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Zur Gründung der „Zeitschrift für Naturforschung“

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Zur Gründung der „Zeitschrift für Naturforschung“

Das Erscheinen des 40. Jahrganges der Zeitschrift für Naturforschung gibt Anlaß, einmal an die Zeit der Entstehung dieser Zeitschrift zurückzudenken.

D er Plan, eine neue wissenschaftliche Zeitschrift zu gründen, wurde im Sommer 1945 gleichzeitig von Dr. Ha n s Fr ie d r ic h-Freksa und Dr. Al fr ed Klemmgefaßt. Beide arbeiteten dam als an K ai­

ser-W ilhelm-Instituten, die durch die Kriegsereignisse von Berlin-Dahlem nach Südw ürttem berg- Hohenzollern verlagert w orden waren: Freksa am KWI für Biochemie in Tübingen, Klemm am KWI für Chem ie in Tailfingen. Die N eugründung erschien notwendig, weil die alten Zeitschriften schon vor dem Kriegsende nur noch zögernd und danach zunächst gar nicht m ehr erscheinen k o n n ­ ten, andererseits aber Forschungsergebnisse Vorlagen, die die A utoren bald zu publizieren w ünsch­

ten. Außerdem durfte man hoffen, a u f dem Austauschwege wichtige wissenschaftliche Zeitschriften des Auslandes zu erhalten, deren Bezug seit Jahren unmöglich gewesen war.

Jene Zeit war aber für N eugründungen denkbar schlecht. Die verschiedenen Besatzungszonen unterstanden den jeweiligen M ilitärregierungen; um von einer Besatzungszone in die andere zu ge­

langen, brauchte man einen Passierschein. Gedruckte Veröffentlichungen erschienen so gut wie gar nicht. Die G ründung von Zeitungen und Zeitschriften war nur m it einer Lizenz der M ilitärregie­

rung möglich, wobei d a ra u f geachtet wurde, daß die Lizenznehmer sich nicht nationalsozialistisch betätigt hatten.

Klemm unterbreitete den Plan der N eugründung der am erikanischen M ilitärregierung in Stuttgart. In einem Brief, datiert vom 16. August 1945, heißt es: „Die am erikanische M ilitärregie­

rung ist sehr daran interessiert, daß eine naturwissenschaftliche Zeitschrift in D eutschland wieder erscheint. Alle Stellen werden hierm it höflich ersucht, das Vorhaben von Dr. Klemmnach besten Kräften zu unterstützen.“

Mit diesem Einverständnis w ar die erste Hürde genommen; nun m ußte m an nach einem Verlag suchen. Wilhelm Klemm, der Vater von Al f r e d Klemm war H auptinhaber der Dieterich’schen Verlagsbuchhandlung in Leipzig, hatte aber vor der Übergabe Sachsens an die russische Besat­

zungsmacht Leipzig verlassen, und sein A ufenthaltsort war unbekannt. Klemm fand seinen Vater schließlich in W iesbaden, und dieser erklärte sich freudig bereit, die neue Zeitschrift zu verle­

gen. Die Lizenz für die H erausgabe der „Zeitschrift für Naturforschung“ trug die N um m er 20.

Für das erste K uratorium w u rd en Ar n o l d So m m e rfe ld, Kl a u s Cl u s iu s und Al f r e d Kü h n g e ­ w onnen. H erau sgeb er w aren H. Fr ie d r ic h-Freksa und A. Klemm, unter M itw irkung v o n Lu d w i g

Wa l d m a n n. Die ersten M anuskripte k am en v o rw ieg en d aus d en Instituten der K a iser-W ilh elm - G esellsch aft, w eil d ie H erau sgeb er dort arb eiteten und die G rü n d u n g der Z eitschrift durch M u n d ­ propaganda b ek an n t m a ch en k on n ten . Die ersten H efte w urden in Stuttgart b ei der H o ffm a n n - schen B uchdruckerei F elix K rais a u f L an dkartenpapier der d eu tsch en W ehrm acht gedruckt, w e l­

ches über e in e n d ortigen P ap ierh än d ler b ezo g en w erd en k onnte. Die R ed ak tion w urde in T ü b in gen eingerichtet. A ls erfahrener R ed ak teu r w urde Dr. Wilhelm Mer z g ew o n n en , der früher d ie „ B e ­ richte der deutschen, c h e m isc h e n G esellsch a ft“ redigiert hatte und vor Kriegsende von Berlin in sein e sch w äb isch e H eim a t g eflü ch tet war.

Die Zeitschrift erlangte rasch eine relativ große Verbreitung; tausende von Exem plaren w urden verkauft, weil sie für schlechtes Vorwährungsreformgeld in B uchhandlungen und Kiosken und nicht etwa a u f dem Schwarzen M arkt zu Ü berpreisen erhältlich waren. So m ancher wissenschaft­

liche Assistent und Student abonnierte damals die Zeitschrift. Von der ausländischen Literatur war man in D eutschland im m er noch abgeschnitten. Abgesehen von dem in G ang gekom m enen Z eit­

schriftenaustausch kam en nur selten einzelne Hefte oder Fotokopien a u f Schleichwegen in die Institute.

Mit der W ährungsreform im Sommer 1948 wurde das Geld knapp. Außerdem konnte m an sehr bald wieder vieles kaufen, was m an lange entbehrt hatte - Nahrungsm ittel, H aushaltsartikel, Klei-

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dung. D eshalb haben viele Privatbezieher das A bonnem ent a u f die Zeitschrift für N aturforschung gekündigt; die Zahl der A bnehm er ging drastisch zurück. Die Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung sah unter diesen U m ständen keine andere Möglichkeit, als den Preis der Zeitschrift entsprechend zu erhöhen. Die wissenschaftsbegeisterten, aber kaufmännisch unerfahrenen Herausgeber wollten dem jedoch nicht zustimmen, was dazu führte, daß die DVB die Zeitschrift aufgab und deren Ei­

gentum an A. Klemm übertrug.

Es w urden nun rigorose Sparm aßnahm en getroffen und bei N ahestehenden Kredite aufgenom ­ men. Das reichte jedoch nicht aus. Die Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft befand sich erst im Aufbau und konnte nicht kurzfristig helfen. Erfolg versprach jedoch ein Ersuchen an die M ax-Planck-Gesellschaft, die Nachfolgerin der Kaiser-W ilhelm-Gesellschaft. Da sich die Zeitschrift für N aturforschung inzwischen im In- und Ausland einen guten R uf erw orben hatte, w urden die Bitten der H erausgeber um finanzielle Hilfe von vielen Seiten nachdrücklich unterstützt, u. a. durch Briefe an Otto Hahn als Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, von W. Bothe (zugleich im N a­

m en der Physikalischen Gesellschaft in W ürttemberg-Baden). A. Butenandt. W. Heisenberg und A. Kü h n.

So schrieb H e ise n b e rg am 14. Februar 1949 an O t t o H ah n , die Zeitschrift sei ..das wichtigste Publikationsorgan der Nachkriegszeit a u f ihrem G ebiet“ und sei nach einer Untersuchung, die die Deutsche Physikalische Gesellschaft über das physikalische Zeitschriftenwesen anstellen ließ, „die bei weitem am besten funktionierende Zeitschrift der Nachkriegszeit“ . A. B u te n a n d t schloß sich dem Urteil seiner Fachkollegen an und schrieb am 8. März 1949 an O tto H ahn zur V orbereitung eines Beschlusses zur U nterstützung der Zeitschrift für N aturforschung a u f einer Senatssitzung der M ax-Planck-Gesellschaft: „D arf ich Ihnen vorweg mitteilen, daß ich mich a u f das entschiedenste dafür einsetzen werde, die M ax-Planck-Gesellschaft möge in irgendeiner geeigneten Form sich für das Erhaltenbleiben dieser Zeitschrift verantwortlich machen. Es ist nach übereinstim m endem U r­

teil vieler Kollegen, die ich inzwischen sprechen konnte, für die deutsche Wissenschaftspflege von größter Wichtigkeit, daß die Zeitschrift für Naturforschung nicht eingeht.“ .. . Sie „ist insbesondere für die Publikationen im Gebiet der Physik und der Biologie und der zwischen diesen Disziplinen gelegenen Grenzgebiete die führende wissenschaftliche Zeitschrift geworden, die zudem als einziges Organ des wissenschaftlichen Nachkriegsdeutschlands im Auslande w ieder in größerem Um fang Fuß gefaßt hat“ .

Bedenken gegen die Förderung der Zeitschrift für N aturforschung w urden dagegen von H eraus­

gebern alter Zeitschriften geäußert, da man um deren W iedererscheinen bangte oder eine nicht wünschenswerte K onkurrenz fürchtete. Bedenken bestanden auch im Senat der M ax-Planck-G e­

sellschaft. Man befürchtete, dieses U nternehm en in jedem Jah r neu subventionieren zu müssen.

Trotzdem beschloß der Senat unter dem Eindruck der Voten der wissenschaftlichen M itglieder und einer Rede von C a r l F r ie d r ic h v o n W eizsäck er, der Zeitschrift für N aturforschung ein zinsloses D arlehen zur Verfügung zu halten, um ihre Herausgabe im neugegründeten „Verlag der Zeitschrift für N aturforschung“ zu ermöglichen.

Die ersten Jahre w aren für den neuen Verlag sehr schwierig. Die U niversität Tübingen kam zu Hilfe, indem sie Räume kostenlos zur Verfügung stellte; der Redakteur war mit einem geringen G e­

halt zufrieden, die Herausgeber bezahlten ihre Spesen selbst. Im Laufe der Jahre wuchs aber der Absatz der Zeitschrift wieder, so daß der Verlag die verschiedenen D arlehen voll zurückzahlen konnte und keine weitere finanzielle U nterstützung benötigte. Die Pessimisten hatten unrecht be­

halten.

Ähnlich wie die W ährungsreform der Zeitschrift für N aturforschung und anderen wissenschaft­

lichen Zeitschriften große Schwierigkeiten gemacht hatte, so treten jetzt Problem e mit dem Vor­

dringen der elektronischen D atenverarbeitung und dem Vormarsch der K opierer auf. die zum

„R aubkopieren“ einladen. Das kann die Landschaft der wissenschaftlichen Zeitschriften verändern.

Ich selbst würde wünschen, daß die herkömmlichen Zeitschriften und auch die Zeitschrift für N a­

turforschung noch ein langes Leben haben mögen. P. Karlson, M arburg

Referenzen

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under

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Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen

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