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Zukunftsszenarien für die Berglandwirtschaft ART-Berichte

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ART-Berichte F r ü h e r : F AT - B e r i c h t e Nr. 661 2006

Zukunftsszenarien für die Berglandwirtschaft

Ergebnisse aus dem Projekt SULAPS

Stefan Lauber, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Tänikon, CH-8356 Ettenhausen, E-Mail: stefan.lauber@art.admin.ch

Inhalt Seite Problemstellung 2 Vorgehen 2 Resultate 4 Diskussion 9 Literatur 10 Das von Agroscope ART und INFRAS

Zürich durchgeführte Projekt SULAPS («Sustainable Landscape Production Systems» – Nachhaltige Landschafts- produktionssysteme) hatte zum Ziel, mögliche Strukturentwicklungen der Berglandwirtschaft und deren land- schaftlichen Auswirkungen mit einem Zeithorizont von zehn bis fünfzehn Jahren zu untersuchen.

Die Untersuchung erfolgte für 63 Landwirtschaftsbetriebe in zwei Re- gionen Mittelbündens (Abb. 1), deren individuellen Voraussetzungen mittels mündlicher Befragung erhoben wur- den. Für die Simulation der unter ver- schiedenen Rahmenbedingungen zu erwartenden Betriebsstrukturen ist das Agrarstruktur- und Landnutzungsmo- dell SULAPS entwickelt worden. Dieses

berücksichtigt einerseits das einzelbe- triebliche Entscheidungsverhalten und anderseits die durch den regionalen Pachtlandmarkt vorgegebenen be- schränkten Wachstumsmöglichkeiten (Lauber 2006). In diesem Bericht wer- den ausgewählte Resultate für acht Zukunftsszenarien vorgestellt.

Direktzahlungen und ausserlandwirt-

schaftliche Erwerbsmöglichkeiten wer - den für die weitere Zukunft der Berg- landwirtschaft weitaus grössere Be- deutung haben als die Entwicklung von Produktpreisen und Faktorkosten.

Ebenso sind die heutige Flächenaus- stattung und die aktuelle Infrastruktur für die einzelnen Betriebe zukunfts- entscheidend.

Abb. 1: Die beiden Gemeindefraktionen Parsonz (links oben am Hang) und Riom (Bild- mitte, mit Burg) im Untersuchungsgebiet Surses, inmitten einer landwirtschaftlich gepräg- ten Kulturlandschaft.

Das Projekt SULAPS wurde vom Schweizerischen Nationalfonds im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Landschaften und Lebensräume der Alpen»

(NFP48) fi nanziert.

(2)

Problemstellung

Die 1992 eingeleitete Trennung von Preis- und Einkommenspolitik wird mit der «Agrarpolitik 2011» über eine wei- tere Umlagerung von Mitteln aus der Marktstützung in Direktzahlungen fort- geführt. Zudem werden die Aufhebung der Milchkontingentierung bis 2009 und internationale Verpfl ichtungen den Druck zur Umsetzung preissenkender Massnahmen erhöhen.

Die natürlichen Voraussetzungen im graslanddominierten Berggebiet und die teilweise abgelegene Lage der Betriebe schränken die Handlungsalternativen bei sich ändernden Rahmenbedingun- gen ein und haben dadurch einen di- rekten Einfl uss auf den fortschreitenden Strukturwandel. Dieser äussert sich über veränderte Landnutzungsintensitäten (Abb. 2) auch im Landschaftsbild.

Verlauf und Geschwindigkeit des Struk- turwandels hängen stark von den indi- viduellen Betriebsvoraussetzungen und Einstellungen der Betriebsleitenden ab, die deren Entscheidungsverhalten prä- gen. Für eine detaillierte Abbildung solcher Prozesse im Berggebiet fehlten bislang die Instrumente, weshalb im Pro- jekt SULAPS («Sustainable Landscape Production Systems» – Nachhaltige Landschaftsproduktionssysteme) ein Agrarstrukturmodell zur Beantwortung aktueller agrarpolitischer Fragestellun- gen entwickelt werden sollte, das auch Landschaftsveränderungen darstellen kann.

Betriebe weisen eine LN von 1301 ha auf und decken damit 90 % der gesamten LN der Untersuchungsregionen ab.

Agrarstruktur- und Land- nutzungsmodell SULAPS

Die Simulationsrechnungen für mögliche Strukturentwicklungen in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren basieren auf dem neu entwickelten Agrarstruktur- und Land- nutzungsmodell SULAPS. Dieses ist aus einzelbetrieblichen linearen Optimierungs- modellen zusammengesetzt, die auf Basis von strukturierten mündlichen Befragun- gen mit den Betriebsleitenden individuell auf jeden einzelnen Betrieb zugeschnitten sind. Damit fl iessen die real verfügbaren Ressourcenausstattungen, Infrastrukturen, Aus- und Weiterbildung sowie einige nicht- wirtschaftliche Ziele der Betriebleitenden direkt in die Berechnungen ein. Innerhalb der Betriebsmodelle werden die Produk- tionsentscheidungen so getroffen, dass die Haushaltseinkommen der Betriebe unter Berücksichtigung der erhobenen übrigen Ziele möglichst hoch ausfallen.

Eine Verknüpfung der Betriebsmodelle mit einem Flächenmobilitätsmodul ermöglicht den im Strukturwandel zentralen Pacht- landhandel zwischen den Betrieben. Be- triebe mit anfangs ungünstigen Vorausset- zungen können dadurch unter Umständen in mehreren Schritten wachsen und ihren Verbleib in der Landwirtschaft sichern.

Vorgehen

Kulturlandschafts- und Landnutzungsän- derungen müssen mindestens auf zwei Ebenen betrachtet werden: Einerseits auf der Ebene der Landwirtschaftsbetriebe, die Nutzungsentscheidungen treffen, und anderseits auf der Ebene der einzel- nen Landnutzungsschläge, wo sich diese Entscheidungen schliesslich auf die Nut- zungsintensität niederschlagen. Diese Be- trachtung sehr kleiner Strukturen auf der zweiten Ebene machte es in Anbetracht der beschränkten Projektressourcen nötig, das Untersuchungsgebiet auf zwei Fallstudien- regionen einzuschränken.

Untersuchungsregionen

Bei den Untersuchungsregionen handelt es sich um Teile zweier Mittelbündner Kreise im Bezirk Albula, die sich durch unter- schiedliche touristische Voraussetzungen auszeichnen. Das Projekt SULAPS betrach- tet die landwirtschaftliche Nutzfl äche (LN) von sieben Gemeinden:

– Kreis Belfort: Alvaneu, Brienz/Brinzauls, Schmitten und Surava

– Kreis Surses (Oberhalbstein): Cunter, Riom-Parsonz und Savognin

Von total 72 Betrieben, die 2002 in diesen Gemeinden Flächen bewirtschafteten, be- teiligten sich 63 (88 %) am Projekt. Die 63

Abkürzungen

AKh Arbeitskraftstunde CHF Schweizer Franken DB Deckungsbeitrag dt Dezitonne (100 kg) EU Europäische Union

GIS Geografi sches Informations- system

ha Hektare

LN Landwirtschaftliche Nutz- fl äche

SULAPS Sustainable Landscape Production Systems TS Trockensubstanz

Bipolare Entwicklung Landnutzungsintensität (Schweiz, 1999–2003)

0 0 5 1

0 0 0 1

0 0 5

0 0 5

0 0 0 1

0 0 5 1

0 0 0 2

V I e n o z g r e B II

I e n o z g r e B II

e n o z g r e B I

e n o z g r e B

Venderung absolut (in Hektaren)

n e s e i W e v i s n e t x

E Wenigi ntensiveWiesen übrigeDauerwiesen

Abb. 2: Im gesamten Schweizer Berggebiet gewannen die extensiv und intensiv genutzten Wiesen zwischen 1999 und 2003 zulasten der wenig intensiv genutzten Wiesen in allen vier Bergzonen an Fläche. (Wiesenkategorien gemäss Direktzahlungsverordnung, wonach für extensiv und wenig intensiv genutzte Wiesen Ökobeiträge ausgerichtet werden. Für die Kategorie der «übrigen Dauerwiesen» werden keine ökologischen Direktzahlungen ausbe- zahlt. Sie umfasst die intensiv genutzten Wiesen). Datenquelle: BFS (2000 und 2004).

(3)

Problemstellung / Vorgehen

Die landwirtschaftliche Nutzfl äche fl iesst im Umfang von 8374 Landschlägen räum- lich explizit in die Betrachtungen ein. Es ist also zu jedem Zeitpunkt bekannt, wo die einzelnen Flächen räumlich liegen und wer sie mit welcher Intensität bewirtschaftet.

Das Sömmerungsgebiet hat nicht im Detail, sondern zusammengefasst über die Anzahl gealpter Tiere in die Analyse Eingang ge- funden.

Geografi sches Informationssystem

Erst die Verwendung eines Geografi schen Informationssystems (GIS), dem die Parzel- lenpläne der Gemeinden, die kantonalen landwirtschaftlichen Flächenerhebungsda- ten1 und andere digitale Daten zugrunde liegen, ermöglicht die räumlich explizite Abbildung der Landnutzung und die Berücksichtigung von schlagspezifi schen Eigenschaften. So stammen sowohl die potenziellen Nutzungsarten der einzelnen Landschläge als auch das damit einher- gehende Ertragspotenzial (Trockensub- stanzertrag) aus stichprobeartigen Vege-

tationskartierungen. Meier et al. (2005) berechneten daraus in einem GIS-basierten Hochrechnungsansatz schlagbezogene Werte. Je nach Schlag sind damit teilweise mehrere Nutzungsintensitäten und -arten zulässig.

Im Berggebiet stellen die Transportzeiten zwischen Betrieb und Parzelle eine wich- tige Grösse dar. Aus diesem Grund fl iessen diese Zeiten detailliert in die Optimierungs- rechnungen und den Pachtlandhandel ein. Aus den fahrzeug-, hangneigungs- und strassenqualitätsabhängigen Fahrge- schwindigkeiten (Lauber et al. 2005) und dem bestehenden Strassennetz hat INFRAS mit der von Zbinden (2002) beschriebenen Methode der «zeitabhängigen Bestwegum- legung» für jede Kombination von Betrieb und Parzelle die schnellste Fahrstrecke und die benötigte Fahrzeit ermittelt.

Szenarien

Die Berechnungen wurden für acht bewusst breit gefasste Zukunftsszenarien durchge- führt, um die Entwicklung der Agrarstruk- turen auch bei starken Veränderungen der Rahmenbedingungen aufzeigen zu können (Tab. 1). Die Unterscheidung geschieht in erster Linie auf den drei Ebenen von Preisen und Kosten, Direktzahlungen und ausser- landwirtschaftlichem Stellenangebot. Eine erste Gruppe von Szenarien (I, II, VI und VIII) unter dem Obertitel «Liberalisierung»

Szenarium

Einfl uss- grösse

2002 I II III IV V VI VII VIII

Ausgangslage Liberalisierung Gestützte

Liberalisierung Trend

Regionale Wertschöp-

fung

Landschaft und Ökologie

(Trend)

Landschaft und Ökologie

(Liberalisie- rung)

Stellenmangel (Trend)

Stellenmangel (Liberalisie-

rung)

«Ökoszenarien» «Mangelszenarien»

Produkte-

preise 2002 EU Trend EU Trend CH Trend EU Trend +

15 % CH Trend EU Trend CH Trend EU Trend

Faktorkosten 2002 EU Trend EU Trend CH Trend EU Trend CH Trend EU Trend CH Trend EU Trend

Direktzah-

lungssystem 2002 heutiges

System

heutiges System

heutiges System

heutiges

System nur ökologisch beitrags- würdige Zahlungen; mit

Nutzungsvorgabe

heutiges System

heutiges System Direktzahlun-

gen, Beiträge 2002 50 % von

2002 CH Trend CH Trend CH Trend CH Trend 50 % von

2002 Angebot

ausserland- wirtschaftli- che Stellen

2002 frei verfügbar frei verfügbar frei verfügbar frei verfügbar frei verfügbar frei verfügbar

75 % der Stellen von

2002

75 % der Stellen von

2002 Stundenlohn

ausserland- wirtschaftlich (nominal)

2002 90 % von

2002

90 % von 2002

113 % von 2002

100 % von 2002

113 % von 2002

90 % von 2002

113 % von 2002

90 % von 2002 Landwirt-

schaftliche Strukturmass- nahmen

2002 tiefere Unter- stützung

höhere Unter-

stützung unverändert unverändert unverändert unverändert unverändert tiefere Unter- stützung

Gesetzliche

Forderungen 2002 generelle

Lockerung unverändert unverändert unverändert unverändert

teilweise Lockerung (ohne Öko-

logie)

unverändert generelle Lockerung Tab. 1: Übersicht über die acht verwendeten Szenarien mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen für das Jahr 2015.

geht davon aus, dass sich das Preis- und Kostenniveau bis 2015 jenem in der Euro- päischen Union (EU) annähert. Die Trend- Szenarien III, V und VII schreiben Preis- und Kostenentwicklung der letzten Jahre in der Schweiz fort, währenddem das Szenarium IV der regionalen Wertschöpfung eben- falls von einer kosten- und preismässigen Annäherung an die EU ausgeht, aber auf- grund der Nähe zu den Konsumentinnen und Konsumenten sowie der verstärkten Labelproduktion in der Schweiz rund 15 % höhere Produktepreise als in der EU erzielt werden können.

Das Direktzahlungssystem wird in vier Sze- narien verändert. In zwei der Liberalisie- rungsszenarien (I und VIII) sind die Beitrags- sätze noch halb so gross wie im Jahr 2002, in den beiden Landschafts- und Ökologie- szenarien (V und VI) kommt es zu einem voll- ständigen Systemwechsel. In diesen beiden Fällen ist die Entrichtung von Direktzahlun- gen nur noch für ökologisch begründbare Leistungen der Landwirtschaft vorgesehen.

Wenn die Landwirte die für einzelne Par- zellen eingeführten Nutzungsvorschriften einhalten, erhalten sie einen Beitrag in der Höhe von 200 CHF/ha. Diese Nutzungsvor- gaben sind direkt mit Zielen der Ökologie (Artenvielfalt), des Landschaftsschutzes oder des Schutzes von Infrastrukturbauten begründbar.

Mit Ausnahme der Szenarien VII und VIII gehen alle Zukunftsbetrachtungen davon

1 Die Nutzung der einzelbetrieblichen Daten aus der landwirtschaftlichen Struk- turerhebung wurde nur dank schriftlichem Einverständnis der einzelnen Betriebsleiten- den möglich.

(4)

aus, dass die Betriebsleitenden ihre Tätig- keiten ausserhalb der Landwirtschaft im Rahmen ihrer Aus- und Weiterbildung ge- gebenenfalls bis zu den arbeitsgesetzlichen Limiten ausweiten können. Die Szenarien VII und VIII begrenzen diese Tätigkeiten für jeden einzelnen Betrieb auf maximal 75 % des Umfangs von 2002, um die Effekte einer Verschlechterung der Wirtschaftslage unter zwei verschieden günstigen Szenarien ab- schätzen zu können. Ein vertiefter Vergleich der Szenarien I und VIII zur Diskussion der Auswirkungen eines eingeschränkten Ar- beitsmarkts im Liberalisierungsfall fi ndet sich in Lauber et al. (2006).

Resultate Betriebszahlen

Im Referenzjahr 2002 weisen die unter- suchten Betriebe der beiden Regionen deutlich unterschiedliche Erwerbsstruktu- ren auf. Während im Kreis Belfort 19 der betrachteten 22 Höfe (86 %) den Voll- und Zuerwerbsbetrieben2 angehören, sind es bei den modellierten Betrieben des Krei- ses Surses nur 23 von 41 (56 %). Die Nähe zum touristischen Zentrum Savognin mit Verdienstmöglichkeiten im Winterhalbjahr begünstigt dort die Freizeit- und Neben- erwerbslandwirtschaft. Dieser Unterschied wirkt sich direkt auf die Zahl der in der Landwirtschaft verbleibenden Betriebe aus, verläuft doch der Austritt aus der Land- wirtschaft häufi g über die Freizeit- und Nebenerwerbskategorien (Abb. 3). In allen Szenarien geben mehr Betriebe aus der Re- gion Surses als aus der Region Belfort die landwirtschaftliche Tätigkeit vollständig auf (Abb. 4).

Ausser im Mangelszenarium VIII ist der Strukturwandel in allen Szenarien über den Generationswechsel möglich. Die jährli- che Abnahme der Betriebszahl beträgt in diesen Szenarien im Durchschnitt 1,8 bis 2,2 % und unterschreitet damit die theore- tische Grenze von 3,3 % (Mann 2003) für einen sozialverträglichen Strukturwandel deutlich. Diese Grenze wird im Szenarium VIII überschritten, in dem bei einem durch- schnittlichen jährlichen Strukturwandel von 4,2 % bis 2015 noch gerade 37 Betriebe

in der landwirtschaftlichen Produktion verbleiben. In diesem Fall kann der durch die Halbierung der Direktzahlungsansätze verursachte Einbruch beim landwirtschaft-

lichen Einkommen aufgrund der wirtschaft- lichen Lage der übrigen Sektoren nicht über zusätzlichen Arbeitseinsatz ausserhalb der Landwirtschaft kompensiert werden. Da-

2 Vollerwerbsbetriebe erwirtschaften mehr als 90 % ihres Haushaltseinkommens in der Landwirtschaft, Zuerwerbsbetriebe min- destens 50 %. Die vorliegende Auswertung betrachtet keine Arbeitszeitanteile.

4 8

2

3 6

Δ=

: 2 0 0 2

: 5 1 0 2

9 3 2 1

Δ= : 2 0 0 2

: 5 1 0 2

8 1

1 1 – 7

Δ=

: 2 0 0 2

: 5 1 0 2

4 2

2 2 – 2 Δ=

: 2 0 0 2

: 5 1 0 2

- 3 1 3 1

Δ=

: 2 0 0 2

: 5 1 0 2

2 1

7 1 9 2

4 4

5 6

I m u ir a n e z S

5

7 9

b r e w r e n e b e N

b r e w r e u Z

b r e w r e ll o V e

b a g f u A

t i e z i e r F

Abb. 3: Die Erwerbsklassenzugehörigkeit der Betriebe im Jahr 2015 hängt stark von deren Klasseneinteilung im Jahr 2002 ab. Im hier exemplarisch dargestellten Liberalisierungssze- narium I zeigt sich der typische, gegen den Uhrzeigersinn gerichtete Ausstiegspfad deutlich, der anhand der Zuerwerbsbetriebe erklärt werden soll: Von 18 im Jahr 2002 in dieser Klasse gelegenen Betrieben wandeln sich 15 Betriebe bis 2015 zu Freizeit- und Nebenerwerbsbe- trieben. Nur gerade drei Betriebe befi nden sich auch 2015 wieder in dieser Klasse. Durch den verstärkten ausserlandwirtschaftlichen Arbeitseinsatz von vier ehemaligen Vollerwerbs- betrieben weist die Zuerwerbsklasse 2015 schliesslich einen Bestand von sieben Betrieben auf, elf weniger als 2002. Für die übrigen Klassen ist das Schema analog zu lesen.

Anteile verbleibender Betriebe nach Regionen 2015

% 0

% 0 2

% 0 4

% 0 6

% 0 8

% 0 0 1

z n e r e f e R

2 0 0 2

II I V II V I V V V I II I II I

n e i r a n e z S

% der Betriebe Referenz 2002

t r o f l e

B Surses BeideRegionen

Abb. 4: Regional unterschiedliche Anteile der Betriebe, die in der Landwirtschaft verblei- ben, im Vergleich zum Referenzszenarium 2002. Im Kreis Belfort betreiben generell mehr der betrachteten Betriebe weiterhin Landwirtschaft als im Kreis Surses. Szenariendefi nition siehe Tab. 1.

(5)

Resultate

gen mit den Betriebsleitenden häufi g ver- folgte Wachstumsstrategie entpuppt sich angesichts dieser Zahlen für die meisten Betriebe – zumindest mittelfristig – als il- lusorisch, da die Flächen auch künftig nicht im gewünschten Umfang verfügbar sein werden.

durch erzielen verschiedene Betriebslei- tende ein Haushaltseinkommen, das die eigenen Bedürfnisse nicht mehr deckt. In diesem Fall werden jüngere Bauernfamilien aus der Region abwandern müssen.

Betriebstypen

Betrachtet man die Tierhaltung anhand der in der Zentralen Auswertung verwendeten Betriebstypen3, zeigt sich die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der Schafe und Zie- gen haltenden Kleinviehbetriebe. Diese verschwinden in allen Szenarien fast voll- ständig (Abb. 5). Auch die Bedeutung der unspezialisierten Betriebe (Typ «Kombiniert Andere») bleibt gering.

Die Trendszenarien III, V und VII mit fort- geschriebener Schweizer Preis- und Kosten- entwicklung bewirken, wie erwartet, die geringsten Verschiebungen zwischen den einzelnen Betriebskategorien. In diesen Fäl- len steigt der Anteil der Verkehrsmilchbe- triebe jedoch auf 50 bis 68 % aller Betriebe an, gegenüber 48 % im Referenzszenarium 2002. Die Zahl der Betriebe, die Milchkühe halten, ist über alle Szenarien erstaunlich konstant und zeigt die Auswirkungen ver- sunkener Kosten4: Wer bereits in eine Melk- anlage investiert hat, setzt diese mangels alternativer Verwendungsmöglichkeiten weiterhin ein.

Bei einer Betriebsvergrösserung mit Bau- folgen erfolgt allerdings keine Investition in zusätzliche Melkkapazitäten. Vielmehr ergänzen die Betriebe ihre Bestände mit anderen Tierkategorien. Dies führt zu einer Verschiebung vom schwergewichtig Milch- kühe haltenden Verkehrsmilchtyp zu ande- ren Betriebstypen.

Landwirtschaftliche Nutzfl äche

Die durchschnittliche landwirtschaftliche Nutzfl äche (LN) der weiterhin in der Land- wirtschaft verbleibenden Betriebe kann in allen Szenarien vergrössert werden (Abb. 6).

Bei einer sich abzeichnenden relativ tiefen Abnahmerate der Betriebszahl (Szenarien I

bis VII) beträgt das durchschnittliche jährli- che Wachstum allerdings nur 38 Aren pro Betrieb, bei einem durch ausserlandwirt- schaftlichen Stellenmangel unter Liberali- sierungsbedingungen forcierten Struktur- wandel (Szenarium VIII) jährlich 71 Aren.

Die anlässlich der mündlichen Befragun-

3 FAT99-Betriebstypen gemäss Hausheer Schnider et al. (2005).

4 Versunkene Kosten: Kosten, die aufgrund früher getroffener Entscheidungen noch anfallen werden oder bereits früher ange- fallen sind und kurzfristig nicht mehr beein- fl usst werden können.

Anzahl Betriebe je Betriebstyp 2015

0 5 0 1

5 1

0 2

5 2

0 3

z n e r e f e R

2 0 0 2

II I V II V I V V V I II I II I

n e i r a n e z S

Anzahl Betriebe

h c li m s r h e k r e

V Mutterkühe AnderesRindvieh Schafe/Ziegen KombiniertAndere Abb. 5: Anzahl der Betriebe der einzelnen FAT99-Betriebstypen 2015 im Vergleich zum Referenzszenarium 2002. Die ersten drei Kategorien zeichnen sich durch mindestens 75 % Rindviehanteil am Gesamtviehbestand aus, wobei der Verkehrsmilchtyp mehr als 25 % Verkehrsmilchkühe und weniger als 25 % Mutterkühe aufweist. Beim Mutterkuhtyp ist dieses Verhältnis umgekehrt. Der Typ «Anderes Rindvieh» umfasst die übrigen Betriebe mit mehr als 75 % Rindviehanteil. Beim Schaf/Ziegen-Typ muss mindestens die Hälfte der Grossvieheinheiten aus dem Kleinviehbereich stammen. Der Typ «Kombiniert Andere»

schliesslich deckt alle anderen vorkommenden Betriebe ab, die sich durch keine spezi- fi sche Spezialisierung auszeichnen. (Einer der 63 modellierten realen Betriebe lässt sich nicht in die fünf verwendeten Kategorien einteilen und wird daher für diese Auswertung weggelassen.) Szenariendefi nition siehe Tab. 1.

Durchschnittliche landwirtschaftliche Nutzfläche

0 0 2

0 4

0 6

Verbleib Aufgabe Verbleib Aufgabe Verbleib Aufgabe Verbleib Aufgabe Verbleib Aufgabe Verbleib Aufgabe Verbleib Aufgabe Verbleib Aufgabe Verbleib Aufgabe

z n e r e f e R

2 0 0 2

II I V II V I V V V I II I II I

n e i r a n e z S

Landw. Nutzfläche (in Hektaren)

Durchschnitt 1. Quartil (kleinstes Viertel) Durchschnitt total Durchschnitt 4. Quartil (grösstes Viertel)

Abb. 6: Durchschnittliche landwirtschaftliche Nutzfl äche (LN) je Szenarium für alle und für das jeweils kleinste und grösste Viertel der Betriebe. Für die in der Landwirtschaft verbleiben- den Höfe («Verbleib») die genutzte LN im Jahr 2015, für die Aufgabebetriebe («Aufgabe») die genutzte LN aus dem Referenzszenarium 2002. Szenariendefi nition siehe Tab. 1.

(6)

Für Familienbetriebe liegt die vom Modell berechnete Grenze der ohne Fremdarbeits- kräfte bewirtschaftbaren Betriebsfl äche im Bereich von 50 bis 60 ha LN. In Ausnahme- fällen kann diese obere Wachstumsgrenze bei guter Betriebsorganisation und optimaler Flächenausstattung auch noch höher liegen.

Die untere Wachstumsschwelle der Be- triebe liegt unter den Liberalisierungsbe- dingungen der Szenarien I und VIII mit 8 ha bzw. 17 ha über alle Szenarien betrachtet am höchsten (Tab. 2 und Abb. 7), obwohl sich im Szenarium I eine geringe Attraktivi- tät grösserer Betriebseinheiten zeigt. Diese äussert sich teilweise in verstärktem Flä- chenabbau der Betriebe über 30 ha LN. Nur gerade in sechs Fällen wechseln Betriebe in eine höhere, in 17 Fällen mit teilweise deut- lichem Flächenabbau in eine tiefere Be- triebsklasse. Dies lässt sich mit der Halbie- rung der Direktzahlungssätze und den mit Preissenkungen verbundenen Einbussen bei den landwirtschaftlichen Einkommen erklären, die ein vermehrtes Ausweichen in den ausserlandwirtschaftlichen Zu- und Nebenerwerb schneller attraktiv machen.

Flächennutzung und Nutzungsaufgabe

Der Anteil der extensiv genutzten Wiesen an der totalen LN beträgt in den meisten Szenarien rund ein Drittel. In den Ökologie- szenarien V und VI mit Nutzungsvorgaben insbesondere im extensiven Grünlandbe- reich steigt dieser Anteil allerdings auf 37 bis 39 %. Bei einem ausserlandwirtschaft- lichen Stellenmangel unter Liberalisierungs- bedingungen (Szenarium VIII) nimmt die Intensität aufgrund vermehrt in der Land- wirtschaft eingesetzter Arbeitskräfte zu, und der Extensivfl ächenanteil sinkt auf durchschnittlich 30 %, wodurch sich der Flächenanteil der intensiv genutzten Dauer- wiesen sogar leicht erhöhen kann (Abb. 8).

Betriebsleitende, die aufgrund der Wirt- schaftslage, ihrem Ausbildungsniveau oder ihrem fortgeschrittenen Lebensalter keine ausserlandwirtschaftlichen Erwerbs- möglichkeiten haben, optimieren bei ihren Nutzungsentscheidungen unter gegebener Faktorausstattung bevorzugt die erzielbare Summe aus Deckungsbeitrag und Direkt- zahlungen (Tab. 3). Weil diese Summe bei intensiv genutzten Wiesen rund 30 % über dem Wert extensiver Flächen liegt, betrei- ben diese Betriebe eine verhältnismässig intensive Grünlandnutzung.

Betriebsleitende mit guten ausserlandwirt- schaftlichen Verdienstmöglichkeiten hin- gegen, die entsprechend oft Freizeit- und

Tab. 2: Die Wachstumsschwelle der Betriebe hängt stark von der Szenarienaus- gestaltung ab. Während unter Trendbedingungen auch Betriebe mit im Jahr 2002 fünf oder sechs Hektaren LN längerfristig eine Wachstumschance erhalten, lohnt sich das Wachstum mit zunehmender Liberalisierung oder Umgestaltung des Di- rektzahlungssystems oftmals erst für grössere Betriebe.

Szenarium Untere Wachstums-

schwelle (ha LN)

I Liberalisierung 8

II Gestützte Liberalisierung 6

III Trend 6

IV Regionale Wertschöpfung 6

V Landschaft und Ökologie (Trend) 7

VI Landschaft und Ökologie (Liberalisierung) 7

VII Stellenmangel (Trend) 5

VIII Stellenmangel (Liberalisierung) 17

8 2

1 6 3

3 4

5 3

3

2

a h 0 2 0 1

Δ=

: 2 0 0 2

: 5 1 0 2

5 1

8 - 7

a h 0 3 0 2

Δ=

: 2 0 0 2

: 5 1 0 2

2 1

3 - 9

a h 0 4 0 3

Δ=

: 2 0 0 2

: 5 1 0 2

0 1

2 - 8

a h 0 4

>

Δ=

: 2 0 0 2

: 5 1 0 2

6 1 - 5

e b a g f u A

Δ=

: 2 0 0 2

: 5 1 0 2

- 3 1 3 1

a h 0 1

<

Δ=

: 2 0 0 2

: 5 1 0 2

0 2

1 + 1 2

1

1 1

5 2

1

3

I m u i r a n e z S

Abb. 7: Die Betriebsgrössenentwicklung der Betriebe bis ins Jahr 2015 wird von deren Grösse im Jahr 2002 mitbestimmt. Umfangreichere Flächenzunahmen einzelner Betriebe sind selten. Dies kann am Beispiel des Liberalisierungsszenariums I gezeigt werden: In diesem Szenarium baut kein Betrieb, der im Jahr 2002 weniger als acht Hektaren LN be- wirtschaftet hat, seine Fläche aus. Der einzige wachsende Betrieb, der 2002 weniger als 10 ha LN umfasste, verbleibt in dieser Grössenklasse. Er kann seine Fläche also nur schwach ausbauen. Alle übrigen wachsenden Betriebe haben im Referenzszenarium 2002 mindes- tens 16 ha LN ausgewiesen und gewinnen zwischen einer und 22 ha LN hinzu.

Landnutzung 2015

- 0 0 1

0 0 2

0 0 3

0 0 4

z n e r e f e R

2 0 0 2

II I V II V I V V V I II I II I

n e i r a n e z S

Fläche absolut (in Hektaren)

e b a g f u

A Dauerweide Wieseextensiv Wiesewenigi ntensiv ÜbrigeDauerwiesen Sommergerste

Abb. 8: Landnutzung 2015 im Vergleich zur jener im Referenzszenarium 2002. Szenarien- defi nition siehe Tab. 1.

(7)

Resultate

Nebenerwerbsbetriebe bewirtschaften, ver- halten sich anders. Sie treffen ihre Produk- tionsentscheidungen verstärkt auf grund des erzielbaren Arbeitsverdienstes, der sich aus dem Quotienten von Deck ungsbeitrag und Direktzahlungen pro eingesetzte Arbeits- kraftstunde bestimmen lässt. Der Arbeits- verdienst liegt bei den extensiven Wiesen ein Mehrfaches über dem Verdienst bei in- tensiver Wiesennutzung. Aus diesem Grund tendieren solche Betriebe grundsätzlich zu einer extensiveren Produktionsweise.

Der Anteil extensiver Wiesen ist allerdings durch die Tatsache begrenzt, dass die Grünland bewirtschaftenden Betriebe zur Futterverwertung in der Regel Tiere halten

Tab. 3: Deckungsbeiträge ausgewählter Futterproduktionssysteme (inkl. Beiträge der öffentlichen Hand) je Hektare.

Landnutzung Extensive Wiese Wenig intensive Wiese

Intensive Wiese

Naturalertrag dt TS/ha 20 45 80

Bewertung Futterertrag CHF/ha 614 1 483 2 944

Flächen- und Ökobeiträge CHF/ha 1 650 1 500 1 200

Variable Kosten CHF/ha 392 988 1 667

DB inkl. Beiträge CHF/ha 1 872 1 995 2 477

Arbeitskraftstunden total AKh/ha 8,1 23,4 38,8

Zugkraftstunden total Mh/ha 4,7 13,2 19,6

DB inkl. Beiträge / AKh CHF/AKh 230 85 64

Anteil einwachsender Flächen je nach Ertragsklasse 2015

% 0

% 6

%

2 0%

% 3 1

% 5

% 1 5 1

% 7 1

% 0

% 0 1

% 0 2

II I V II V I V V V I II I II I

n e i r a n e z S Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche 2002

a h / S T t d 0 2 s i

B 2160dtTS/ha 6180dtTS/ha Mehrals80dtTS/ha AlleKlassen

Abb. 9: Je tiefer das maximale Ertragspotenzial einer Fläche ist, desto höher ist die Wahr- scheinlichkeit, dass sie bis 2015 aus der landwirtschaftlichen Nutzung fällt. Die Prozent- wertangabe bezieht sich auf den Brachfallanteil über alle Ertragsklassen. (Zu beachten: Die Klasse mit Flächen von 21 bis 60 dt jährlichem Trockensubstanzertrag ist doppelt so breit wie die nächstgrössere und nächstkleinere Klasse.) Szenariendefi nition siehe Tab. 1.

Abb. 10: Heckenstruktur unterhalb der Dorfterrasse der untersuchten Mittelbündner Ge- meinde Schmitten, teilweise einwachsend.

Die Deckungsbeitragsberechnung in Ta- belle 3 ist vollständig von der Tierpro- duktion entkoppelt, weshalb das Futter – im Gegensatz beispielsweise zu den Berechnungen im Deckungsbeitragska- talog (LBL et al. 2005) – monetär be- wertet und auf der Erlösseite integriert wurde. Betriebe werden sich nicht allein aufgrund solcher Deckungsbeiträge für oder gegen eine Verfahrensrichtung ent- scheiden, sondern auch auf versunkene Kosten und entstehende Fixkosten Rück- sicht nehmen müssen, die in der an die Landnutzung gekoppelten Tierhaltung anfallen. Die Bewertung des Belüftungs- heus basiert auf vorsichtig geschätzten, qualitätsabhängigen 31–35 CHF/dt TS bei 88 % TS-Gehalt, für Silage auf einem Wert von 43 CHF/dt TS. Es werden die Direktzahlungsansätze für die Bergzone III verwendet, ohne Berücksichtigung von Hangbeiträgen. Das Verfahren der extensiven Wiese umfasst einen Belüf- tungsheuschnitt, jenes der wenig in- tensiven und intensiven Wiese zwei Be- lüftungsheuschnitte. Das Verfahren der intensiv genutzten Wiese umfasst einen zusätzlichen Rundballensilage-Schnitt im Herbst. Sämtliche Arbeiten erfolgen mit einer Traktormechanisierung. Die Silobal- len werden durch ein Lohnunternehmen gefertigt. Die Arbeits- und Maschinen- zeiten beinhalten für die wenig intensi- ven Flächen einmal Misten, bei den inten- siven Flächen einmal Misten und zwei- mal Güllen. Die Berechnungen basieren auf einer untersuchungsgebiettypischen durchschnittlichen Schlaggrösse von 59 Aren und einer Feld-Hof-Distanz von 1,5 km. Kosten- und Zeitaufwand gemäss SULAPS-Modell.

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und daher auch düngbare Flächen benöti- gen. Zudem spielen die Flächenausstattung der Betriebe und die damit verbundenen Nutzungs- und Ertragspotenziale eine Kern- rolle bei den Produktionsentscheidungen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Fläche von Brachfall betroffen ist, hängt damit stark von deren maximalem Ertragspotenzial ab (Abb.

9). Flächen mit hohem Ertragspotenzial wachsen primär dann ein, wenn das Direkt- zahlungssystem im Hinblick auf mehr Ökolo- gie umgebaut wird (Szenarien V und VI) oder wenn der ausserlandwirtschaftliche Stellen- mangel bei gleichzeitiger Liberalisierung der Agrarmärkte (Szenarium VIII) zu einem be- schleunigten Strukturwandel führt. Zudem nimmt die Wahrscheinlichkeit der Nutzungs- aufgabe mit zunehmender Hangneigung der entsprechenden Flächen zu (Abb. 10).

Die Modellergebnisse zeigen, dass auf- grund der durch Realteilung entstandenen Flächenverteilung auf die einzelnen Bewirt- schaftenden nicht automatisch in ganzen Regionen oder Landschaftskammern die Bewirtschaftung aufgegeben wird, son- dern dass der Rückzug aus der Fläche über die gesamten Untersuchungsgebiete ver- teilt vonstatten geht (Abb. 11).

Bei einer Weiterführung des heutigen Di- rektzahlungssystems werden bis 2015 ma- ximal 6 % der im Referenzszenarium 2002 angemeldeten landwirtschaftlichen Nutz- fl äche nicht mehr bewirtschaftet. Bei einer Veränderung des Direktzahlungsregimes sind hingegen Brachlandanteile von bis zu 17 % zu erwarten. Die einzelparzellenweise Auswertung der Landnutzung zeigt insbe- sondere unter Liberalisierungsbedingungen eine Akzentuierung der bipolaren Entwick- lung der Landnutzungsintensität: Die wenig intensiv genutzten Wiesen verlieren Anteile, dafür nehmen die extensiv und intensiv ge- nutzten Wiesen anteilsmässig zu.

Wirtschaftliche Ergebnisse

Die wirtschaftlichen Erfolgsgrössen zeigen die Bedeutung der ausserlandwirtschaftli- chen Erwerbstätigkeit deutlich (Tab. 4). In den Szenarien I, V, VI und VIII mit stark um- gebauten Direktzahlungssystemen kommt es zu einem Einbruch der landwirtschaft- lichen Einkommen. Ist eine Kompensation der Einbussen über vermehrten Zu- und Nebenerwerb aufgrund einer schlechten Wirtschaftslage nicht möglich, sind bei den Haushaltseinkommen unter Liberali- sierungsbedingungen Abstriche von mehr als 40 % zu erwarten (Szenarium VIII).

Unter denselben Liberalisierungsbedingun-

Abb. 11: Landnutzung im Kreis Belfort 2015 im Liberalisierungsszenarium I. Unter diesen Bedingungen entwickelt sich die Landnutzung gegenüber dem Referenzszenarium 2002 in zwei Richtungen: Einerseits werden intensiver nutzbare Flächen tatsächlich intensiviert, anderseits Teile der steileren Flächen unterhalb der Dorfterrassen und der am oberen Kar- tenrand liegenden Maiensässparzellen der Verbrachung überlassen. (Visualisierung: Ve- ronika Killer, INFRAS. Reproduziert mit Bewilligung von Swisstopo, BA068039, und ALSV Graubünden vom 15.8.2006.)

Fruchtfolge Wiese intensiv und Kunstwiese Wiese wenig intensiv mit Ökobeitrag Fruchtfolge Wiese intensiv und Kunstwiese Wiese wenig intensiv mit Ökobeitrag

Wiese wenig intensiv ohne Ökobeitrag Wiese extensiv mit Ökobeitrag Wiese extensiv ohne Ökobeitrag Wiese wenig intensiv ohne Ökobeitrag Wiese extensiv mit Ökobeitrag Wiese extensiv ohne Ökobeitrag

Dauerweide Einwachsende Flächen und Naturverjüngungswald Dauerweide

Einwachsende Flächen und Naturverjüngungswald

1,0 1,5 2,0

0,0 km 0,5

Tab. 4: Ausgewählte Einkommensgrössen 2015 im Vergleich zum Referenzszena- rium 2002. Das Haushaltseinkommen wird auch als Gesamteinkommen bezeich- net. Szenariendefi nition siehe Tab. 1.

Szenarium Referenz 2002

I II III IV V VI VII VIII

CHF % von Referenz 2002

Rohleistung 134 883 56 % 98 % 97 % 100 % 77 % 70 % 112 % 81 %

– Sachkosten 76 781 72 % 86 % 89 % 86 % 83 % 75 % 102 % 92 %

Betriebsein- kommen

58 102 36 % 114 % 107 % 119 % 68 % 63 % 125 % 67 % – Personalkosten,

– Pacht- und – Schuldzinsen

10 565 117 % 172 % 157 % 172 % 148 % 133 % 152 % 126 %

Landwirt- schaftliches Einkommen

47 537 18 % 101 % 96 % 108 % 51 % 47 % 119 % 54 %

+ Nebenein- + kommen (inkl.

+ Kapitalerlöse)

21 499 218 % 196 % 259 % 219 % 275 % 214 % 91 % 59 %

Haushaltsein- kommen

69 035 80 % 131 % 147 % 142 % 121 % 99 % 111 % 56 %

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gen kann bei einem intakten Arbeitsmarkt (Szenarium I) die Verdoppelung der ausser- landwirtschaftlich eingesetzten Arbeitszeit dazu führen, dass die Betriebe zumindest 80 % des 2002 erzielten Haushaltseinkom- mens wieder erreichen.

Im Referenzszenarium 2002 weisen ver- schiedene Betriebe negative monetäre Nettoarbeitsproduktivitäten auf. Ihre Pro- dukterlöse vermögen die variablen Fremd- kosten nicht zu decken. Dabei handelt es sich entweder um Freizeitbetriebe, die sich nicht um die Wirtschaftlichkeit ihrer land- wirtschaftlichen Tätigkeit kümmern müs- sen, oder um Betriebe, deren Leitenden kurz vor der Pensionierung stehen und die sich dank Direktzahlungen und vollstän- dig abgeschriebener Infrastrukturen in der Landwirtschaft halten können.

Arbeitseinsatz

In den Szenarien I bis VI, in denen die Be- triebe die ausserlandwirtschaftliche Er- werbstätigkeit stark ausbauen, nimmt auch die Arbeitsbelastung der Bauernfamilien zu. Die Betriebsleitenden leisten dann im Durchschnitt total rund 2250 Stunden Ar- beit pro Jahr (Abb. 12). Sie liegen damit über den ausserlandwirtschaftlich für 100-

%-Anstellungen üblichen rund 2000 Ar- beitskraftstunden.

Familienbetriebe mit maximal zwei Betriebs- leitenden und Personen aus einer zweiten Generation (Eltern oder eigene Kinder), die auf dem Betrieb mithelfen, stellen auch 2015 die am häufi gsten gewählte Be- triebsform dar. Das Betriebswachstum mit gleichzeitiger Beschäftigung von Fremdar- beitskräften ist in den Modellresultaten nur in einzelnen Fällen zu beobachten.

Tierbestände und Sömmerung

Die totalen Tierbestände sowie die Anteile gesömmerter Tiere nehmen 2015 gegen- über dem Referenzszenarium 2002 gene- rell ab. Die geringsten Bestandesabnahmen sind im Szenarium VII zu erwarten, wenn die Betriebsleitenden vermehrt Arbeitszeit in der Landwirtschaft einsetzen. Dies gilt auch in den Szenarien II und IV mit stabilen Direktzahlungssätzen und stagnierenden ausserlandwirtschaftlichen Lohnsätzen.

Unter Liberalisierungsbedingungen (Szena- rium I) werden noch 64 % (Untersuchungs- gemeinden des Kreises Belfort) bis 71 % (Untersuchungsgemeinden im Kreis Surses) der Grossvieheinheiten aus dem Jahr 2002 gehalten.

Diskussion

Die vorliegenden Resultate basieren auf Berechnungen für zwei Regionen in Mittel- bünden und sind daher nur mit der nötigen Vorsicht auf andere Regionen des Bergge- bietes übertragbar.

Das SULAPS-Modell zeigt, dass die Offen- haltung der Kulturlandschaft künftig ver- stärkt durch Zu- und Nebenerwerbsbetriebe erfolgen wird, sofern diese Betriebsformen

im Rahmen des zunehmend an Bedeutung gewinnenden ausserlandwirtschaftlichen Stellenangebots möglich sind. Eine gute regionale Wirtschaftslage vorausgesetzt, kann der Strukturwandel in den betrachte- ten Regionen im Rahmen des Generations- wechsels abgewickelt werden. Fehlen aus- serlandwirtschaftliche Erwerbsalternativen bei gleichzeitig starkem Abbau der Direkt- zahlungen und sinkenden Produktpreisen, ist der sich abzeichnende Strukturwandel nicht mehr sozialverträglich. Die damit einhergehenden Betriebsaufgaben ermög- Arbeitsaufwand je betriebsleitende Person 2015

0 0 5

0 0 0 1

0 0 5 1

0 0 0 2

0 0 5 2

z n e r e f e R

2 0 0 2

II I V II V I V V V I II I II I

n e i r a n e z S

AKh/Person/Jahr

Durchschnitt 1. Quartil Durchschnitt total Durchschnitt 4. Quartil

Abb. 12: Durchschnittlicher jährlicher Arbeitsaufwand je betriebsleitende Person (Summe der landwirtschaftlich und nichtlandwirtschaftlich eingesetzten Arbeitszeit). Betriebe mit zwei Leitenden sind über einen Durchschnittswert in die Auswertung eingefl ossen. Sze- nariendefi nition siehe Tab. 1.

Abb. 13: Intensiv genutztes Grünland auf der Landschaftsterrasse in der untersuchten Gemeinde Alvaneu im Kreis Belfort.

Diskussion

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lichen dafür den verbleibenden Betrieben ein beschleunigtes Flächenwachstum und Produktivitätssteigerungen. In allen ande- ren Szenarien ist die von vielen Betrieben verfolgte Wachstumsstrategie nur selten erfolgreich, weil auf dem Flächenmarkt zu- wenig Pachtland verfügbar wird. Das Be- triebswachstum ist allerdings nur solange ein Ziel, wie auf kostspielige Fremdarbeits- kräfte verzichtet werden kann.

Die Direktzahlungen haben einen weitaus grösseren Einfl uss auf Betriebsstrukturen und Landnutzung als die Höhe von Preisen und Kosten. Bei einer trendmässigen Wei- terführung der Direktzahlungen wachsen bis 2015 maximal 6 % der landwirtschaft- lichen Nutzfl äche aus dem Referenzszena- rium 2002 ein. Bei einer Veränderung des Direktzahlungssystems kann dieser Anteil bis zu 17 % ausmachen. Wegen der durch die traditionelle Realteilung entstandenen Parzellenstrukturen und Bewirtschaftungs- verhältnisse werden nicht ganze Land- schaften, sondern Grenzstandorte aller Teilre gionen vom Einwachsen betroffen sein. Die Verschiebungen zwischen den einzelnen Landnutzungskategorien inner- halb der weiterhin genutzten Parzellen sind aufgrund der Bedürfnisse tierhaltender Be- triebe nach düngbaren Flächen beschränkt (Abb. 13).

Die Ergebnisse zeigen eine starke Pfad- abhängigkeit der Strukturentwicklungen.

Das heisst, dass die Entwicklung der einzel- nen Landwirtschaftbetriebe bis 2015 stark von deren heutigen Voraussetzungen ab- hängt. Die Betriebsgrössen 2002 wie auch die verfügbaren Melkeinrichtungen haben einen massgeblichen Einfl uss auf die Pro- duktionsrichtung im Jahr 2015.

Literatur

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Literatur

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Impressum

Herausgeber: Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Tänikon, CH-8356 Ettenhausen

Die ART-Berichte erscheinen in rund 20 Nummern pro Jahr. – Jahresabonnement Fr. 60.–. Bestellung von Abonnements und Einzelnummern: ART, Bibliothek, CH-8356 Ettenhausen. Telefon +41 (0)52 368 31 31, Fax +41 (0)52 365 11 90, doku@art.admin.ch, http://www.art.admin.ch

Die ART-Berichte sind auch in französischer Sprache als «Rapports ART» erhältlich.

ISSN 1661-7568.

Die ART-Berichte sind im Volltext im Internet (www.art.admin.ch)

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