• Keine Ergebnisse gefunden

Informationsrechte des Petitionsausschusses gegenüber bestimmten Personen

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Informationsrechte des Petitionsausschusses gegenüber bestimmten Personen"

Copied!
16
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Landtag Nordrhein-Westfalen • Postfach 10 11 43 • 40002 Düsseldorf

Landtag NRW • Platz des Landtags 1 • 40221 Düsseldorf • Telefonzentrale: (0211) 884-0

Informationsrechte des Petitionsausschusses gegenüber bestimmten Personen

Bearbeitung: Dr. Daniel Sandhaus

Datum: 27. Mai 2020

des Landtags Nordrhein-Westfalen

17

INFORMATION

17/250

Alle Abg

(2)

Dieses Gutachten hat der Parlamentarische Beratungs- und Gutachterdienst im Auftrag des Abgeordneten Serdar Yüksel erstellt. Der Abgeordnete hat das Gutachten zur Veröffentlichung freigegeben.

Die Gutachten des Parlamentarischen Beratungs- und Gutachterdienstes des Landtags Nordrhein-Westfalen sind urheberrechtlich geschützt. Die weitere Verarbeitung, Verbrei- tung oder Veröffentlichung – auch auszugsweise – ist nur unter Angabe der Quelle zuläs- sig. Jede Form der kommerziellen Nutzung ist untersagt.

(3)

Inhaltsverzeichnis

A. GUTACHTENAUFTRAG ... 4

B. GUTACHTEN ... 5

I. RECHTLICHER RAHMEN ... 5

1. Grundgesetz ... 5

2. Landesverfassung Nordrhein-Westfalen ... 6

3. Geschäftsordnung des Landtags Nordrhein-Westfalen ... 7

4. Keine Verfahrensordnung des Petitionsausschusses ... 8

II. BEFUGNISSE DES PETITIONSAUSSCHUSSES ... 9

1. Jederzeitiges Zutrittsrecht, Art. 41a Abs. 1 LV NRW ... 9

2. Recht auf Auskunft und Akteneinsicht, Art. 41a Abs. 2 Satz 1 LV NRW ... 9

3. Anhörungsrecht, Art. 41a Abs. 2 Satz 2 LV NRW... 10

4. Erörterungstermine, Art. 41a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 LV NRW ... 13

5. Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, Art. 41a Abs. 2 Satz 3 LV NRW ... 14

III. ZUSAMMENFASSUNG ... 15

C. LITERATURVERZEICHNIS ... 16

(4)

Gutachtenauftrag

A. Gutachtenauftrag

Das Grundgesetz (nachfolgend: GG) garantiert in Art. 17 jedermann das Recht, sich mit Bitten oder Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden (Petitionsrecht). Im Landtag Nordrhein- Westfalen befasst sich der vom Plenum eingesetzte Petitionsausschuss mit eingereichten Pe- titionen.1

Die Befugnisse des Petitionsausschusses werden in Nordrhein-Westfalen unmittelbar in der Landesverfassung geregelt (nachfolgend: LV NRW). Die entsprechende Vorschrift – Art. 41a LV NRW – wurde im Jahr 1969 nachträglich in die Landesverfassung eingefügt.2 Hin- tergrund der Verfassungsänderung war unter anderem die sogenannte „Klingelpütz-Affäre“, in deren Folge eine erhebliche Erweiterung der Befugnisse des Petitionsausschusses für not- wendig erachtet wurde.3

Zu den durch Art. 41a LV NRW garantierten Befugnissen des Petitionsausschusses hat der Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel (SPD) den Parlamentarischen Beratungs- und Gutach- terdienst des Landtags Nordrhein-Westfalen um die Anfertigung eines Gutachtens gebeten.

Es soll geklärt werden, inwieweit der Petitionsausschuss verlangen kann, dass eine bestimmte Person, beispielsweise der Leiter einer Behörde, bei einem Termin anwesend ist und persön- lich Auskunft erteilt, wenn der Petitionsausschuss die Aussage oder Einschätzung genau die- ser Person für eine umfassende Sachverhaltsaufklärung für notwendig erachtet.

1 Die Beschlüsse des Petitionsausschusses sind dem Landtag in einer Übersicht zur Bestätigung vor- zulegen, § 97 Abs. 8 Satz 1 GO LT NRW.

2 Art. 41a LV NRW eingefügt durch Gesetz vom 11. März 1969, GV. NRW. S. 146; in Kraft getreten am 1. April 1969.

3 Zur Entstehung der Vorschrift siehe Schönenbroicher, in: Heusch/Schönenbroicher, Landesverfas- sung NRW, Art. 41a Rn. 4 mit weiteren Nachweisen; siehe auch die Ausführungen unter B.II.

(5)

B. Gutachten

I. Rechtlicher Rahmen

Bevor die einzelnen Befugnisse des Petitionsausschusses mit Blick auf die Fragestellung nä- her betrachtet werden, ist zunächst der rechtliche Rahmen zu bestimmen:

1. Grundgesetz

Für die Bundesländer ergibt sich das Petitionsrecht zur Volksvertretung bereits aus dem Grundgesetz. Nach Art. 17 GG hat jedermann das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Der sachliche Geltungsbereich von Art. 17 GG beschränkt sich nicht auf die Ebene des Bundes; das Grundrecht gilt auch für die Länder und deren Volksver- tretungen. Bleibt das Landesverfassungsrecht hinter den Bestimmungen des Grundgesetzes zurück, wird das Landesrecht von Art. 17 GG überlagert.4

Art. 17 GG gewährleistet einen individuellen Anspruch auf vorschriftsmäßige Erledigung der Petition.5 Die Petition ist entgegenzunehmen, zu prüfen und ein Bescheid gegenüber dem Pe- tenten bzw. der Petentin zu erlassen.6 Es besteht keine Fristbindung und kein Kostenrisiko;

auch eine individuelle Betroffenheit ist nicht erforderlich.7 Es besteht allerdings auch kein An- spruch auf eine bestimmte Behandlung oder Entscheidung.

Aus Art. 17 GG folgt als Annexrecht ein verfassungsrechtlich garantierter Informationsan- spruch des Parlaments, der die Regierung zu Auskünften in Petitionsangelegenheiten ver- pflichtet.8 Die Exekutive muss dem Parlament die Informationen zur Verfügung stellen, die erforderlich sind, um die Petition sachgemäß und entsprechend dem Anspruch des Petenten zu behandeln.9 In der parlamentarischen Praxis wurde dieses Petitionsinformationsrecht als nicht ausreichend kritisiert. Es beziehe sich allein auf die (Bundes-)Regierung, nicht auf den

4 Die unmittelbare Geltung von Art. 17 GG auch für Landesparlamente ist strittig; wie hier: Klein, in:

Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 17 Rn. 26; offen gelassen von Schönenbroicher, in: Heusch/Schönen- broicher, Landesverfassung NRW, Art. 41a Rn. 5. Der Streit ist für Nordrhein-Westfalen ohne Bedeu- tung, da Art. 4 Abs. 1 LV NRW die Geltung von Art. 17 GG ausdrücklich anordnet, siehe nachfolgend B.I.2.

5 Siehe Brocker, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 17 Rn. 22 ff. zu den Anforderungen an die ordnungsge- mäße Erledigung.

6 Schönenbroicher, in: Heusch/Schönenbroicher, Landesverfassung NRW, Art. 41a Rn. 9.

7 Brocker, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 17 Vorbemerkung.

8 Klein, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 17 Rn. 110, Art. 45c Rn. 51 mit einer ausführlichen Erläute- rung und weiteren Nachweisen auch zu anderen Auffassungen; Bauer, in: Dreier, Grundgesetz, Art. 45c Rn. 25;

9 Klein, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 45c Rn. 49 f.; Brocker, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz (BeckOK), Art. 45c Rn. 6; Bauer, in: Dreier, Grundgesetz, Art. 45c Rn. 25 („Recht … die erforderlichen Auskünfte einzufordern“).

(6)

Gutachten

nachgeordneten Bereich.10 Es beinhalte nicht das Recht, von der Regierung die Vorlage von Akten zu verlangen, vor Ort Untersuchungen vorzunehmen oder Zeugen zu vernehmen.11

Auch mit Blick auf die Grenzen des unmittelbar aus Art. 17 GG folgenden Petitionsinformati- onsrechts wurde für Petitionen zum Deutschen Bundestag 1975 im Grundgesetz Art. 45c er- gänzt.12 Die Vorschrift garantiert die Einrichtung eines Petitionsausschusses und bestimmt, dass ein Bundesgesetz die Befugnisse dieses Ausschusses regelt.13 Nach dem BVerfG ergibt sich bereits unmittelbar aus Art. 45c GG die grundsätzliche Verpflichtung der Exekutive zur Zusammenarbeit mit dem Parlament bei der Behandlung von Petitionen.14

2. Landesverfassung Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein-Westfalen ordnet die Landesverfassung die Geltung von Art. 17 GG ausdrücklich an; nach Art. 4 Abs. 1 LV NRW sind die im Grundgesetz festgelegten Grundrechte Bestandteil der Landesverfassung und unmittelbar geltendes Landesrecht.15

Darüber hinausgehend wurde im Jahr 1969 der bis heute geltende Art. 41a in die Landesver- fassung eingefügt.16 Die Vorschrift garantiert dem Petitionsausschuss des Landtags be- stimmte Befugnisse zur Vorbereitung seiner Beschlüsse über Petitionen:

→ das jederzeitige Zutrittsrecht, Art. 41a Abs. 1 LV NRW;

→ das Recht auf Auskunft und Akteneinsicht, Art. 41a Abs. 2 Satz 2 LV NRW;

→ das Anhörungsrecht, Art. 41a Abs. 2 Satz 2 LV NRW; und

→ das Recht zur Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen und Sachverständi- gen, Art. 41a Abs. 2 Satz 3 LV NRW.

10 Siehe dazu allerdings Langenfeld, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts III, § 39 Rn. 64, wonach auch nachgeordnete Verwaltungsbehörden unmittelbar Adressat und Verpflichtete des Petiti- onsinformationsrechts sein können.

11 Klein, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 45c Rn. 7. Nach anderer Auffassung soll sich das Recht auf Aktenvorlage, auf Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen und auf Vernehmung von Zeugen und Sachver- ständigen als Teil des Petitionsinformationsrechts unmittelbar aus Art. 17 GG ergeben. Durch die Best- immungen des Gesetzes über die Befugnisse des Petitionsausschusses würden diese Rechte nur nä- her konkretisiert, Stern/Sachs/Dietlein, in: Stern, Staatsrecht IV/2, § 115 V. 8.

12 Eingefügt durch Gesetz vom 15. Juli 1975, BGBl. I S. 1901.

13 Siehe das Gesetz über die Befugnisse des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages (Ge- setz nach Artikel 45c des Grundgesetzes) vom 19. Juli 1975, BGBl. I S. 1921, geändert durch Art. 4 Abs. 5 KostenrechtsmodernisierungsG vom 5. Mai 2004, BGBl. I S. 718.

14 BVerfG, Urteil vom 17. Juli 1984, Az. 2 BvE 11/83 u.a., juris Rn. 100 = BVerfGE 67, 100, 129 f. („Flick- Untersuchungsausschuss“).

15 Durch Art. 4 Abs. 1 LV NRW gelten die Grundrechte des Grundgesetzes in Nordrhein-Westfalen als originäres Landesrecht, Kamp, in: Heusch/Schönenbroicher, Landesverfassung NRW, Art. 4 Rn. 14 f.;

siehe auch Schönenbroicher, in: Heusch/Schönenbroicher, Landesverfassung NRW, Art. 41a Rn. 5.

16 Art. 41a LV NRW wurde eingefügt durch Gesetz vom 11. März 1969, GV. NRW. S. 146; in Kraft getreten am 1. April 1969.

(7)

Die Befugnisse gehen deutlich über den als Annexrecht unmittelbar durch Art. 17 GG, Art. 4 Abs. 1 LV NRW garantierten Informationsanspruch hinaus. Auch im Vergleich mit dem Bun- destag und den anderen Landesparlamenten handelt es sich um besonders weitreichende Befugnisse, die teilweise den Befugnissen eines parlamentarischen Untersuchungsausschus- ses entsprechen17 bzw. sogar darüber hinausgehen sollen.18 Berechtigter nach Art. 41a LV NRW ist nicht das Parlament als Ganzes, sondern unmittelbar der zwingend einzusetzende Petitionsausschuss (Pflichtausschuss).19 Verpflichtet werden durch Art. 41a LV NRW die Lan- desregierung und alle Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Behörden und sonstige Verwaltungseinrichtungen, soweit sie unter der Aufsicht des Landes Nordrhein-Westfalen stehen.20

Art. 41a Abs. 3 LV NRW eröffnet dem Petitionsausschuss die Möglichkeit, seine Befugnisse auf einzelne Mitglieder des Ausschusses zu übertragen (mit Ausnahme der eidlichen Verneh- mung).Die Übertragung der Befugnisse entspricht auch der üblichen Praxis.

Grundsätzlich gilt, dass Art. 41a LV NRW die Befugnisse des Petitionsausschusses einschrän- kungslos formuliert. Einschränkungen können sich daher nur aus kollidierendem Verfassungs- recht ergeben.21

3. Geschäftsordnung des Landtags Nordrhein-Westfalen

Die Geschäftsordnung des Landtags Nordrhein-Westfalen (GO LT NRW) regelt einerseits das innerparlamentarische Verfahren zur Behandlung von Petitionen.22 Das Verfahren beginnt mit der Überweisung der Petition an den Petitionsausschuss, § 97 Abs.1 GO LT NRW. Grund- sätzlich unterzieht der Petitionsausschuss die Petition einer sachlichen Prüfung23 und ent- scheidet anschließend mittels Beschluss, § 97 Abs. 5 GO LT NRW.24

17 Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags, Befugnisse und Arbeitsweise der Petitions- ausschüsse, S. 8; Schönenbroicher, in: Heusch/Schönenbroicher, Landesverfassung NRW, Art. 41a Rn. 30; Dickersbach, in: Geller/Kleinrahm, Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Art. 41a Anm. 8 a).

18 Siehe die entsprechende Äußerung des damaligen Staatssekretärs im Innenministerium Rietdorf bei der Beratung des Gesetzentwurfs in der 23. Sitzung des Hauptausschusses am 14. Januar 1969, AP 1009/68, S. 15.

19 Siehe dazu auch Löwer, in: Löwer/Tettinger, Landesverfassung NRW, Art. 30 Rn. 18: Es handelt sich um nicht entziehbare Befugnisse des Petitionsausschusses zur Aufklärung des Sachverhalts.

20 Siehe dazu auch B.I.3 sowie die Ausführungen und Nachweise in Fußnote 28.

21 In Betracht kommt u.a. das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, das der Übermittlung personenbezoge- ner Daten entgegenstehen kann; siehe dazu OVG NRW, Beschluss vom 3. Juni 1988, Az. 1 B 426/88, juris.

22 Zum konkreten Verfahren und der zugehörigen Parlamentspraxis siehe Schönenbroicher, in:

Heusch/Schönenbroicher, Landesverfassung NRW, Art. 41a Rn. 13 ff. sowie Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Befugnisse und Arbeitsweise der Petitionsausschüsse, S. 8 f., 24 f., 31 f., 50, 56, 57 und 59.

23 Unter bestimmten Voraussetzungen sieht der Petitionsausschuss von einer sachlichen Prüfung der Petition ab und weist die Petition zurück bzw. kann er dies tun, vgl. § 97 Abs. 3 und 4 GO LT NRW.

24 Der Beschluss wird der Petentin bzw. dem Petenten schriftlich mitgeteilt, § 97 Abs. 6 GO LT NRW.

Der Petitionsausschuss kann auch dem Landtag vortragen, § 97 Abs. 5 GO LT NRW.

(8)

Gutachten

Nach § 98 Abs. 2 GO LT NRW kann der Petitionsausschuss zur Vorbereitung seiner Be- schlüsse die oben genannten Befugnisse nach Art. 41a LV NRW ausüben. Dazu bestimmt

§ 98 Abs. 2 GO LT NRW, dass der Petitionsausschuss die oberste Landesbehörde25 von der Ausübung seiner Befugnisse vorab in Kenntnis setzt; Auskunftsersuchen und Aktenanforde- rungen erfolgen demnach über die oberste Landesbehörde. Für die eidliche Vernehmung ent- hält § 98 Abs. 3 GO LT NRW besondere Vorschriften.26

Während die Landesverfassung für die Beweiserhebung ergänzende Bestimmungen in der Geschäftsordnung vorsieht,27 gilt dies nicht für die in § 98 Abs. 2 GO LT NRW geregelte Ein- schränkung der Befugnisse (zwingende Einbeziehung der obersten Landesbehörde). Im Ge- genteil: Aus dem Wortlaut von Art. 41a Abs. 1 und Abs. 2 LV NRW ergibt sich eindeutig, dass die Befugnisse des Petitionsausschusses nicht nur gegenüber der Landesregierung bestehen, sondern auch unmittelbar gegenüber allen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen des öffentli- chen Rechts, Behörden und sonstige Verwaltungseinrichtungen, soweit sie unter der Aufsicht des Landes Nordrhein-Westfalen stehen. Insoweit handelt es sich bei § 98 Abs. 2 GO LT NRW um eine Selbstbindung des Parlaments, die das Parlament aufgeben könnte und auf die sich Dritte außerhalb des Parlaments grundsätzlich nicht berufen können; denn die Geschäftsord- nung ist parlamentarisches Binnenrecht und kein Gesetz.28

Neben den Regelungen zum Verfahren greift § 98 Abs. 4 GO LT NRW die in Art. 41a Abs. 3 LV NRW eingeräumte Möglichkeit auf, Regelungen zur Übertragung der dem Petitionsaus- schuss zustehenden Befugnisse auf einzelne Mitglieder des Ausschusses zu treffen (soge- nannte Berichterstatterinnen und Berichterstatter).

4. Keine Verfahrensordnung des Petitionsausschusses

In § 97 Abs. 2 Satz 1 GO LT NRW wird bestimmt, dass der Petitionsausschuss sich eine Ver- fahrensordnung geben darf.29 Von dieser Möglichkeit hat der Petitionsausschuss bislang kei- nen Gebrauch gemacht. Daher sind Bestimmungen einer Verfahrensordnung im Folgenden nicht zu berücksichtigen.

25 Oberste Landesbehörden sind gemäß § 3 LOG NRW die Landesregierung, der Ministerpräsident und die Landesministerien.

26 Siehe dazu Löwer, in: Löwer/Tettinger, Landesverfassung NRW, Art. 30 Rn. 7, wonach die Geschäfts- ordnung Befugnisse gegenüber Dritten enthalten soll. Gemeint sein dürften die Verfahrensvorschriften zur Ausübung der Befugnisse nach Art. 41a LV NRW. Weitere bzw. zusätzliche Befugnisse gegenüber Dritten vermitteln die §§ 97 ff. GO LT NRW nicht.

27 Kritisch dazu Grawert, Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen, Art. 41a Anm. 3, der bemän- gelt, eine Regelung in der Geschäftsordnung genüge nicht dem Gesetzesvorbehalt. Diese Kritik über- sieht, dass die Befugnis unmittelbar in der Landesverfassung wurzelt. Sie ist nicht nur einfachgesetzlich, sondern durch die Landesverfassung geregelt.

28 Wie hier auch Dickersbach, in: Geller/Kleinrahm, Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Art. 41a Anm. 8 a); andere Auffassung Schönenbroicher, in: Heusch/Schönenbroicher, Landesverfas- sung NRW, Art. 41a Rn. 27, wonach die unmittelbare Ansprache nachgeordneter Behörden durch den Petitionsausschuss verfassungsrechtlich unzulässig sei, differenzierender bei Rn. 34. Zu Rechtsnatur, Verbindlichkeit und Überprüfbarkeit der Geschäftsordnung siehe Löwer, in: Löwer/Tettinger, Landes- verfassung NRW, Art. 38 Rn. 11 ff.

29 Eine Verfahrensordnung bedürfte der Zustimmung des Ältestenrats, § 97 Abs. 2 Satz 2 GO LT NRW.

(9)

II. Befugnisse des Petitionsausschusses

Nun sollen die einzelnen Befugnisse des Petitionsausschusses mit Blick auf die Fragestellung näher betrachtet werden. Das sind die ausdrücklich in Art. 41a LV NRW genannten Rechte sowie das als Annex aus Art. 17 GG abgeleitete Petitionsinformationsrecht.30 Letzteres bleibt in seinen Gewährleistungen jedoch in jeder Hinsicht hinter den geschriebenen Rechten aus Art. 41a LV NRW zurück. Dieser Umstand ist bei der Auslegung der geschriebenen Rechte zu berücksichtigen; eine weitere Befassung mit der Reichweite des Petitionsinformationsrechts ist jedoch nicht angezeigt.

1. Jederzeitiges Zutrittsrecht, Art. 41a Abs. 1 LV NRW

Der Petitionsausschuss hat nach Art. 41a Abs. 1 LV NRW jederzeit das Recht auf Zutritt zu allen Einrichtungen. Das Zutrittsrecht zielt auf die Betretung grundsätzlich nicht zugänglicher Räumlichkeiten, beispielsweise Haftanstalten.31 Es ist auf eine räumliche Begehung der Ört- lichkeit gerichtet.

Das Zutrittsrecht eröffnet dem Petitionsausschuss auch den Zugang zu den Arbeitsplätzen von Behördenleitungen und den Beschäftigen der Verwaltungen. Rein faktisch ermöglich das Zutrittsrecht einen persönlichen Kontakt und auch das Aufsuchen bestimmter Personen. Der Wortlaut von Art. 41a Abs. 1 LV NRW bietet jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass nach die- ser Vorschrift eine Pflicht zur Anwesenheit oder zur Interaktion für bestimmte bzw. vom Petiti- onsausschuss benannte Personen bestehen könnte. Die Exekutive ist verpflichtet den Zugang zu ermöglichen, hierfür Personal zur Verfügung zu stellen und mit dem Zutritt verbundene Auskünfte zu erteilen.32 Ein Recht auf Anwesenheit und persönliche Auskunft durch eine vom Petitionsausschuss bestimmte Person ergibt sich aus Art. 41a Abs. 1 LV NRW aber nicht.

2. Recht auf Auskunft und Akteneinsicht, Art. 41a Abs. 2 Satz 1 LV NRW

Die Exekutive ist nach Art. 41a Abs. 2 Satz 1 LV NRW verpflichtet, dem Petitionsausschuss alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Akten zugängig zu machen. Die Vorschrift knüpft an das Petitionsinformationsrecht an, geht aber weit über dieses hinaus. Dies gilt sowohl für die verpflichteten Stellen als auch für die inhaltliche Reichweite.

Mit Blick auf parlamentarische Informationsrechte kann zwischen Fremdinformation und Selbstinformation unterschieden werden; Art. 41a Abs. 2 Satz 1 LV NRW verknüpft beides. Es besteht ein Anspruch gegen die Exekutive auf bestimmte Auskünfte (Fremdinformation). Da- neben tritt das Recht auf Akteneinsicht (Selbstinformation). Dem Petitionsausschuss steht hin- sichtlich der Erforderlichkeit ein Beurteilungsspielraum zu. In dessen Rahmen ist die Exekutive zur Erteilung jeder Information und zur Herausgabe jeder Akte verpflichtet.

30 Zu dem aus Art. 17 GG abgeleiteten Petitionsinformationsrecht siehe B.I.1.

31 Schönenbroicher, in: Heusch/Schönenbroicher, Landesverfassung NRW, Art. 41a Rn. 33.

32 Die Pflicht zur Auskunftserteilung ergibt sich vorwiegend aus Art. 41a Abs. 2 Satz 2 LV NRW und nicht aus Art. 41a Abs. 1 LV NRW. Schon aus dem Zutrittsrecht ergeben sich aber mit der Betretung zusammenhängende Informationsrechte, beispielsweise zur Orientierung im Gebäude.

(10)

Gutachten

Rechtsgrundlage für die Übermittlung auch personenbezogener Daten ist unmittelbar Art. 41a LV NRW. Eine zusätzliche einfachgesetzliche Rechtsgrundlage ist nicht erforderlich. Besteht eine einfachgesetzliche Rechtsgrundlage, so ist diese unter Berücksichtigung von Art. 41a LV NRW verfassungskonform auszulegen.33

Ausnahmsweise kann die Erteilung einer Auskunft oder die Herausgabe einer Akte abgelehnt werden, wenn die Abwägung der Umstände des Einzelfalls das Überwiegen anderer Rechts- güter mit Verfassungsrang ergibt. Erforderlich ist dann eine dezidierte Begründung unter Dar- legung der tragenden Umstände.34

Der Informationsanspruch richtet sich gegen die Exekutive; dem Petitionsausschuss steht kein Informationsanspruch gegen eine bestimmte natürliche Person zu. Dies ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut der Landesverfassung: Die Regelung in Art. 41a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 LV NRW benennt ausdrücklich die in Art. 41a Abs. 1 genannten Stellen als Anspruchsverpflich- tete. Auch aus dem Sinn und Zweck der Norm ergibt sich nichts anderes. Der Petitionsaus- schuss hat ein Recht auf eine zeitnahe, sachgerechte und umfassende Beantwortung seiner Anfragen. Dies sicherzustellen ist Aufgabe der Exekutive, in deren Sphäre die Beantwortung der Anfrage liegt.35

3. Anhörungsrecht, Art. 41a Abs. 2 Satz 2 LV NRW

Der Petitionsausschuss ist berechtigt, die Petentin bzw. den Petenten und beteiligte Personen anzuhören, Art. 41a Abs. 2 Satz 2 LV NRW. Fraglich ist, ob der Petitionsausschuss nach die- ser Vorschrift verlangen kann, dass eine bestimmte Person, beispielsweise der Leiter einer Behörde, bei einem Termin anwesend ist und persönlich Auskunft erteilt.

Zu klären ist zunächst, wie der Begriff der „beteiligten Personen“ zu verstehen ist und ob auch Beschäftigte der Landesverwaltung darunter zu subsumieren sind. Mit Blick auf den Wortlaut, den Sinn und Zweck sowie auf die Entstehungsgeschichte der Norm, ist dies zu bejahen.

Aus dem Wortlaut ergibt sich zunächst, dass nicht die Petentin bzw. der Petent gemeint sein kann (separate Aufzählung). Auch wird nicht auf die in Art. 41a Abs. 1 LV NRW genannten

„Stellen“ verwiesen, sondern auf „Personen“. Nach dem allgemeinen juristischen Sprachge- brauch werden unter Personen sowohl juristische insbesondere aber auch natürliche Perso- nen verstanden. Vorausgesetzt wird weiterhin eine gewisse „Beteiligung“. Petitionen betreffen regelmäßig staatliches Handeln. Der Wortlaut erfasst daher allemit dem Vorgang befassten Beschäftigten der Exekutive. Daneben können auch private Dritte unter den Begriff gefasst

33 So ausdrücklich das BVerfG zum parlamentarische Frage- und Informationsrecht, siehe Urteil vom 7. November 2017, Az. 2 BvE 2/11, juris Leitsatz 7 und Rn. 244; die Erwägungen sind ohne Weiteres auf den petitionsrechtlichen Auskunftsanspruch zu übertragen.

34 Allgemeiner Grundsatz bei der Zurückweisung parlamentarischer Informationsrechte durch die Exe- kutive, siehe zuletzt VerfGH NRW, Urteil vom 28. Januar 2020, VerfGH 8/15, juris.

35 Vergleiche auch die Ausführungen von Schönenbroicher, in: Heusch/Schönenbroicher, Landesver- fassung NRW, Art. 41a Rn. 14 zur einheitlichen Stellungnahme der Landesregierung in Petitionssachen;

die Entscheidung über die Federführung obliege der Landesregierung.

(11)

werden, soweit diese nach den Umständen des Einzelfalls an dem Vorgang beteiligt sind (bei- spielsweise Nachbarn bei einer Auseinandersetzung um eine Baugenehmigung).

Dieses Verständnis der Vorschrift ergibt sich auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Petitionsrechts im Allgemeinen sowie der Informationsrechte des Petitionsausschusses im Besonderen. Das Petitionsrecht hat eine individualrechtliche Bedeutung.36 Damit es seine Wirkung entfalten kann, müssen dem Petitionsausschuss effektive Informationsrechte an die Hand gegeben werden. Daneben dient das Petitionsrecht auch der Kontrolle der Exekutive.

Jede Behörde muss ständig damit rechnen, dass ihr Verwaltungshandeln im Rahmen einer Petition vom Landtag (sowie von übergeordneten Stellen) überprüft wird.37 Dafür benötigt der Petitionsausschuss Befugnisse, die eine „eigene, unmittelbare und schnelle Sachaufklärung, Tatsachenfeststellung und Wahrheitsfindung“ ermöglichen.38 Vor diesem Hintergrund wäre es unverständlich, gerade Beschäftigte der Exekutive nicht unter den Begriff der „beteiligten Per- son“ zu fassen.

Der geschilderte Verständnis von Sinn und Zweck der Verfassungsänderung ergibt sich auch aus der Gesetzeshistorie. Bis zur Einführung von Art. 41a LV NRW konnte sich der Petitions- ausschuss lediglich auf Stellungnahmen der zuständigen Ministerien stützen. Befugnisse zur umfangreichen, unabhängigen bzw. vollständigen Prüfung aller Unterlagen und Hintergründe bestanden nicht. Um diese Situation zu ändern brachte die CDU-Fraktion im April 1968 Ge- setzentwürfe zur Einführung eines Landesbeauftragten für Verwaltungskontrolle ein (Drucksa- chen 6/700 und 6/701). Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens einigten sich die Fraktionen von SPD, CDU und FDP darauf, keinen neuen Landesbeauftragten einzusetzen, sondern die Befugnisse des Petitionsausschusses umfangreich zu erweitern. Der Gesetzgeber wollte um- fangreiche, neue Informationsrechte schaffen, um die Effektivität des Petitionsverfahrens zu steigern. Der Petitionsausschuss sollte in die Lage versetzt werden, seine Aufgabe effektiv wahrzunehmen und sich für die Rechte der Petentinnen und Petenten einzusetzen. Die CDU- Fraktion machte bereits in der 1. Lesung die Zielrichtung ihrer Initiative deutlich: Eine verstärkte Kontrolle der Verwaltung werde in der Öffentlichkeit immer stärker gefordert. Erforderlich sei eine durchgreifende Nachprüfung an Ort und Stelle mit Akteneinsicht und Anhörung aller „Be- troffenen“. Die SPD-Fraktion plädierte unmittelbar für die Stärkung der Kompetenzen des Pe- titionsausschusses, insbesondere in Form von umfassenden Informationsmöglichkeiten durch Auskunftspflicht von Regierung und Behörden sowie des Rechts auf Aktenvorlage, Überprü- fung an Ort und Stelle und Anhörung der „Beteiligten“. Nur so könne das Petitionsverfahren wirkungsvoller ausgestaltet und dem berechtigen öffentlichen Begehren nach Verbesserung des Rechtschutzes ausreichend Rechnung getragen werden. 39 In der 2. Lesung erklärte der Berichterstatter, der Petitionsausschuss solle Beschwerden nachgehen und bei ggf. bestehen- den Übelständen schnell und effektiv Abhilfe schaffen. Mit der neuen Vorschrift könne diese

36 Schönenbroicher, in: Heusch/Schönenbroicher, Landesverfassung NRW, Art. 41a Rn. 21.

37 Zur Kontroll- und Überwachungsfunktion des Petitionsrechts siehe Schönenbroicher, in: Heu- sch/Schönenbroicher, Landesverfassung NRW, Art. 41a Rn. 19.

38 Dickersbach, in: Geller/Kleinrahm, Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Art. 41a Anm. 1.

39 Plenarberatung am 14. Mai 1968 (1. Lesung), Plenarprotokoll der 6. Wahlperiode, S. 1265 f., 1269.

(12)

Gutachten

Aufgabe in einer besseren Form erfüllt werden.40 Entsprechende Äußerungen finden sich auch im Protokoll zur 3. Lesung.41

Aus der Gesetzeshistorie ergibt sich nicht nur der geschilderte Sinn und Zweck der Norm. Es wird auch unmittelbar klar, dass der Gesetzgeber bei der Einführung von Art. 41a LV NRW davon ausging, dass das Anhörungsrecht auch gegenüber Beschäftigten der Exekutive zur Anwendung kommen würde. Bei der Beratung im Hauptausschuss am 19. November 1968 wurde diskutiert, inwieweit Regierungsbeschäftigte bei einer Anhörung nach der neuen Vor- schrift einer Aussagegenehmigung bedürften;42 eine Frage, die nur bei Anwendbarkeit der Vorschrift zu diskutieren ist. In der Sitzung wurden Beschäftigte der Exekutive, über die Be- schwerde geführt worden sei, zudem ausdrücklich als Fall der „Beteiligten“ genannt.43

Nach der Klärung des Begriffs der „beteiligten Person“ ist nun zu untersuchen, was unter der Formulierung „anzuhören“ zu verstehen ist.

Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass das Anhörungsrecht des Petitionsausschusses nicht mit einer Anwesenheits- oder Äußerungspflicht der angehörten Person verbunden ist. Unter dem Begriff „anhören“ oder „Anhörung“ wird im juristischen Sprachgebrauch allgemein eine „Gele- genheit zur Stellungnahme“ verstanden.44 Regelmäßig soll einer Person vor einer sie betref- fenden Entscheidung die Möglichkeit gegeben werden, ihre Sicht auf die Dinge und die aus ihrer Sicht relevanten Umstände darzulegen.45 Es besteht aber kein Äußerungszwang. Wer seinen Standpunkt nicht darlegen möchte, ist dazu nicht verpflichtet.

Grundsätzlich bildet der Wortlaut einer Norm die Grenze der möglichen Auslegung. Auch wenn der dargelegte Sinn und Zweck der Informationsrechte für ein extensives Verständnis der Vor- schrift spricht, fehlt hier der nötige Anknüpfungspunkt im Normtext.

Im Übrigen spricht auch die Systematik gegen eine durch Art. 41a Abs. 2 Satz 2 LV NRW begründete Äußerungs- oder Anwesenheitspflicht. Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit Art. 41a Abs. 2 Satz 3 LV NRW zu lesen. Da dort unter Verweis auf die Bestimmungen der Strafprozessordnung die Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen und Sachverstän- digen geregelt ist, spricht eine systematische Betrachtung dagegen, ähnlich gelagerte Befug- nisse in einen anderen Satz der Vorschrift hineinlesen zu wollen.

40 Abgeordneter Schulze-Stapen (CDU) als Berichterstatter, Plenarberatung am 4. Dezember 1968 (2. Lesung), Plenarprotokoll der 6. Wahlperiode, S. 1836 f..

41 Plenarberatung am 11. Februar 1969 (3. Lesung), Plenarprotokoll der 6. Wahlperiode, S. 1966 ff.

42 22. Sitzung des Hauptausschusses am 19. November 1968, Ausschussprotokoll 962/68, S. 10; siehe zu dieser Frage auch Menzel, in: Löwer/Tettinger, Landesverfassung NRW, Art. 41a Rn. 37.

43 22. Sitzung des Hauptausschusses am 19. November 1968, Ausschussprotokoll 962/68, S. 10.

44 Creifelds, Rechtswörterbuch, S. 57 f. („Gelegenheit zur Äußerung“); Köbler, Juristisches Wörterbuch, S. 19 („Gewährung der Möglichkeit zur Äußerung“).

45 Siehe auch den Wortlaut von § 28 Abs. 1 VwVfG, der insoweit maßgeblichen Vorschrift des Verwal- tungsverfahrensrechts: „Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten ein- greift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.“

(13)

4. Erörterungstermine, Art. 41a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 LV NRW

Fraglich ist, ob der Petitionsausschuss im Rahmen von sogenannten „Erörterungsterminen“

verlangen kann, dass eine bestimmte Person bei einem Termin anwesend ist und persönlich Auskunft erteilt.

In der Staatspraxis kommt diesen Erörterungsterminen des Petitionsausschusses eine erheb- liche Bedeutung zu. Die Erörterungstermine finden vor Ort oder am Sitz des Landtags in Düs- seldorf statt. Neben den Petentinnen und Petenten nehmen Vertreterinnen und Vertreter der zuständigen Behörde und ggf. auch der obersten Landesbehörde teil. Die Erörterungstermine dienen der weiteren Aufklärung der Sach- und Rechtslage und der möglichen Vermittlung im Rahmen eines Gesprächs.

Diese Erörterungstermine sind in Art. 41a LV NRW nicht ausdrücklich vorgesehen. Die Rechtsgrundlage für die Durchführung dürfte sich aus einer Zusammenschau des Anhörungs- rechts mit dem Recht auf Auskunft und bei Terminen „vor Ort“ auch des Zutrittsrechts ergeben.

Diese rechtliche Grundlage spricht gegen die Annahme, dass der Petitionsausschuss bei die- sen Terminen die Anwesenheit einer bestimmten Person verlangen könne. Vorangehend wurde gezeigt, dass der Petitionsausschuss ein solches Verlangen auf keines der Einzelrechte stützen kann. Es ist nicht ersichtlich, warum sich aus einer Zusammenschau der Rechte hier etwas anderes ergeben sollte.

Zwar spricht alles dafür, dass der Petitionsausschuss von der Exekutive die Anwesenheit ei- nes Behördenvertreters bei den Erörterungsterminen verlangen kann.46 Denn nur so kann der Ausschuss sein Informationsrecht und seine Kontrollfunktion effektiv ausüben. Sinn und Zweck der Verfassungsänderung zur Einführung von Art. 41a LV NRW war wie gezeigt gerade dessen effektive Ausübung. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat die Befugnisse des Petitionsausschusses „bewusst weit und tief gestaltet, um dem Ausschuss ein sachgerechtes Instrumentarium zur Durchsetzung der Verwaltungskontrolle einzuräumen“.47 Verstärkt wird dieses Verständnis der Pflichtenlage durch eine Einbeziehung des Rechts zur Anhörung. Bei dem Anhörungsrecht gehe es darum, das Petitionsverfahren aus der Anonymität herauszulö- sen und persönlichen Kontakt herzustellen.48 Eingeladene Behörden sind daher zu einer Teil- nahme verpflichtet. Sie müssen für ihre Vertretung durch eine mit dem Sachverhalt vertraute und zur Entscheidung befugte Person Sorge tragen. Auf die Auswahl dieser Person hat der Petitionsausschuss aber keinen Einfluss; dies liegt in der Sphäre der Exekutive.

46 Für eine Pflicht der Behörde zur Teilnahme wohl auch Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Befugnisse und Arbeitsweise der Petitionsausschüsse, S. 8 f.; dort heißt es, der Petitions- ausschuss habe nach Art. 41a LV NRW das Recht, solche Erörterungstermine durchzuführen.

47 Schönenbroicher, in: Heusch/Schönenbroicher, Landesverfassung NRW, Art. 41a Rn. 30.

48 Abgeordneter Schulze-Stapen (CDU) als Berichterstatter, Plenarberatung am 4. Dezember 1968 (2. Lesung), Plenarprotokoll der 6. Wahlperiode, S. 1837.

(14)

Gutachten

5. Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, Art. 41a Abs. 2 Satz 3 LV NRW Nach den vorgenannten Ausführungen bleibt dem Petitionsausschuss nur die Beweiserhe- bung durch Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, wenn die Anwesenheit und Aus- sage einer bestimmten Person erzwungen werden soll.

Das Recht zur Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen steht dem Petitionsausschuss ausdrücklich zu, Art. 41a Abs. 2 Satz 3 LV NRW. Wie auch sonst gilt auch hier, dass Zeugen und Sachverständige verpflichtet sind zu erscheinen und auszusa- gen.49 Die Bestimmungen der Strafprozessordnung finden entsprechende Anwendung. Für die eidliche Vernehmung enthält die Geschäftsordnung des Landtags einschränkende Bestim- mungen, § 98 Abs. 3 GO LT NRW.

Das Recht besteht grundsätzlich unbeschränkt; im Einzelfall können einer Vernehmung aber ausnahmsweise andere Rechte mit Verfassungsrang entgegenstehen. Dem Petitionsaus- schuss steht bei der Entscheidung über eine solche Beweiserhebung ein Beurteilungsspiel- raum zu. Mit Blick auf die Staatspraxis sind allerdings einschränkende Hinweise angezeigt:

Zwar kennen auch andere Landesverfassungen das Recht zur Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, namentlich die Verfassungen von Berlin (Art. 46) und Sachsen-Anhalt (Art. 61). In der Praxis kommt eine solche Beweiserhebung aber offenbar kaum oder gar nicht vor.50 Aus der Parlamentsdokumentation des Landtags Nordrhein-Westfalen ergibt sich soweit ersichtlich nicht ein einziger Fall.51

49 Korbmacher, in: Driehaus, Verfassung von Berlin, Art. 46 Rn. 6; zur Rechtslage in Sachsen-Anhalt siehe Reich, Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, Art. 61 Rn. 4.

50 Siehe Lemmer, in: Pfennig/Neumann, Verfassung von Berlin, Art. 46 Rn. 3, wonach eine Einver- nahme von Zeugen oder Sachverständigen in der Praxis kaum vorkomme.

51 Siehe auch Menzel, in: Löwer/Tettinger, Landesverfassung NRW, Art. 41a Rn. 38 („keine Rechtspra- xis … praktisch offenbar nicht umgesetzt“) und Schönenbroicher, in: Heusch/Schönenbroicher, Landes- verfassung NRW, Art. 41a Rn. 39 („spielen in der Praxis keine Rolle“).

(15)

III. Zusammenfassung

Der Petitionsausschuss kann die Anwesenheit und Auskunftserteilung einer bestimmten Per- son nur im Rahmen einer Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen und Sachverstän- digen nach Art. 41a Abs. 2 Satz 3 LV NRW erzwingen. Die weiteren Rechte des Petitionsaus- schusses geben eine solche Berechtigung nicht her.

Dies gilt auch für Erörterungstermine. Eingeladene Behörden sind zu einer Teilnahme ver- pflichtet. Sie müssen für ihre Vertretung durch eine mit dem Sachverhalt vertraute und zur Entscheidung befugte Person Sorge tragen. Auf die Auswahl dieser Person hat der Petitions- ausschuss aber keinen Einfluss.

(16)

Literaturverzeichnis

C. Literaturverzeichnis

Creifelds, Carl (Begr.), Rechtswörterbuch, 21. Auflage, München 2014

Dreier, Horst, Grundgesetz, Kommentar, Band II, Artikel 20-82, 3. Auflage, Tübingen 2015 Driehaus, Hans-Joachim (Hrsg.), Verfassung von Berlin, Taschenkommentar, 4. Auflage, Baden-Baden 2020

Epping, Volker / Hillgruber, Christian (Hrsg), Grundgesetz, Beck´scher Online-Kommentar, 42. Edition, München 2019

Geller, Gregor / Kleinrahm, Kurt (Begr.), Die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 3. Auflage, 2. Ergänzungslieferung, Göttingen 1994

Grawert, Rolf, Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 3. Auflage, Wies- baden 2012

Heusch, Andreas / Schönenbroicher, Klaus, Die Landesverfassung Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 2. Auflage, Siegburg 2020

Isensee, Josef / Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III: Demokratie – Bundesorgane, 3. Auflage, Heidelberg 2005

Köbler, Gerhard, Juristisches Wörterbuch, 16. Auflage, München 2016

Löwer, Wolfgang / Tettinger, Peter J., Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein- Westfalen, Stuttgart u. a. 2002

Maunz, Theodor / Dürig, Günter (Begr.), Grundgesetz-Kommentar, 88. Ergänzungsliefe- rung, München 2019

v. Pfennig, Gero / Neumann, Manfred J. (Hrsg.), Verfassung von Berlin, Kommentar, 3. Auf- lage, Berlin u. a. 2000

Reich, Andreas, Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, Kommentar, 2. Auflage, Bad Honnef 2004

Stern, Klaus, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band IV/2 - Die einzelnen Grundrechte, München 2011

Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Befugnisse und Arbeitsweise der Petitionsausschüsse des Deutschen Bundestages, der Landesparlamente und des Europäi- schen Parlaments, WD 3 – 3000 – 232/15, Berlin 2016

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE