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Erklärung.
Für diejenigen, welche meine bezüglichen Schriften nicht ge¬
lesen haben, berichtige ich folgende Angaben U. Wilcken's in seiner
Entgegnung Bd. 47, S. 710 ff. dieser Zeitschrift:
Ich habe W.'s „Recension" in meinem „Beitrag zur Geschichte der Assyriologie etc." nicht zü einem Angriff auf die Assyriologie
gestempelt, sondern klar und deutlich ausgesprochen (S. 4, Absatz 4:
„Heute ist das anders etc."), dass im Gegensatz zu früheren An¬
griffen und Ablehnungen der Resultate dieser Wissenschaft, jetzt
eine gewisse Vorliebe für dieselben sich bemerklich macht, ohne
dass dieselbe immer mit dem nöthigen Grade von Sachkenntniss
oder doeh wenigstens Zurückhaltung im Urtheil verbimden wäre.
Im Zusammenhang damit habe ich nicht die Beschäftigung
des „Historikers" mit meinen Ausführungen zurückgewiesen, sondem
im geraden Gegentheil davon verlangt, dass, wer die Geschichte
eines Volks beurtheilen, wer also dessen Historiker spielen will, sich
mit Sprache und Quellen desselben genügend vertraut mache, um
ein selbstständiges Urtheil darüber abgeben zu können.
Wenn W. endlich sagt: „In den Untersuchungen hatte Winckler
es noch unentschieden gelassen, welche Städte die leitende SteUung
. im „Reiche der vier Erdtheile" eingenommen hätten. Wenn er
sich nun den Anschein giebt, als habe er in seiner
„Geschichte" nichts anderes gesagt, so ist dies eine
Täuschung", so führe ich hier statt aller Auseinandersetzungen
zunächst die Stellen an, wo Hauptstadt und Reich in der „Ge¬
schichte" definirt werden. Es geschieht an zwei Orten, einmal bei
der geographischen Uebersicht, wo die vermuthlicbe Hauptstadt
Kutha besprochen wird, das andere Mal, wo von den einzelnen
Beichen Babyloniens die Rede ist. Die Stellen lauten: S. 31,
Schluss von Absatz 2: , .... des Titels .... Königs der vier
Weltgegenden. Es scheint, dass der Ursprung des letzteren in
Kutha zu suchen sei". S. 33: „Kutha wie bereits er¬
wähnt, war es vermuthlich in vorgeschichtlichen Zeiten der
Blittelpunkt des Reiches der vier Weltgegenden". Die Worte
scheinen und vermuthlich pflege ich im Sinne bedingter
Behauptungen zu gebrauchen. W. freiUch führt einen nur wenige
Zeüen nach dem letzteren dieser beiden stehenden Satz an, um eine
unbedingte Aussage meinerseits daraus zu erweisen.
1 .S
168 Winckler, Erklärung.
Schliesslich verweise ich auf eine Stelle aus den Erläuterungen
meines gleichzeitig mit den betreffenden Stellen der Geschichte ge¬
schriebenen und mehr als ein halbes Jahr vor dem Erscheinen
von W.'s „Recension" im Drucke erschienenen Aufsatzes über die
kiSSati-Frage : Altorientalische Forschungen I, S. 96: Die Art und
Weise, wie in dem astrologischen Werke der sar kiSsati ... genannt
wird , lässt keine andere Annahme zu '), als dass hier der König
eines bestimmten Staates gemeint ist. Es ist unmöglich, dass er
so angeführt werden könnte, wenn „König der Welt", wie man
meist anzunehmen geneigt ist, nur ein ganz allgemeiner Prunktitel
wäre Ebensowenig wie in Sar kiSSati kann man in
Sar kibrat irbitti eine allgemeine Bezeichnung sehen. Ich habe
dem in Unters, zur altor. Gesch. S. 82 ff. ausgeführten nichts hin¬
zuzufügen, als dass die Lokalisirung der Mutterstadt des
betreffenden Reiches noch nicht mit Sicherheit ge¬
lingen wilP)." Ebenda S. 75: „. . . . so kann man meine
Gründe, welche für Harran als den Mittelpimkt des „Reiches der
Welt" sprechen, nunmehr nachprüfen oder widerlegen
mag man aber über Harran und das „Reich der Welt" denken,
vrie man will, so kann auch ohne die Annahme meiner
Meinung über diesen Punkt, die von der Bedeutung Nord¬
mesopotamiens in vorhethitischer und voraramäischer
Zeit bestehen bleiben."
Diese Ausführungen waren, wie gesagt, W. längst zugänglich,
als seine „Recension" erschien. Er hat „Forschungen I" dabei
noch nicht benutzt, woraus ich ihm keinen Vorwurf gemacht habe.
Er hat es aber auch nicht gethan, nachdem ich in meinem „Bei¬
trag" darauf hingewiesen. Ebenso hat er das in „Porschungen II"
veröffentlichte weitere Material nicht abgewartet, trotzdem ich es
ebenfalls im Beitrag angekündigt hatte.
Berlin, im April 1894.
Hugo Winckler.
1) Diese Erwätinungen trageu folgenden Charakter: Wenn das und
das Vorzeichen eintritt, dann wird der und der König (der König
von Gutium, Anzan und Suri, AharrÜ, Ümlias, Elam, Hattiland, Akkad, der kissati u. a.) das und das thun, z. B. den Thron besteigen, sterben, einen Einfall machen etc. [Zusatz zu dieser „Erklärung".]
2) Hierzu Anmerkung: „S. hierfür Öesch. Bab. Assyr. S. 33". — [Die oben angeführte Stelle!)
1 5
169
Erklärung.
Im 47. Bande dieser Zeitschrift S. 700 schreibt Herr 0. Mann
über meinen „Grundriss der neupersischen Etymologie" wie folgt:
„Wer deshalb (sc. weil der Verf bei der Material-Sammlung häufig
auf halbem Wege stehen geblieben ist, d. h. die gedruckt vor¬
liegende Pehlevi-Litteratur nicht voll und ganz benutzt, und von
der neupersischen Dialectlitteratur fast nur die Glossare, nie die
Texte selbst benutzt sind, welche, wie sich zeigen wird, noch
manche werthvolle Ausbeute geliefert hätten')) bei
eigenen Studien den „Grundi-iss' benutzen will, darf sich in keinem
Falle') die Mühe verdriessen lassen, das von H. gegebene Material
zunächst zu vervollständigen, und dann die Resultate sorgföltig zu
prüfen." Diese starke Behauptung hatte Herr 0. M. dadurch zu
beweisen , dass er bei den einzelnen Nummern , welche er be¬
spricht, zunächst die vermisste Vervollständigung selbst lieferte.
Was er aber in dieser Beziehimg anführt, ist ein wahrhaft kläglich
dürftiges Material : Für 29 besprochene Nummem wird eine
einzige dialeetische Form (kine) dazu gethan — die Weisheit
über „aou" (Wasser) ist für meinen Grundriss unnützer Ballast,
den ich durch die ausdrückliche Bemerkung von vom herein aus¬
geschlossen habe , nur solche dialeetische Formen anführen zu
O '
wollen , welche eine ältere Gestalt als die betr. schriftpersischen
Worte zeigen (S. XI), ebenso wie die Zuthat Herrn 0. M.'s von
tehemten, das jeder ABC-Schütze im Neupersischen aus Spiegel's
Chrestomathie kennen lemt (ich habe nirgendwo gesagt, dass ich
alle np. Composita aufnehmen wolle und habe so selbstverständliche
und durchsichtige wie tehemten gern weggelassen) — und ausser¬
dem fünf Pehleviwörter, wobei die werthvolle Bereicherang, dass
-pargantan , von mir aus dem Bund, belegt , auch im Men. vor¬
komme , noch mitgerechnet ist (ich habe nirgendwo versproehen,
wie ein Lexieon alle Belegstellen eines Pehleviwortes anführen zu
wollen ; übrigens ist es üblich , bei „ etwas aufmerksamerer und
grändlicherer Arbeit" Spiegel's Vendidät-Ausgabe nach Capiteln und
Versen, nicht bequem nach Seiten und Zeilen zu citiren, wie Herr
0. M. bei vällnitan thut). Mit diesem Material ist die „in keinem
Falle" unerlässliche Vervollständigung des meinigen abgethan !
Also ist doch durch meine Nichtbenutzung der dialectischen Texte
nichts Wesentliches versäumt, und ein Paar Pehleviformen, zumal so
]) Von mir gesperrt.