1820 wertvollere Mineralien zu beschaffen.

1886 – 1897 wurden die Materialien der königlichen und kaiserlichen Sammlung zu einer prunkvollen Grottierung aufgebaut. 75

Neben etlichen Mineralien und Gesteinen76 wurden in großer Zahl Muschelschalen und Schneckengehäuse zur Flächen-, Rand- und Liniendekoration an den Seitenwänden und der Gewölbedecke in Gips eingebettet. „Zur Gestaltung großer Flächen hat man besonders auf den Perlmutteffekt des Gemeinen Seeohrs (Haliotis tuberculata) gesetzt […]. Dicht an dicht wurden die ohrenförmigen Schalen dieser urtümlichen Schnecke so in Gips eingesetzt, daß Struktur und Perlglanz ihrer Innenseite den mit ihnen ausgefüllten Wand- und Deckenflächen ein reiches Gefüge geben. […]77 Das durch eine Lochreihe am Außenrand gekennzeichnete Seeohr wurde auch gerne zusammen mit der Echten oder Großen Seeperlmuschel des Indopazifik, auch „Mutter der Perlen“ genannt, versetzt.

73 Rohde, G., Sachse, R. (1984), S. 14

74 Klappenbach, K. (1997), S. 3

75 Will, R.; Lange, K. (2003), SPSG, Maßnahmenbericht Neues Palais Grottensaal, Mineralstreifen N 10 unten, Mineralrosette N 8 vom 13.05.2003, Fachbereich V B2, Restaurierungswerkstatt für Skulpturen

76 Beispielsweise Bergkristall, Lapislazuli, Chrysopras, Amethyst, Bernstein, Hämatit, Arsenkies, Calcit, Achat, Malachit, Azurit etc. nach: Klappenbach, K. (1997), S. 4,

laut Strohmeier, K.; Knauer, D.; Stas, M. (2007), S. 38 soll es sich hierbei um 17.246 Minerale und 2.178 Gesteine handeln

77 Rohde, G., Sachse, R. (2000), S. 57 ff.

(29)

„Von den perlmutterbetonten Flächen heben sich andere durch Struktur und Farbton ab. Braune Streifen und Hintergründe für Ornamente bestehen aus dichtgepackten kugeligen Strandschnecken (Littorina und Nerita), hellere Gründe und Streifen wiederum aus kleinen Porzellanschnecken. Einige Deckenflächen sind durch die Große Kammuschel des Mittelmeeres (Pecten maximus) stärker strukturiert. Rippenparallele Splitter dieser auch sonst vielfältig genutzten Pecten dienen der Verkleidung armstarker Randwülste. Das stumpfe Ende zylindrischer, mit länglichen Muscheln belegter Dekorelemente wurde mit Hilfe der Unterseite der großen Kreiselschnecke des Indopazifiks, Tectus niloticus, in besonderer Weise gestaltet. […]“ 78

Viele, meist rezente und zum Teil exotische, geschliffene und polierte Arten von Muscheln und Schnecken wurden zu Nestern, Medaillons oder Rosetten zusammengestellt und versetzt. 79

Objektgeschichte:

Ursprünglich wurde der Grottensaals an heißen Sommertagen klassisch als Sala terrena genutzt, welcher von der Parkseite her leicht zugängliche war. Bei angenehmen Raumtemperaturen sollte man hier Abkühlung finden. Anfänglich besaß der Grottensaal keine Fensterseiten, sondern war durch alle Eingangsbögen direkt vom Park her betretbar. Erst später wurden auf Grund sich nachteilig auswirkender Witterungsverhältnisse verschließbare Fenster eingebaut.

Die folgende Nutzung beinhaltete anfangs hauptsächlich verschiedenste Feste der königlichen bzw.

kaiserlichen Familie, im weiteren Verlauf empfing man im Grottensaal manch hohen Staatsbesuch.

Erwähnenswert ist hierbei der erste Besuch der Zarin Alexandra Feodorowna, sowie der ehemaligen preußischen Prinzessin Charlotte. 1901 empfing Kaiser Wilhelm II Prinz Tschun aus China anlässlich der chinesischen nationalrevolutionären Erhebung. 80

Der verheerende Luftangriff in der Nacht vom 14. zum 15. April 1945, in welcher das Potsdamer Stadtschloss zum Teil völlig zerstört wurde, blieb glücklicherweise für das Neue Palais und die weiteren Schlossanlagen im Park von Sanssouci ohne Folgen. Sachse und Rohde halten fest, dass dies „nur dem glücklichen Umstand zu verdanken [sei], daß in der betreffenden Nacht ein sehr starker

78 Rohde, G., Sachse, R. (2000), S. 57 ff.

79 Nähere Ausführungen siehe Rohde, G., Sachse, R. (2000), S. 58 f.

80 Rohde, G., Sachse, R. (2000), S. 40

Abb. 20: Schnecken- Muschelrosette mit z.T.

oberflächlich polierten Schneckengehäusen

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