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Kontrazeptive Beratung von Frauen

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Academic year: 2022

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Die Pille ist seit mehr als 50 Jahren verfügbar und neben dem Kondom die in allen Altersgruppen mit Abstand bekannteste kontrazeptive Massnahme.

Neuere Möglichkeiten einer kombinierten hormo- nellen Kontrazeption wie der Vaginalring oder das transdermale Pflaster sind – insbesondere was ihre Vor- und Nachteile betrifft – weit weniger bekannt.

Die Studie CHOICE untersuchte den Einfluss der intensiven ärztlichen Beratung auf die Wahl des Kontrazeptivums.

CHRISTIAN EGARTER

Üblicherweise kommt eine Frau meist mit relativ klaren Vor- stellungen bezüglich der beabsichtigten Art der Kontrazep- tion zu ihrer Ärztin/ihrem Arzt. Da der Bekanntheitsgrad der Pille und die Kenntnisse über die Anwendung überwiegen, äussert sie meistens den Wunsch nach dieser Kontrazeptions- form. Untersuchungen zeigen aber, dass soziale und kultu- relle Einflüsse den Wunsch nach der Kontrazeptionsform beeinflussen (1, 2) und dass im Arzt-Patientinnen-Gespräch dieser Wunsch aufgrund von medizinischen Überlegungen respektive nach Evaluierung der Vor- und Nachteile der Methoden modifiziert werden kann.

Zielsetzung, Methode, Hintergründe

In einer umfangreichen, länderübergreifenden Studie, die von der European Society for Contraception initiiert und von der Firma MSD unterstützt wurde, sollte Frauen, die den Wunsch

nach einer kombinierten kontrazeptiven Methode (Pille, Vagi - nalring und transdermales Pflaster) äusserten, eine standar- disierte und ausgewogene Beratung über alle Vor- und Nach- teile angeboten werden. Anschliessend sollten die tatsächli- chen Verwendungsraten der verschiedenen kom binierten Methoden erhoben und mit der ursprünglich be absichtigten Methode verglichen werden. Zuletzt sollten die Einschätzung der Methoden und die entsprechenden Auswahlkriterien in den teilnehmenden Ländern verifiziert werden.

Das Angebot genauer und klarer Information über die ver- schiedenen Methoden der kombinierten hormonellen Kon- trazeption trägt entscheidend dazu bei, die kontrazeptive Wahl für die individuelle Situation zu optimieren. Allerdings passt keine der verfügbaren Möglichkeiten auf alle potenziel- len Anwenderinnen, womit das Angebot von verschiedenen Methoden mit ihrer unterschiedlichen Verabreichung, ihren Wirkmechanismen, ihrer zeitlichen Anwendung und ihren Nebenwirkungen durchaus von Bedeutung ist (3). Wissen- schaftliche Untersuchungen, die diese Aspekte der potenziel- len Anwenderinnen und ihrer Partner zu verstehen respektive zu integrieren helfen, sind für die Optimierung der kontra- zeptiven Methode für ein Paar wesentlich.

11 europäische Länder (Belgien, Deutschland, Niederlande, Schweden, Österreich, Schweiz, Polen, Slowakei, Tschechien, Russland, Ukraine) sowie Israel mit sehr unterschiedlichen Einrichtungen bezüglich der Kontrazeptionsberatung und -möglichkeiten nahmen an dieser multizentrischen Studie teil.

Verwendete Frage- und Aufklärungsunterlagen

Von allen teilnehmenden Ärztinnen/Ärzten wurden einige Basisdaten wie Alter, Geschlecht und üblicherweise bevor- zugte kontrazeptive Verschreibung erhoben.

Ein standardisierter, umfangreicher Aufklärungsbogen über die drei verfügbaren kombinierten hormonellen Methoden (Pille, Pflaster, Vaginalring) wurde den Frauen zur Verfügung gestellt. Den Frauen wurde schliesslich nach entsprechender ärztlicher Beratung ein Kontrazeptivum verabreicht.

In einem weiteren Fragebogen wurden dann die ursprünglich von der Frau geplante Methode und die letztlich nach der umfassenden Information gewählte Methode erhoben sowie die Kriterien und Einschätzungen abgefragt, anhand deren sich die Frauen letztlich entschieden hatten. Weiterhin erfolgte eine Evaluierung von sozialen und demografischen Parame- tern bezüglich der Wahl der Kontrazeptiva. Hintergrundda- ten waren Alter, Ausbildungsgrad, Beschäftigungsstatus, An- zahl der Kinder und Schwangerschaftsabbrüche sowie eine eventuell früher verwendete kontrazeptive Methode.

FORTBILDUNG

Kontrazeptive Beratung von Frauen

Ergebnisse einer internationalen Studie zum Einfluss der ärztlichen Beratung

ARS MEDICI 4 2014

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Merksätze

Die Pille wird aufgrund ihres Bekanntheitsgrades am häufigsten verlangt.

Insgesamt ändern 40 Prozent der Frauen nach der Beratung ihre ursprüngliche Wahl der Kontrazeption.

Rund zwei Drittel aller Frauen, die nach der Beratung einen Vaginalring oder ein Pflaster wählten, hatten dies zuvor nicht beabsichtigt.

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Häufigste Empfehlungen der Ärzte pro Land

Die von den teilnehmenden Ärzten mit Abstand am häufigs- ten empfohlene kontrazeptive Methode war die Pille.

Zu beachten ist, dass in Belgien, Israel, Österreich, Polen, der Slowakei, Tschechien und der Ukraine mit mehr als 99 Pro- zent die Gynäkologen die Verschreiber sind, während in der

Schweiz dieser Prozentsatz bei etwa 93 Prozent und in Russland bei 97 Prozent liegt. In Schweden sind mit etwa 95 Prozent hauptsächlich Hebammen die Ver- schreiber von Kontrazeptiva und in den Nieder landen mit 96 Prozent niedergelassene Praktiker (4).

In Russland und der Ukraine ist der Vaginalring erst seit Kurzem eingeführt; das dürfte der Grund für die insbesondere in der Ukraine wesentlich höhere Empfehlungsrate der dortigen Ärzte für den Vaginal- ring sein. Generell scheint der Vaginalring in den ost europäischen Ländern insgesamt populärer zu sein als in den anderen teilnehmenden Ländern (Abbildung 1).

Ursprünglich geplante

und letztlich verwendete Methode

Beim Vergleich der ursprünglich beabsichtigten und der letztlich gewählten Methode ergaben sich einige entscheidende Unterschiede aufgrund der um fang - reichen Aufklärung über die verfügbaren Möglichkei- ten. Anhand der Schweizer Unter suchungs ergebnisse (5) lässt sich das sehr gut darstellen (Abbildung 2).

Insgesamt änderten hier 40 Prozent der Teilneh - merinnen nach der Aufklärung ihre ursprüngliche Meinung.

Erwartungsgemäss verringerte sich zunächst die An- zahl der Frauen, bei denen weder sie selbst noch der Arzt eine Methode vor der Beratung bevorzugten.

Weiterhin stieg der Prozentsatz der Pillenanwenderin- nen von 54,4 auf 56,7 Prozent leicht an. Die Zahl der Frauen, die sich schliesslich für den Vaginalring entschieden, erhöhte sich signifikant von 11,4 auf 28,6 Prozent, und zwar meist in der Gruppe, die sich ursprünglich noch nicht entschieden hatte, bezie- hungsweise derjenigen, die den Wunsch nach einer Pille geäussert hatte. Die Anzahl der Frauen, die letzt- lich ein transdermales Pflaster wählten, stieg ebenfalls signifikant von 4,5 auf 7,1 Prozent an. 67 Prozent der Frauen, die schliesslich den Vaginalring, und 64 Pro- zent der Frauen, die das Pflaster wählten, hatten diese Methode ursprünglich nicht beabsichtigt.

Dieser anhand der Schweizer Ergebnisse aufgezeigte Trend war grundsätzlich in allen teilnehmenden Län- dern – allerdings in teilweise sehr unterschiedlichem Ausmass – erkennbar (Abbildung 3).

Die massivste Veränderung bezüglich der (häufige- ren) Verwendung des Vaginalrings gab es dabei in den osteuropä ischen Ländern, doch auch in den anderen Ländern war dieser Trend zu beobachten (6).

Die von den Teilnehmerinnen am häufigsten genann- ten Gründe, weshalb sie sich schliesslich für eine bestimmte Methode entschieden hatten, sind in der Tabellefür alle Länder zusammengefasst.

Schlussfolgerungen und Bewertung

Diese an einem der bisher grössten Kollektive durchgeführte Untersuchung (4–6) bezüglich der Effizienz einer kontrazep- tiven Beratung ergab einige interessante Aspekte:

Bei einer ausgewogenen und umfangreichen Information über die verschiedenen Vor- und Nachteile der kombinierten

FORTBILDUNG

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Abbildung 1: Von den Ärzten in den einzelnen Ländern empfohlene kontra- zeptive Methode nach Häufigkeit (4); COC: orales Kombinationspräparat;

POP: Minipille (Progestin); IUD/IUS: Spirale/Hormonspirale

Abbildung 2: Vergleich der ursprünglich geplanten mit der letztlich gewähl- ten Kontrazeptionsmethode in der Schweiz (5); COC: orales Kombinations- präparat

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FORTBILDUNG

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ARS MEDICI 4 2014

hormonellen Kontrazeption entscheiden sich signifikant mehr Frauen für neue, systemische Applikationsformen, ins- besondere für den Vaginalring, und zwar hauptsächlich auf- grund der monatlichen und sehr einfachen Anwendung sowie der Empfehlung durch den Arzt. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass auch in Ländern mit langjähri- ger Marktzulassung noch teilweise ein Mangel an Bekannt- heit dieser Methoden unter den Anwenderinnen besteht.

In einer ähnlich konzipierten spanischen Studie aus dem Jahr 2006 mit 9700 Frauen verwendeten nach Information über alle drei Methoden sogar 46 Prozent den Vaginalring, 39 Prozent die Pille und nur 15 Prozent das transdermale Pflaster (7). Die Anwendungsraten von Vaginalring und transdermalem Pflaster sind in verschiedenen europäischen Ländern also durchaus unterschiedlich, was auf kulturelle Differenzen, unterschiedliche Verschreibungs- und Erstat- tungsrichtlinien, vorherrschende Meinungen bezüglich der kontrazeptiven Methoden und vieles mehr schliessen lässt.

Anmerkung: Diese kurze Charakterisierung wird den inter - essanten Unterschieden zwischen den Ländern bezüglich der

kontrazeptiven Praktiken nicht ganz gerecht, zeigt aber auf, dass eine diesbezügliche Untersuchung sinnvolle Einsichten in eine Entwicklung von Programmen gegen ungeplante Schwangerschaften, Abbrüche oder auch die Unzufriedenheit mit einer kontrazeptiven Methode ergeben kann. In den Achtzigerjahren wurde von der International Health Foundation in Brüssel eine Reihe von Umfragen durchgeführt, die 1990 aktualisiert und erweitert wurden (1, 2). Eine Studie von Skouby (3) folgte 2004. Seither gab es keine grössere länderüber- greifende, systematische Bestandes aufnahme der ver- wendeten kontrazeptiven Methoden sowie darüber, wie die Wahl zustande kam. Deshalb scheint die vorlie- gende Untersuchung, die sicherlich noch zusätzliche Details nach weiterer Analyse der Daten liefern wird, einen interessanten Beitrag zu liefern.

Fazit für die Praxis

Generell sind die medizinische Information und die Be- ratung im Hinblick auf die Wahl einer kontrazeptiven Methode natürlich essenziell. Das bleibt auch wichtig, wenn die Frau bereits ein profundes Wissen über die beabsichtigte Methode aufweist. Die Beratung kann Zweifel klären, Alternativen oder besser geeignete Me- thoden anbieten und damit zu einer günstigeren und informierten Wahlmöglichkeit beitragen.

Universitäts-Prof. Dr. med. Christian Egarter Leiter Klinische Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Medizinische Universität Wien

A-1090 Wien

E-Mail: christian.egarter@meduniwien.ac.at

Interessenkonflikt: Der Autor erhielt von MSD und Bayer-Schering Honorare für Studien, Vorträge sowie Expertentreffen auf dem Gebiet der Kontrazeption.

Literatur:

1. Oddens BJ.: Current accessibility and perceptions about the pill in Western Europe. In: Hannaford PC and Webb AMC. Evidence-based prescribing of the Pill.

Carnforth: Parthenon 1996: 27–42.

2. Oddens BJ, Lehert P.: Determinants of contraceptive use among women of repro - ductive age in Great Britain and Germany I: Demographic factors. J Biosoc Sci 1997;

29: 415–435.

3. Skouby SO.: Contraceptive use and behavior in the 21stcentury; a comprehensive study across five European countries. Eur J Contracept Reprod Health Care 2004; 9: 57–68.

4. Bitzer J, et al.: The CHOICE study: Effect of counseling on the selection of combined hormonal contraceptive methods in 11 countries. The European Journal of Contra - ception and Reproductive Health Care 2012; 17: 65–78.

5. Merki-Feld GS, Gruber IM.: Intention to use a combined contraceptive method and decision after counseling in Switzerland – Swiss data from the European CHOICE study.

The European Journal of Contraception and Reproductive Health Care 2012; 17: 119–127.

6. Egarter Ch, et al.: Women’s perceptions and reasons for choosing the pill, patch, or ring in the CHOICE study: a cross-sectional survey of contraceptive method selection after counseling. BMC Women’s Health 2013; 13: 9.

7. Lete I, et al.: Factors affecting women’s selection of a combined hormonal contra - ceptive method: the TEAM-06 Spanish cross-sectional study. Contraception 2007;

76, 77–83.

Erstpublikation in GYNÄKOLOGIE 4/2013.

Abbildung 3: Unterschiedliche Veränderungen der gewählten Methode nach ausführlicher Beratung in den einzelnen Ländern (6)

Tabelle:

Wichtigste Gründe für die Wahl der Pille, des Pflasters oder des Vaginalrings nach ausführlicher Beratung in allen teilnehmenden Ländern (6)

Gründe für die Wahl Pille Pflaster Vaginalring

einer Methode n (%) (n = 9418) (n = 1541) (n = 5520)

tägliche Anwendung 3491 (37,1) – –

wöchentliche Anwendung – 1053 (68,3) –

monatliche Anwendung – – 4128 (74,8)

kann man nicht vergessen 2044 (21,7) 819 (53,1) 3135 (56,8)

Komfort 4197 (44,6) 1089 (67,4) 3361 (60,9)

einfache Anwendung 6351 (67,4) 1165 (75,6) 3232 (58,6)

Gewohnheit 3358 (35,7) 80 (5,2) 211 (3,8)

Empfehlung durch Arzt/Ärztin 3140 (33,3) 581 (37,7) 3338 (60,5) auch bei Erbrechen wirksam – 671 (43,5) 2721 (49,3) reguläre Menstruationen 6184 (65,7) 694 (45,0) 2719 (49,3) weniger Regelschmerzen 4556 (48,4) 343 (22,3) 1383 (25,1)

Referenzen

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