Gestaltung des Übergangs von der Grundschule an das Gymnasium
Die Gestaltung des Übergangs von der Grundschule an das Gymnasium verfolgt ein zweifaches Ziel:
Zum einen ist es im Sinn der Bildungsgerechtigkeit notwendig, Schülerinnen und Schüler, denen die Grundschulen die gymnasiale Eignung aussprechen, unabhängig von ihrem soziokulturellen Hintergrund zum Besuch eines Gymnasiums zu motivieren. Dazu ist die seriöse und fundierte Information der Kinder und ihrer Eltern vor dem Übertritt unumgänglich.
Zum anderen gilt es, den Bildungsverlauf für die Schülerinnen und Schüler an der Schnittstelle zu harmonisieren. Dies geschieht nicht nur über Lehrpläne, sondern vor allem auch im Bereich der konkreten Unterrichtsarbeit, etwa bei der Wahl der Sozialformen und Arbeitstechniken, beim Umgang mit Mündlichkeit und Hausaufgaben oder bei der Justierung des Anspruchsniveaus.
Voraussetzung für einen bruchlosen Übertritt ist, dass die Lehrkräfte über das Anforderungsprofil und den Unterricht der jeweils anderen Schulart unterrichtet sind.
Um die genannten Ziele zu erreichen, ist die verstärkte Zusammenarbeit mit den Grundschulen und ggf. Schulämtern notwendig. Sozusagen als „Türöffner“ könnte die Schulleitung des Gymnasiums in Absprache mit dem zuständigen Schulamt die Rektorinnen und Rektoren der Grundschulen des Einzugsgebiets zu einem ersten Kennenlernen einladen. Bei einer solchen Besprechung könnten weitere Schritte bzw. Maßnahmen der Kooperation vereinbart werden.
Die sich anschließende Zusammenarbeit kann vielerlei Gesichter haben, z. B.
Gegenseitige Einladungen zu Veranstaltungen
Nicht nur die Beratungslehrer, sondern alle Lehrkräfte, die an der Schnittstelle (Jgst. 4 und 5) unterrichten, werden zu den jährlich stattfindenden Informationsveranstaltungen und Vorträgen eingeladen.
Beim Tag der offenen Tür ergeht Einladung auch an die jeweils andere Schulart und ihre Vertreter.
Die Elternbeiräte von Grundschulen und Gymnasium veranstalten regelmäßige Treffen zum gegenseitigen Austausch.
Sinnvoller Einsatz der Lotsen am Gymnasium
Die Grundschullehrkräfte, die am Gymnasium als so genannte Lotsen tätig sind,
erhalten Redezeit bei den Informationsveranstaltungen für Eltern der künftigen Fünftklässler/innen,
stehen Lehrkräften, Eltern und Schüler(inne)n als Berater zur Verfügung,
bringen ihre Expertise im Rahmen des Probeunterrichts ein und
stehen für Team-teaching oder Differenzierungsmaßnahmen in der Jgst. 5 zur Verfügung.
Arbeitsgemeinschaften von Grundschul- und Gymnasiallehrkräften
Arbeitsgemeinschaften können sich die unterschiedlichsten inhaltlichen Schwerpunkte setzen, z. B.
die gemeinsame Korrektur von Schülerarbeiten aus den Jgst. 4 und 5,
die gegenseitige Information über Unterrichtsmethoden bzw. –prinzipien,
die fachspezifische Abgleichung des Unterrichts in Deutsch, Mathematik und Englisch.
Eine Sonderform solcher Arbeitsgemeinschaften stellt die Einrichtung des „Kleeblatts“ dar.
Hier arbeiten in einer Region Lehrkräfte aus Grundschule, Mittelschule, Realschule und Gymnasium zusammen, um Konzepte zur Harmonisierung des Übergangs im Bereich des Fremdsprachenlernens zu entwickeln und zu erproben.
Im Bereich des Fremdsprachenunterrichts wird die Übergangsproblematik besonders deutlich. Ein rezeptiv ausgerichteter und erlebnisorientierter Englischunterricht in der Grundschule trifft auf einen
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Unterricht im Gymnasium, der stärker kognitive und analytische Fähigkeiten erfordert und in dem aktive mündliche und schriftliche Sprachproduktion eine große Rolle spielen.
Die Praxis hat gezeigt, dass dort, wo die beteiligten Schulen räumlich eng beieinander liegen und ein aktiver Koordinator tätig ist, ein äußert produktiver Austausch zustande kommen kann.
Am Gymnasium sollten schulartübergreifende Arbeitsgruppen, wenn möglich, Teil des Schulentwicklungsprozesses sein, um eine breite und nachhaltige Wirkung entfalten zu können.
Gegenseitige Hospitationen
Gerade gegenseitige Unterrichtsbesuche mit anschließender Besprechung sind geeignet, Verständnis für die besonderen Bedingungen zu wecken, unter denen die Lehrkräfte der jeweils anderen Schulart arbeiten und unterrichten. Wenn Gymnasiallehrkräfte, die im kommenden Schuljahr eine 5. Klasse übernehmen, am Ende des vorangehenden Schuljahrs den Grundschulunterricht in einer vierten Klasse kennengelernt haben, können sie in ihrem eigenen Unterricht eine bessere Passung der Methoden, Sozialformen, des Anspruchsniveau usw. erzielen. Andererseits gewinnen Grundschullehrkräfte aus Jgst. 4 durch den Besuch einer 5. Klasse am Gymnasium eine klarere Vorstellung, was ihre Schülerinnen und Schüler, denen sie die gymnasiale Eignung bescheinigt haben, erwartet.
Auf beiden Seiten ist die fördernde Haltung der Schulleitung unabdingbar, damit Fragen des Stundenplans und der Unterrichtsvertretung einvernehmlich geklärt werden können. Ähnliches gilt für die Bereitschaft der Schulleitung, Hospitationen als Maßnahme der schulinternen Lehrerfortbildung anzuerkennen.
Gymnasiallehrkräfte unterrichten in einzelnen Stunden an Grundschulen und vice versa
Die Möglichkeit, an der anderen Schulart Unterricht zu erteilen, ist die interessanteste und fruchtbarste Form der Zusammenarbeit. Denn sie ist mit einem Höchstmaß an Praxis einerseits, Selbsterfahrung andererseits verbunden.
Zwar setzt der Unterricht an einer anderen Schulart das Studium des entsprechenden Lehrplankapitels, das Einfühlen in die zunächst unbekannte entwicklungspsychologische Situation einer anderen Altersgruppe und die Akzeptanz anders gelagerter Bedingungen voraus. Die gewonnenen Erkenntnisse bedeuten jedoch die Chance, den eigenen Unterricht im Sinne der Schülerinnen und Schüler an der Schnittstelle zu optimieren.
Tipps zum Weiterlesen:
Bildungsgerechtigkeit. Jahresgutachten 2007 des Aktionsrates Bildung, hrsg. Von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., Wiesbaden 2007
Materialien für die schulartübergreifende Zusammenarbeit von Grundschulen und weiterführenden Schulen im Bereich des Fremdsprachenlernens, die sich unter folgender Adresse herunterladen lassen:
http://www.isb.bayern.de/isb/download.aspx?
DownloadFileID=aaae769eda9abbd71bd30363e824043a
Step Further Der Übergang von der Grundschule zu weiterführenden Schulen im Fach Englisch.
Berlin 2009
Eine Brücke von der Grundschule zum Gymnasium. Mehr Kontinuität statt Kluft, Bamberg 2009
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