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Aussetzung der Vollziehung der Arrestanordnung

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Academic year: 2022

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FG Nürnberg, Beschluss v. 27.12.2018 – 2 V 566/18 Titel:

Aussetzung der Vollziehung der Arrestanordnung Normenketten:

ProstSchG § 16 BGB § 133

GG Art. 19 Abs. 4 S. 1 AO § 324 Abs. 1 S. 1 Schlagworte:

grobe Pflichtverletzung, Hausordnung, Mietvertrag, Prostitutionsstätte, Aussetzung, Arrestanordnung, Immobilie, sexuelle Dienstleistung, Umsatz, Anmeldung, Steuernachforderung, Eintrittsgeld,

Pflichtverletzung, Miete, Umsatzsteuer Fundstelle:

BeckRS 2018, 54597  

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Gründe

I.

1

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Arrestanordnung zur Sicherung der Vollstreckung einer Haftungsschuld als Geschäftsführerin der A GmbH.

2

Die Antragstellerin war und ist Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin (Geschäftsführer vom 03.08.2015 bis 21.09.2016 B) der im Amtsbezirk des Antragsgegners ansässigen A GmbH (GmbH); bis zum 17.06.2016 A UG. Diese betreibt seit dem 16.11.2013 die Prostitutionsstätte CC) in 1. Das C wird in einer dem D seit dem 19.10.2015 gehörenden Immobilie betrieben. Die Antragstellerin ist eine Vertraute des D und hat bereits früher im C gearbeitet. Nach Angabe des Finanzamts ist D nicht mehr an seinem Wohnort anzutreffen; die Steuerfahndung geht davon aus, dass er sich vor den Finanzbehörden versteckt.

3

Die GmbH hat die Entgelte aus den von den im C anwesenden Prostituierten erbrachten sexuellen Dienstleistungen unstrittig nicht als eigene Umsätze erklärt.

4

Mit Mietvertrag vom 15.11.2013 hat sie die Liegenschaft, im dem das C betrieben wird, für monatlich 13.500

€ netto zum Betrieb eines „bordellartigen Betriebes“ vom D angemietet; im Klageverfahren hat die Antragstellerin mitgeteilt, die aktuelle Miete betrage 30.000 € / Monat.

5

D ist Alleingesellschafter der E-GmbH und war bis zum 26.07.2013 ihr Geschäftsführer. Diese betrieb bis diesem Zeitpunkt das C. Schon die E-GmbH hat die aus sexuellen Dienstleistungen stammenden Entgelte unstrittig nicht als Umsätze erklärt.

6

Aufgrund von Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung 2 kam es wegen der unterbliebenen Anmeldung der Prostituiertenumsätze zu erheblichen Steuernachforderungen bei der E-GmbH. Die E-GmbH zahlte diese nicht (offen 180.640,91 € zum 12.04.2018) und ging in Liquidation. D gab die Geschäftsführertätigkeit auf; der Sitz wurde nach 3, an den Sitz der F UG verlegt. Diese betreibt die Prostitutionsstätte „G“ (G) in 3,

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welche dem C stark in Aufmachung und Vermarktung ähnelt. Auch dort werden die Prostitutionsumsätze unstrittig nicht als Umsätze der UG erklärt. Die E-GmbH befindet sich nach Ablehnung des

Insolvenzverfahrens mangels Masse in Liquidation.

7

Das C verfügt über Räumlichkeiten zur Kontaktanbahnung und Verrichtung von sexuellen Dienstleistungen;

letztere sind nicht fest einzelnen Prostituierten zugeordnet. Daneben gibt es eine Sauna und einen Badebereich, sowie Sanitärraume und Umkleiden mit Wäschespinden.

8

Es gibt einen eigenen Internetauftritt, in dem die Örtlichkeiten angepriesen werden. Der Auftritt bewirbt das C derzeit explizit als Prostitutionsstätte („das Bordell bei 4“); auch in den Streitjahren war für Besucher der Webseite klar erkenntlich, dass im C Prostitutionsdienstleistungen angeboten würden („prickelnde Erotik“,

„werden Ihre erotischen Träume Wirklichkeit“, „bevorstehende erotische Ereignisse“, etc.). Aktuell verweist die Webseite konkret auf die Anwesenheit von Prostituierten. Hinweise auf die im C aktuell anzutreffenden Prostituierten enthält die Webseite derzeit nicht; dies war auch früher so.

9

Der „Saunaclub“ verlangt ein Eintrittsgeld, mit dem die Stellung von Bademänteln und -schuhen,

Handtüchern, eines abschließbaren Spindes sowie Wertschließfachs, von Speisen und nichtalkoholischen Getränke vergütet wird.

10

Mit Arrestanordnung vom 24.04.2018 wurde der dingliche Arrest in das Vermögen der Antragstellerin - begrenzt bis zu einer Höhe von 926.317 € - angeordnet. Als begründende Steueransprüche listet der Bescheid einzeln Umsatzsteuern der GmbH für den Zeitraum 2014 bis 2017, sowie Zinsen zur

Umsatzsteuer 2014 und 2015 auf. Die angesetzten Umsatzsteuern beruhen auf einer Schätzung, basierend auf einem Prostitutionsentgelt in Höhe von 150 € pro Tag und der stichprobenweise durch die

Steuerfahndung ermittelten und in Foreneinträgen berichteten Anzahl von Prostituierten pro Tag.

11

Die Antragstellerin wurde in Bezug auf eine Haftung als Geschäftsführerin und wegen Steuerhinterziehung in Anspruch genommen. Sie habe ihre Pflicht zur Anmeldung und Abführung der Umsatzsteuer auf die Prostituiertenumsätze schuldhaft verletzt. Ihr sei die Pflicht zur Anmeldung bekannt, da sie spätestens durch das im Juni 2014 gegen sie eingeleitete Strafverfahren (wegen Umsatzsteuern November 2013 bis April 2014) davon erfahren habe. Dort habe sie angekündigt, in Zukunft die Prostituiertenumsätze als Umsätze der GmbH zu erklären.

12

Soweit sie die faktische Ausübung der Geschäftsführung der GmbH dem D überlassen habe, habe sie auch dadurch eine grobe Pflichtverletzung begangen.

13

Das sofortige Sicherungsbedürfnis wurde u.a. damit begründet, dass sich die Antragstellerin bei der Führung der Geschäfte des C gegenüber dem Finanzamt als unzuverlässig erwiesen habe, sie durch die Verlegung des Sitzes der GmbH weg aus dem Bereich der früheren Strafverfolgung eine hohe kriminelle Energie an den Tag gelegt habe, sie in die verschleiernde Firmenstruktur eingebunden sei und eine umgehende Verschiebung ihres Vermögens zu erwarten sei. Zu den Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 24.04.2018 verwiesen.

14

In den Abendstunden des 25.04.2018 wurde die angegriffene Arrestanordnung vom 24.04.2018 an die Antragstellerin durch Beamte der Steuerfahndung zugestellt (20:03 Uhr).

15

Auch gegen die GmbH und D ergingen wegen desselben Sachverhalts Arrestbescheide in derselben Höhe.

Alle drei werden durch denselben Prozessvertreter vertreten, der jeweils für alle gemeinsam vorträgt, ohne in seinen Schriftsätzen zwischen den einzelnen Steuerpflichtigen zu differenzieren.

16

Die Antragstellerin hat fristgemäß Klage erhoben und beantragt,

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die Arrestanordnung vom 24.04.2018 ersatzlos aufzuheben, hilfsweise, diese auf einen ungenannten Betrag herabzusetzen.

17

Sie beantragt zudem,

die Arrestanordnung vom 24.04.2018 ohne, hilfsweise mit Sicherheitsleistung in vom Gericht zu bestimmender Höhe von der Vollziehung auszusetzen.

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Sie begründet ihren Antrag - soweit verständlich und sachdienlich - im Wesentlichen wie folgt:

„Ohne eine tatsächliche Vermögensbeeinträchtigung fehle es an einem Arrestgrund. Ein

Steuerstrafverfahren stelle keinen Arrestgrund dar. Das Finanzamt habe keine Tatsachen vorgetragen, die vermögensverschiebende Maßnahmen belegten oder befürchten ließen, dass sie sich berechtigten Verpflichtungen entziehen würde. Sie sei nicht zahlungsunwillig, sondern bestreite die Forderungen des Finanzamts mit rechtstaatlichen Mitteln. Sie bestreite die Verantwortlichkeit für die vom Finanzamt angeführte „Steuerhinterziehung, die schlechte Kapitalausstattung und die bisherige steuerliche Unzuverlässigkeit“ der GmbH.“

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Auch ein Arrestanspruch liege nicht vor, da sie die Rechtsmeinung vertrete, dass die Leistungen der selbständigen Prostituierten in einem Bordellbetrieb nicht dem Bordellbetreiber zuzurechnen seien. Sie bestreite, dass die Prostitutionsleistungen durch die GmbH organisiert „werden“, bzw. dass die Freier davon ausgingen. Es sei gleichgültig, „was irgendwelche anonymen Personen im Internet“ schrieben; dies stelle auch kein Angebot für eine Zeugenaussage dar. Sie bestreite weiter, dass außer dem beklagten Finanzamt

„irgendjemand“ die Behauptung erhebe, dass die Prostituierten nicht in eigenen Namen und auf eigene Rechnung aufgetreten seien.

20

Der Hinweis, dass die Prostituierten selbstständig seien, auf eigene Rechnung und im eigenen Namen handelten und nicht im Auftrag und auf Rechnung des Bordellbetriebes tätig würden, „könne ausreichen“, um eine Zurechnung der Prostitutionsumsätze auf den Bordellbetreiber aufgrund des „Anschein[s] der Außendarstellung“ zu verhindern. Es sei „nicht bekannt“, welche Leistungen von „Durchschnittskunden“

eines Saunaclubs erwartet würden.

21

Aus Sicht der GmbH seien die Prostituierten nur - einen höheren - Eintritt zahlende „Gäste, die selbst Dienstleistungen anbieten“.

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Prostituiertengesetz (ProstG) und Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) stützen ihre Auffassung. Aus diesen ergebe sich, dass der Empfänger des Entgelts der Vertragspartner des Bordellkunden sei; nach § 26 ProstSchG dürfe nur die Prostituierte ein zivilrechtlich wirksames Angebot abgeben. Vereinbarungen zwischen Prostituierten und „Freiern“ seien nicht mehr sittenwidrig; Vertragspartner seien allein Prostituierte und „Freier“. Gegenüber einer Zurechnung „der Umsatzsteuer“ könne wegen § 2 ProstG die Nichtigkeit gemäß § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eingewendet werden. Die früher in der Rechtsprechung erfolgte Zurechnung von Prostitutionsumsätzen beim Bordellbetreiber beruhte auf der früheren

Sittenwidrigkeit der Vereinbarung zwischen Kunden und Prostituierten. Daher stelle sich auch nunmehr keine „Zurechnungsproblematik“.

23

Die GmbH trete nirgendwo dahingehend auf, dass sie Kunden Geschlechtsverkehr verschaffe. Auf der Internetpräsenz des C werde „zurzeit darauf hingewiesen, dass die Prostituierten nicht im Namen und Auftrag des Bordellbetriebs Dienstleistungen anböten. Die Prostituierten hätten („nunmehr sogar schriftlich“) mit der GmbH vereinbart, dass sie den Kunden gegenüber klarstellten, dass sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelten. Das hätten sie auch tatsächlich getan. Das Interesse der GmbH beschränke sich darauf, dass ihre Gaststätte besucht werde; an den „erotischen Leistungen Dritter“ habe sie kein Interesse, sie partizipiere auch nicht an den Einnahmen hieraus. Es bestünden keine Arbeitsverhältnisse zu den Prostituierten; sie seien auch nicht in ihren Betrieb eingegliedert. Bei „Rückfragen“ würden Kunden

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auch mündlich von der Empfangsdame darauf hingewiesen, dass die Prostituierten nicht berechtigt seien, im Namen und für Rechnung des Betreibers „Rechtsgeschäfte“ abzuschließen. Das stünde so auch in der Hausordnung, die in den Räumlichkeiten aushinge. Zudem gebe es einen Hinweis hierzu auf den

Innenseiten der Spinde, sowie in den „Hotelzimmern“.

24

Die Prostituierten seien Tagesgäste, die auch Eintritt zahlten. Sie seien in ihrer Preisgestaltung frei und unterlägen keinen Weisungen des Betreibers hinsichtlich Zeit und Ort. Sie hätten die Möglichkeit, eigene Kunden über „mehrere Internetplattformen“ zu informieren, wo sie wann anzutreffen seien. Sie seien nicht verpflichtet, die Prostitutionsentgelte oder Teile davon an die GmbH abzuliefern.

25

Sie habe auch keine Prostitutionsleistungen vermittelt.

26

Alle Prostituierten seien bei der Finanzbehörde als „Steuerbürger“ angemeldet. Sie führten die

Preisverhandlungen mit den Kunden ohne Einschaltung des Betreibers; die Entgelte würden direkt an sie ohne Einschaltung des Betreibers bezahlt.

27

Die Prostitutionsumsätze seien „sittenwidrig“ zu hoch geschätzt worden. Das Finanzamt berufe sich auf das Urteil des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt vom 17.11.2015 4 K 81/13, aber wende den dortigen

„Schätzbetrag“ von 90 € nicht an; dies sei „Rosinenpickerei“. Zudem seien Ausgaben der Prostituierten unberücksichtigt geblieben.

28

Die Arrestanordnung sei rechtswidrig zur Nachtzeit zugestellt und vollzogen worden. Weder ein Haftungs- noch ein Umsatzsteueränderungsbescheid seien bekannt gegeben worden.

29

Im Übrigen „bestreitet“ die Antragstellerin praktisch alle Angaben in den Schriftsätzen des Finanzamts.

30

Das Finanzamt beantragt,

den Antrag zurückzuweisen und begründet dies im Wesentlichen wie folgt:

„Die GmbH sei nach Außen als Anbieter auch der Prostitutionsleistungen aufgetreten. Der Besucher habe auch sexuelle Dienstleistungen erwarten dürfen.“

31

Das C werbe im Internet auf „einschlägigen Websites“, bei Facebook und auf seiner eigenen

Internetpräsenz mit eindeutigen Hinweisen auf die Anwesenheit von Prostituierten, ohne dass einzelne bestimmbare Prostituierte individuell kontaktierbar wären oder ihre tatsächliche Anwesenheit im C ersichtlich wäre. Kunden besuchten das C im Hinblick auf die „hinreichende Anzahl“ von anwesenden Prostituierten und entschieden sich erst vor Ort für eine derselben. Sie würden weder die wahre Identität, noch Anschrift der Prostituierten kennen. Die „breite Leistungspalette“ des C (Ausgabe von Badeutensilien für Kunden; Bar- und Buffetbereich; Saunas & Whirlpools zur Kontaktaufnahme; Außenbereich mit Liegen, etc.; Verrichtungszimmer; Sex-Kino; Wellnessbehandlungen, z.B. Massagen; Sportübertragungen, insb.

Fußball; Organisation von Veranstaltungen z.B. Saunaevents, Auftritte von „Erotikstars“) verbessere die Geschäftschancen des Clubs und der Prostituierten. Für Kunden stelle sich das Angebot als „Gesamtpaket“

dar, welches ihnen die Gelegenheit böte, in einem angenehmen, sicheren und gut organisierten Ambiente sexuelle Dienstleistungen gegen Entgelt in Anspruch zu nehmen.

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Im C gelte ein einheitlicher Preis für Prostitutionsleistungen von 50 €/ halbe Stunde. Die Prostituierten im Kontaktanbahnungsbereich seien einheitlich gekleidet (nackt, bzw. spärlich).

33

Es sei unklar, ob die Hinweise auf der heutigen Internetpräsenz des C auf eine Selbständigkeit der Prostituierten bereits im Streitzeitraum vorhanden waren; es liege hierzu dem Finanzamt eine E-Mail des

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Prozessvertreters der Antragstellerin (und der GmbH) an die Antragstellerin vom 12.02.2018 vor, die solche Hinweise anmahne.

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Im Übrigen wird auf die Schriftsätze des Finanzamts und der Antragstellerin verwiesen.

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Aus den Akten ergibt sich noch Folgendes:

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Im vorgelegten Betriebskonzept (§ 16 ProstSchG) wird auf in allen Zimmern vorhandene „Alarmanlage“ und

„Notrufknöpfe“ verwiesen. Es gebe Sichtschutz in allen Zimmern, einen hohen blickdichten Zaun, das Gebäude sei „sehr außerhalb“ gelegen. Im Konzept werden Empfangsdamen und ein Sicherheitsdienst benannt. Das Konzept unterscheidet zwischen „Rückzugsmöglichkeiten für Paare“ (12 Zimmer, 1. Stock) und „Zimmern mit Übernachtungsmöglichkeiten für die weiblichen Gäste“ (10 Zimmer, „nur für die weiblichen Gäste zugänglich“, 2. Stock); letzteren stehen zudem ein Aufenthaltsraum, eine

Waschmaschine, „Glätteisen“, Getränke- und Warenautomaten zur Verfügung. Empfangsdame und

Bewachungsfirma kontrollierten alle Bereiche auf die Einhaltung der Hausordnung und einen „problemlosen, friedlichen Ablauf“.

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Prostituierte werden laut Hausordnung nur nach Zustimmung der Geschäftsleitung „im Haus

aufgenommen“. Die Hausordnung unterscheidet zwischen „Club“ und 2. Stock; in letzterem herrscht bereits ab 22:00 Uhr Nachtruhe. Laut Betriebskonzept schließt das C erst um 3:00 bzw. 5:00 (freitags und

samstags).

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Die Antragstellerin hat eine 13-seitige „Hausordnung“ samt eines 3-seitigen „Hygieneplans für Gäste“

vorgelegt (insg. 16 Seiten). In der Hausordnung wird darauf hingewiesen, dass „die Ausgestaltung von sexuellen Dienstleistungen […] ausschließlich zwischen den Prostituierten und deren Kunden oder

Kundinnen vereinbart [werde] und […] nicht Bestandteil des Eintrittsgeldes“ sei. Es werde den Prostituierten untersagt, solche Leistungen im Namen des Betreibers zu erbringen. Sie hätten ihre Kunden darauf

hinzuweisen, dass die Prostitutionsleistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbracht werden. Daneben enthält diese Hausordnung z.B. Verbote, bzgl. Fahrzeugwäschen oder Ölwechseln auf dem Grundstück, „unbefugte[n] Streichen von Wänden in den Schlafräumen“ und die Anweisung, die Zimmer ausreichend zu lüften.

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Die Antragstellerin hat Fotos vorgelegt, auf denen Schilder zu erkennen sind, die u.a. folgenden Formulierungen enthalten:

„Der Leistungsaustausch mit unseren weiblichen Gästen erfolgt unabhängig vom Club. Die weiblichen Gäste sind selbständig in eigenem Namen und steuerlich auf eigene Rechnung tätig.“

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Auf einem Schild mit Verweis auf den 01.07.2017 ist zu lesen: „Wie bisher bieten Prostituierte ihre

Dienstleistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung an und rechnen im eigenen Namen ab und handeln nicht im Namen des Inhabers der Prostitutionsstätte“.

41

Personen sind auf diesen Bildern nicht abgebildet. Nach Angabe der Antragstellerin zeigen die Bilder im C aushängende Schilder.

42

Im Schriftsatz vom 04.05.2018 führt die Antragstellerin aus, dass „das Finanzamt 3 bislang keine Besichtigung vorgenommen ha[be], weder des Bordells in 3 noch des Bordells in 5“.

43

Im Schriftsatz vom 23.07.2018 betreffend die Verfahren 2 K 595/18 und 2 V 607/18 (bzgl. Haftung des D für Umsatzsteuern der UG, Betreiberin des G) trägt derselbe Prozessvertreter vor, dass D auf Wunsch der Antragstellerin Buchhaltungsunterlagen der GmbH transportiert habe; die Antragstellerin könne dies durch

(6)

eine Hotelbuchung belegen. Mit Schriftsatz vom 10.06.2018 (und nochmals mit Schreiben vom 01.09.2018) betreffend dieselben Verfahren hat D eine „Eintrittserklärung und Einverständniserklärung beim Check-In“

vorgelegt, die als Aussteller die GmbH und das C ausweist. Mit Schreiben vom 30.10.2018, wiederum diese Verfahren betreffend, hat sich D (sinngemäß) gegen die seiner Meinung nach vom Beklagten (dort

eigentlich das Finanzamt 3) geäußerte Ansicht gewendet, ein Kunde erwarte, dass die GmbH Erbringer der sexuellen Dienstleistungen sei; dies sei bereits durch den Aushang der Hausordnung widerlegt, der „bereits beim Vorgänger“ der GmbH (mithin E-GmbH) vorhanden gewesen sei. Die GmbH könne

Prostitutionsleistungen „gar nicht“ anbieten. Die Prostituierten hätten sich gegenüber der GmbH verpflichtet, Kunden „vorab“ darüber zu informieren. Die GmbH gebe den Prostituierten keine Entgelte vor.

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Das Finanzamt rekurriert umfangreich auf anscheinend erfolgte Zeugeneinvernahmen der Kunden und der Prostituierten sowie sichergestellte Unterlagen, ohne diese jedoch dem Gericht zugänglich zu machen. Die Prostituierten und die Angestellten im sonstigen Servicebereich hätten D als ihren „Chef“ bezeichnet. Bei ihm seien Teile der Buchhaltung und der Einnahmeaufzeichnungen der GmbH gefunden worden.

Ausweislich handschriftlicher Notizen sei D bei Problemen mit der Kasse, dem Eintreffen bestimmter Waren für das C kontaktiert worden; bei Razzien solle er kontaktiert werden. Kassenaufzeichnungen zeigten, dass öfters Personen der Eintritt unter Bezugnahme auf D erlassen oder ermäßigt wurde („VIP D“). Die

Geschäftsführung der GmbH sei um einen einheitlichen Außenauftritt der beiden Clubs C und G bemüht gewesen.

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Konkret bezeichnet hat das Finanzamt folgende Unterlagen:

- eine E-Mail des (zeitweiligen) Geschäftsführers der GmbH vom 29.12.2015 wegen des C an D

- eine Rechnung der Fa. H-GmbH vom 03.02.2016 an die UG über Werbeleistungen für die beiden Clubs C und G

- eine Verbrauchsabrechnung des Zweckverbands Gruppenwasserwerk 6 für das C, gerichtet an D persönlich; D hat diese Forderung gegen die GmbH ausweislich der Mahnung vom 19.04.2016 selbst am 02.05.2016 beglichen (Verwendungszweck „Zahlung-Rückstände A GmbH“).

- ein Angebot vom 29.07.2016 über Lieferung und Montage einer Schornsteinanlage, adressiert an C, z.Hd.

D; die darauffolgende Rechnung vom 20.09.2016, adressiert an die GmbH, führt als Besteller D auf - Rechnungen und Anschreiben der Fa. J, gerichtet sowohl an die Antragstellerin als auch an D, bzw. mit Anrede des D oder zu Händen D

- eine E-Mail der Fa. K vom 19.01.2016 an die Kontaktadresse des C (x), in der D persönlich (mit dem Vornamen) angesprochen wird

- eine E-Mail der GmbH vom 21.03.2016 zur einer Veranstaltung im C bezeichnet D als für die Planung verantwortlich

- eine E-Mail der Fa. L vom 15.09.2017 an die Antragstellerin, in der mitgeteilt wird, eine Veranstaltung im C sei mit D besprochen worden und dieser habe Lichttechnik für das C bestellt

- eine E-Mail einer Fa. M vom 04.10.2017 an die private Adresse des D mit Werbemitteln für eine Veranstaltung im C; die Fa. M hat auch für die UG in großen Umfang Werbedienstleistungen hinsichtlich des G erbracht Die Antragstellerin hat die Existenz und den vorgetragenen Inhalt dieser Dokumente nicht dezidiert bestritten.

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Hinsichtlich des G ist gegen D ebenfalls ein auf die aus seiner faktischen Geschäftsführung resultierende Haftung für die nicht angemeldeten Prostituiertenumsätze gestützter Arrest angeordnet worden. In den am Gericht anhängigen Rechtsschutzverfahren (2 K 595/18 und 2 V 607/18), in dem wiederum derselben Prozessvertreter D vertritt, hat das Finanzamt 3 umfangreiche Unterlagen vorgelegt; auf den Beschluss in der Sache 2 V 607/18 vom 28.12.2018 wird verwiesen.

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Relevant auch für das hiesige Verfahren ist dabei Folgendes:

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48

Auch hinsichtlich des G verfügt D über Kontovollmacht. In seinen Privaträumen wurden auch Unterlagen der das G betreibenden UG gefunden, u.a. Stundenzettel von Prostituierten, Schriftsätze eines

Gerichtsprozesses der UG und Rechnungen an die UG, in denen er als Ansprechpartner genannt wird (Bezahlfernsehsender, Steuerberater, Gebäudereinigung, Catering) sowie die an ihn gerichteten Niederlegungs- und Kündigungsschreiben des Geschäftsführers der UG.

49

Auf den aufgefundenen Einsatzzetteln der Prostituierten sind diese nur mit ihrem Alias bzw. Vornamen eingetragen. Auf einer Vielzahl wurde in der Spalte „Eintritt“ unter Verweis auf den Antragsteller („D weiß“,

„VIP-D“, etc.) die Eintragung gestrichen, leergelassen oder mit „VIP“ markiert. In einem Zettel wird einer „N“

wegen „Zahnschmerzen“ der „Eintritt“ erlassen.

50

Der Vermieter der dortigen Immobilie betrachtet D als Inhaber des G.

51

In einem Arbeitsgerichtsprozess hat die UG D als Zeugen für Sachverhalte aus dem Bereich der Geschäftsführung angeboten.

52

Drei im G in 2018 beschäftigte Prostituierte sind bei den Behörden mit Wohnsitz an der Adresse des G gemeldet.

53

Auf ihrer Webseite gab die UG im 2014 die Auskunft das eine ½ Stunde „erfahrungsgemäß“ 50 € koste.

54

Einträge in einschlägigen Internetforen enthalten u.a. Hinweise auf das Verhalten der im G anwesenden Prostituierten („Clubstandard“, „vermutlich“ vom Betreiber festgelegte Art der Ansprache durch die

Prostituierten, die „Girls“ würden - unter Anrechnung auf die bezahlte Zeit - auch mit in den Wellnessbereich kommen, „kein FKK Standard Service mehr“, einheitliche Preisgestaltung: „die 50 €“ pro ½ Stunde; „alle nackt“) und die Sichtweise der Kunden (Einforderung einer Anwesenheitsliste, „werkeln“ der Prostituierten auch in einer anderen Prostitutionsstätte, „Frauen hier und da im Wechsel (guter Service)“, zu wenige

„Girls“ an einem Wochenende verbunden mit Anforderungen an einen „guten Club“, Auskunft der

Empfangsdame, dass viele Prostituierte „in Urlaub“ seien, „Mannschaft von letzter Woche“ solle in Urlaub - was als „Ersatz“ nachkomme, sei noch unklar, die „CDLs“ („Clubdienstleister“) machten den Barservice mit, Bardame habe berichtet, dass „sie ab September mehr Frauen“ bekämen).

55

Für das G wurden aktiv Prostituierte angeworben (Stellenanzeige auf einem „Anzeigenportal für Sexjobs“).

56

Im G wurden alkoholische Getränke zu branchentypisch überhöhten Preisen angeboten (z.B. Piccolo 25 €, Flasche Moet & Chandon 150 €, Flasche „Johnnie Walker Red Label“ 120 €).

57

Aus einer Auswertung des Handys des Geschäftsführers der UG ergibt sich, dass sich dieser mit S in einer Vielzahl von Fällen bei Fragen der täglichen Geschäftsführung eng abgesprochen hat.

II.

58

Der Antrag ist unbegründet. An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen bei der gebotenen überschlägigen Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts und der präsenten Beweismittel keine ernsthaften Zweifel.

59

Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes auf Antrag auszusetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des

angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen dann

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vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, und vom 28. Mai 2015 V B 15/15, BFH/NV 2015, 1117, Rz 11, m.w.N.). Die

Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (BFH-Beschluss in BFH/NV 2015, 1117, Rz 11, m.w.N.). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die

Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 03.09.2018 VIII B 15/18, BFH/NV 2018, 1279).

60

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

61

Der redundante, voluminöse und weitgehend unstrukturierte Vortrag der Antragstellerin enthält zur Sache wenig. Zu den Obliegenheiten eines Antragstellers im summarischen Verfahren des einstweiligen

Rechtsschutzes gehört es unter anderem auch, den relevanten Sachverhalt und die von ihm für tragend erachteten rechtlichen Gesichtspunkte in einer verständlichen und durchdringbaren Form dem Gericht zu präsentieren, damit dieses seinen Vortrag würdigen kann (vgl. in diesem Sinne z.B. Beschluss des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 18.01.1993 6 V 13/92, EFG 1993, 393; ähnlich Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28.07.1987 V B 68/86, BFH/NV 1988, 198). Dem genügt der mehrere hundert Seiten starke Vortrag der Antragstellerin nicht. Soweit das Gericht die - überwiegend völlig abseitigen - Argumente erkennen konnte, vermögen sie nicht, Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Arrestbescheides zu wecken.

62

Gemäß § 324 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) kann die für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzbehörde zur Sicherung der Vollstreckung von Geldforderungen nach den §§ 249 bis 323 AO den Arrest in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen anordnen, wenn zu befürchten ist, dass sonst die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Der Arrest ist das Mittel zur Sicherung künftiger Geldvollstreckung (Klein/Werth, AO, 14. Aufl., § 324 Rz 2). Er soll verhindern, dass der Steuerpflichtige einen bestehenden Zustand verändert, um die zukünftige Zwangsvollstreckung zu gefährden (vgl. BFH- Beschluss vom 6. Februar 2013 XI B 125/12, BFHE 239, 390, BStBl II 2013, 983, Rz 21).

63

Ordnet die Finanzbehörde zur Sicherung der Vollstreckung von Geldforderungen gemäß § 324 Abs. 1 AO den Arrest in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen an, so müssen der Arrestanspruch (die zu sichernde Geldforderung) und der Arrestgrund zwar nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen, aber doch mit einem hinreichenden Maß an Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26.

Februar 2001 VII B 265/00, BFHE 194, 40, BStBl II 2001, 464; vom 13. September 2001 IV B 87/01, BFH/NV 2002, 352, unter II.1.a, Rz 32; in BFHE 239, 390, BStBl II 2013, 983, Rz 28; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 324 AO Rz 24; „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ verlangend:

Klein/ Werth, a.a.O., § 324 Rz 9; Hohrmann in Hübschmann/Hepp/ Spitaler -HHSp -, § 324 AO Rz 35).

64

Bei der Anfechtung einer Arrestanordnung ist auf den Zeitpunkt ihres Erlasses abzustellen. Die Tatsachen, die den Arrestgrund im Zeitpunkt des Ergehens der Arrestanordnung belegen, können allerdings erweitert oder ersetzt werden. Ob sie der Finanzbehörde im Zeitpunkt des Erlasses der Arrestanordnung ganz oder teilweise bekannt waren, ist unerheblich. Es genügen sogar solche Tatsachen, welche erst nach Erlass der Arrestanordnung entstanden sind, aber den zwingenden Schluss rechtfertigen, dass eine konkrete Gefahr der Vollstreckungserschwerung oder -vereitelung bereits im Zeitpunkt des Ergehens der Arrestanordnung gegeben war (BFH-Urteil vom 17.10.2018 XI R 35/16, juris).

65

Da somit auf die objektiv vorhandene Tatsachenlage im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Arrestanordnung abzustellen ist, kann das Gericht auch die vom Finanzamt 3 im Parallelverfahren vorgelegten Tatsachen zum vergleichbar betriebenen G als gerichtskundig würdigen (vgl. BFH-Beschluss vom 25.11.2005 V B 16/04, BFH/NV 2006, 756). Beide Verfahren betreffen durch D - und Beteiligung und

(9)

Mithilfe der Antragstellerin - tatsächlich und weitgehend identisch betriebene Prostitutionsstätten; die Verflechtung der Clubs wird exemplarisch durch die einheitlichen Werbemaßnahmen belegt. Auch die Antragstellerin fasst die eigentlich getrennten Streitgegenstände offensichtlich als einheitlich auf, da sie in diesem Verfahren teilweise Tatsachen zum anderen „Sauna-Club“ G vorträgt. Für sie werden Schriftsätze gemeinsam mit D und der GmbH eingereicht, die die Grenzen des Streitgegenstandes nicht immer beachten. Damit hat sie selbst eine verfahrensübergreifende Verbindung des Sachverhaltes hergestellt, so dass es für sie nicht überraschend sein kann, dass der Tatsachenvortrag des Finanzamts 3 aus dem Verfahren 2 V 607/18 auch in diesem Verfahren berücksichtigt wird. Über ihren Prozessvertreter hatte sie im Parallelverfahren Gelegenheit, sich zu diesem Vortrag zu äußern (§ 96 Abs. 2 FGO). Dieser trägt stets einheitlich sowohl im Namen der Antragstellerin, des D und der GmbH vor, so dass davon ausgegangen werden muss, dass er seine Mandantschaft einheitlich in den das C und auch das G betreffenden Verfahren informiert. Belegt wird dies auch dadurch, dass Tatsachen aus der Sphäre der Antragstellerin - unter Beweisangebot der Antragstellerin - in dem sie nicht betreffenden Verfahren hinsichtlich des G vorgetragen werden.

66

Der Senat hält es für hinreichend wahrscheinlich, dass die Antragstellerin für Umsatzsteuerschulden der GmbH in der im angegriffenen Bescheid einzeln aufgeführten Höhe haftet.

67

Die Antragstellerin verkennt die Verfahrensgrundsätze vor dem Finanzgericht. Anders als sie in ihren wortreichen Stellungnahmen anklingen lässt, erforscht das Finanzgericht den Sachverhalt von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 FGO); Fragen der Beweis- und Darlegungslast stellen sich nur nachrangig im Form einer Feststellungslast.

68

Allerdings scheint auch das Finanzamt von falschen verfahrensrechtlichen Grundsätzen auszugehen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat für die gerichtliche Anordnung des dinglichen Arrests nach § 111e Strafprozessordnung entschieden, dass es zur Effektivität des gerichtlichen Rechtsschutzes gehöre, dass das Gericht das Rechtsschutzbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht prüfe. Das schließe eine Bindung des Gerichts an die im Verfahren der Exekutive getroffenen Feststellungen und Wertungen grundsätzlich aus. Das Gericht müsse die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Exekutive gewinnen und begründen (BVerfG Kammerbeschluss vom 14.06.2004 2 BvR 1136/03, Rn. 46f, WM 2004, 1378).

69

Dies gilt umso mehr für den Fall der gerichtlichen Überprüfung eines durch die Finanzbehörde selbst angeordneten Arrests gemäß § 324 AO. Zwar bleiben die Anforderungen an den Nachweis der

vorgetragenen Tatsachen im summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes hinter denen im letztgültig streitentscheidenden Klageverfahren zurück. Wenn sich aber das Finanzamt damit begnügt, Tatsachen nur zu behaupten, ohne dem Gericht eine eigene Überprüfungsmöglichkeit zu geben, so ist dieser Vortrag hinsichtlich seiner Überzeugungskraft frei zu würdigen (§ 96 Abs. 1 FGO). Der Vortrag des Finanzamts kann vor den zum Rechtsschutz des Besteuerungssubjekts berufenen Gerichten (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz - GG) keine höhere Gültigkeit beanspruchen, als der Vortrag des Verfahrensgegners.

Daher muss auch das Finanzamt seinen Sachvortrag belegen. Die Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) ist zwar Garant für die Vertrauenswürdigkeit der Verwaltung, das Vertrauen fußt aber auf den individuellen Rechtsschutzmöglichkeiten und -rechten, welche durch ein „blindes Vertrauen“

der Gerichte in den Vortrag der Verwaltung konterkariert würden.

70

An den Pflichten eines eingetragenen Geschäftsführers ändert sich durch eine abweichende tatsächliche Handhabung nichts. Der Senat ist im Übrigen aufgrund der reichlich belegten Eingriffe des D in die täglichen Belange der GmbH davon überzeugt, dass die Antragstellerin nur eine vorgeschobene, rein formelle

Geschäftsführerin war und dass faktischer Geschäftsführer D war.

71

Nach der im summarischen Verfahren gebotenen überschlägigen Überprüfung des Streitstoffes gelangt der Senat zu der Auffassung, dass die GmbH als der leistende Unternehmer auch hinsichtlich der im C

erbrachten Prostitutionsdienstleistungen anzusehen ist.

(10)

72

Die Rechtsgrundsätze für die Zurechnung von derartigen Leistungen sind geklärt (vgl. BFH-Urteil vom 27.09.2018 V R 9/17, juris mwN). Es gelten die allgemeinen Grundsätze, nach denen zu beurteilen ist, ob eine Leistung dem unmittelbar Handelnden oder dem Unternehmer, in dessen Unternehmen er

eingegliedert ist, zuzurechnen ist. Es kommt darauf an, ob der Unternehmer nach den nach außen erkennbaren Gesamtumständen aufgrund von Organisationsleistungen selbst derjenige ist, der durch die Anwerbung von Prostituierten und deren Unterbringung das Bordell betreibt. Dabei kann maßgebend sein, ob der Unternehmer z.B. in seiner Werbung als Inhaber eines Bordells oder eines bordellähnlichen Betriebs als Erbringer sämtlicher vom Kunden erwarteten Dienstleistungen einschließlich der Verschaffung von Geschlechtsverkehr aufgetreten ist.

73

Grundsätzlich ist hierfür - wie die Antragstellerin richtig erkannt hat - auf die zivilrechtlichen

Leistungsbeziehungen abzustellen. Leistender und Leistungsempfänger ergeben sich grundsätzlich aus dem zugrundeliegenden Schuldverhältnis (st. Rspr. vgl. z.B. BFH-Urteil vom 04.09.2003 V R 9,10/02, BFHE 203, 389); dies gilt jedenfalls soweit die tatsächliche Durchführung vom zugrundeliegenden Schuldverhältnis nicht abweicht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20.10.1994 V R 96/92, BFH/NV 1995, 459).

74

Allerdings irrt die - durch einen Rechtsanwalt vertretene - Antragstellerin, wenn sie meint, aus § 2 ProstG ergebe sich, dass zivilrechtliche Vertragsbeziehungen nur zwischen den Kunden und den Prostituierten selbst möglich seien. Sie gesteht selbst an anderer Stelle zu, dass das ProstG auch die Möglichkeit berücksichtigt, dass die Prostituierte auf Seiten des Bordellbetreibers tätig wird (als Subunternehmer oder Angestellte). Die Frage der Vereinnahmung des Entgelts ist ohne Bedeutung für die Bestimmung des Leistenden, wie sie auch im Zivilrecht für die Bestimmung der Vertragsparteien irrelevant ist. Durch das Abtretungsverbot in § 2 ProstG ändert sich daran - auch nach Ansicht des historischen Gesetzgebers („Eine unmittelbare Entstehung der Forderung bei einer anderen Person als der Prostituierten, in der Regel einem Bordellbetreiber, durch einen direkten Vertragsschluss zwischen Kunden und dem Bordellbetreiber, ist möglich.“, Drucksache 14/5958, 6; von Antragsteller selbst zitiert) - nichts. Selbstverständlich kann ein Bordellbetreiber Leistungen, die durch ihm zuzuordnende Prostituierte erbracht werden, als eigene Leistung anbieten. Der diesbezügliche Einwand der Antragstellerin auf § 613 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geht fehl. Der von ihr auch angeführte § 664 BGB betrifft Auftragsverhältnisse; welches Geschäft des Kunden eine Prostituierte bzw. ein Bordellbetreiber im Sinne von § 662 BGB ausführen solle, bleibt dunkel.

75

Wer an einer Vertragsbeziehung beteiligt ist, ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung der relevanten Erklärungen und der äußeren Umstände (§ 133 BGB). Dabei ist es im Wirtschaftsleben allgemein üblich, dass - auf beiden Seiten - nicht der aktuell Handelnde der rechtlich Verpflichtete sein soll. Gerade auf der Seite des Unternehmers ist es der Kunde gewöhnt und legt Wert darauf, dass nicht sein Ansprechpartner, sondern ein dahinterstehender Unternehmer Vertragspartner ist (vgl. auf Unternehmerseite z.B. einzelne Fahrgeschäfte in Vergnügungsparks, Verkäufer in größeren Geschäften, Mitarbeiter in Service- und Handwerksbetrieben, etc.). In diesen Fällen ist aufgrund der äußeren Umstände (als da insb. wären:

Geschäftsräume, Kleidung, Vorgespräche) dem Kunden ohne weiteres eindeutig erkenntlich, wer der rechtlich Verpflichtete sein soll, ohne das der konkret Handelnde explizit darauf hinweisen muss. Ein derartiger Hinweis, z.B. durch Verkäufer im Supermarkt, wäre sogar höchst ungewöhnlich. In derartigen Situationen bedarf es hingegen deutlicher Anzeichen dafür, dass der Handelnde - abweichend von dem durch die Kunden Erwarteten - selbst Vertragspartner sein möchte.

76

Im Bereich der Prostitution besteht zudem die Besonderheit, dass der/die unmittelbar Handelnde zugleich das Objekt der Leistung ist. Prostituierte verschleiern regelmäßig ihre wahre Identität gegenüber ihren Kunden (vgl. § 5 Abs. 6 ProstSchG). Auch ist allgemein bekannt, dass die dort Tätigen häufig in

Abhängigkeitsverhältnissen zu hinter ihnen agierenden Zuhältern und Bordellbetreibern stehen (vgl. z.B.

Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 03.11.2015 2 K 1038/13, EFG 2016, 417).

77

Vor diesem Hintergrund drängt es sich einem unbefangenen Kunden - jedenfalls in einem Rahmen, der den Rückschluss auf einen bestimmten Hintermann zulässt - nicht auf, im Objekt seiner Nachfrage zugleich

(11)

einen selbständig planenden und eigenverantwortlich Handelnden zu erkennen (vgl. z.B. Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf ProstSchG - Bundestags-Drucksache 18/8556 - „Prostitution ist zum einen ein Wirtschaftszweig, in dem erhebliche Umsätze erzielt werden und der wie andere Bereiche unternehmerischen Handelns den Eigengesetzlichkeiten der Marktwirtschaft folgt. Zum anderen ist Prostitution ein Bereich, in dem Grundrechte wie die sexuelle Selbstbestimmung, persönliche Freiheit, Gesundheit sowie Persönlichkeitsrechte der Beteiligten faktisch in besonderer Weise gefährdet sind…

Zugleich muss berücksichtigt werden, dass Prostitution nicht selten von Personen ausgeübt wird, die sich in einer besonders verletzlichen oder belastenden Situation befinden und die deshalb nicht in der Lage sind, selbstbestimmt für ihre Rechte einzutreten“; aA Urteil des FG Köln vom 13.02.2002 7 K 4601/99, juris).

78

Wenn eine Prostituierte nicht deutlich aus dem organisatorischen Rahmen eines bordellartigen Betriebes individualisierbar hervortritt (z.B. durch eigene Kontaktmöglichkeiten) sowie tatsächlich und erkennbar für eigene Rechnung handelt (z.B. durch individuelle Werbung), werden auch die Prostitutionsumsätze durch den Bordellbetreiber erbracht (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 26.09.2017 XI B 65/17BFH/NV 2018, 240;

BFH-Beschluss vom 29.01.2008 V B 201/06, BFH/NV 2008, 827; Urteil des FG München vom 11.05.2016 3 K 3267/13, EFG 2017, 11243; Urteil des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt vom 17.11.2015 4 K 81/13, Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17. November 2015 - 4 K 81/13 -, juris; K 3267/13;

Urteil des FG München vom 25.10.2011 2 K 1939/08, juris; Urteil des FG Hamburg vom 12.12.2012 2 K 88/11, juris; auch Urteil des FG Hamburg vom 19.12.2017 2 K 134/17, juris).

79

Der „Saunaclub“ C vermittelt - ebenso wie der weitere „Sauna-Club“ des D - auf unbefangene Kunden den Eindruck, auch Prostitutionsdienstleistungen anzubieten. Aufgrund der einheitlichen Vermarktung und der bordellartigen Organisationsstruktur (insb. einheitlicher Auftritt nach außen, Empfangsdame, allgemeine Kontaktanbahnungsräumlichkeiten mit Bewirtung zu sehr hohen Preisen, Notruf auf den Zimmern, Randlage und Sichtschutz) macht das C den Eindruck eines einheitlichen Angebots „aus einer Hand“. Ein Besucher der Webseite des C kann nicht daran zweifeln, dass ihm dort sexuelle Dienste angeboten werden.

Dass die Kunden das C gezielt zum Zwecke der sexuellen Befriedigung aufsuchten, ist naheliegend, wie es auch für das G durch die zahlreichen Foreneinträge belegt ist.

80

Das Auftreten der Prostituierten im Schwester-Club G entsprach nach den bislang vorgelegten Unterlagen für die Kunden dem Bild von Untergebenen: einheitliches Auftreten („alle nackt“) und abgestimmtes Verhalten (Art der Ansprache, einheitlicher Preis), ungenügende Individualisierbarkeit (nur Vor- bzw.

Aliasnamen, keine Kontaktmöglichkeit), Integration in Organisation des G („Urlaub“, Kundenwünsche an Club zur Belegung bzw. Nachweis derselben, „Bardienst“).

81

Nichts deutet darauf hin, dass es innerhalb des G einen freien Markt gegeben hätte, auf dem Prostituierte auf eigene Rechnung und in eigenem Namen um Kunden geworben hätten. Es fehlen vollständig Hinweise auf marktübliches Verhalten (insb. unternehmerische Akquise durch eigene Werbung, Möglichkeiten zur Kundenbindung durch Individualisierbarkeit und Kontaktierbarkeit, Abgrenzung von Konkurrentinnen durch Angebotsdifferenzierung, etc.). Im Gegenteil erschienen die anwesenden Prostituierten aus Sicht der Kunden, wie die Foreneinträge belegen, weitestgehend austauschbar; so ist den Kunden nicht selten der Name nicht erinnerlich (vgl. zum Kriterium der Austauschbarkeit z.B. jüngst BFH-Urteil vom BFH, Urteil vom 27.09.2018 V R 9/17, Rz. 18f, juris).

82

In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass die UG - entgegen den Angaben des D - sich um die Belegung des G mit Prostituierten aktiv durch Stellenanzeigen bemüht hat. Das ist unvereinbar mit der Annahme, die Prostituierten seien zufällig anwesende „weibliche Gäste“ und begründet, wieso es keine Anzeichen für einen internen Wettbewerb gibt.

83

Die mit ihren teilweise auf das dauerhafte Verbleiben in der Immobilie zielenden Verbote (Autowäsche, Zimmerlüftung) in der Hausordnung sind mit der Annahme von spontan anreisenden „weiblichen Gästen“

unvereinbar.

(12)

84

Dass der weitgehend identisch konzipierte „Sauna-Club“ C eine davon abweichende Organisationsstruktur aufgewiesen haben sollte, ist vollkommen unwahrscheinlich.

85

Die Folgen des Mangels an Nachweisen für ein unabhängiges, unternehmerisches Auftreten der Prostituierten gehen zu Lasten der GmbH und der Antragstellerin, da es sich um Tatsachen aus ihrem Verantwortungsbereich handelt und nur sie in der Lage ist, Belege für ein Handeln der Prostituierten unabhängig von der GmbH zu beschaffen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 07.07.1983 VII R 43/80, BFHE 138, 527).

86

Interne Absprachen des Betreibers mit den Prostituierten sind hingegen für die Bestimmung des Leistenden irrelevant. Das folgt schon daraus, dass auch zivilrechtlich (bei Vertragsbeziehungen) die Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont maßgeblich ist (z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.01.1997 II ZR 213/95, DStR 1997, 459). Die (im Parallelverfahren) vorgelegte „Eintrittserklärung“ ist offensichtlich eine Reaktion auf die Anforderungen des ProstSchG, betrifft also nur den Zeitraum ab 01.07.2017. Zudem ist sie nicht unterschrieben. Sie ist völlig ungeeignet zu belegen, wie sich die Prostituierten im Kontakt mit den Kunden geäußert haben.

87

Grundsätzlich können schriftliche Hinweise in den Räumlichkeiten der Vertragsanbahnung für die Bestimmung des Leistenden von Bedeutung sein, da sie den Eindruck des Kunden von der ihm

angebotenen Leistung mitprägen können. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass begründete Zweifel daran bestehen, ob solche wahrgenommen werden und geklärt werden müsste, wie sie zu verstehen waren. Im wortreichen Vortrag der Antragstellerin findet sich häufiger die Behauptung, eine Hausordnung läge aus und es gebe Hinweise in Spinden und an Zimmertüren. Dort werde darauf hingewiesen, dass die Prostituierten nur in eigenen Namen und auf eigene Rechnung arbeiteten. Damit ist schon zweifelhaft, ob die

Antragstellerin überhaupt vorträgt, dass diese Hinweise schon vor Antragstellung existiert haben. Es wurden keinerlei Belege dafür vorgelegt, dass derartige Hinweise im relevanten Zeitraum für Kunden erkennbar vorhanden waren. Unklar ist auch der genaue Wortlaut derartiger Hinweise.

88

Der Senat ist nicht der Auffassung, dass sich aus derartigen Hinweisen Zweifel an der Leistungsbeziehung ergeben. Maßgebend ist bei einem Leistungsaustausch nämlich der objektive Inhalt des Vorgangs und nicht die Bezeichnung, die die Parteien ihm geben (vgl. BFH-Beschluss vom 07.02.2017 V B 48/16, HFR 2017, 431); Gleiches gilt für den Inhalt von Vertragsverhältnissen („falsa demonstratio non nocet“, vgl. z.B. BGH- Urteil vom 08.03.1991 V ZR 25/90, NJW 1991, 1730). Fragwürdig erscheint bereits, inwieweit Kunden derartige Hinweise, so sie denn im Streitzeitraum tatsächlich für Kunden sichtbar waren, wahrgenommen haben. Hinsichtlich der 13-seitigen Hausordnung kann ausgeschlossen werden, dass ein durchschnittlicher Kunde sich die Zeit nimmt, Derartiges zu lesen. Die Hausordnung macht auch mit ihren teilweise auf die Dauernutzung zielenden Verboten eher den Eindruck, an die Prostituierten gerichtet zu sein. Zweifelhaft ist darüber hinaus, ob sich einem durchschnittlichen Kunden aus den Formulierungen erschließt, dass Letztverantwortlicher auch für die sexuellen Dienstleistungen nicht der Betreiber sein soll. Aus Sicht des Senates liegt es näher anzunehmen, dass ein Durchschnittskunde annimmt, sich bei Problemen mit einzelnen Prostituierten an die Empfangsdame bzw. die Geschäftsführung wenden zu können. Vor diesem Hintergrund muss ein Kunde einen derartigen Hinweis eher als die Vereinbarung der konkreten Ausführung der sexuellen Dienstleistung und die Verteilung der Entgelte betreffend auffassen. Zudem prägen die unter d. genannten Umstände die Leistungsbeziehung so stark, dass evtl. vorhandene Hinweise dahinter zurücktreten.

89

Die Schätzung der noch festzusetzenden Umsatzsteuern begegnet keinen Bedenken. Die Antragstellerin hat sich nur gegen die Höhe der unterstellten Tageseinnahmen gewendet und die Anwendung des Satzes aus dem Urteil des Finanzgericht Sachsen-Anhalt vom 17.11.2015 4 K 81/13 (90 €/Tag) begehrt. Näher begründet hat sie dies nicht. Die Antragstellerin hat durch ihren Vortrag selbst zugestanden, dass sie die Prostitutionsumsätze nicht erklärt hat, womit die Schätzungsbefugnis nach § 162 AO außer Frage steht.

Angesichts des in Forenbeiträgen für das G dokumentierten Tarifs von 50 € / ½ Stunde hält der Senat den

(13)

Tagessatz nicht für überhöht; es liegt nahe, ohne besondere lokale Unterschiede denselben Preis in den beiden „Sauna-Clubs“ anzunehmen. Gestützt wird dies dadurch, dass sich in den Forenbeiträge Hinweise dafür finden, dass einzelne Prostituierte zwischen den beiden Clubs ausgetauscht wurden. Im Übrigen ergeben sich aus den Akten keine Bedenken gegen die Zulässigkeit und Richtigkeit der Schätzung.

90

Die resultierenden Umsatzsteuern hat die Antragstellerin nicht angemeldet und abgeführt, womit sie ihre Pflicht nach § 69 AO verletzt hat. Sie kann deswegen gemäß § 192 AO in Haftung genommen werden.

Einwendungen gegen die Haftungsquote hat sie nicht erhoben; Anzeichen für eine mangelnde Liquidität der GmbH im Zeitpunkt der Steuerentstehung bestehen nicht.

91

Es liegt auch ein hinreichender Arrestgrund vor, da zu besorgen ist, dass ansonsten die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert würde (§ 324 AO).

92

Ein Arrestgrund besteht nach ständiger Rechtsprechung, wenn bei objektiver Würdigung unter ruhiger und vernünftiger Abwägung aller Umstände die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass ohne sofortige Sicherung durch Arrestanordnung die Vollstreckung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert würde (vgl. z.B. BFH- Beschlüsse in BFHE 194, 40, BStBl II 2001, 464, unter II.b, Rz 29; in BFHE 239, 390, BStBl II 2013, 983, Rz 30). Dabei kann es auf die Möglichkeit eines schnellen und unmittelbaren und damit auch eines sicheren Zugriffs ankommen (vgl. BFH-Beschluss vom 25. April 1995 VII B 174/94, BFH/NV 1995, 1037). Der BFH hat z.B. erkannt, dass eine wesentliche Erschwerung der Vollstreckung bereits dann zu besorgen ist, wenn der Steuerpflichtige ein wertvolles Grundstück veräußert, weil Bargeld oder Geldforderungen der

Vollstreckung leichter entzogen werden können als unbewegliches Vermögen, oder wenn auch nur die nach außen zutage getretene Absicht besteht, den wertvollsten Gegenstand des Vermögens, ein Grundstück, zu veräußern (vgl. BFH-Urteil in BFHE 138, 16, BStBl II 1983, 401, unter 2., Rz 15). Ebenso wie

Vermögensumschichtungen im Inland können auch Vermögensverlagerungen ins Ausland einen Arrestgrund darstellen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1995, 1037, unter 1., Rz 17).

93

Demgegenüber vermag die allgemein schlechte Vermögenslage des Arrestschuldners ebenso wie die bloße Möglichkeit, dass der Arrestschuldner sein Vermögen beiseiteschaffen könnte, für sich genommen keinen Arrest zu rechtfertigen. Ebenso genügt der dringende Verdacht einer Steuerhinterziehung oder sonstige steuerliche Unzuverlässigkeit für sich allein nicht zur Begründung einer Arrestanordnung (vgl. z.B. BFH- Beschlüsse in BFHE 194, 40, BStBl II 2001, 464, unter II.b, Rz 30; in BFHE 239, 390, BStBl II 2013, 983, Rz 31).

94

In Betrieben mit hohem Bargeldaufkommen und geringem - verwertbarem - Betriebsmitteleinsatz sind die Vollstreckungsmöglichkeiten per se stark eingeschränkt. Wenn sich solche Konstellationen mit

Geschäftsstrukturen verbinden, die auf die Verschleierung der wahren Geschäftsinhaber und der

Abschöpfung der generierten Erträge hin ausgelegt sind, bestehen gewichtige Gründe, eine Vereitelung des Vollstreckungsanspruchs zu befürchten.

95

Es besteht kein Zweifel, dass das Geschäftsmodell des D zum Betrieb des Bordells, in welches die Antragstellerin an entscheidender Stelle als formelle Geschäftsführerin eingebunden war, auf die Verschleierung von Vermögenswerten bzw. der erzielten Gewinne angelegt ist (vgl. Beschluss des OLG Düsseldorf vom 30.06.2017 III-4 Ws 146+148/16, juris). Das zeigt sich insb. im Vorschieben eines formellen Geschäftsführers (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Juni 2008 - III-3 Ws 205/08 -, juris), auch im Parallelverfahren betreffend das G (2 K 607/18), und durch die firmenbestattungsähnlichen Vorgänge bei der E-GmbH und den weiteren Betrieben, an denen D beteiligt war. Dass die Antragstellerin auch hinsichtlich ihrer Verpflichtung, für die GmbH auch die Prostitutionsumsätze anmelden zu müssen, nicht gutgläubig war, folgt bereits aus dem Strafverfahren für die vorherigen Veranlagungszeiträume. Zu

berücksichtigen ist weiter, dass sich nach den verfügbaren Unterlagen D dem Zugriff der Steuerverwaltung entzogen hat.

96

(14)

Weiter ist die insgesamt hohe Steuerlast zu berücksichtigen, die sich aus den im Raum stehenden Umsatzsteuerschulden der GmbH und der Haftung der Antragstellerin ergibt. Die Liquidierung der

Vorgängergesellschaft beim C und den anderen genannten Gesellschaften geben deutlichen Anlass zu der Besorgnis, dass die GmbH nicht in der Lage sein wird, die aufgelaufenen Steuerschulden zu tilgen. Die schlechte Vermögenslage der GmbH begründet sich insbesondere darin, dass D über eine sehr hohe Miete der Firma die Liquidität entzieht. Die Besorgnis der Vereitelung der Beitreibung wird erhöht durch den Umstand, dass die Einkünfte aus dem C in bar anfallen und dadurch besonders leicht der Vollstreckung entzogen werden können.

97

Das Sicherstellungsinteresse des Staates überwiegt auch eindeutig die Verfügungsinteressen der Antragstellerin hinsichtlich ihres Eigentums (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14.06.2004 2 BvR 1136/03, WM 2004, 1378 und vom 29.05.2006 2 BvR 820/06, WM 2006, 1306). Zwar ist angesichts der Höhe der Arreststumme davon auszugehen, dass das gesamte - sicherstellbare - Vermögen der

Antragstellerin ihrer Verfügungsbefugnis entzogen wird. Aufgrund der vorstehenden Erörterungen bestehen jedoch keine hinreichenden Zweifel an ihrer Haftungsschuld in entsprechender Höhe.

98

Die Vollziehung des angefochtenen Bescheides ist auch nicht wegen unbilliger Härte gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO auszusetzen.

99

Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinn dieser Vorschriften liegt vor, wenn dem Zahlungspflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes wirtschaftliche Nachteile drohen, die durch eine etwaige spätere Rückzahlung des eingezogenen Betrages nicht ausgeglichen werden oder nur schwer gutzumachen sind, oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (BFH-Beschlüsse vom 21.02.1990 II B 98/89, BStBl II 1990, 510; vom 05.03.1998 VII B 36/97, BFH/NV 1998, 1325).

100

Eine solche unbillige Härte ist nicht ersichtlich.

101

Die Antragstellerin hat nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass sie durch die Vollziehung in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht wäre oder welche kaum mehr gutzumachenden Nachteile ihr

entstehen würden.

102

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

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