Hethitisch-Ugaritisches
Von Johannes Friedrich, Leipzig
1. Suppiluliuma von @atti nnd Nqmd von Ugarit
Daß die reiche nordsyrische Handelsstadt Ugarit, deren
Ruinen die Franzosen bis 1939 im heutigen Ruinenhügel Ras
Schamra ausgegraben haben, wie zu vielen anderen Staaten
so auch zum Hethiterreich Beziehungen unterhalten habe, ver¬
mutete man schon längst, da ja die Blütezeit von Ugarit und
die Zeit der Niederschrift der in der Tempelbibliothek ge¬
fundenen großen Epen von den Forschern gerade in die Zeit
am 1400 v. Chr. gesetzt wurde, in der das gattireich unter
Suppiluliuma seine Herrschaft machtvoll nach dem bisher
mitannischen und ägyptischen Machtbereich in Syrien aus¬
dehnte. Aber eine direkte Bestätigung für hethitisch-ugaritische
Beziehungen fehlte bisher, ein vereinzeltes Siegel mit hethi¬
tischen Hieroglyphen, das man in Ugarit gefunden hatte*), be¬
wies nicht Viel. Nunmehr aber veröffentlicht Vibolleaud in
Syria 21 (1940) S. 247—276 neben anderen Texten aus Ugarit
auch unter Nr. III (S. 253—260) eine akkadische Liste von
Geschenken, die ein Ungenannter, offenbar der König von
Ugarit, an die „Sonne"'') und deren Hofstaat schickt, sowie
nnter Nr. IV (S. 260—266) einen ugaritischen Text, der von
Botschaften zwischen König Nqmd von Ugarit und dem Hethiter
Suppiluliuma berichtet nnd schließlich den Tribut des Nqmd
1) Vgl. dazu FoBBBB, Syria 18 (1937) S. 156 ff.; Hbozkt, M61anges Syriens I (1939) S. 55 ff.
2) Daß mit der „Sonne" der hethitische König gemeint ist, wird aus Text 1 allein nicht erwiesen, da in El Amarna der Titel „Sonne" auch
für den Pharao verwendet wird (vgl. Knüdtzon, EA II Glossar S. 1511).
Aber in Text 2 geht SpS mlk rb „die Sonne, der große König" Z. 25f.
zweifellos auf Suppiluliuma; nach dem ganz ähnlichen Aufbau wird
also auch Text 1 den Hethiter meinen.
472 J. Fbiedrich, Hethitisch-Ugaritisches
an ,.seinen Herrn" Suppiluliuma und dessen Hof aufzählt. Da¬
mit ist klar erwiesen, daß der bekannte König Nqmd von
Ugarit, unter dessen Regierung laut den Tafelunterschriften
in der Bibliothek von Ugarit die Niederschrift der großen Epen
erfolgte, ein Zeitgenosse und Vasall des großen Suppiluliuma
von Hatti (etwa 1395—1355 v. Chr.) war. Daß wir von die-ser
Unterwerfung des Nqmd unter Suppiluliuma aus den hethi¬
tischen Texten nichts erfahren, liegt wohl an der Mangel¬
haftigkeit der Überlieferung; die Annalen des Suppiluliuma
sind ja nur lückenhaft erhalten.
Da die Syria zur Zeit vielleicht nicht allen Lesern zu¬
gänglich ist; so lasse ich zunächst die Texte Nr. III und IV
noch einmal in Wortlaut und Übersetzung folgen und knüpfe
daran noch einige sprachliche und sachliche Bemerkungen, die
Vieolleaud's Kommentar auch nach der hethitologischen Seite
noch etwas ergänzen sollen.
Text 1 (= ViEOLLEAUD III RS 11732)
A. Vs.
(1) [a-na? -]sa-ma-an-da[- . . . '^]Samsi*^
(2) [ ] 50 KI.LAL-SM
(3) [a-na sarrati 1 GA]L AwrafiMES i qAL ÄosptMKS
(4) a[-na mär sarri] a-kän-na-ma
(5) a-na "^'^"hu-bur-ta-nu-ri a-kän-na-ma (6) a-na '^^''^hu-bur-ta-nu-ri a-kän-na-ma (7) a-na "^^Hup-pa-nu-ri a-kän-na-ma (8) a-na <»*»'"&eZ ü-a-bu-zi a-kän-na-ma
(9) a-na »^i^^rab '^"»fi^^^-^^kar-tap-pi 1 GAL ifcas[piME3]
(10) a-na '""^^^sukalli 1 GAL [kaspK^)]
B. Rs.
(1) 5 f^^'^Qik\y*''^^hme[-atsipatuuqnätuhme-atsipätuuqnätutar-ma-ni\
(2) a-na ^Sam^si*^
(3) 2 ««6<fiuGA[DM=S 2 me-a\t §ipätu uqnätu 2 me-at sipätu uqnätu(?)
tar-ma-ni a-na [sarrati]
J. Friedbich, Hethitisch-Ugaritisches 473
(4) 2 »«W"GAD**^^ 2 [me-a]< sipatu uqnätü^^ 2 me-at sipätu uqnätu
tar-ma-ni a-na mär [sarri]
(5) 1 f^^^GAD 1 me-at sipätu uqnätu 1 me-at sipätu uqnatu tar-ma-ni
a-na '^^•^Hup pa-nu[-ri]
(6) 1 ?"'"''"GAD 1 me-at sipätu uqnätu 1 me-at sipatu uqnatu tar-ma-ni a-na '^^•'"hu-bur-ta-nu-ri
(7) 1 ?"'"''"GAD 1 me-at sipätu uqnätu 1 me-at sipätu uqnätu tar-ma-ni a-na '^^'^^hu-bur-ta-nu-ri
(8) [1 .«"'"»'"GAD 1 me-at sipätu uqn]ätu 1 me-at sipatu uqnatu tar-ma-ni
<a-na> "^''"ieZ ü-a-bu-zi (9) [1 ?"'"''"GAD 1 me-at sipätu uqnätu] 1 me-at sipätu <jA,qnätu)> tar-ma-ni
a-na °'^'^^rah kar-tap-pi (10) [1 ?"'"''"GAD 1 me-at sipätu uqnätu 1 me-a]t sipätu uqnätu tar-ma-ni
a-na <^^''^sukalli
A. Vs.
(1) [Für(?) ] [ ] die „Sonne".
(2) [ ] 50 an Gewiclit.
(3) [Für die Königin 1 grojßes (Gefäß) aus Gold, 1 großes (Gefäß) aus Silber.
(4) Fjür den Prinzen] desgleichen.
(5) Für den haburtanuri-Mmn desgleichen.
(6) Für den huburtanuri-Mdnn de.sgleichen.
(7) Für den tuppanuri-Mmn desgleichen.
(8) Für den waZ/M^i-Herrn desgleichen.
(9) Für den Obersten der Stallmeister 1 großes (Gefäß) aus Silber.
(10) Für den Minister 1 großes (Gefäß) [aus Silber(?)].
B. Rs.
(1) 5 Leibröcke, 50[0 (Sekel) blaue Wolle, 500 (Sekel) blaue termani-Wolle]
(2) für die „Sonne".
(3) 2 Leibrö[cke, 20]0 (Sekel) blaue Wolle, 200 (Sekelj blaue tarwoni-Wolle
für [die Königin].
(4) 2 Leibröcke, 2[00] (Sekel) blaue Wolle, 200 (Sekel) blaue torwioni-Wolle
für den Pri[nzen].
3 ;i
474 J- Fbitobich, Hethitisch-Ugaritisches
(5) 1 Leibrock, 100 (Sekel) blaue WoUe, 100 (Sekel) blaue tarmani-WoUe
^ ^ für den it^pfianttfnJ-Mann.
(6) 1 Leibrock, 100 (Sekel) blaue Wolle, 100 (Sekel) blaue tarmani-WoWe
^ ' für den Äuburfanun-Mann.
(7) 1 Leibrock, 100 (Sekel) blaue Wolle, 100 (Sekel) blaue «amani-Wolle
für den ÄMÖwrtowMri-Mann.
(8) [1 Leibrock, 100 (Sekel) blaue Wolle], 100 (Sekel) blaue tamani-Wolle
<für> den wa&w^i- Herrn.
(9) [1 Leibrock, 100 (Sekel) blaue Wolle], 100 (Sekel) <blaue> torwani-Wolle für den Obersten der Stallmeister.
(10) [1 Leibrock, 100 (Sekel) blaue Wolle, 100] (Sekel) blaue «amani-Wolle
für den Minister.
Text 2 (= Vibolleaud IV. RÖ 11772 + 780 -1- 782 + 802)»).
Vs.
(1) [ ] (1) []
(2) 'wi[ (2) zu [
(3) mg[ (3) ging [
(4) Sp[§ (4) „Son[ne"
(5) ql.[ (5) fiel er nieder [
(6) w ml[h (6) Und der Kön[ig
(7) W . [ (7) zu [
(8) ilczi[ (8) [
(9) wl N{qmdiJ) (9) und zu N[qmd(?)
(10) \w]Nqmd.[mlk.Ugrt.spr(^). (10) [Und] Nqmd, [der König von Ugarit,
yla-] sandte (?) ein Schreiben (?)]
(11) [*(?).] 'mn.Sp[s.mlk.r})\ (11) an die „Son[ne", den großen
König,]
(12) Vlh . §lm . [l ^sf .. .] (12) seinen Herrn, als Gruß [an die
„Sonne" (?)...,]
(13) mlk . rb . Vlh . [an*(?)] (13) den großen König, seinen Herm
„[Ich(?),]
1) In ein paar unbedeutenden Kleinigkeiten der Ergänzung weiche
ich ohne ausdrücklichen Vermerk von dem bei Vibolleaud gegebenen
Wortlaut ab.
J. Fbibdbich, Hethitisch-Ugaritisches 475
(14) Nqmd. mile. Ugr[t .^hdk(^)] (14) Nqmd, König von Ugari[t, (bin)
dein Diener (?)]
(15) phy (15) " ,
(16) w Spllm .mlk.r\b .mlh] (16) Und Suppiluliuma, der große König,
[der König,]
(17) m?mt.l Nqmd.b(?) [spr{?) . (17) der Held(?), setz[te] in [einem
y]§t Schreiben (?)] an Nqmd (fest):
(18) h[l]ny . argmn . d [ybl . N]qmd (18) „Siehe, der Tribut, den Nqmd
[bringen wird]
(19) l ^ps . Arn . sn[, s?]mn (19) zur Sonnengöttin von Arinna, (be¬
trägt): zwei(?) [....], acht(?)-
(20) ^srm . sql . hbd [ ] win . Jir$ (20) undzwanzig schwere Sekel [ ],
ein goldenes Gefäß (?)
(21) w[arb'].htnt.wl Tsb{?) (21) und [vier] Leibröcke; und für
Te§ub(?)
(22) [hm]s . [m]at phm (22) [fün]fhundert Karfunkel
(23) \w hms . m]at . iqnu (23) [und fünfhu]ndert Blausteine
Rs.
(24) argmn . Nqmd . mlh
(25) Ugrt.dybl.l Sps
(26) mlk . rb . b'lh
(24) (ist) der Tribut des Nqmd, des
Königs
(25) von Ugarit, den er bringen wird
zur „Sonne",
(26) dem großen König, seinem Herrn.
(27) ks . hr§ . ktn . mit pfym
(28) mit . iqni . l . mlkt
(27) Einen goldenen Becher, einen Leib¬
rock, hundert Karfunkel, (28) hundert Blausteine für die Königin.
(29) ks . hr? . ktn . mit . pfim
(30) mit . iqni l usryn
(29) Einen goldenen Becher, einen Leib¬
rock, hundert Karfunkel,
(30) hundert Blausteine für den Prin¬
zen (?) (31) ks . ksp . htn . mit . pbm
(32) mit . iqni . l tpnr
(31) Einen silbernen Becher, einen Leib¬
rock, hundert Karfunkel,
(32) hundert Blausteine für den tup-
panuri.
476 J. Fbiedbich, Hethitisch-Ugaritisches
(33) [ks . ksp . kt]n . mit ph[m]
(34) [mit . iqni . I] hbrtn[r]
(35) [ks . ksp . ktn . mit pi,]m
(36) [mit . iqni . ' hbrtn]r sn
(33) [Einen silbernenBecher,einenLeib- r]ock, hundert Karfunkel,
(34) [hundert Blausteine für] den hubur-
tanuri.
(35) [Einensilbernen Becher, einen Leib¬
rock, hundert Karfun]kel,
(36) [hundert Blausteine für den] zwei¬
ten [huburtanu]ri.
(37) [ ] (37) [ ]
(38) [ skn. [....] (38) [ ] . für den Minister (?)
[ ]
(39) [mit . iqn]i . phm . l [ ] (39) [Hundert Blaustei]ne, Karfunkel
für [ ]
(40) [ m{?)]at{?) [....] Äw(?) (40) [ hu]ndert? [ ]
Bemerkungen zu Text 1.
A 1. Daß mit <^Samsi^^ A 1, B 2 nur der hethitische
und nicht etwa der ägyptische oder ein anderer orientalischer
Großkönig gemeint ist, erweist zwingend der Text Nr. 2. Das
akkadische «^Äamii** heißt eigentlich „meine Sonne" (vgl.
Verf., Staatsverträge II S. 139; Stuetevant, Hittite Chresto-
mathy S, 86), doch ist das Possessiv so verblaßt, daß man auch
in den hethitischen Texten nur zu oft „die Sonne" übersetzen
muß. Übereinstimmend heißt es auch hier in Text 2 Z. 25
nur l Sps „zur Sonne" und nicht etwa *l Spsy „zu meiner
Sonne".
Nicht beistimmen kann ich Vieolleaud in der Ansicht
(S. 254 f.), daß der Name des mit ^Samsi'^^ identischen hethi¬
tischen Königs vollständig in dem zwischen zwei Lücken gerade
erhaltenen Textstück ]sa-ma-an-da[ in A 1 enthalten sei und
daß es sich um einen sonst unbekannten hethitischen König
handele, der jünger als Suppiluliuma sei, weil erst letzterer
als erster hethitischer König den Titel „Sonne" angenommen
J. Friedrich, Hethitisch-Ugaritisches 477
habe. Ganz abgesehen von dem Titel „Sonne", der erstens
einem Königsnamen vorauszugehen pflegt und der ferner
zwar erst im Neuen gattireich zu belegen*), aber in seinem
Beginn keinesfalls gerade auf Suppiluliuma festzulegen ist (von
Suppiluliumas unmittelbaren Vorgängern wissen wir viel zu
wenig und haben wir keine eigenen Texte), so kann ich mir
nach unserem jetzigen Wissen keine Lücken in der Königsreihe
des Neuen IJattireiches vorstellen, in die sich noch neu zu
findende Könige einfügen ließen. Und vor allem ist der von
Vibolleaud verglichene Name aus dem Amarnabrief EA 49, 2
weder phonetisch sicher") noch seiner Heikunft nach so klar,
daß er für speziell kleinasiatische Verhältnisse herangezogen
werden dürfte. Ich verzichte also lieber auf die Erklärung
des Wortfragmentes -]sa-ma-an-da[, in dem ein Appellativum
(eventuell sogar kleinasiatischer Herkunft) stecken mag, und
verzichte auch auf die Bestimmung des hier genannten hethi¬
tischen Großkönigs (vielleicht Suppiluliuma wie in Text 2 ?).
[Vgl. noch den Nachtrag S. 494.]
A 3. Das „grüße (Gefäß)" (GAL) ist uns sowohl akkadisch
als DUG ra-bu-ü aus EA 14 II 38 f., einer Geschenkliste
Amenophis' IV. an Burraburiaä von Babylonien, und als GAL
aus dem Mari text bei Dossm, Syria 19, 1938, S. 126, Z 5 sowie
sonst') wie auch hethitisch bekannt, vgl. zu letzterem Sommeb-
Falkenstein, Die hethitisch-akkadische Bilingue (München
1938) S. 172* (irrig Stubtevant, JAOS 54, 1934, S. 400). In
einer noch ungedruckten Arbeit bringt C.-G. von Bbanden¬
stein wichtige archäologische Argumente für die Übersetzung
von GAL durch „Becher" bei.
A 5 ff. In den Bezeichnungen <^^^^huburtanuri , "«""'«/up-
panuri und ''*''"6eZ ü-a-bu-zi für hethitische Würdenträger
möchte man vielleicht auf den ersten Blick hethitische Wörter
1) Götze, Kleinasien S. 82 f.
2) Bei Winkler- Abel, Der Thontafelfund von El Am. (Berlin 1889)
Nr. 204 -f 180 Z. 2 steht 'Sd-ma-^l&KVR, was sich wohl l^d-ma-
^Adda (aber nicht, wie Vibolleaüd gibt, lSd-ma-ad-da\), aber auch ganz
anders lesen läßt. Für die an sich denkbare Lautentwickelung -nd-
> -dd- ist dieser Name also nicht verwendbar.
3) Vgl. Deimel, SL Nr. 343, 15.
Zcitaclirilt d. DMG Bd. 96 (Xuue Folge Bd. 21) :!2
3 2«
478 J. Friedrich, Hethitisch-Ugaritisches
suchen. Aber wie schon Vibolleaud S. 256 richtig bemerkt,
kommt in den Bogazköy texten nichts gleich oder auch nur
ähnlich Klingendes vor*). Und dazu finden sich nicht nur die
ugaritischen Schreibungen hbrtnr und tpnr der beiden ersten
Wörter in unserem Texte 2 in bezug auf hethitische Beamte,
sondern wenigstens tpnr steht auch in dem Rechnungstext
Syria 19 1938, S. 127 ff., Nr. IVB (S. 138), Z. 6 und 11 in
einem Zusammenhang, der mit den Hethitern nicht das Mindeste
zu tun hat. Es scheint also geraten, alle drei Bezeichnungen
nicht ans Hethitische, sondern an die unsemitische (d. h. wohl
mit Vibolleaud a. a. 0. churritische) Komponente von Ugarit
selbst anzuschließen, obwohl ich unter den allerdings noch recht
wenigen churritischen Wörtern mit gesicherter Bedeutung auch
nichts recht Vergleichbares finde"). Die genauere Deutung
dieser Amtsbezeichnungen wie auch ihre Verknüpfung mit dem,
was wir über hethitische Beamte wissen, muß also der Zukunft
überlassen bleiben.
Bemerkungen zu Text 2.
Der Text ist zu Anfang sehr fragmentarisch. Vom ersten
Abschnitt (Z. 1—5) ist soviel zu erkennen, daß Nqmd einen
Gesandten zwecks Unterwerfung an den hethitischen Gro߬
könig schickt. — Zu ql „sich niederwerfen" s. Verf. Orientalia
NS 12 (1943) S. 5 f.
Der zweite, auch noch sehr lückenhafte Abschnitt (Z. 6—9)
enthält offenbar die Antwort des Suppiluliuma. — Zu 'win
statt des gewöhnlichen 'm ,,zu" Z. 7 und 11 vgl. Vibolleaud, Syria 17, 1936, S. 222. In Z. 8 ist ikzi[ vorläufig uzai, Xsydnevov
und daher, noch dazu in dem sehr trümmerhaften Kontext,
1) Das hethitische ^^^nappuzzi = ^^^appuzzi ,,Talg", zu dem man
Ehelolf ZA 43 (NF 9, 1936) S. 173* (und Verf. ZA 37, NF 3, 1927,
S. 191) vergleiche, steht sachlich zu fern.
2) Wenigstens sehe ich vorläufig keine rechte Verbindung von
huburtanuri und etwa churr. haiiur-lhunw- ,,Erde" (zu letzterem C.-G.
VON Brandenstein ZA 46, NF 12, 1940, S. 85 ff.), tuppanuri ließe sich
eventuell an den churritischen Verbalstamm tupp- anknüpfen, für den
Speiser, JAOS 59, 1939, S. 299 eine Bedeutung ,, stark, groß, gleich¬
wertig sein" befürwortet.
J. Friedbich, Hethitisch-Ugaritisches 479
nicht zu erklären. Warum Vieolleaud S. 262 fragend an
einen Personennamen denkt, ist mir nicht klar.
Der dritte Abschnitt (Z. 10—15) ist etwas besser erhalten,
er berichtet von einer zweiten Botschaft des Nqmd an Sup¬
piluliuma.
Z. 10. Nqmd ist der oft erörterte Name des bekannten
Königs von Ugarit; vgl. dazu die eingehenden Darlegungen
von Dossin, Syria 20, 1939, S. 169—176. Die Hauptschwierig¬
keit besteht nach wie vor darin, das ugaritische Nqmd mit
seiner angeblichen Entsprechung Ni-iq-me-pa^) in dem akka¬
dischen Ibira-Brief") lautlich zur Deckung zu bringen. Dossin
geht davon aus, daß das Zeichen PA der babylonischen Keil¬
schrift auch den Laut wert ftadji hat; er liest also im Ibira-
Brief Ni-iq-me-had für Ni-iq-me-pa und setzt dieses = Nqmd,
das er als *Niqmi-{'Ä)d analysiert. In der schwankenden
Wiedergabe der Laryngalis im Anlaute des als zweites Glied
des zusammengesetzten Personennamens angenommenen Gottes¬
namens Had(du) würde ich keine ernstliche Schwierigkeit sehen.
Die Aussprache könnte zwischen Had und 'Äd geschwankt
haben, und die Darstellung von h durch keilschriftliches h
wäre ebensowenig bedenklich wie auf der anderen Seite Schwund
des intervokalischen ' unter Kontraktion der nunmehr un¬
mittelbar zusammenstoßenden Vokale. Aber daß man ein ge¬
sprochenes *Niqmehad in der sehr auf Klarheit bedachten
westländischen Keilschrift so mißverständlich Ni-iq-me-FA ge¬
schrieben hätte, und noch dazu nicht nur in diesem einen Falle
in Ugarit, sondern auch zu wiederholten Malen in den akka¬
dischen Texten aus Alalah = Teil Atchana bei Antiochia —
denn wir kennen einen König 'Ni-iq-me-pa bzw. 'Niq-me-pa^)
1) Für Nichtassyriologen sei bemerkt, daß statt iq ebensogut auch
ik oder ig gelesen werden kann; die Lesung mit q setzt schon die Ver¬
knüpfung des Namens mit Nqmd voraus.
2) Veröffentlicht bei Virolleaud, La lögende phenicienne de Danel (Paris 1936) S. 23 f. — Statt Ni-iq-me-pa las man anfangs Ni-iq-me-dS,
Ni-iq-me-lä$ oder noch anders. Die richtige Lesung bei S. Smith in
dem in der folgenden Anmerkung genannten Aufsatz S. 42.
3) Mit niq =^ . ^ Zu diesem Herrscher vgl. die vorläufigen Mit¬
teilungen von S. Smith in The Antiquaries Journal 19, 1939, S. 40—43.
32*
480 J. Fbibdbich, Hethitisch-Ugaritisches
auch dort aus mehreren Urkunden*) und man wird die zwei
gleichlautenden Namen nicht auseinanderreißen —, das möchte
ich bis zum sicheren Nachweis noch anzweifeln. Vorderhand
scheint es mir geraten, in Niqmepa {Nikmepa?, Nigmepa?)
und Nqmd zwei verschiedene, wenn auch gegebenenfalls unter¬
einander etymologisch verwandte Namen zu sehen.
In ''er Lücke zu Ende von Z. 10 und Anfang von Z. 11
ergänzt Vieolleaud wohl richtig das Verbum lak = Ha'aka
„schicken". Wir dürfen genauer wohl auf die Präteritalform
ylak = *yil'ak{u) „er schickte" zukommen und als Objekt
etwa spr ,, Schreiben" dazu ergänzen.
Z. 11. Sps „Sonne" ist wegen der Apposition bHh „sein
Herr" in der nächsten Zeile Bezeichnung des hethitischen
Königs und identisch mit der Titulatur "^Samsi^^ der hethiti¬
schen Texte sowie auch des akkadischen Textes 1 hier. Voll¬
ständig erhalten ist die Titulatur in Z. 25 f.
In der Interpretation der Zeilen 12 — 15 weiche ich insofern
von Vieolleaud ab, als ich nicht mit sim den zitierten Inhalt
eines Schreibens des Nqmd an Suppiluliuma beginnen lasse.
Denn dessen Grußformel müßte doch wohl lauten sim [l Sps]
mlk rb 6'Zi/„Gruß [der , Sonne'], dem großen König, meinem
Herrn" und nicht bHh „seinem Herrn", wie wirklich dasteht
und wie es Vieolleaud unbeanstandet auch in der Anrede
stehen läßt. Die Worte von sim Z. 12 bis einschließlich h'lh
Z. 13 stehen also offenbar noch in einfacher Erzählung und
außerhalb des zitierten Briefinhalts. Vielleicht darf man für
Z. 10—13 vielmehr folgende Lesung und Übersetzung vor¬
schlagen: (10) [w] Nqmd . [mlk . Ugrt. spr(?) . yla-] (11) [k{?) .]
'mn . Sp[s . mlk . rb] (12) b'lh . sim . [l Sps ...] (13) mUc . rb . b'lh .
„[und] Nqmd, [der König von Ugarit, sandte (?) ein Schreiben (?)]
an die ,Sonn[e', den großen König], seinen Herrn, als Gruß [an
die ,Sonne', .. .] den großen König, seinen Herrn". Mit dem
abgebrochenen Ende von Z. 13 mag der wohl nur ganz knapp
zitierte Inhalt von Nqmds Schreiben beginnen, der etwa ge¬
lautet haben mag: (13) [on/c(?)] (14) Nqmd . mlk . Ugr[t .
1) Vgl. S. Smith a. a. O.
J. Fbiedbich, Hethitisch-Ugaritisches 481
„[Ich(?)], Nqmd, König von Ugar[it, (bin) dein
Diener (?)]".
In Z. 15 bin ich hinsichtlich phy weniger zuversichtlich
als Vieolleaud. Zwar die Bedeutung „erkennen" für das Ver¬
bum ph bezweifle ich nicht*), aber an Vieolleauds Übersetzung
„regarde-moi" ! (S. 263) in Entsprechung zu amur anäiu der
Amarnabriefe (s. EA II S. 1369) kann ich nicht glauben. Für
das Pronomen „mich" ist mir aus dem Ugaritischen kein ver¬
bales Objektssuffix bekannt, und möglicherweise enthalten die
Texte keinen Beleg dafür. Aber nach Analogie der verwandten
Sprachen sollten wir die Form nicht ohne zwingenden Grund
anders als *-nl ansetzen, für ein *-i am Verbum fehlt jeder
Anhalt. Und selbst ein angenommenes *-t könnte nach ugari¬
tischer Orthographie nicht -y geschrieben sein, sondern müßte
ungeschrieben bleiben, da -y immer als *-ya aufzufassen ist.
Und *-ya kann ich mir als Suffix am Verbum schlechterdings
nicht vorstellen. Es scheint mir also angebracht, die Inter¬
pretation von phy noch unerledigt zu lassen.
Mit Z. 16 beginnt der Bericht über die Antwort des Sup¬
piluliuma und die Festsetzftng des von Nqmd an die Hethiter
zu entrichtenden Tributes, die bis zum Ende des Textes reicht.
Z. 16. Die Schreibung Spllm des Namens Suppiluliuma
entspricht in allem der ugaritischen Schreibweise fremder Namen;
sowohl ugaritisch 's für fremdes s wie die ugaritische Tenuis p
für fremde Doppelkonsonanz sind das, was wir zu erwarten
haben"). Falls der Name, wie es nach der keilschriftlichen
Wiedergabe scheint, sechs Silben enthielte, so daß die Laut¬
folge -liu- aus zwei Silben bestände, so würden wir in der
ngaritischen Schrift eine Andeutung der zweiten dieser beiden
Silben durch JTT = u erwarten'). Daß zwischen l und m kein
1) Anfangs als phn = arab. fahima ,, verstehen" angesetzt (so von
Ginsbebo, Orientalia NS 5, 1936, S. 181' und Goetze, JAOS 58, 1938,
S. 273). Die Wurzel ist aber vielmehr ph (Etymologie unklar), so richtig
ViBOLLEADD, La döcssc 'Auat (Paris 1938) S. 44, vgl. auch Ginsbebo,
Orientalia NS 7, 1938, S. 3^ Gobdon, UG S. 62'.
2) Vgl. Verf., Orientalia NS 12, 1943, S. 7 ff. 9f.
3) Das ist auch Dossin, Syria 20, 1939, S. 175 Anm. 2, 2. Abschnitt, aufgefallen.
482 J. Friedrich, Hethitisch-Ugaritisches
Vokal geschrieben ist, darf wohl dahin interpretiert werden,
daß die Lautfolge -liu- vielmehr als eine Silbe mit diphthon¬
gischem iu zu werten ist*).
Z. 17. ms{?)mt kann ich leider auch nicht besser erklären
als Vieolleaud, der S. 263 f. darin ein passivisches Partizip
„gestärkt" (zu arab. ?tm „stark sein"?) und in diesem eine
ungefähre Wiedergabe des Beiwortes „Held" sieht, das die
hethitischen Könige in ihrer Titulatur führen. An sich er¬
wartet man ja hinter mlk rb „großer König" eher ein *mlk lit
„König von IJatti"; ob am Ende von Z. 16 hinter rb ein
mlk . fft dem Räume nach unterzubringen wäre, kann ich
nicht beurteilen.
Am Ende von Z. 17 ist vielleicht mit Vieolleaud S. 264
b [spr .] st (bzw. noch besser b [spr . y]st) „er legte in einem
Schreiben nieder" herzustellen"), wie im Iwiriäarri-Brief) Z. 18f.
wirklich steht.
Z. 18. h[l]ny ist wohl richtig ergänzt; auch in der Deutung
dürfte Vieolleauds „voici" etwa das Richtige treffen. Das
Wort kommt nur noch an der ganz trümmerhafteu Briefstelle
Syria 19, 1938, S. 343 (Nr. VI) Z. 3 (zu Beginn eines Ab¬
schnitts) sowie an der weiteren Briefstelle Syria 21, 1940,
S. 250 (Nr. II) Z. 9 (ebenfalls zu Beginn eines Abschnittes)
vor. Die gut erhaltene zweite Stelle (9) hlny . 'mn[y] (10) kil
1) Dafür darf unter den nötigen Vorbehalten vielleicht auch die
Wiedergabe des Namens in der ägyptischen syllabischen Schreibung
geltend gemacht werden, die mit den von Albright, The Vocalization
of the Egyptian Syllabic Orthography (New Haven 1934) aufgestellten Regeln als Sa-pi-ru-ru zu transkribieren und als ungenaue Wiedergabe
eines gehörten * Suppilulu zu erklären wäre. Die Endsilbe -ma hat der
ägyptische Schreiber nach Burchardt, Die altkanaanäischen Fremd¬
worte II (Leipzig 1910) Nr. 776 ,, vergessen" (besser vielleicht: in einein
akkadisch geschriebenen Texte irrtümlich als die akkadische hervor¬
hebende Partikel -ma aufgefaßt). — Für Nichtbezeichnung eines Di¬
phthongs in der ugaritischen Schrift vgl. noch churr. hzr (Bauer 4 Z. 1. 6
usw.) = ha-Sa-ra-a-i (Verf., AfOr. 10, 1935, S. 295), das übrigens
KUB XXIX 8 III 21fr. mit ha-a-Sa-ri (Z. 23) wechselt.
2) Die Spuren vor der Lücke passen zu b.
3) H. Bauer, Die alphabetischen Keilschrifttexte (Berlin 1936)
Nr. 52.
J. Friedrich, Hethitisch-Ugaritisches 483
sim (11) smny .'m .u[my] (\2) mnm Jim (12,) w .rgm .ssb .lly]
übersetzt Vieolleaud S. 251 „(9) Ici, auprös de [moi], (10) com-
plet saiut. (11) Lä-bas, auprfe de [ma] mfere, (12) (y a-t-il) tout
salut? (13) R6ponds-[moi] done", er setzt also dem auch als
uitat l£y6[ievov klaren smny „dort (bei dir)" ein hlny „hier
(bei mir)" gegenüber Ohne den Beleg im §uppilu1iuma-Text
würde man ihm recht geben. Hier jedoch will die Übersetzung
„hier bei mir" nicht passen*); da ist ein einleitendes „siehe!"
nach Art des akkadischen anumma und des hethitischen käsma
oder käsa das Gegebene. Und „siehe!" paßt auch an den beiden
einen Abschnitt einleitenden Briefstellen, nur sind an der
zweiten die beiden Satzglieder nicht ganz parallel gebaut:
dem smny 'w u[my] „dort bei [meiner] Mutter" der zweiten
Hälfte entspricht in der ersten Hälfte nur das 'mn[y] „bei
[mir]", und hlny „siehe!" schwebt einleitend über dem Ganzen.
argmn übersetzt Vieolleaud S. 264 richtig nicht mit „Pur¬
pur", wie es an der Stelle Syria 19, 1938, S. 131 (Nr. II) Z. 3
angezeigt scheint, wo ugar. argmn = *argamannu ebenso Lehn¬
wort aus akkad. argamannu ,, roter Purpur" ist wie hebr.
■j'uait?, aram. "jiJ'^N usw. Wie nämlich Götze, Madduwatta§
(='MVAeG 32,' i'; Leipzig 1928) S. 130f. annimmt, ist das
akkadische Wort auch als Lehnwort zu den Hethitern ge¬
kommen, und heth. arkamma{n)-^) hat die Bedeutung ,, Tribut"
angenommen'), die wir auch für akkad. argamannu in den
akkadischen Verträgen aus Bogazköy (KBo I 4, II 1; I 5, I 48)
und ebenso in der vorliegenden ugaritischen, aber hethitisch
beeinflußten Stelle anzunehmen haben.
d [ybl], wie nach Z. 25 sicher zu ergänzen ist, heißt ,,den
er bringen wird" ; ybl ist also nicht als Präteritum *yabil(u)
(entsprechend akkadisch übil{u)), sondern als Präsens-Futur
1) Auch nicht ein ,, hierher zu mir"; das wäre eine Tautologie neben dem folgenden l SpS Arn (Z. 19) ,,zur Sonnengöttin von Arinna".
2) Zum Schwankon der Flexion zwischen a- und n-Stämmen vgl.
GÖTZE, Madduwattaä S. 130 f., Verf., Hethit. Elementarbuch I (Heidel¬
berg 1940) § 92a.
3) Zur Bedeutung des hethitischen Wortes Verf., Staatsverträge I
(Leipzig 1926) S. 34 f., zum Bedeutungswandel Götze, Madduw. S. 131.
484 J. Friedrich, Hethitisch-Ugaritisches
(entsprechend akkadisch uhbal{u)) zu verstehen und also mög¬
licherweise *yabbal(u) oder ähnlich zu vokalisieren*).
Z. 19. Sps Arn ist natürlich nicht die ugaritische Sonnen¬
göttin Sps, sondern die hethitische (bzw. ursprünglich proto¬
hattische) Sonnengöttin von Arinna, die höchste Staatsgottheit
des gatti-Reiches, vor der man die Staatsverträge nieder¬
legte"). Die vorliegende Stelle ergänzt nun unser Wissen da¬
hin, daß auch die Tribute unterworfener Fürsten offenbar vor
ihr niedergelegt wurden. Daß die Ugariter die fremde Sonnen¬
göttin nicht bei ihrem (uns noch unbekannten, da hinter dem
Ideogramm ^ÜTU verborgenen) einheimischen Namen nennen,
sondern durch den Namen ihrer eigenen Sonnengöltin über¬
setzen, ist ein Beleg für die auch sonst im alten Orient zu
beobachtende Gewohnheit, bekannte Götter, die noch dazu
wie die Sonne zugleich Appellativa waren, zu übersetzen, statt
sie bei ihrem fremden Namen zu nennen (vgl. dazu schon
Verf., Orientalia NS 11 (1942) S. 114ff., 118).
Am Ende von Z. 19 ist vielleicht mit Vieolleaud S. 264
[s]mn „acht" zu ergänzen, also Z. 19 f. [s]mn 'srm sql kbd
„28 schwere Sekel" mit Singular des Gezählten nach dem
Zahlwort, wie oft, wenn auch nicht regelmäßig, im Ugari¬
tischen'). Zum „schweren Sekel", sql kbd oder nur kbd*), vgL
1) Die schwierige Frage des ugaritischen Präsens-Futurs *yaqa-
tal[u), dessen Existenz mit den heutigen Mitteln nicht einfach zu er¬
weisen ist, kann hier nicht erörtert werden. Vgl. vorläufig nur das
Nebeneinander von yihd = *yi'hadu ,,er ergriff" (Praeteritum Akt.)
AVI. Danel II, I 35. Keret II, I 47 (Syria 22, 1941, S. 118. 124),
yuhd-m = *yu'kadu-ma „er wurde ergriffen" (Praet. Pass.) B IV 16
und d yahd Syria 19 S. 138 (IV B) Z. 11, doch wohl „die er nehmen
wird", also Praes.-Fut. *ya\ih<id(u).
2) Götze, Kleinasien S. 128.
3) Vgl. zum Schwanken im I Jgiirili.schcn die Belege bei Gordon,
UG § 6, 8. 6,13. 6,15. 6,18. 6,10. 6, 23. 6, 27. 6, 28. Ähnlich im Hebräi¬
schen; vgl. Gesenius-Kautzsch, llcbr. Gr., 27. Aufl., § 134, 2 und 3; im
Deutschen fünf Mark, zehn Mann usw. (umgekehrt liest man sogar auf
italienischen Geldscheinen und Hricfinurkcn Lire una).
4) Letzteres Syria 19,1938, S. 131 (Nr. II) Z. 6f.; S. 136 (Nr. IV A) Z. 12; Syria 21 (1940) S. 132 (Nr. VIII) Z. 6; S. 139 (Nr. XIV) Z. 6.
J. Friedrich, Hethitisch-Ugaritisches 485
Virolleaud, Syria 19, 1938, S. 133; Syria 21, 1940, S. 133";
auch Gordon, UG S. 32". In dem ugaritischen {sql) Md
„schweres Sekel" glaubte ich eine Zeitlang das semitische
Grundwort zu der karischen Gewichtsbezeichnung xvßd«
zu finden, die Sapir, JAOS 56, 1936, S. 85, vor Bekanntwerden
des ugaritischen Wortes, für ein frühes Lehnwort aus dem
Phönizischen gehalten hatte, das nur zufällig im Phönizischen
selbst nicht belegt sei. Nähere Betrachtung der einzigen Be¬
legstelle für dieses xvßdcc bei Athenaeus, XIII 43 (= 580c)
in einem der ausführlichen Zitate aus den XQtlai des Machon,
in einer der Anekdoten über den schlagfertigen Witz der
Hetäre Gnathaina, der Freundin des Komikers Diphilos, hat
mich aber zu der Überzeugung gebracht, daß das von Sayce,
TSBA 9, 1893, S. 118 ('unter Nr. 10) und von W. Bbandenstein
in Pault-Keolls Eealenzyklopädie der klass. Altertumswiss.,
Suppl. VI (1935) Sp. 142 gebuchte karische Wort gar nicht
existiert. Ohne zu einer Interpretation der (in ihrer letzten
Pointe, den „karischen Gewichten", mir übrigens auch nicht
ganz verständlichen) Anekdote abzuschweifen, bemerke ich
nur, daß ich neben dem dort vorkommenden griechischen
Adverb xvßöa „gebückt" nicht noch, wie die Interpreten im
Anschluß an Casaubonus meist tun*), ein damit gleichlautendes
Gewicht xvßda anerkennen kann.
Am Ende von Z. 20 vielleicht mit Vieolleaud S. 264 mn hr$
„goldenes Gefäß".
Z. 21. Die Lesung des Gottesnamens Tsb ist nicht sicher
(nur das schließende b ist zweifellos) ; erkennt man sie an, so
ist Tsb nicht einfach der hethitische Name des hethitischen
1) Vgl. etwa Schweiohaeuseb, Animadversiones in Athenaei
Deipnosophistas , Tomus VlI (Straßburg 1805) S. 137. — Das Ge¬
schichtchen enthält zwei Witze, einmal den des jungen Fleischers, der
die harmlose Frage der geizigen alten Schachtel [aogog ,, Aschenkiste")
nach dem Fleischpreis ins Sexuelle umdeutet (doch sagt er wohl nicht
mit den Interpreten: ,,Für drei Obolen bin ich zu haben", sondern eher:
,,Für dich altes Weib würde ich höchstens noch drei Obolen ausgeben I"), und dann Gnathainas witzige Antwort, deren Pointe mir wie bisher allen
Interpreten entgeht; doch ist sie gewiß realistisch-anschaulich und
schwerlich antiquarisch-gelehrt aufzufassen.
486 J. Friedbich, Hethitisch-Ugaritisches
Wettergottes*), sondern die churritische Übersetzung davon "),
die den semitischen Ugaritern durch die Churriter von Ugarit
geläufig sein mochte. Der Wettergott ist bei den Hethitern
der Gatte der Sonnengöttin von Arinna, der neben ihr aber nur
eine untergeordnete Rolle spielt'). Die beherrschende Staats¬
gottheit ist die Sonnengöttin; deshalb wird in unserem Texte
auch zuerst der Tribut an sie und erst in zweiter Linie der
an ihren Gemahl erwähnt.
Z. 22 f. Die Ergänzungen [hm]s . [m]at bzw. [hms . m]at sind
zwar nicht unbedingt sicher, aber doch im Hinblick auf den
ähnlichen Tenor des Textes IB (oben S. 472 ff.) recht wahr¬
scheinlich. Auch Vieolleauds Deutung von phm nicht als
,, Kohle", sondern als ,, Karfunkel" (S. 265) hat in Anbetracht
des danebenstehenden iqnu ,, Blaustein" manches für sich. Be¬
stehen die Ergänzungen von Z. 22 f. zu Recht, so ergibt iqnu
„Blaustein" mit Alef als drittem Radikal*) hier und in Z. 28,
30, 32 eine interessante Erkenntnis zur syntaktischen Ver¬
bindung der Hunderter mit dem Gezählten im Ugaritischen.
Neben der Zahl 500 (und entsprechend natürlich neben 300,
400, 600 usw.) steht der gezählte Stoffbegriff appositionell
im gleichen Kasus, es heißt also hier *hamisu mi'ätu 'iqni'u,
und entsprechend ist mch phm in Z. 22 im Nominativ Sing,
zu denken, ähnlich wie man im Akkadischen sagt 5 siqli
kaspam isaqal ,,er wird 5 Sekel Silber darwägen"^). Neben
1) Dieser hieß ja nicht Teiup. Sein hethitischer Name ist noch
unbekannt, da hinter den Ideogrammen ^iSKUR oder "^X verborgen.
2) Zur Übersetzung fremder Gottesnamen s. soeben.
3) Götzb, Kleinasien S. 130.
4) Ugar. *'iqni'u ,, Blaustein" steht als selbständige Entwickelung
aus dem Ursemitischen, nicht als Lehnwort, neben akkad. ugnä. Die
Differenz im anlautenden Vokal ist umgekehrt zu der in akkad. IShara
= ugar. UShr und akkad. iSpatu ,, Köcher" = ugar. uspt. Zwar kennt auch das Achämenidisch-Elamische ein ikni ,, Blaustein" (Herzfeld, Altpersische Inschriften, Berlin 1938, S. 23 und 232), dieses kann jedoch,
mit der neuelamischen Entwickelung von u zu t, Lelmwort aus dem
.\kkadischen sein.
5) Zur akkadischen Konstruktion s. J. Lewy, Studien zu den
altassyrischen Texten aus Kappadokien (Berlin 1922) S. 48 Anm. a (in
Weiterführung von Beobachtungen Poebel's, OLZ 1915 Sp. 199 zu den
Hohlmaßen).
J. Frikdkich, Hethitisch-Ugaritisches 487
■dem einfachen 100 dagegen steht der Stoffbegriff abhängig
im Genetiv, also *mi'tu 'iqni'i, und entsprechend ist auch
pi,m in Z. 27, 29 usw. im Genetiv zu denl<en. Zu ähnlichen
Konstruktionen der hebräischen Zahlwörter, mit dem Gezählten
bald in Apposition, bald im abhängigen Genetiv, vgl. Gesenius-
Kautzsch, Hebr. Gramm., 27. Aufl., § 134 b und g.
Mit dem Beginn der Rückseite (Z. 24) dürfte kein neuer
Abschnitt einsetzen, wie Vibolleaud meint, sondern der vor¬
hergehende Satz läuft noch, etwas anakoluth, weiter, wie in der
obigen Übersetzung angedeutet.
Z. 30. Vibolleaud's Identifikation von usryn mit dem gewiß
richtig ergänzten mär [sarri] in Text 1 B Z. 4 (S. 265) wird
man zustimmen, die Parallelität der Reihenfolge in den er¬
haltenen Teilen von 1 B und 2 ist deutlich. Allerdings ein
hethitischer Ausdruck ist usryn so wenig wie die o. S. 477 f.
besprochenen Wörter huburtanuri, tuppanuri und bei udbuzi.
Nicht nur findet sich nichts Entsprechendes in den hethitischen
Texten'), sondern umgekehrt begegnet Usryn als Personen¬
name bei Vibolleaud, Rev. d' Ass. 37, 1940, S. 11 (Nr. IA) Z. 6.
Auch usryn findet also seine Anknüpfung im ugaiitischen
Sprachschatz, wenn auch wohl wieder in dessen churritischer
Komponente.
Z. 32ff. Zu tpnr = °^^'^Huppanuri und hbrtnr = '''''^^hubur¬
tanuri s. schon 0. S. 478. Die Reihenfolge hier stimmt mit der
in 1 B überein, nur steht dort zweimal hintereinander "^'"'"ÄM&wr-
tanuri ohne Unterscheidung, während hier Z. 34 und 36 hbrtn[r]
und [Ä6rin]r") sn „zweiter A." unterschieden werden.
1) Der dort vorkommende ^'^uriianni- (z. B. KBo I 6 II 19. IV 10
II 29. KUB XXIII 87, 4; auch ^'('uraianni-: KUB V 11 IV 60. 20
III 18. 24 II 46. XVI 77 III 2. XVIII 26 III 7) paßt nicht nur lautlich
nicht genau zu usryn, sondern bezeichnet auch offenbar einen ganz
andersartigen Tempelfunktionär. Nur die Suffixe mögen in uriianni-,
usryn und dem bekannten mariannu (ugaritisch als mryn, Plur. mrynm
in Rev. d'Ass. 37, 1940, S. 11 [Nr. I] A 7 und im Memorial Lagrange
(Paris 1940) S. 42 Kol. I Z. 1 [hier neben akkad. awUüti^^^ mar-ia-
ni] belegt) dieselben sein.
2) Die Ergänzung wird man nach dem Zusammenhang nicht an-
■y.weifeln.
488 J. Fribdrich, Hethitisch-Ugaritisches
Zum Schlüsse sollen noch ein paar Bemerkungen über die
Natur des Textes 2 folgen, da der Text 1 als einfache Liste
ohne weiteres klar ist. Virolleaud sagt S. 262 richtig, daß es
sich in Text 2 um Botschaften zwischen Nqmd und Suppiluliuma
anläßlich eines Vertragsabschlusses handelt. Aber einen Vertrag
selbst oder den Teil eines solchen bildet der Text sicher nicht;
dafür ist er nicht nur zu kurz, sondern wir vermissen auch
das bekannte Vertragsschema mit seiner Einteilung in historische
Einleitung, eigentliche Vertragsbestimmungen, Fluch- und
Segensformel samt Schwurgötterliste*). Vielmehr ist Text 2
wohl ein kurzer Bericht über die Verhandlungen, ein R e g e s t ,
wie man es in der Kanzlei von Ugarit brauchen mochte. Wahr¬
scheinlich ist es dort abgefaßt und zwar in ugaritischer Sprache.
Höchstens in den Berichten über die Botschaften Suppiluliumas
mögen mit Virolleaud Auszüge aus dessen akkadisch abgefaßt
zu denkenden Schreiben vorliegen. Wichtig ist unser Text durch
die ausführliche Aufzählung der Tributleistungen, die in den
Verträgen aus dem hethitischen Archiv meist sehr kurz ab¬
gemacht, ja oft ganz iibergangen wird"). In dieser Hinsicht
bildet der Text 2 eine wertvolle Ergänzung unseres aus den
Staatsverträgen gewonnenen Wissens.
2. Kleinasiatisches im ugaritischen Wortschatz
Das 0. S. 483 behandelte ugaritische Wort argmn = *arga-
mannu ist zwar wohl zunächst als eine Entlehnung aus
akkad. argamannu „Purpur" ins Ugaritische gekommen und
hat erst nachträglich unter hethitischem Einfluß auch die bei
den Hethitern übliche Bedeutung „Tribut" angenommen. Aber
die Frage kleinasiatischer Lehnwörter im Ugaritischen ist damit
doch angeschnitten'). Zu erwarten sind deren freilich nicht
viele, denn wenn wir nach den fremden Personennamen in
1) Zum Aufbau der hethitischen Verträge s. KohoSec, Hethitische
Staatsverträge (Leipzig 1931) S. llff.
2) Vgl. dazu KoRoäEc a. a. O. S. 83 f.
3) Für den umgekehrten Fall ugaritischer Lehnwörter in klein-
asiatischen Sprachen fehlt es vorläufig an Beispielen; vgl. zu (iql) kbd o. S. 485.
J. Friedrich, Hethitisch-Ugaritisches 489
ngaritischen Texten urteilen dürfen, so ist der Einfluß der
Kleinasiaten auf Ugarit sehr gering, jedenfalls viel geringer
als der der Churriter gewesen*), deren Sprache ja sogar mit
ugaritischer Keilschrift geschrieben wurde.
Einige der Wörter, die als kleinasiatische Entlehnungen
gelten, sind außerdem in der Deutung unsicher, z. T. im He¬
thitischen wie auch im Ugaritischen. Das gilt von dem nur
im Epos B n9 bezeugten Gefäßnamen (?) hbrs% den schon
Virolleaud mit dem unklaren hethitischen huprushi- verglichen
hat. Rechnet man mit Verschiedenheit beider Wörter im Suf¬
fix (das ugaritische Wort ohne das -hi- des hethitischen), so
wäre allerdings lautlich nichts einzuwenden; h wie 's sind in
ugaritischen Wörtern fremder Herkunft ganz üblich'), i? wird
im Hethitischen nur herkömmlich von uns so transkribiert und
kann recht wohl auch b sein Aber die Bedeutung will nicht
stimmen; Sommer-Ehelolf, Päpanikri (Leipzig 1924) S. 25 f.
denken für heth. huprushi- nur widerstrebend an die Bedeutung
„Räucherbecken" und entscheiden sich schließlich zweifelnd für
einen provisorischen Altar aus Holz, Erde u. dgl. Hier ist
also das letzte Wort noch nicht gesprochen; auch sind vor allem
weitere Belege für das ugaritische Wort abzuwarten.
Dasselbe gilt für ugar. grds, belegt Keret III. 23, nach
Virolleaud, Keret S. 54 „sans doute hit. gurias, qui signifie
precisement >forteresse<"^). Hier ist die lautliche Überein-
1) Zur Frage kleinasiatischer Personennamen in ugaritischen Listen jetzt Noth, ZDPV 65 (1942) S. 60 ff., 144fr., wo aber sehr viel Zweifel¬
haftes mit unterläuft.
2) ViROLLEADD, Syria 13 (1932) S. 123 „un objet offert en sacrifice", Albright, JPOS 14, 1934, S. 17, Anm. 67 „incense bowl(?)".
3) Zu s s. o. S. 481 und Verf. Orientalia NS 12, 1943, S. 7, zu h
C.-G. VON Brandenstein, ZDMG 91, 1937, S. 575.
4) Außerdem wäre im Ugaritischen b für keilschriftliches p zwischen
Vokal und der halbvokalischen Liquida ebenfalls in Ordnung (vgl.
Verf. Orientalia NS 12, 1943, S. 10).
5) übereinstimmend Albright, BASOR 63, 1936, S. 27' und Jon.
Pedersen, Berytus 6, 1941, S. 66. Skeptisch ist Goetze, BASOR 79,
1940, S. 33, der vielmehr das krd des Ortsnamens fflb krd (Syria 21,
1940, S. 132 [Nr. VIII] Z. 2 und S. 135 [Nr. XI] Z. 3) — dessen akka-
3
490 J. Fribdrich, Hethitisch-Ugaritisches
Stimmung zwischen dem hethitischen und dem ugaritischen Worte
weniger vollkommen; wir sollten zu Anfang des ugaritischen
Wortes Ii statt g und am Ende eher s als s erwarten*); ferner
ist bei Übernahme hethitischer Wörter in semitische Sprachen ")
die Stammform ohne Nominativendung, soweit ich sehe, die
allein herrschende Form. Vor allem aber ist zwar für heth. gurta-
die Übersetzung „Burg" wohl anzuerkennen'), aber für ugar.
grds scht:nt sie mir alles andere als sicher.
Für ein sicheres Lehnwort möchte ich das nur Keret 171.164
belegte ugaritische i^ts „Silber" halten. Das gewöhnliche uga¬
ritische Wort für „Silber" ist das bekannte semitische ksp. Und
wie ksp „Silber" und hr? „Gold" z. B.B I 27—29 oder Keret 1 126
nebeneinanderstehend), so heißt es nun Keret Ulf. §[q .b g]l .
IjLts (72) yn .h gl [. hr]s . nbt ,,gie[ß in den Bejcher aus lifs Wein, in den Becher [aus Gol]d Honig" und ebd. 164 f. wörtlich gleich^)
y?q.b gl.lits.yn (165) b gl.hr?. nbt „er goß in den Becher
aus hts Wein, in den Becher aus Gold Honig". Daß hts „Silber"
heißt, scheint mir trotz Mangels weiterer Belege zweifellos.
Daß das hethitische Wort für „Silber" etwa *hattu- oder
ähnlich gelautet habe, v e r m u t e t man aus der häufigen Sehreibung
URUKÜ. BABBAR-sa- u. ä. für den Namen ^'^^ffatiusa der he¬
thitischen Hauptstadt; die tatsächliche Aussprache des immer
ideographisch bezeichneten Wortes ist noch nicht bekannt. An
Entlehnung des ugaritischen hts aus dem Hethitischen und
nicht etwa aus dem an sich näher liegenden Churritischen zu
denken veranlaßt mich auch der Umstand, daß Goetze, RHA 5,
dische Entsprechung aber '^'^^ffal-bu{-bi) qar-ra-di ebd. S. 125 (Nr. II) Z. 6 und S. 126 (Nr. III) Z. 11 istl — mit heth. gurta- „Zitadelle" gleich¬
setzen will.
1) Vgl. Verf., Orientalia NS 12, 1943, S. 7 und o. S. 481.
2) Belegt ist sie vor allem bei hethitischen Namen in akkadischen Texten.
3) Fobrbb, Forschungen II (Berlin 1926) S. 46; Götze, Annalen d.
Murä. (Leipzig 1933) S. 248.
4) B I 27—29 ysq . ksp l alpm . drs . ysqm . l rbbt ,,er goß Silber zu Tausenden, Gold goß er zu Zehntausenden". Keret, I 126 gÄ . ksp . w yrq . hrs ,,nimm Silber und gelbes Gold!".
5) So daß die eben genannte Stelle danach sicher zu ergänzen ist.
J. Friedrich, Hethitisch-Ugaritisches 491
1939, S. 105" recht ansprechende Gründe für ein ganz anders
lautendes churr. iishuni „Silber" beibringt*). Freilich darf man
nicht außer acht lassen, daß das heth. *hattu- „Silber'' eben
doch nur erschlossen, nicht tatsächlich belegt ist"); so fest wie
Fokbeu, ja 217, 1930, S. 242f. und Virolleaud, Keret S. 69
würde ich also nicht darauf bauen').
Das ugaritische /i<s kann nun sowohl ein fremdes *hattus
wie ein *hattusa wiedergeben. Die ugaritische Tenuis t ist die
normale Entsprechung einer fremden Doppelkonsonanz und
ugar. s die eines fremden s*). Da es nicht üblich ist, eine he¬
thitische Nominativform, sondern vielmehr eine Stammform in
eine semitische Sprache zu entlehnen (s. o. S. 490), so scbeint
es mir nälier zu liegen, in ugar. ht's ein heth. *hattusa wieder¬
zufinden. Auffällig bleibt in jedem Falle das anlautende h, da
das Ugaritische bei der Wiedergabe fremder Wörter gewöhn¬
lich h für keilschriftliches h setzt, so vor allem auch in Iftij =
*JJattiyyu „Hethiter"^). Vielleicht ist aber die Unstimmigkeit
zwischen Ifiy und Ms, entgegen den von mir bei Sommer, IF 55,
1937, S. 173* geäußerten Bedenken, nicht unüberbrückbar. Das
Ethnikon IJty bildet allerdings zusammen mit Hry „Churriter"
und den anderen Ä-haltigen fremden Wörtern eine geschlossene
Gruppe; diese dürften also alle ungefähr gleichzeitig ins Uga*-
ritische gedrungen sein. /i<s dagegen mag als Kulturwort zu
einer anderen Zeit (ob früher oder später als die Wörter
mit h, lasse ich lieber unentschieden) in Ugarit Boden gefaßt
haben.
1) Die Nuzi-Glosse haSahuienni bezeichnet wohl nicht einfach auch ,, Silber", wie Gordon, Orientalia NS 7 (1938), S. 58 Nr. 110 meint sondern eher mit Koschakeb, ZA 41 (NF. 7) 1933, S. 32' eine besonder«
Qualität des Silbers (etwa , .geläutertes S.").
2) Auch der Landesnaine llatci erscheint in der Schreibung KU
BARBAR-«jI
3) Vgl. auch Sommer, IF 55, 1937, S. 172 ff.
4) Das ist zugleich ein Argument gegen die Gleiciisetzung voi
ugar. grds und heth. gurtaS.
5) Immerhin ist auch das churritische kiShi- „Stuhl", wie ich ai
anderer Stelle erörtere, ais kh's, also mit ins Ugaritische entlehn
worden.
492 J. Fbiedbich, Hethitisch-Ugaritisches
Führt man ugar. hts auf ein heth. *hattusa zurück, so könnte
dieses mit dem Namen ffattusa der hethitischen Hauptstadt
geradezu identisch sein. Für irgendeine Beziehung von ffattusa
zum Silber spricht schon das Ideogramm KU. BABBAR. Daß
ffattusa schon im frühen 2. Jahrtausend v. Chr. einen Ruf als
Lieferantin von Schmucksachen (die man sich gewiß aus Metall,
eventuell aus Silber, zu denken hat) bis nach Mesopotamien
hin genoß, wissen wir jetzt aus dem von Dossin, RHA 5, 1939,
S 70 ff. veröffentlichten Bruchstück aus Mari*). Daß bei Ent¬
lehnung von Kulturwörtern geographische Namen als Appel¬
lativa verwendet werden, ist ebenfalls eine bekannte Tatsache;
es sei nur an unser Kirsche < Cerasus (in Kleinasien), an
Kreide < Kreta, Magnet < Magnesia,a,n neugriechisch noQroxdXXi
„Apfelsine" u. dgl. erinnert. Es wäre also wohl denkbar, daß die
Ugariter einfach den Namen der Stadt ffattusa, vielleicht
als *hattüsu im Semitischen flexionsfähig gemacht und so äußer¬
lich der semitischen Nominalform qattulu angeglichen, als ihr
Appellativum ht's entlehnt hätten. Ob der Stadtname Hattusa
seinerseits das hethitische Wort für Silber enthält oder nur
als Name einer Silber produzierenden Stadt mit dem Ideogramm
für „Silber" geschrieben werden konnte, wäre dann für unsere
Untersuchung ohne Belang.
Als kleinasiatisches Lehnwort kommt auch das fremdartige
ugar. pdr „Stadt" in Betracht, das ein paarmal im Austausch
und Parallelismus mit dem gut semitischen 'r „Stadt" vorkommt").
So Keret I 110 f. w gr .nn. 'rm . Srn pdrm . S'^t „und verweile
in den Städten von Srn, in den Ortschaften von S-t" sowie in
der Parallelstelle ebd. 212—214 <,yygrnn . 'rm Sarna .pdrm S't
„er verweilte in den Städten von iarna^), in den Ortschaften
von *S"<". Und gewiß auch in Epos B VII 9 f.*) 'ss . l 'ssm . ahd . 'r sb'm . sb' .pdr „er hat 66 Städte inne(?), 77 Ortschaften". Un-
1) Vgl. dazu noch Verf., Orientalia NS 9, 1940, S. 360 f.
2) So richtig schon Vibolleaüd, Syria 13, 1932, S. 116'.
3) Zu einer Erörterung dieser anscheinend vokalisierten Form ist
hier nicht der Ort.
4) Vgl. auch schon vorher in den beschädigten Z. 7 f. 'rm und pdrm.
J. Fbbdbich, Hethitisch-Ugaritisches 493
klar 'nt.pdr . dr Danel I 154.162.168*), beschädigt 'Anat A 25
sowie Syria 19 (1938) S. 343 (Nr. VI) Z. 4.
Schon Albeight erkannte BASOR 50,1933, S. 14 den Anklang
dieses pdr an das urartäische patari „Stadt"") sowie an das
kleinasiatische *patara, das aus dem lykischen Stadtnamen
ndtuQa^) und mit noch geringerer Sicherheit auch aus dem
kappadokischen Stadtnamen JTrfpi'ij Herodot I 76 (in der Nähe
des ehemaligen gattuäa) erschlossen wird*), als selbständiges
Wort für „Stadt" allerdings in keiner kleinasiatischen Sprache
belegt ist. Besonders fehlen alle Belege aus der mit den ugari¬
tischen Texten parallelen hethitischen Zeit. Die hethitische
Neigung, gerade die gebräuchlichsten Wörter immer ideogra¬
phisch zu schreiben, verbirgt uns auch das hethitische Wort
für „Stadt" hinter dem Ideogramm URU. Anscheinend war es ein
ia-Stamm, jedenfalls war der letzte Konsonant vor der Endung
ein r*). Daß es aber etwa *patariia- gelautet habe, läßt sich
keineswegs wahrscheinlich machen').
Wer an der kleinasiatischen Herkunft von ugar. pdr fest¬
hält, kann sich die Entlehnung wiederum nicht gut durch Ver-
1) Vielleicht ein zweites Wort pdr, zu dem Düssaüd, RHR 105,
1932, S. 292« und III, 1935, S. 9* zu vergleichen wäre.
2) Zu diesem vgl. Verf., Einführung ins Urartäische (Leipzig 1933) S. 30.
3) Herodot I 182 usw.; lykisch Ptfara Verf., Kleinas. Sprachd. VII
44 a 43; Ethnikon Pttarazi ebd. VII 186a.
4) Soweit gehe ich mit P. Kbbtschmeb, Glotta 14, 1925, S. 311 f.
mit, während ich gegen die Heranziehung auch des homer, nrölis,
für sonstiges griechisches nölis und erst recht gegen die des etruskischen ipur ,, Stadt" ebd. skeptisch bin. Auch Lehmann-Haüpt's Ansicht bei Kbetschmbb, a. a. O., das urartäische pa-a-ta-ri ,, Stadt" könne auch
ptari gelesen werden, scheint mir unmöglich; die Pleneschreibung der
ersten Silbe spricht unbedingt für ein wirklich gesprochenes a.
5) Nom. Sing. URU-ai KBo I 53, 5. II 5 III 29. III 3 I 3; Akk.
Sing. URU-are KBo II 5 I 3. III 3 I 16. 19; Gen. Sing. URU-^oi KUB
XXIII 72 II 52; Dat.-Lok. Sing. URU-ri KBo III 2 I 34. IV 4 IV 6
usw., VRV-rija VBoT 24 II 23. 25.
6) Götze, Kleinasien zur Hethiterzeit (Heidelberg 1924) S. 31» und
noch bei Götze-Pedebsbn, MurSilis Sprachlähmung (Kopenhagen 1934)
S. 72 ist für URU-ri = ^appiri „Markt" eingetreten (zu ^appar „Han¬
delsgeschäft"), aber meines Erachtens nicht mit zwingenden Gründen.
Zeitachrift d. DUO Bd. M (Nene Folge Bd. 21) 33
3 3 •
494 J. Fkiedmch, Hethitisch-Ugaritisches
mittlung des Churritischen denken, denn dort heißt „Stadt"
ganz anders, nämlich arti-, vgl. C.-G. von Brandenstein ZA 46
(NF 12,1940) S. 112. Die Ugariter müßten das Wort also direkt
von den Kleinasiaten erhalten haben. Erst die Urartäer, deren
Sprache ja offenbar mit dem Churritischen irgendwie verwandt
ist, verwenden gerade für „Stadt" nicht ein mit churr. arti-
verwandtes Wort*), sondern pätari, das eine kleinasiatische
Entlehnung sein mag.
[Nachträge:
Zu S. 477: Erst nachträglich fällt mir ein Vorschlag zur
einfachen Lösung der Schwierigkeit rm ]sa-ma-an-da[ ein:
Vielleicht ist in Text 1 A. Vs. Z. 1 vielmehr so herzustellen:
[tup-pu ")] sa ma-an-da[-at '^jSamsi'^ „[ -e") Tafel
(= Liste)] des Tribu [tes an die] > Sonne <" (mit Genetivus objectivus).
Zu S. 479 f.: Über Nqmd vgl. jetzt auch Noth, ZDPV 65
(1942) S. 161 ff.]
1) Im Urartäischen existiert ein Wort ardiSe (CICh 16, 3. 8. 18, 2.
29. 34. 80, 6. 129 a II -H a I, 10) wohl eine Abstraktbildung auf -Se
(Verf., Einf. ins Urart. § 43) von ardi-; trotz des überall unklaren Kon¬
textes dürfte sicher sein, daß sie nicht ,, Stadt" bedeutete (Goetzb,
RHA 3, 1936, S. 280 Anm. 64 denkt vielmehr an „Kraft; Befehl").
Dasselbe gilt von ähnlich klingenden Wörtern wie ardini (CICh 18, 26)
und ardaie (Tser. G 3. 5).
2) Adjektiv oder Ordnungszahl?
Einige Bemerkungen zur Anlage und Methode meiner
„Gesciiichte des chinesischen Reiches"
Zugleich ein Wort über ihre Kritiker
Von 0. Franke, Berlin
Über die Anlage und Methode meiner „Geschichte des
chinesischen Reiches" habe ich mich im Vorwort zum I. Bande
ausgesprochen. Ich habe, um das Gesagte kurz zu wiederholen,
darauf hingewiesen, daß es zunächst nur ein Mittel gibt, um
dauernd Herr des gewaltigen Stoffes zu bleiben, nämlich den
Faden der beherrschenden Idee zu fmden und ihn durch das
ganze Wirrsal der Geschehnisse hindurch zu verfolgen. Diese
Idee kann — davon bin ich heute mehr als je überzeugt —
nur die des Staates sein, denn wenn nach Hegel der Staat
,,das Wesentliche, die Einheit des subjektiven Willens und
des Allgemeinen, das sittliche Ganze in seiner konkreten Ge¬
stalt" ist, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß bei den
Chinesen, für die der Staat sogar der Ausdruck ihrer gesamten
Weltanschauung ist, sein Wesen und sein Schicksal den
Kern, das beherrschende Moment ihrer Geschichte ausmachen
müssen.
Ich habe deshalb in den beiden bisher erschienenen Bän¬
den die politische Entwicklung, also die Entstehung des
Staates, den Staatsgedanken, die Kämpfe um seine Erhaltung
und Erweiterung, sein Ausgreifen über die Grenzen, die Bil¬
dung zum Weltreiche, die ihn tragenden Kräfte und seine
lebensgefährlichen Krisen zur Hauptangelegenheit meiner
Darstellung gemacht. Methodisch bin ich dabei so verfahren,
daß ich diese Hauptdarstellung nahezu ausschheßlich auf
chinesische Quellen gegründet habe und zwar zunächst auf
die amtliche Chronistik, d. h. auf die Geschichtswerke der
Dynastien, dann aber auch auf nicht wenige andere einhei-
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