Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 106|
Heft 37|
11. September 2009 A 1803 CARL GUSTAV CARUSVoller Schaffenskraft und Wissbegierde
Einen ganzheitlichen Blick auf den sächsischen Universalgelehrten gewähren die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
und die Staatlichen Museen zu Berlin.
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in langes und reiches Leben war mir gegönnt, und ich scheide davon als von keinem ver- fehlten Kunstwerk, vielmehr mit in- nigem Dank gegen Gott und mit aufrichtiger Liebe zu den Men- schen.“ Das schrieb der Arzt, Na- turwissenschaftler, Philosoph, Ma- ler, Zeichner und Literat Carl Gus- tav Carus (1789–1869) am Ende seines von unglaublicher Schaf- fenskraft und Wissbegierde gepräg- ten Lebens in sein Testament. Er gehörte zu den herausragenden Per- sönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, der mit den Größen seiner Zeit, zum Beispiel dem Chirurgen Johann Friedrich Dieffenbach, dem Augen- arzt Albrecht von Graefe sowie Alexander von Humboldt und Jo- hann Wolfgang von Goethe Kon- takt pflegte.In seiner Geburtsstadt Leipzig erfuhr er die Grundlagen seiner spä- teren enzyklopädischen Vielseitig- keit: Dort studierte er Medizin, Phi- losophie und Naturwissenschaften, hielt Vorlesungen zur vergleichen- den Anatomie, leitete als junger Arzt ein Lazarett, arbeitete im Leip- ziger Entbindungsinstitut und als Armenarzt. 1814 wurde er nach Dresden berufen, wo er bis zu sei- nem Tod lebte, als Professor für Ge-
burtshilfe und als Leiter des Entbin- dungsinstituts der provisorischen Lehranstalt für Medizin und Chirur- gie. Er war Mitbegründer der Chir- urgisch-Medizinischen Akademie, Ursprung der heutigen, nach ihm benannten Dresdener Universitäts- klinik. Carus war 41 Jahre lang Leibarzt von drei sächsischen Köni- gen. Er legte eine Vielzahl von Pu- blikationen über Anatomie, Patho- logie, Naturphilosophie und Psy- chologie vor. In „Psyche. Entwick- lungsgeschichte der Seele“, 1846 veröffentlicht, schrieb Carus: „Der Schlüssel zur Erkenntnis vom We- sen des bewussten Seelenlebens liegt in der Region des Unbewusst- seins.“ Dies markierte einen Mei-
lenstein in der Entwicklung der Psychologie und gilt als Vorbote der Tiefenpsychologie. Die auto- didaktisch ausgeübte Malerei ge- währte ihm einen Ausgleich zu sei- ner Tätigkeit als Arzt und Wissen- schaftler.
Bisherige Ausstellungen stellten Carus eher als Maler und Zeichner, der er ja nur „nebenberuflich“ war, es hierin aber zu außerordentlicher Perfektion brachte, in den Vorder- grund. So ist er dem breiten Pu- blikum eher als Künstler im Um- kreis der Dresdener Romantiker um Caspar David Friedrich, mit dem er freundschaftlich verbunden war, ein Begriff. Unter dem Titel
„Carl Gustav Carus. Natur und Idee“ gewährt nun die Ausstellung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und der Staatlichen Mu- seen zu Berlin einen ganzheitlichen Blick auf ihn als Universalgelehr- ten. Zu sehen sind rund 250 Ge- mälde und Zeichnungen von Carus sowie 50 Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen seiner Zeitgenossen Caspar David Friedrich, Johan Christian Dahl, August Heinrich, Pierre Jean David d’Angers und Ernst Rietschel. Neben Carus künstlerischen Arbeiten zeugen sei- ne hervorragenden naturwissen- schaftlichen Illustrationen, wissen- schaftlichen, kunsttheoretischen, li- terarischen Schriften und Briefe, ferner circa 30 Objekte aus seiner umfangreichen Abguss- und Schä- delsammlung sowie medizinische Ge- rätschaften, anatomische Präparate und naturkundliche Zeugnisse von der thematischen Vielfalt seiner In- teressen- und Betätigungsfelder. ■ Dr. med. Stephanie Krannich
Wer sich intensiver mit Leben und Werk des her- ausragenden Carl Gustav Carus befassen möch- te, dem sei sowohl der Katalog („Natur und Idee“) als auch der Essayband („Wahrnehmung und Konstruktion“), beide von ausgezeichneter Quali- tät, sehr empfohlen.
Die Ausstellung „Carl Gustav Carus. Natur und Idee“ ist bis zum 20. September in Dresden, im Semperbau, Gemäldegalerie Alte Meister und im Residenzschloss, Kupferstich-Kabinett zu sehen.
Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 18 Uhr. Weitere Informationen unter Telefon: 03 51/49 14 20 00 oder im Internet unter: www.skd.museum.de.
Vom 9. Oktober 2009 bis 10. Januar 2010 wird die Ausstellung in Berlin, Alte Nationalgalerie, prä- sentiert. Öffnungszeiten: freitags bis mittwochs 10 bis 18 Uhr, donnerstags 10 bis 22 Uhr, mon- tags geschlossen. Weitere Informationen unter Telefon: 0 30/20 90 58 01 oder im Internet unter:
www.alte-nationalgalerie.de.
INFORMATIONEN
Eine Vitrine mit Totenmasken. In der Ausstellung sind rund 30 Objekte aus Carus’ umfang- reicher Abguss- und Schädelsammlung zu sehen.
Foto: dpa