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Archiv "Fakten des sozialen Netzes — für viele unbekannt" (19.11.1982)

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Spektrum der oche Aufsätze • Notizen THEMEN DER ZEIT

Ende 1979 waren es 150 Milliarden DM, die für die zusätzliche Alters- versorgung der Privatwirtschaft zurückgestellt wurden. 1981 stieg dieser Ansparaufwand auf 180 Mil- liarden DM. Ein stolzer Betrag zu- gunsten des sozialen Netzes! 95 Prozent dieses Volumens, d. h.

dieser Lohnnebenkosten, dient der Finanzierung der Zusatzrenten der Gruppe des Managements und der leitenden Angestellten, wäh- rend davon nur fünf Prozent für die Zusatzversorgung der Durch- schnittsverdiener (und darunter) angespart werden, so daß 100 Mil- liarden DM als Steuern nicht ein- gehen, wenn diese in der Rechts- form einer juristischen Person be- trieben werden. Ein normaler Vor- gang, der aber zeigt, welche Be- deutung wir dem Aufbau des so- zialen Netzes für die Besserverdie- nenden beimessen.

Ungewöhnlich — weil dies nur für Arbeitnehmer gilt — ist es, daß die Begünstigten durch die Rückstel- lungen erhebliche Ausgaben er- sparen und dafür keine Abgaben zu zahlen haben.

Anders wird verfahren bei Bezie- hern von Einkünften aus Vermie- tung und Verpachtung, wenn sie im eigenen Haus wohnen. Dann muß der Wert ihrer Wohnungen versteuert werden, weil sie Ausga- ben ersparen. Das ist so geblie-

ben, obwohl die Steuerreform- kommission von 1971 es abschaf- fen wollte (vgl. deren Gutachten, Schriftenreihe des Bundesfinanz- ministeriums 1971, Heft 17).

Ferner fehle es für die Erhebung von Steuern, so wird argumentiert, am Zufluß bei den betreffenden Beziehern von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Indes steht den Begünstigten der verein- barte oder tarifliche Rentenan- spruch nach zehnjähriger Zugehö- rigkeit bei einer bestimmten Kasse zu. Dieser Anspruch steht dem Zu- fluß gleich.

Für die Bezieher der anderen sechs Einkunftsarten sieht das ganz anders aus. Ihre Zusatzver- sorgung ist von ihnen aus versteu- ertem Einkommen aufzubringen.

Der Fiskus erhält auf diesem Wege für den Aufbau der Zusatzversor- gung der Bezieher der sechs an- deren Einkunftsarten jährlich rund vier Milliarden DM.

Der mangelnde Zufluß — wenn es darauf ankäme — ließe ferner die Pauschbesteuerung der Zukunfts- sicherungsleistungen nicht zu.

Hingegen wird eine pauschale Ab- gabe von 10 Prozent erhoben.

Daß verfassungswidrig gegen den Gleichheitssatz verstoßen wird, ist leicht ersichtlich. Zur Lösung des

Konflikts ist eine pauschale Abga- be für die Rückstellungen der Zu- satzversorgungen der öffentlichen Hände und der Privatwirtschaft vorzuschlagen. Diese würde in der Öffentlichkeit wohl auch akzep- tiert werden, wenn man mit einer pauschalen Abgabe von nur fünf Prozent beginnen würde. Dabei entstünde ein Aufkommen von neun Milliarden DM. Davon sind vier Milliarden DM für die jetzt be- lasteten Steuerpflichtigen der an- deren Einkunftsarten abzuziehen, so daß sich ein Aufkommen von fünf Milliarden DM ergeben würde.

Der Normalverdiener, für den nur fünf Prozent dieser 180 Milliarden DM thesauriert werden, wird da- von kaum betroffen. Dieser Effekt würde erhöht, wenn man mit einer Freigrenze (nicht Freibetrag) an- fangen und die Pauschale für die

Rückstellungen bei Besserverdie- nenden bis zu 10 Prozent anheben würde. Der Grundsatz der Pro- gression ist im Steuerrecht jedem geläufig. Dann dürfte das Aufkom- men von neun Milliarden DM (eventuell etwas mehr) abzüglich vier Milliarden DM des derzeitigen Aufkommens der Einkommensbe- zieher der anderen Einkunftsarten von rund fünf Milliarden DM erhal- ten bleiben.

Zweckgebunden für die

Sozialversicherung

Dieses Steueraufkommen, das im Zusammenhang mit der Altersver- sorgung entsteht, sollte von An- fang an zweckgebunden den So- zialversicherungsträgern zugewie- sen werden, damit der Bundeszu- schuß an diese gekürzt werden oder sogar wegfallen kann. Die Fi- nanzlage der Sozialversicherungs- träger ist dann für lange Zeit gesi- chert. Die Öffentlichkeit wird in ih- rem Vertrauen auf ihre Rente (Be- züge — im Anschluß an das Anspa- ren) dann auch durch die Presse mit ihren „Schreck"-meldungen nicht mehr schockiert. Der inso- weit notwendige soziale Frieden

Fakten des sozialen Netzes

— für viele unbekannt

Hans-Joachim Heber

Der Entwurf eines 6. Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes, jetzt in ein übergreifendes Artikelgesetz (RAÄG 1983) eingebun- den, geht in die entscheidende parlamentarische Runde. In die- sem Zusammenhang sollte ein besonderes Augenmerk auch auf die steuerliche und sozialpolitische Behandlung sogenannter Ansparvorgänge gelegt werden. Der Diskussionsbeitrag aus der

Feder eines Rechtsanwaltes, der zugleich als Fachanwalt für Steu- errecht niedergelassen ist, hat insoweit höchst aktuelle Bedeu- tung.

Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 46 vom 19. November 1982 53

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Rentenversicherung

("Wer bezahlt später unsere Ren- ten?") würde gewährleistet sein. Warum sollen Einkunftsbezieher aus nichtselbständiger Arbeit (Ma- nagement und leitende Angestell- te) die Ursache von sozialen Ver- stimmungen bilden, wenn gleich- gestellte besser Verdienende aus den sechs anderen Einkunftsarten ihre 30 Prozent bis 56 Prozent Steuern zahlen.

Gleichbehandlung tut not! Der bis- her bestehende verfassungswidri- ge Zustand würde beseitigt wer- den.

Die durch diese Maßnahme betrof- fenen Einkommensbezieher aus nichtselbständiger Arbeit (NSA) würden gegebenenfalls diese fünf bis zehn Prozent pauschale Steuer -um die soziale Last der Betriebe zu schonen - aus ihren aktiven Gehältern (Löhnen) zahlen müs- sen, wenn sie später eine so hohe Versorgung als notwendig erach- ten, oder sie lassen ihre Betriebe die Rückstellungen um diese Ab- gabe der fünf bis zehn Prozent (an den Fiskus) kürzen.

Letzteres hätte die vorteilhafte Öf- fentlichkeitswirkung, daß diese Betriebspensionäre oder Rentner im Alter nicht mehr (wie jetzt) ei- nen höheren Bezug haben wür- den, als ihr aktives Gehalt oder ihr Lohn ausmachte.

..,.. Bei Zuweisung der 5 Milliarden DM an die Sozialversicherungsträ- ger ist deren Beitrag an die Kran- kenversicherung der Rentner gesi- chert. Dann brauchten von Rent- nern Krankenkassenbeiträge sy- stemwidrig nicht erhoben werden.

Das ist auch unpopulär und des- halb widersinnig, weil diejenigen nicht noch Krankenversicherungs- beiträge aufbringen können, die wegen schlechter körperlicher, geistiger und seelischer Verhält- nisse nicht mehr arbeiten können. Der Rentner braucht seine Rente (Pension), um die "molestas se- nectutis" bewältigen zu können.

Ihn mit Abgaben zu belasten, wi-

derspricht unserem allgemeinen Kulturverständnis, ganz abgese- hen davon, daß die Kosten der Al- tenheime und der Alterspflegesta- tionen ganz erheblich gestiegen sind.

Einzelheiten

Zur Gleichstellung der Abgaben für die Zusatzversorgung aller Steuerpflichtigen sollten - nach dem Vorbild von Einzelverträgen gern. § 40 b EStG (Direktversiche- rungsverträge) - verfahren wer- den. Eventuell läßt sich an einen Lebensversicherungsvertrag für die Zusatzversorgung" (LVZV) nach Art der Bausparverträge den- ken. Diese Verträge sollten - so- weit das möglich ist- in den Pen- sionssicherungsverein miteinge- bunden werden.

Zur Angleichung der Besteuerung von Pensionen und Renten auf- grund des Beschlusses der BVerfG vom 26. März 1980 (BStBI.

1980, II, 545 bis 554) ist hervorzu- heben, daß die gewünschte Verän- derung des Bezugssystems erst dann in Betracht kommen kann, wenn auch eine Angleichung des Ansparsystems vorgenommen worden ist.

Bedauerlicherweise hat das Bun- desverfassungsgericht diese Pro- blematik nicht angesprochen. Der Betriebsrentenbericht vom 11. De- zember 1978 (Bundestags-Druck- sache 8/2377) hat nicht Pate ge- standen, wenngleich diese Proble- matik darin angeschnitten wird. Nur wenn unter den gleichen Vor- aussetzungen angespart wird, kann es gelingen, die Besteuerung von Pensionen und Renten einan- der anzugleichen.

Die vorgeschlagene Pauschbe- steuerung der 180 Milliarden DM in Höhe von fünf bis zehn Prozent müßten dann, wenn sie für die Ein- kommensbazieher der anderen Einkunftsarten nicht durchgeführt werden würde, für die Bezieher von Einkünften aus nichtselbstän- diger Arbeit angehoben werden.

Die notwendige Veränderung der bisherigen finanziellen Auswir- kung ist aus den nachstehenden zwei Einzelbeispielen (Zinsanteil wird weggelassen) ersichtlich.

a) Letztes aktives Bruttoeinkom- men von 10 000 DM monatlich gibt Altersbezüge von 7500 DM. Die Sozialrente beträgt 2500 DM, die Zusatzrente macht 5000 DM aus.

Das ergibt pro Jahr eine Zusatz- rente von 60 000 DM.

b) Letztes aktives Bruttoeinkom- men von 6000 DM monatlich führt zu Altersbezügen von 4500 DM.

Davon macht die Sozialrente et- was mehr als 2000 DM aus und die Zusatzrente beläuft sich auf etwa 2500 DM. Das ergibt im Jahr eine Zusatzrente von 30 000 DM.

Zu a) und b) 60 000 DM

+

30 000 DM müssen pro Jahr zurückge- stellt sein, um sie auszahlen zu können. Die Verkürzung der Sum- me von 90 000 DM um die Abgabe von fünf Prozent bis zehn Prozent dürfte für die Anspruchsberechtig- ten im Zeitpunkt der Rückstellung tragbar und auch verfassungs- rechtlich vertretbar sein.

Eine Anhebungder Pauschale von 10 Prozent für die Zukunftssiche- rungsleistungen auf 15 Prozent bringt dem Fiskus eine Entlastung von 50 Prozent dieses Subven- tionsansatzes, was nach allem un- angemessen ist. Eine Anhebung auf 12 Prozent wäre eine normale Anpassung an die Verschlechte- rung der Geldwertverhältnisse.

Die Erhöhung der sozialen Last des Arbeitgebers um fünf Prozent (Pauschsteuersatz) wird mit dem Hinweis auf 120 DM jährlich für jeden Arbeitnehmer zu Unrecht bagatellisiert.

Anschrift des Verfassers:

Dr. jur. Hans-Joachim Heber 4000 Düsseldorf

Schadowplatz 9

56 Heft 46 vom 19. November 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe B

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