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Untersuchungen zur Entwicklung eines Screening-Tests zur Beurteilung substituierter Lipasen im Modell pankreasgangligiertes Miniaturschwein

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Academic year: 2022

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(1)

Aus dem Institut für Tierernährung der Tierärztlichen Hochschule Hannover

___________________________________________________________________

Untersuchungen zur Entwicklung eines

Screening-Tests zur Beurteilung substituierter Lipasen im Modell pankreasgangligiertes Miniaturschwein

INAUGURAL-DISSERTATION Zur Erlangung des Grades einer

Doktorin der Veterinärmedizin (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Sonka Tieneke Zantz

aus Leer

Hannover 2006

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. J. Kamphues

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. J. Kamphues 2. Gutachter: Prof. Dr. B. Schröder

Tag der mündlichen Prüfung: 21. November 2006

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Meiner Familie

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INHALTSVERZEICHNIS

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Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG 1

2 SCHRIFTTUM 3

2.1 Vorbemerkung 3

2.1.1 Beteiligung von Verdauungsenzymen verschiedenen

Ursprungs an der Nährstoffspaltung 3

2.2 Die exokrine Pankreasinsuffizienz 4

2.2.1 Vorkommen und Entstehung 4

2.2.2 Folgen des Mangels pankreatischer Verdauungsenzyme 6 2.2.3 Auswirkungen der EPI auf die Verdaulichkeit der Fette 7

2.3 Therapie der EPI 9

2.3.1 Enzymatische Substitutionstherapie in der EPI-Therapie 9 2.3.2 Indikationen für den Einsatz von Enzymen bei Vorliegen einer EPI 10

2.3.3 Diätetik 10

2.3.4 Einsatz von Multi- und Monoenzympräparaten in der Therapie der

EPI 11

2.3.4.1 Multienzympräparate 11

2.3.4.2 Monoenzympräparate 14

2.4 Entwicklung neuer Enzymprodukte 17

2.4.1 Wirkstoffneuentwicklung in der pharmazeutischen Industrie 17 2.4.2 Ablauf bzw. Phasen einer Wirkstoffneuentwicklung 18

2.4.2.1 Anfangsphase 18

2.4.2.2 Die vorklinische Entwicklungsphase 19 2.4.3 In-vivo-Studien am pankreasgangligierten Miniaturschwein als

Modell für den an EPI erkrankten Menschen 20 2.4.3.1 Methoden der Verdaulichkeitsbestimmung zur Bewertung der

Wirksamkeit von Enzympräparaten 21

2.4.3.2 Vor- und Nachteile der Überprüfung der Wirksamkeit substituierter lipolytischer Enzyme anhand der Bestimmung der

Fettverdaulichkeit mittels herkömmlicher Methoden im

pankreasgangligierten Miniaturschwein 24 2.4.3.3 Nachteile herkömmlicher Verdaulichkeitsstudien (Bestimmung von

praecaecaler und totaler Verdaulichkeit) in der Produktentwicklung von Enzymen zur Substitutionstherapie 25

(6)

INHALTSVERZEICHNIS

---

2.4.4 Die klinische Entwicklungsphase von Enzymen zur

Substitutionstherapie 25 2.4.5 Zulassung und Markteinführung einer pharmazeutischen

Neuentwicklung 27 2.5 Vorteile durch den Einsatz von Screening-Verfahren 28

2.5.1 Möglichkeiten und Grenzen eines Screening-Verfahrens für

Proteasen und Amylasen als ergänzende Methode 29 2.5.2 Überlegungen zur Entwicklung eines Lipase-Screenings 30

3 EIGENE UNTERSUCHUNGEN 32

3.1 Material und Methoden 32

3.1.1 Versuchsziel 32

3.1.2 Versuchstiere 33

3.1.3 Aufstallung und Haltung 35

3.1.4 Statistische Methoden 35

3.2 Versuchsdurchführung 36

3.2.1 Übersicht über die durchgeführten Versuche 36

3.2.2 Methodik der Chymuskollektion 38

3.2.2.1 Exkurs: Begriffsbestimmung „Verschwindensrate“ 39

3.2.3 Enzymprodukte und -substitution 40

3.2.4 Versuchsfutter 41

3.2.5 Versuchsablauf 42

3.2.6 Probengewinnung und -entnahme 45

3.2.7 Analytik und angewandte Untersuchungsparameter 46 3.2.8 Verwendete Berechnungsansätze zur Einschätzung der

praecaecalen Fettverdaulichkeit 54

3.2.9 Entwicklung eines In-vivo-Screening-Tests zur Einschätzung der Wirksamkeit von Lipasen anhand eines bekannten

Multienzymproduktes 57 3.2.10 Anforderungen an eine Testmahlzeit für ein Lipase-Screening 58

3.2.11 Entwicklung einer geeigneten Testmahlzeit 61 3.2.11.1 1. Versuch zur Optimierung einer flüssigen Testmahlzeit 62 3.2.11.2 2. Versuch zur Optimierung einer flüssigen Testmahlzeit 65 3.2.11.3 3. Versuch zur Optimierung einer flüssigen Testmahlzeit 68 3.2.11.4 4. Versuch zur Optimierung einer flüssigen Testmahlzeit 72 3.2.11.5 5. Versuch zur Optimierung einer flüssigen Testmahlzeit 77 3.2.11.6 6. Versuch zur Optimierung einer flüssigen Testmahlzeit 80 3.2.11.7 7. Versuch zur Optimierung einer flüssigen Testmahlzeit 84

3.2 Ergebnisse 91

3.2.1 Screening-Test für Lipasen 91

3.2.2 Allgemeine Beobachtungen 92

3.2.3 Untersuchte Parameter im Rahmen des Screening-Tests 92

(7)

INHALTSVERZEICHNIS

---

3.2.3.1 Absolute Anflutung von Chymus (Trockensubstanz) 92

3.2.3.2 Rohfettkonzentration im Chymus 97

3.2.3.3 Absolute Anflutung von Rohfett 101

3.2.3.4 Chromoxid-Konzentration im Chymus 105

3.2.3.5 Chromoxid-Wiederfindung 106

3.2.3.6 Verhältnis der Konzentrationen von Rohfett und Chromoxid 108 3.2.3.7 Trockensubstanz-Verschwindensrate (TS-VR) 112 3.2.3.8 Rohfett-Verschwindensrate (Rfe-VR) 116 3.2.3.9 Relative Anflutung von Trockensubstanz 120 3.2.3.10 Relative Anflutung von Rohfett 121 3.2.3.11 Relative Trockensubstanz-Verschwindensrate 123 3.2.3.12 Relative Rohfett-Verschwindensrate 126

4 DISKUSSION 128

4.1 Kritik der Methoden 128

4.1.1 Anzahl der Tiere 128

4.1.2 Validierung des Schnelltests 130

4.1.3 Eignung der erstmalig angewandten Methode zur Fettbestimmung

(AnkomHCl Hydrolysis System®) 130

4.2 Erörterung der eigenen Ergebnisse 132

4.2.1 Wie muss eine Testmahlzeit beschaffen sein, um In-vivo die Wirksamkeit von Lipasen in einem Schnelltest überprüfen zu

können? 132 4.2.1.1 Modifikation des Trockensubstanz- und Rohfasergehaltes 133

4.2.1.2 Verwendung von Chromoxid als Marker 134 4.2.1.3 Einsatz eines flüssigen Markers am Vorabend des Screening-Tests 135 4.2.1.4 Stabilisierung der Testmahlzeit (Homogenisierung) 136 4.2.2 Ist es möglich, neu entwickelte Lipasen mit einer optimierten

Testmahlzeit vergleichend zu prüfen und hinsichtlich ihrer

Effektivität zu rangieren? 137

4.2.2.1 Vorteile eines Screening-Verfahrens 137

4.2.2.2 Bedeutung der relativen Flussrate für die Berechnung der

„Verschwindensrate“ 138

4.2.2.3 Beurteilung der Parameter 139

4.2.3 Korrelieren die Ergebnisse aus dem Schnelltest mit denen aus

etablierten Verdaulichkeitsversuchen? 142 4.2.3.1 Vergleich der Ergebnisse des Screening-Tests mit denen

herkömmlicher Gesamtverdaulichkeitsstudien 143 4.2.3.2 Vergleich der im Screening-Verfahren aufgestellten Rangierung mit

In-vitro-Ergebnissen 147

4.2.3.3 Kombinationsversuch 149

4.3 Ausblick 151

(8)

INHALTSVERZEICHNIS

---

4.4 Schlussfolgerungen 152

5 ZUSAMMENFASSUNG 153

6 SUMMARY 156

7 LITERATURVERZEICHNIS 159

8 TABELLENANHANG 176

(9)

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

---

Abkürzungsverzeichnis

® eingetragenes Warenzeichen

% Prozent

°C Grad Celsius

BfArM Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte BSE Bovine Spongiforme Enzephalopathie

ca crude ash (= Rohasche) cfa crude fat (= Rohfett) CF cystische Fibrose

cfi crude fibre (= Rohfaser) cp crude protein (= Rohprotein) Cr2O3 Chromoxid

d Tag

D1 niedrigste Dosierung = 500 IE D2 mittlere Dosierung = 5 000 IE D3 höchste Dosierung = 75 000 IE E1 Testlipase Nr.1

E2 Testlipase Nr.2 E3 Testlipase Nr.3 E4 Testlipase Nr.4 E5 Testlipase Nr.5

EMEA European Medicine Evaluation Agency EPI exokrine Pankreasinsuffizienz FDA Federation of Drug Administration F&E Forschung und Entwicklung

FS Fettsäure

g Gramm

Ges. Gesamt

GIT Gastrointestinaltrakt h Stunde

HF Haltungsfutter

IE Internationale Einheit (hier: pancreatic FIP Pharm. Eur. Unit) IND Investigational New Drug Application

kcal Kilokalorien

kg Kilogramm

KH Kohlenhydrat

KJ Kilojoule

KT Kontrolltier

LCFA long chain fatty acids

LFS langkettige Fettsäuren

(10)

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

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LPS Lipopolysaccharide

min Minuten

MJ Megajoule

ml Milliliter

ML Mikrolipid

MW arithmetischer Mittelwert n. F. nach Farbwechsel

NfE Stickstoff-freie Extraktstoffe

OL Olivenöl

oS organische Substanz p Irrtumswahrscheinlichkeit

PEI pancreatic exocrine insufficiency (= Exokrine Pankreasinsuffizienz) DM dry matter (= Trockensubstanz)

DR disappearence rate (= Verschwindensrate) H2O water (= Wasser)

IU international unit (= Internationale Einheit)

mM Millimolar

pH potentia hydrogenii

PK Pankreon®

PL-Tier pankreasgangligiertes Tier ppr. postprandial

Ra Rohasche

Rfa Rohfaser

Rfe Rohfett

Rp Rohprotein

SCFA short chain fatty acids STABW Standardabweichung sV scheinbare Verdaulichkeit

TS Trockensubstanz

uS ursprüngliche Substanz

VDLUFA Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten

VFA Verband Forschender Arzneimittelhersteller e. V.

VR Verschwindensrate

vs versus

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EINLEITUNG

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1

1. Einleitung

Ein Mangel an pankreatischen Verdauungsenzymen führt -zumeist infolge chronischer Pankreatitis- zum Bild der exokrinen Pankreasinsuffizienz (EPI). Folgen sind eine Malabsorption und Maldigestion der Kohlenhydrate, Proteine und besonders der Fette, wodurch das klinische Leitsymptom der EPI, die Steatorrhoe, ausgelöst wird (DIMAGNO et al. 1977).

Die aktuellen Behandlungsempfehlungen basieren auf der oralen Substitution von Verdauungsenzymen zumeist porcinen Ursprungs. Bestrebungen, Produkte mikrobiellen (fungalen bzw. bakteriellen) und biotechnologischen Ursprungs zur Marktreife weiterzuentwickeln (LAYER u. KELLER 2003), erhöhen die Vielzahl zu untersuchender Substanzen. Als Vorteile mikrobieller Präparate werden eine höhere Effizienz, ein verbesserter Verbraucherschutz sowie die Möglichkeit einer gezielten Weiterentwicklung erachtet. Mikrobiell bzw. biotechnologisch gewonnene Substanzen können im Gegensatz zu Produkten tierischen Ursprungs durch genetische Veränderung den Anforderungen entsprechend modifiziert und optimiert werden.

Zur In-vivo-Prüfung der Wirksamkeit substituierter Verdauungsenzyme wurde in zahlreichen Studien (TABELING 1998; FASSMANN 2001; HELDT 2001; MANDISCHER 2002; FUENTE-DEGE 2003; KAMMLOTT 2003; KARTHOFF 2004; BECKER 2005) das

„pankreasgangligierte, ileocaecal-fistulierte Miniaturschwein“ als geeignetes Modell etabliert. Die dazu vorgenommenen Verdaulichkeitsuntersuchungen erfordern neben einem hohen Arbeits-, Zeit- und Kostenaufwand größere Mengen der zu prüfenden Enzyme, die allerdings erst zu einem relativ späten Zeitpunkt der Entwicklung zur Verfügung stehen, woraus bei ungenügender In-vivo-Wirksamkeit erhebliche zeitliche und finanzielle Verluste resultieren können. Im Gegensatz dazu erfordern In-vitro-Tests zwar einen relativ geringen Aufwand, die Ergebnisse korrelieren jedoch oftmals nur unzureichend mit den Ergebnissen aus In-vivo-Untersuchungen. Daher besteht ein Bedarf an zeit- und kostengünstigen In-vivo-Verfahren zur Überprüfung der Wirksamkeit substituierter Enzyme unter Verwendung geringer Enzymmengen. BECKER (2005) gelang die Etablierung eines Schnelltests für Amylasen und Proteasen gemäß diesen Anforderungen.

(12)

EINLEITUNG

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2

Im Rahmen der hier vorliegenden Studie sollte ein Screening-Verfahren für Lipasen entwickelt werden, welches den oben genannten Anforderungen genügt (Einsparung von Zeit und Kosten sowie insbesondere geringer Verbrauch an dem zu prüfenden Enzym) und eine erste Einschätzung und Rangierung der In-vivo-Effizienz bisher ungeprüfter Lipasen erlaubt. Etablierte Verdaulichkeitsstudien, die deutlich aufwändiger sind und einen sehr viel höheren Enzymverbrauch bedingen, wären dann lediglich für die aufgrund der Rangierung ausgewählten, vielversprechenden Enzyme zur näheren Quantifizierung der Wirksamkeit notwendig.

Vor diesem Hintergrund sollten in der vorliegenden Arbeit folgende Fragen geklärt werden:

• Wie muss eine Testmahlzeit beschaffen sein, um In-vivo die Wirksamkeit von Lipasen in einem Schnelltest überprüfen zu können?

• Ist es möglich, neu entwickelte Lipasen mit einer optimierten Testmahlzeit vergleichend zu prüfen und entsprechend ihrer Effektivität zu rangieren?

• Korrelieren die Ergebnisse des Schnelltests für Lipasen mit denen aus etablierten Verdaulichkeitsuntersuchungen?

(13)

SCHRIFTUM

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3

2 Schrifttum

2.1 Vorbemerkung

Die vorliegende Studie entstand in Fortsetzung einer Reihe von Untersuchungen (TABELING 1998; FASSMANN 2001; HELDT 2001; MANDISCHER 2002; FUENTE- DEGE 2003; KAMMLOTT 2003; KARTHOFF 2004; BECKER 2005) am pankreasgangligierten Miniaturschwein, welches als Modell für den an exokriner Pankreasinsuffizienz erkrankten Menschen dient. Während in früheren Arbeiten dieses Projektes insbesondere die Effekte der Pankreasgangligatur auf die Verdauung der Nährstoffe und die Milieubedingungen im Gastrointestinaltrakt untersucht wurden, fokussierten sich die späteren Arbeiten vorwiegend auf methodische Fragestellungen und alternative Untersuchungsmethoden zur Beurteilung der Effizienz substituierter Enzyme.

Neben etablierten Verdauungsversuchen kamen beispielsweise Tests unter Verwendung verschiedener Blutparameter (KARTHOFF 2004) sowie ein neu entwickelter Screening- Test (BECKER 2005) zur Überprüfung der Wirksamkeit von Proteasen und Amylasen zur Anwendung.

Im Folgenden wird auf einige Aspekte der Fettverdauung sowie die Substitutionstherapie des an EPI erkrankten Menschen eingegangen, da diese die Symptome bzw. den Behandlungserfolg entscheidend mitbestimmen.

2.1.1 Beteiligung von Verdauungsenzymen verschiedenen Ursprungs an der Nährstoffspaltung

An der Digestion und Absorption der Nahrung sind bei Mensch und Tier verschiedene Organsysteme beteiligt. Neben dem Verdauungskanal selbst tragen auch die Darmanhangsdrüsen (Pankreas und Leber) entscheidend zu Abbau und Resorption der Nahrungsbestandteile bei. Für die enzymatische Spaltung der Nährstoffe sezerniert der

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SCHRIFTUM

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4

exokrine Anteil des Pankreas in erheblichem Umfang Verdauungsenzyme, die in den Azinizellen gebildet werden und über den Ausführungsgang der Bauchspeicheldrüse ins Duodenum gelangen (RINDERKNECHT 1993). Des Weiteren produziert das Pankreas in seinen Gangzellen eine natriumbikarbonatreiche Flüssigkeit (SCHARRER u. WOLFFRAM 2000), welche die in der Ingesta enthaltene Magensäure neutralisiert und die Viskosität des Chymus herabsetzt. Die Neutralisation stellt sicher, dass die pankreatischen Enzyme nicht durch die im Chymus enthaltene Säure gastralen Ursprungs denaturiert werden und im Dünndarm ein für die Aktivität der sezernierten Enzyme optimales Milieu entsteht. Es sind jedoch auch Enzyme am Abbau der Nahrung beteiligt, die nicht körpereigener Herkunft sind, sondern der intestinalen Mikroflora des Dünn- und Dickdarms entstammen (EHRLEIN 2000a, b). Der Umfang der Fermentationsvorgänge der Intestinalflora ist unter anderem abhängig von der Lokalisation (SCHARRER u. WOLFFRAM 2000), der Substratverfügbarkeit sowie der Passagerate des Substrates im Gastrointestinaltrakt (READ et al. 1984; LAYER et al. 1990; KELLER et al. 1997a; KELLER et al. 1997b;

LAYER et al. 1997). Nicht zuletzt ist auch die Dauer der Adaptation an das jeweilige Substrat für die Intensität der mikrobiellen Fermentation bedeutsam (SCHÜRCH 1969;

KIRCHGESSNER 2004).

Bei AuSCFAll einzelner Funktionen oder Organe kommt es zu teilweise schwerwiegenden Einschränkungen in der Verdauungsleistung. Infolge von Erkrankungen des Pankreas kann der Mangel pankreatischer Verdauungsenzyme zur Ausbildung einer exokrinen Pankreasinsuffizienz (EPI) führen.

2.2 Die exokrine Pankreasinsuffizienz

2.2.1 Vorkommen und Entstehung

Die exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI) entsteht beim Menschen zumeist aus einer akuten Entzündung des Pankreasparenchyms (MAYERLE u. LERCH 2001). Die Ursachen für die akute Pankreatitis sind nach LAYER und KELLER (2003) dabei vielfältig.

(15)

SCHRIFTUM

---

5

Mögliche Auslöser der akuten Pankreatitis sind nach DIMAGNO et al. 1977; PEREZ et al.

1983; LAYER et al. 1994; LEIDINGER 1997; DIMAGNO et al. 1999; KELLER et al. 2000;

DEGEN et al. 2001; FRIESS et al. 2001; DIMAGNO 2003; LAYER u. KELLER 2003:

• exzessiver Alkoholkonsum

• Mukoviszidose (Cystische Fibrose)

• infektiöse Genese

• Traumata des Pankreas

• Adenokarzinom des Ausführungsganges der Bauchspeicheldrüse (Pankreasgangobstruktionen)

• Autoimmune Genese

• Morbus Crohn

• postoperative Zustände nach gastrointestinalen Operationen, z.B.

Gastroektomien und intestinale Ektomien

• duodenale Hyperacidierungen, z.B. beim Zollinger-Ellison-Syndrom

In Deutschland erkranken jährlich 0,01- 0,046% der Bevölkerung an dieser akuten Entzündung. In ca. 1% der Fälle verläuft die Erkrankung letal, während sich aus 13-27%

der akuten Fälle eine chronische EPI entwickelt, die bei ca. 80% der Patienten durch Gallensteine oder exzessiven Alkoholkonsum ausgelöst wird (MAYERLE u. LERCH). Des Weiteren scheint die Prävalenz mit zunehmendem Alter anzusteigen (ROTHENBACHER et al. 2005). Zudem tritt die EPI bei Männern tendenziell häufiger auf als bei Frauen (ROTHENBACHER et al. 2005). In vielen Regionen der Welt stellt jedoch übermäßiger Alkoholkonsum die häufigste Ursache dar (SINGER u. MÜLLER 1995). Bei der EPI infolge eines Alkohol-Abusus tritt im Vergleich zu der idiopathischen Form (DIMAGNO 2001;

STEINBERG et al. 2003) verstärkt Schmerzhaftigkeit (AMMAN et al. 1987), Kalzifikation (HAYAKAWA et al. 1989), progressiver FunktionsauSCFAll (LAYER u. DIMAGNO 1999), Diabetes mellitus (WILLIAMS u. MINNICH 1990; RADUN et al. 1997) sowie eine erhöhte Todesrate auf (HAYAKAWA et al. 1989).

(16)

SCHRIFTUM

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6

Aber auch beim Tier sind Fälle von EPI beschrieben: So kommt beispielsweise beim Deutschen Schäferhund und beim rauhaarigen Collie eine autoimmune lymphozytäre Pankreatitis (PAA) vor (RIMAILA-PÄRÄNEN u. WESTERMARCK 1982; LEIDINGER 1997;

WIBERG 2004), die eine Atrophie der enzymproduzierenden Pankreasazini nach sich zieht. Es existieren auch Fallberichte (HASHOLT 1972; WESTERMARCK 1980; WATSON et al. 1981, LECHOWSKI et al.1991; RITCHEY et al. 1997; BROWNING 1998) über das Auftreten einer EPI bei weiteren Tierarten (Katze, Giraffe, Wellensittich und Gelbnackenamazone).

2.2.2 Folgen des Mangels pankreatischer Verdauungsenzyme

Das Fehlen pankreatischer Verdauungsenzyme infolge einer exokrinen Pankreasinsuffizienz kann nur zum Teil durch extrapankreatische Enzyme (Speichel, Magen, Dünndarmmukosa sowie Intestinalflora) kompensiert werden. Daher treten beim Krankheitsbild der exokrinen Pankreasinsuffizienz (EPI) Maldigestion und Malabsorption auf (FREUDIGER 1991). Das Ausmaß der bei einer EPI auftretenden Symptome hängt dabei erheblich von der Nährstoffzusammensetzung der aufgenommenen Nahrung ab.

Während die Verdaulichkeit der Kohlenhydrate und Proteine in wesentlich geringerem Maße reduziert ist, werden die Folgen der EPI insbesondere in einer dramatisch eingeschränkten Fettverdaulichkeit deutlich (ABRAMS et al. 1987; MÖSSELER et al.

2006a). Daraus können Steatorrhoe, Abmagerung, Konditionsverlust, Meteorismus (LÖSER u. FÖLSCH 1995), im Endstadium zusätzlich Beeinträchtigung des Glukosestoffwechsels (RADUN et al. 1997), Motilitätsstörungen des GIT (MALLINSON 1968; KNOX u. MALLINSON 1971) sowie Mangelerscheinungen an Spurenelementen und fettlöslichen Vitaminen resultieren (FREUDIGER 1971; DUTTA et al. 1982; ROBERTS 1989; WESTERMARCK et al. 1993; NAKAMURA et al. 1996; LAYER et al. 1997; RUTZ et al. 2000; LARK et al 2001; LAYER u. KELLER 2003). Die Intensität der Steatorrhoe, dem Leitsymptom der EPI, ist dabei zum einen abhängig von der Fettquantität (Relation aufgenommene Fettmenge zu residualer Lipaseaktivität), zum anderen von der Fettqualität: kurzkettige und mittelkettige Fettsäuren können beispielsweise auch in Abwesenheit pankreatischer Lipasen aufgrund ihrer hydrophileren Eigenschaften direkt

(17)

SCHRIFTUM

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7

von den Enterocyten des Dünndarms resorbiert werden (SHIAU 1987; BEITZ u. ALLEN 1993). Bei Ferkeln erreicht die Fettverdaulichkeit von Sauenmilch post natum beispielsweise Werte von bis zu 96 %, obgleich die lipolytische Aktivität des Pankreas zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig ausgeprägt ist. Die hohe Fettverdaulichkeit ist nach CRANWELL und MOUGHAN (1989) sowie JENSEN et al. (1997) neben der gastrischen Lipaseaktivität vor allem durch den hohen Anteil kurzkettiger Fettsäuren im Milchfett zu erklären.

2.2.3 Auswirkungen der EPI auf die Verdaulichkeit der Fette

Klinische Symptome einer EPI treten erst bei einem AuSCFAll von über 90% des sekretorisch aktiven Gewebes auf (DIMAGNO et al. 1973; FREUDIGER 1991). Bisher wurde angenommen, dass die physiologische Sekretionsleistung des Pankreas den Bedarf an Verdauungsenzymen um ein VieLCFAches übersteigt und daher die Verringerung der Sekretmenge lange ohne klinische Symptome bleibt (DIMAGNO et al.

1973). Neuerdings wird jedoch diskutiert, ob die hohe Sekretionsleistung eine Folge der niedrigen spezifischen Aktivität der humanen pankreatische Lipase ist (CARRIERE et al.

2005).

Physiologischerweise sind Spaltung und Resorption der meisten Nährstoffe am Ende des Dünndarms abgeschlossen (PAYNE et al. 1968; KEYS u. DEBARTHE 1974; BRAUDE et al. 1976; ZEBROWSKA et al. 1980; LEIBOLZ et al. 1986; KIES et al. 1986). Bei AuSCFAll des exokrinen Pankreas und einem daraus resultierenden Mangel pankreatischer Verdauungsenzyme sind die Kompensationsmechanismen für die Verdauung der einzelnen Nährstofffraktionen unterschiedlich ausgeprägt: Die praecaecal existierenden extrapankreatischen Enzyme (Speichel-, Magen- und Dünndarmenzyme) können das Fehlen der pankreatischen Enzyme teilweise kompensieren. Dieses gilt insbesondere bezüglich der Kohlenhydratfraktion (MÖSSELER et al. 2005), aber in gewissen Umfang auch für Proteine. Der Umfang der kompensatorischen Fettverdauung durch extrapankreatische lipolytische Enzyme ist jedoch deutlich geringer (ABRAMS et al. 1987).

Durch die beträchtliche Einschränkung der Fettverdaulichkeit manifestiert sich die EPI zuerst in der Ausbildung einer Steatorrhoe als Ausdruck der Fettmalabsorption (DIMAGNO

(18)

SCHRIFTUM

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8

et al. 1977). Die vergleichsweise frühe Beeinträchtigung der Fettverdauung und das Einsetzen der Steatorrhoe wird vor allem der Empfindlichkeit der Lipasen, insbesondere gegenüber reduzierten pH-Werten infolge der EPI (DIMAGNO et al. 1977; REGAN et al.

1977; STERNBY et al. 1992; LAYER et al. 2001) und gegenüber vorzeitiger Zerstörung durch endogene Proteasen zugeordnet (THIRUVENGADAM u. DIMAGNO 1988; LAYER et al. 1990). Bei den an EPI erkrankten Menschen ist dennoch eine Fettverdaulichkeit von bis zu 30% beschrieben, die durch die kompensatorisch gesteigerte Aktivität der gastrischen Lipase erklärt wird (MOREAU et al. 1988; STERNBY et al. 1992; CARRIERE et al. 1993; CARRIERE et al. 2005). Dennoch ist durch die extrapankreatischen Lipasen (weder durch linguale noch gastrische Lipasen) keine vollständige Kompensation des AuSCFAlls der pankreatischen Lipasen möglich. Nach STERNBY et al. (1992) existiert zudem kein triglyceridspaltendes Enzymsystem an der Bürstensaummembran. Der niedrige luminale pH-Wert infolge des Bicarbonatmangels bei Vorliegen einer EPI begünstigt durch Ausfällung der Gallensalze zusätzlich die Fettmalabsorption (REGAN et al. 1977; NAKAMURA et al. 1994).

Die bei einer EPI auftretenden Maldigestion und Malabsorption führen zu einem Anstieg der Nährstoffkonzentrationen im Chymus, die am Ileumende in den Dickdarm übertreten und damit einen erhöhten Nährstoffeinstrom im Dickdarm nach sich ziehen (TABELING 1998; MÖSSELER et al. 2006a,b). Dieser bedingt eine forcierte mikrobielle Fermentation, die – verglichen mit dem Abbau durch körpereigene Enzyme - zu energetischen Verlusten führt (KAMPHUES et al. 2004). Der erhöhte Nährstoffeinstrom bedingt Veränderungen der Zusammensetzung der mikrobiellen Flora, insbesondere im Dickdarm (LAYER et al. 1986;

LADAS et al. 1993; LÖSER u. FÖLSCH 1995; LAYER u. KELLER 1999). Die entstehenden Fermentationsprodukte können dabei einerseits von Nutzen (FFS), andererseits (z.B. Ammoniak) aber auch eine Belastung für den Stoffwechsel des Tieres darstellen (TABELING 1998).

Oben genannte Veränderungen konnten wiederholt auch an Schweinen mit experimentell ausgelöster EPI bestätigt werden (TABELING 1998; HELDT 2001; FUENTE-DEGE 2003).

(19)

SCHRIFTUM

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9 2.3 Therapie der EPI

2.3.1 Enzymatische Substitutionstherapie in der EPI-Therapie

Da unabhängig von der Ätiologie bei Vorliegen einer EPI ein absoluter Mangel an Verdauungsenzymen vorliegt, besteht die Behandlung der Wahl, sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin, seit Jahrzehnten in der oralen Substitution von Verdauungsenzymen. Der Therapieansatz verfolgt vor allem den Ersatz bzw. die Ergänzung der fehlenden Enzyme, insbesondere die Erzielung einer ausreichenden Lipaseaktivität im Dünndarm (LÖSER u. FÖLSCH 1995). Besonders die deutliche Einschränkung der Fettverdaulichkeit kann in den meisten Fällen durch entsprechenden Enzymeinsatz korrigiert werden. Folglich bildet sich auch das klinische Bild der Steatorrhoe zurück (PAP et al. 1990; LAYER u. KELLER 2003). Durch die empfohlene Verabreichung eines porcinen Multienzympräparates mit 25.000 - 40.000 IE lipolytischer Aktivität, 1.700-2.700 IE proteolytische Aktivität sowie 25.000 - 40.000 IE amylolytische Aktivität pro Mahlzeit (LAYER u. HOLTMANN 1994; LAYER et al. 2001) wird eine signifikante Verbesserung der Fett-, Protein- und Stärkeverdaulichkeit erreicht (RADUN et al. 1997; LAYER u. KELLER 2003). Trotz deutlicher Steigerung der Fettverdaulichkeit kann jedoch nicht von einer Normalisierung der Fettverdaulichkeit gesprochen werden, da auch nach Enzymsubstitution die Fettverdaulichkeit die bei gesunden Individuen ermittelten Werte von ca. 95% (KOLBEL et al. 1986) nicht erreicht. Die Supplementierung beeinflusst zusätzlich die Verdaulichkeit fettlöslicher Vitamine (KARTHOFF 2004) und zahlreicher Mineralstoffe (KAMMLOTT 2003) durch Verminderung der Seifenbildung sowie Verbesserung der Micellenbildung positiv. Dadurch wird ein Anstieg der Resorptionsraten erzielt, die aber meist weiterhin unter dem Niveau gesunder Individuen bleiben (KARTHOFF 2004).

(20)

SCHRIFTUM

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10

2.3.2 Indikationen für den Einsatz von Enzymen bei Vorliegen einer EPI

Ein therapeutisches Eingreifen ist nach LANKISCH (1993), MÖSSNER (1994), LÖSER u.

FÖLSCH (1995) stets dann erforderlich, wenn klinische Symptome einer EPI, insbesondere Steatorrhoe, auftreten. Auch in der postoperativen Phase nach Eingriffen am GIT werden Enzyme zur Entlastung supplementiert, da exogen zugeführte Pankreasenzyme die Sekretion des Pankreas reduzieren (WALKOWIAK et al. 2003). Bei schmerzhaften Zuständen des Pankreas, die vorwiegend in Zusammenhang mit Entzündungsreaktionen auftreten, ist eine Enzymsubstitution im Sinne einer

„Schmerztherapie“ angezeigt (SLAFF et al. 1984), da infolge von Feedback-Mechanismen die endogene Enzymsekretionsrate sinkt, wodurch eine Druckverminderung im Pankreas entsteht (DOBRILLA 1989; LEBENSTHAL et al. 1994).

2.3.3 Diätetik

Unterstützend zur Substitutionstherapie werden Diäten mit leichtverdaulichen Fetten (kurzkettige und mittelkettige Fettsäuren; BRUNO et al. 1995; RADUN u.

MALFERTHEINER 1996; SOMMER 1997) und die Aufnahme zahlreicher kleinerer Mahlzeiten empfohlen (READ et al. 1984). Die Substitution fettlöslicher Vitamine ist ebenfalls angezeigt (GOODCHILD u. DODGE 1986; DODGE et al. 1990). Zusätzlich wird empfohlen, die Fettmenge zugunsten des Kohlenhydratanteils in der Diät zu reduzieren (BOIVIN et al. 1990); ausgenommen davon sind Patienten mit Cystischer Fibrose (Mukoviszidose), für die bei reduziertem Fettgehalt der Nahrung eine ausreichende Energieversorgung oftmals nicht sichergestellt werden kann (HEYMANS 1989; KAWCHAK et al. 1996).

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2.3.4 Einsatz von Multi- und Monoenzympräparaten in der Therapie der EPI

Die Enzympräparate in der Substitutionstherapie zur Behandlung der EPI werden in Multi- und Monoenzympräparate eingeteilt. Multienzympräparate enthalten mindestens zwei Enzyme, zumeist jedoch alle drei Gruppen von Verdauungsenzymen (Lipasen, Proteasen und Amylasen), während Monoenzympräparate nur eine Enzymgruppe (z.B. Lipasen) beinhalten. Für die Bewertung von Enzympräparaten für die Substitutionstherapie bei EPI ist vor allem die lipolytische Aktivität maßgebend (SHAW u. BARBEZAT 1982).

Des Weiteren ist eine Differenzierung bezüglich der Herkunft möglich: Es wird unterschieden zwischen Produkten tierischen (porcinen und bovinen) und mikrobiellen (fungal und bakteriell) Ursprungs. Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft die Entwicklung und Herstellung von Enzymen unter Verwendung der Gentechnik an Bedeutung gewinnt, so dass diese zukünftig in der EPI-Behandlung an Bedeutung gewinnen dürften (LAYER u. KELLER 1999; LANKISCH 2001).

2.3.4.1 Multienzympräparate

In neueren Behandlungsempfehlungen (LAYER u. KELLER 2003) wird eine orale Supplementationstherapie unter Verwendung eines Multienzymproduktes, einer Kombination proteolytisch, amylolytisch und lipolytisch wirksamer Substanzen, befürwortet. In der Therapie der EPI ist der Einsatz pankreatischer Multienzymprodukte eine etablierte und bewährte Vorgehensweise, wobei bislang fast ausschließlich Produkte porciner Herkunft eingesetzt werden.

Enzyme porcinen Ursprungs:

Die überwiegende Zahl der Multienzymprodukte zur Substitutionstherapie bei EPI besteht aus einem aufgereinigtem Extrakt von Pankreasgewebe porcinen Ursprungs. Das porcine Pankreassekret ist dem des Menschen in seiner Zusammensetzung sehr ähnlich (MOUGHAN et al. 1994) und eignet sich somit in besonderem Maße. Daher sind auf dem Markt eine Vielzahl verschiedener Produkte aus porcinem Pankreasextrakt in

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unterschiedlichen galenischen Zubereitungen und Dosierungen erhältlich wie beispielsweise Cotazym®, Pankrease®, Ultrase®, Viokase®, Panzyat®, Enzym-Lefax®, Ku- Zymase®, Ilozymase®, Panokase®, Kreon® und Pankreon®. Multienzymprodukte gehören zu den derzeit am weitesten verbreiteten Enzympräparaten der Substitutionstherapie. Die Einnahme der Präparate führt zumeist zur Verminderung der Steatorrhoe (GRAHAM 1977;

SCHNEIDER et al. 1985; KOLBEL et al. 1986). Die Enzyme werden nach Denaturierung durch Verdauungssäfte oder nach bakteriellem Abbau mit den Faeces ausgeschieden (GRAHAM 1977; LÖSER u. FÖLSCH 1991; LAYER u. KELLER 2003). Die Kombination porciner Pankreasextrakte mit H2-Blockern oder Protonen-Pumpen-Hemmern verbessert bei zusätzlich vorliegender Hyperacidierung des Magens den Therapieerfolg aufgrund der pH-Wert-Erhöhung (DOBRILLA 1989; LAYER u. KELLER 2003; PROESMANS u. DE BOECK 2003). Zum Schutz der Enzyme vor Denaturierung im Magen wird auch der Einsatz gecoateter Enzyme empfohlen, die erst bei einem pH-Wert von > 6 freigesetzt werden (LAYER u. KELLER 2003).

Enzyme bovinen Ursprungs:

In bestimmten Bevölkerungsgruppen ist die Akzeptanz von Produkten porcinen Ursprungs aus religiösen Gründen (z.B. im Islam und im Judentum) sehr gering. Eine potentielle Alternative in der Therapie der EPI bietet der Einsatz boviner Pankreasenzyme (LAYER u.

KELLER 2003). Die Zusammensetzung des Pankreassaftes der Wiederkäuer (als Herbivor) ist jedoch sehr divergent zu der des Menschen. Studien ergaben eine lipolytische Aktivität boviner pankreatischer Enzymextrakte von nur 25% im Vergleich zu porcinen (LAYER u. KELLER 2003). Demzufolge müssen wesentlich höhere Enzymmengen zugeführt werden, um vergleichbare Wirkungen zu erreichen. Daher ist der therapeutische Nutzen boviner Pankreasprodukte limitiert. Zusätzlich tragen insbesondere in der westlichen Welt Bedenken über Kontamination mit übertragbaren Pathogenen (z.B.

BSE) zur geringen Verbreitung boviner Multienzympräparate bei (LAYER u. KELLER 2003).

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Nachteile der Substitutionstherapie eingesetzter Multienzymprodukte:

Obgleich porcine Multienzymprodukte heute die Therapie der Wahl darstellen, werden zukünftig vermutlich vermehrt „alternative Enzymquellen“ zum Einsatz kommen. Denn trotz der marktbeherrschenden Stellung der porcinen Multienzymprodukte bestehen Nachteile in der Gewinnung und Zubereitung aus Schlachtkörpern:

Einerseits besteht aufgrund des möglichen Auftretens von Zoonosen bzw. aus seuchenhygienischer Sicht das Bestreben, alternative Therapieansätze zu Medikamenten tierischen Ursprungs zu verfolgen. In den letzten Jahren standen wiederholt Tierseuchen, wie beispielsweise BSE und MKS, im Interesse der Öffentlichkeit, woraufhin die Verbrauchereinstellung und die öffentliche Meinung gegenüber Produkten tierischer Herkunft insgesamt kritischer wurden (Zwischenruf: Leibniz Gemeinschaft, Umweltforschung für politische Praxis, Heft 2/2005). So wird vermutet, dass die Zurückhaltung der Bevölkerung gegenüber Produkten tierischer Herkunft nicht nur Lebensmittel, sondern auch Medikamente betrifft. Des Weiteren ist es trotz erheblicher technologischer Fortschritte weiterhin nicht gelungen, eine standardisierte Produktion, die eine gleichbleibende Qualität und Aktivität der Enzyme sicherstellt, zu garantieren (LEBENTHAL et al. 1994). Mängel in der Qualitätssicherung ergeben sich durch die eingeschränkte Lagerstabilität tierischer Produkte sowie durch große Chargenunterschiede bezüglich der Enzymaktivitäten (pers. Mitteilung GREGORY 2006).

Vermutlich abhängig von der letzten Fütterung, eventuell auch von der Futterzusammensetzung und tierindividuellen Unterschieden ist der Gehalt an Enzymen, der aus dem Pankreas von Schlachttieren gewonnen werden kann, großen Schwankungen unterworfen (PEKAS et al. 1964; ZABIELSKI et al. 1993, 1997). Um dennoch möglichst gleichbleibende Enzymaktivitäten sicherzustellen (LEBENTHAL et al.

1994), müssen große Pankreasextraktmengen miteinander vermengt werden (pers.

Mitteilung GREGORY 2006). Dabei ergibt sich die Schwierigkeit, die Kontamination großer Pankreasmengen durch einzelne verunreinigte Proben bzw. Chargen (z.B. Parvoviren) auszuschließen. Dieser Ausschluss wird jedoch von den Zulassungsbehörden in zunehmendem Maße gefordert, sogar für bisher unbekannte Krankheitserreger (z.B.

Tansmissible-spongiforme-Enzephalopathie-Erreger). Bei den sich verschärfenden Zulassungskriterien könnten sich in der Zukunft als Folge dieser Nachweislücke

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argumentatorische Probleme in Zulassungsverfahren ergeben. Hinzu kommt, dass Enzyme tierischen Ursprung, im Gegensatz zu gentechnisch veränderbaren mikrobiellen Produkten, keine bzw. in deutlich geringerem Umfang Modifikationsmöglichkeiten bieten (z.B. die Veränderung des pH-Wert-Toleranzbereiches) und somit einer erwünschten Steigerung der Wirksamkeit Grenzen gesetzt sind. Letztlich ist es auch wegen ethischer Vorbehalte bestimmter religiöser Gruppierungen gegenüber der Einnahme von Medikamenten porcinen Ursprungs wünschenswert, alternative Enzymquellen zu erschließen, zu nutzen und auf dem Weltmarkt anzubieten.

2.3.4.2 Monoenzympräparate

Im Folgenden sollen zum Teil neue Ansätze zur Behandlung der EPI vorgestellt werden, die sich in unterschiedlichem Stadien der Entwicklung bzw. Ausreifung befinden und in der Zukunft Ergänzungen bzw. Alternativen zu Enzymprodukten tierischer Herkunft darstellen könnten. Enzyme biotechnologischen Ursprungs weisen aufgrund der Produktion unter standardisierten Bedingungen vor allem Vorteile in Bezug auf die Homogenität des Produktes, der standardisierten Aktivität aber auch bezüglich Hygiene und Verbraucherschutz auf. Außerdem werden durch diese Präparate auch für Gruppen mit ethischen Ressentiments gegenüber porcinen Produkten (s. o.) therapeutische Möglichkeiten mit entsprechender Akzeptanz geschaffen. Sie werden bisher als Monoenzymprodukte verwendet.

An dieser Stelle soll lediglich auf Lipasen näher eingegangen werden. Nach LAYER u.

KELLER (2003) können die Enzyme entsprechend ihrem Ursprung unterteilt werden in:

ƒ Enzyme fungalen Ursprungs

ƒ Enzyme bakteriellen Ursprungs

ƒ Enzyme humanen Ursprungs

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15 Enzyme fungalen Ursprungs:

Verschiedene Pilze (z.B. Rhizopus arrhizus und Aspergillus niger) produzieren lipolytisch wirksame Enzyme. Ein wesentlicher Vorteil fungaler Lipasen gegenüber den Enzymen tierischer Herkunft ist ihre zumeist beachtliche Säurestabilität und hohe Aktivität in einem weiten pH-Wert-Bereich (z.B. Rhizopus arrhizus: pH-Optimum nach MOREAU et al.

(1988) zwischen 3,5-7,4), die eine Magenpassage ohne wesentlichen Aktivitätsverlust ermöglicht (POINTER u. FLEGEL 1975), so dass auf ein Coating verzichtet werden könnte (SUZUKI et al. 1997; LAYER u. KELLER 2003). Des Weiteren ist zur Entfaltung der lipolytischen Aktivität keine Aktivierung durch Colipasen notwendig (LAYER u. KELLER 2003). Ein Nachteil besteht bisher jedoch in der sehr schnellen Inhibition fungaler Enzyme durch Gallensalze (MOREAU et al. 1988; RAIMONDO u. DIMAGNO 1994) und Proteasen (MOREAU et al. 1988; THIRUVENGADAM u. DIMAGNO 1988). Infolgedessen können die Lipasen ihre Wirksamkeit im Duodenum, wo die Absorption der Lipolyseprodukte maximal ausgeprägt ist (LAYER u. KELLER 2003), nicht optimal entfalten. Fungale Lipasen wirken also hauptsächlich im Magen und konnten infolge ihrer geringen In-vivo-Aktivität bisher nicht als Alternative zu porcinen Präparaten etabliert werden (SCHNEIDER et al. 1985;

MOREAU et al. 1988; ZENTER-MUNRO et al. 1992; FASSMANN 2001; MANDISCHER 2002; FUENTE-DEGE 2003; HELDT 2003). Sollte die Produktion gallensalzstabiler Mutanten gelingen, könnten fungale Lipasen eine größere Rolle in der EPI-Behandlung erlangen (pers. Mitteilung GREGORY 2006).

Enzyme bakteriellen Ursprungs:

Bakterien wie Burkholderia plantarii bilden Enzyme mit lipolytischer Aktivität. Diese weisen eine um 100-fache höhere spezifische Aktivität auf als porcines Pankreasextrakt, so dass die Menge des verabreichten Enzyms um 99% reduziert werden könnte (SUZUKI et al.

1997, 1999). Um vergleichbare Effekte zu erlangen, müssten Patienten nur noch wenige Milligramm statt wie bisher mehrere Gramm des Enzymproduktes bzw. -präparates zu sich nehmen. Dieses würde beispielsweise Mukoviszidosepatienten entlasten, die sich infolge des generalisierten Leidens einer Vielzahl von Behandlungen gleichzeitig und dauerhaft unterziehen müssen. Demzufolge ist gerade für CF-Patienten eine geringere Tablettenzahl

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bei gleicher Wirksamkeit (GRIFFIN et al. 1989; MORRISON et al. 1992; SANTINI et al.

2000) von größtem Interesse.

Zudem gelten bakterielle Enzyme sowohl als säurestabil gegenüber einer Denaturierung im Magen (großer pH-Wert-Toleranzbereich) und durch Proteasen, als auch als stabil gegenüber Gallensalzen (RAIMONDO u. DIMAGNO 1994). Sowohl in In-vitro-, als auch in ersten In-vivo-Experimenten mit Hunden erwiesen sie sich den porcinen Enzymen in Bezug auf ihre lipolytische Wirksamkeit überlegen (SUZUKI et al. 1999). Daraus leitet sich die Hoffnung ab, in näherer Zukunft potente Alternativen zu den Enzymen tierischer Herkunft entwickeln zu können (MÖSSNER 1994; LÖSER u. FÖLSCH 1995; LAYER u.

KELLER 2003).

Enzyme humanen Ursprungs:

• Gentransfer:

In der Zukunft könnte eine Expression der pankreatischen Lipase im hepatobiliären System von EPI-Patienten möglich werden. Die pankreatischen Lipasegene sind bereits In-vitro in einer menschlichen Gallenblasenzellinie expremiert worden, indem ein rekombiniertes Adenovirus als Carrier benutzt wurde (KUHEL et al. 2000). Auch ex vivo gelang die Expression in der Gallenblase eines Schafes, In-vivo erfolgte sie zudem in den Gallengängen von Ratten (MAEDA et al. 1994, KUHEL et al. 2000). Bei allen diesen Versuchen gelang eine Produktion von humaner pankreatischer Lipase, ohne dass sie im Serum nachgewiesen werden konnte, also keine unerwünschte Sekretion der Enzyme ins Blut stattfand.

• biotechnologisch hergestellte Enzyme:

Nach LÜTHEN u. NIEDERAU (1994) und VILLE et al. (2002) stellt der Einsatz einer gastrischen Lipase als EPI-Therapeutikum einen interessanten Aspekt dar. Die ektopische, synthetische Herstellung einer säurestabilen humanen gastrischen Lipase könnte deren Einsatz in der Substitutionstherapie ermöglichen und damit eine weitere Alternative zu Enzymprodukten tierischer Herkunft darstellen (LÖSER u. FÖLSCH 1995; LAYER u. KELLER 1999; LANKISCH 2001).

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17 2.4 Entwicklung neuer Enzymprodukte

2.4.1 Wirkstoffneuentwicklung in der Pharmazeutischen Industrie

Die Entwicklung eines neuen Medikamentes bedeutet für ein pharmazeutisches Unternehmen ein immer zeit- und kostenintensiver werdendes Unterfangen (GRABOWSKI 2004). Die mittleren Kosten einer Neuentwicklung für den humanmedizinischen Markt belaufen sich auf ca. 500-800 Millionen US-Dollar für einen neuen Wirkstoff (KUMAR et al.

2001; VFA-Statistics 2005). Dabei entfallen ca. 70% der Gesamtsumme auf abgebrochene Entwicklungsprojekte (HINZE et al. 2001). Der Entwicklungszeitraum beträgt ab dem Zeitpunkt der Entdeckung einer Substanz im Mittel 12 Jahre (VFA-Statistics 2005). In Europa wurden 2002 16 % des Umsatzes der Pharmazeutischen Industrie in Forschung und Entwicklung (F&E) re-investiert. Die F&E-Ausgaben der Pharmazeutischen Industrie der USA, Japans und Europas belaufen sich zusammen auf insgesamt 58 Milliarden US Dollar (VFA-Statistics 2005). Während seit den siebziger Jahren die F&E-Aufwendungen der OECD von 5 % auf 10 % anstiegen, sanken die Forschungsinvestionen der Pharmazeutischen Industrie in Deutschland im gleichen Zeitraum von 6,5 % auf unter 5 % (OECD, ANBERD DATABASE; VFA-Statistics 2005).

Forschung und Entwicklung

Nachfolgend soll die Vorgehensweise in der Pharmazeutischen Industrie während einer Produktneuentwicklung dargestellt werden, um den Nutzen beschleunigter und vereinfachter Verfahren besonders in der In-vivo-Phase zu verdeutlichen.

Vorbemerkung: Notwendigkeit der Entwicklung eines In-vivo-Verfahrens zur Testung von Lipasen

Während sich die Entwicklung von pankreatischen Enzymprodukten in den vergangenen Jahrzehnten fast ausschließlich auf die Optimierung der galenischen Zubereitung von porcinen Pankreaspräparationen bzw. Extrakten beschränkte, werden in jüngster

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Vergangenheit neue Ansätze erkennbar, die als Alternativen erforscht und weiter entwickelt werden (s. o.: fungale und bakterielle sowie gentechnisch oder biotechnologisch hergestellte humane Lipase). Infolge der VieLCFAlt der Enzyme unterschiedlicher Herkunft und der Möglichkeit der Entwicklung verschiedener biotechnologischer Varianten entsteht in Zukunft eine Vielzahl zu testender Enzyme. Daher besteht mehr denn je das Interesse und der Bedarf nach einem zeit- und materialsparendem In-vivo Verfahren zur Testung einer Vielzahl von Substanzen, beispielsweise durch die Entwicklung von In-vivo Screening-Verfahren, wie sie bereits für Amylasen und Proteasen entwickelt wurden (BECKER 2005). Ein In-vivo Screening-Verfahren zur Testung von Lipasen steht bisher jedoch noch nicht zur Verfügung.

2.4.2 Ablauf bzw. Phasen einer Wirkstoffneuentwicklung

2.4.2.1 Anfangsphase

Am Anfang eines neuen Entwicklungsprozesses steht im Allgemeinen die Suche nach einem so genannten „Target“, dem Angriffspunkt im Krankheitsgeschehen, an dem ein Medikament ansetzen könnte. Im Fall der EPI bedeutet dieses die Suche nach Enzymen, die möglichst wirkungsvoll die Spaltung der Nährstoffe anstelle der fehlenden körpereigenen Pankreasenzyme übernehmen.

Eine Vielzahl grundsätzlich bzw. theoretisch in Betracht kommender Substanzen wird zunächst mittels In-vitro-Testsystemen getestet. In den letzten zehn Jahren wurden für diese Aufgabe hocheffiziente, z.T. vollautomatische In-vitro-Hochdurchsatz-Verfahren („High-throughput Screenings“) entwickelt. Bei den hochtechnologisierten Verfahren werden Roboter eingesetzt, die bis zu zwei Millionen chemischer Stoffe pro „Target“ testen (HINZE et al. 2001). Jede Substanz, die einen gewünschten Effekt erzielt, wird daraufhin als „Hit“ bzw. „Treffer“ bezeichnet (LÖSCHER 2006, Vortrag).

Für einen „Hit“ gibt es auf dem Weg zur Markteinführung jedoch neben der Effektivität sehr viele weitere Bedingungen, von deren Erfüllung eine Weiterentwicklung abhängt, beispielsweise möglichst geringe bzw. fehlende Toxizität, Teratogenität und Genotoxität.

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Von den ca. 5 000-10 000 Substanzen mit positiven Effekten werden in zunehmendem Maße durch molekularbiologische und gentechnische Verfahren verschiedene Varianten erzeugt, um ihre Eigenschaften gezielt zu verbessern; Computerprogramme werden unterstützend eingesetzt, um diese Eigenschaften vorherzusagen. Die optimierten Varianten, auch als Leitstrukturen oder „leads“ bezeichnet (HINZE et al. 2001; LÖSCHER 2006, Vortrag), werden erneut getestet und gegebenenfalls weiter verbessert. Nach mehreren „Optimierungsrunden“ steht im bestmöglichen Fall eine Substanz zu Verfügung, die als Wirkstoffkandidat zum Patent angemeldet wird (VFA-Statistics 2005).

2.4.2.2 Die vorklinische Entwicklungsphase

In der nun folgenden, ca. 3-5 Jahre dauernden vorklinischen Entwicklungsphase (JONES 1999) wird die Metabolisierung der Substanz im Gesamtorganismus erforscht. Unter anderem wird geprüft, ob die Substanz den Krankheitsverlauf im Körper, d.h. In-vivo, tatsächlich positiv beeinflusst. Daher erfolgen in dieser Phase In-vivo-Untersuchungen zur Wirksamkeit an Versuchstieren, wobei parallel auch toxikologische Studien, ebenfalls In- vivo, durchgeführt werden. Bisher werden zur Überprüfung der Wirksamkeit substituierter Enzyme mittels In-vivo-Verdaulichkeitsstudien im Modelltier Schwein (mit experimentell ausgelöster EPI) mehrere Kilogramm des zu prüfenden, neuen Enzyms benötigt. Für die In-vitro-Verfahren werden hingegen lediglich wenige Milligramm bis Gramm pro Test benötigt. In der Gesamtheit der notwendigen Analysen liegt der In-vitro-Bedarf je nach Enzym in einem Bereich einiger Kilogramm (POTTHOFF 2006, persönliche Mitteilung).

Allerdings ist die Herstellung entsprechender Mengen in der vorklinischen Phase schwierig, da zumeist weder industrielle Produktionsverfahren noch großtechnische Produktionseinheiten zu Verfügung stehen.

Dennoch wird der möglichst frühe Einsatz von Substanzen – in diesem Falle Enzymen – in In-vivo-Testsystemen aus folgenden Gründen angestrebt:

Zwischen In-vitro- und In-vivo-Ergebnissen bestehen zum Teil erhebliche Unterschiede in der Bewertung der Wirksamkeit verschiedener „potentieller Wirkstoff-Kandidaten“.

Demzufolge ist die Übertragung der Ergebnisse von In-vitro-Tests auf In-vivo-Tests nicht unproblematisch. Um also die Wirksamkeit der zu testenden Enzyme frühzeitig

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einschätzen zu können, ist es notwendig, die Korrelation der In-vivo- und In-vitro- Ergebnisse zu verbessern. Vorteilhaft wäre es, In-vitro-Verfahren zu etablieren, die schon vor Einsatz des Testenzyms im Tier zu vergleichbaren Bewertungen gelangen. Infolge mangelhafter Simulationsmöglichkeit der Resorptionsvorgänge im Darm konnten mit bisher eingesetzten In-vitro-Methoden, wie z.B. TIM®, Rustitec®, Cositec®, Daisy® oder HFT®, nur teilweise zufrieden stellende Ergebnisse erzielt werden (SCHÜRCH 1969, DREYER 1989). In jüngster Vergangenheit sind allerdings Fortschritte bei der In-vitro / In- vivo-Korrelation bezüglich vergleichender Untersuchungen zur Effektivität von Monoenzymen gelungen (BECKER 2005). Dennoch wird es auch in Zukunft nicht möglich sein, auf Tierversuche zu verzichten (KIRCHGESSNER 1992; KAMPHUES 2004). Durch einen möglichst frühzeitigen Einsatz im Tier während des Entwicklungsprozesses können ungeeignete Präparate von der weiteren Entwicklung ausgeschlossen werden, so dass eine gezielte und selektive Weiterentwicklung Erfolg versprechender Substanzen ermöglicht wird.

2.4.3 In-vivo-Studien am pankreasgangligierten Miniaturschwein als Modell für den an EPI erkrankten Menschen

Das Schwein ist nach Einschätzung vieler Autoren das am Besten geeignete Modelltier für den Menschen zur Durchführung von ernährungsphysiologischen Studien (POND u.

HOUPT 1978; RERAT 1983; FLEMING u. WALEWSKI 1984 und FLORES et al. 1988).

Grund dafür ist die Ähnlichkeit mit dem Menschen im Bezug auf anatomische Verhältnisse im Gastrointestinaltrakt (GIT), Verdauungsphysiologie sowie Nährstoffbedarf (BOOK u.

BUSTAD 1974; POND u. HOUPT 1978). Hinzu kommen Übereinstimmungen bezüglich der omnivoren Ernährungsweise, der Nahrungsaufnahmerhythmik und der Körpermasse (STEVENS 1977; PARRA 1978; ABELLO et al. 1989; DESPORT et al. 1997).

Zur Untersuchung der Auswirkungen von Erkrankungen bzw. FunktionsauSCFAll des exokrinen Pankreas wurde das In-vivo-Modell „pankreasgangligiertes Miniaturschwein“

etabliert. Dieses Modell wurde bereits in zahlreichen Studien zu Untersuchungen der Effekte der EPI auf die Verdaulichkeit von Nährstoffen und der Überprüfung der Effekte

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einer Enzymsubstitution eingesetzt (TABELING 1998; FASSMANN 2001; HELDT 2001;

MANDISCHER 2002; FUENTE-DEGE 2003; KAMMLOTT 2003; KARTHOFF 2004;

BECKER 2005). Die Ligatur des Ausführungsganges des Pankreas bedingt eine Atrophie und bindegewebige Durchsetzung des Parenchyms (RAHKO et al. 1987), in deren Folge die Produktion und Sekretion von pankreatischen Verdauungsenzymen zum Erliegen kommt; bemerkenswerter Weise bleibt jedoch die endokrine Funktion (Insulinproduktion) des Pankreas beim Schwein bestehen (PITÄRANTA et al. 1989). Im Gegensatz zu anderen Spezies (z.B. Mensch und Hund) wird bei Pankreasgangligatur beim Schwein kein Diabetes mellitus provoziert (ANDERSON u. ASH 1971; RAHKO et al. 1987;

BERKHOFF et al. 1988; PITÄRANTA et al. 1989), so dass die Versuchsergebnisse nicht von einer diabetischen Stoffwechsellage beeinflusst werden. Unter Verwendung von pankreasgangligierten Minischweinen mit ileo-caecaler Umleitungsfistel besteht folglich die Möglichkeit, den Einfluss der EPI sowohl auf praecaecale als auch auf postileale Verdauungsprozesse zu quantifizieren (TABELING 1998; FASSMANN 2001; HELDT 2001; MANDISCHER 2002; FUENTE-DEGE 2003; KAMMLOTT 2003; KARTHOFF 2004;

BECKER 2005). Durch Bestimmung der Verdaulichkeit der Nährstoffe bei supplementierten und unsupplementierten Individuen kann unter Verwendung dieses Modells die Wirksamkeit verschiedener Enzympräparate bzw. verschiedener galenischer Zubereitungen vergleichend untersucht werden (TABELING 1998; FASSMANN 2001;

HELDT 2001; MANDISCHER 2002; FUENTE-DEGE 2003; KAMMLOTT 2003;

KARTHOFF 2004; BECKER 2005). Da es sich hierbei zumeist um Studien handelte, in denen das Schwein als Modelltier für den Menschen eingesetzt wurde, orientierte sich die verwendete Nahrung (d.h. das Futter) oftmals an der Humanernährung (MANDISCHER 2002; KAMMLOTT 2003; KARTHOFF 2004).

2.4.3.1 Methoden der Verdaulichkeitsbestimmung zur Bewertung der Wirksamkeit von Enzympräparaten

In vorangegangenen Studien des Projektes pankreasgangligiertes Minischwein wurde die Effektivität verschiedener Enzymprodukte durch Untersuchungen zur Verdaulichkeit von Nährstoffen im pankreasgangligierten Tier geprüft (TABELING 1998; FASSMANN 2001;

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HELDT 2001; MANDISCHER 2002; FUENTE-DEGE 2003; KAMMLOTT 2003;

KARTHOFF 2004; BECKER 2005). Dabei wurde die Effektivität eines Enzyms danach bewertet, inwieweit durch dessen Substitution die bei pankreasgangligierten Tieren reduzierte Verdaulichkeit der Nährstoffe (bzw. des entspr. Nährstoffes) verbessert bzw.

evtl. sogar auf das Niveau von Kontrolltieren angehoben werden konnte.

Grundsätzlich stehen zur Bestimmung der Verdaulichkeit verschiedene Verfahren zur Verfügung:

ƒ Kollektionsmethoden:

quantitativ vollständige Sammlung von Chymus einer gewählten Lokalisation im GIT / Faeces über einen definierten Zeitraum

ƒ Indikatormethoden:

durch Einsatz eines nicht resorbierbaren Markers kann aufgrund von Konzentrationsänderungen zwischen resorbierbaren Nährstoffen und nicht resorbierbarem Marker an gewählter Lokalisation im GIT die bis zur entsprechenden Lokalisation erreichte Verdaulichkeit kalkuliert werden („Spot- Sampling“)

Die Verdaulichkeit einer Ration bzw. eines Nährstoffes kann - unabhängig von der verwendeten Methode - in verschiedenen Abschnitten des GIT bestimmt werden. Dafür wird, je nach Fragestellung, Probenmaterial aus verschiedenen Lokalisationen des GIT gewonnen (z.B. über Fisteln).

Die am weitesten verbreiteten Methoden der Verdaulichkeitsbestimmung beim Schwein (bezogen auf die Lokalisation der Kollektion des Probenmaterials) sind:

1. Bestimmung der Gesamtverdaulichkeit

2. Bestimmung der praecaecalen Verdaulichkeit

Die Bestimmung der Verdaulichkeit eines Nährstoffes über den gesamten Verdauungstrakt („Gesamtverdaulichkeit“) eignet sich nur eingeschränkt für die

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Untersuchung der Wirksamkeit substituierter pankreatischer Enzyme. Die Verdauung von Proteinen, Fetten und den meisten Kohlenhydraten durch körpereigene Enzyme ist bei gesunden Individuen am Ende des Dünndarms nahezu vollständig abgeschlossen (DROCHNER 1984). Bei ausschließlicher Betrachtung der Gesamtverdaulichkeit kann es jedoch infolge mikrobieller Fermentationsprozesse im Dickdarm zu Fehleinschätzungen kommen, besonders im Bezug auf die Kohlenhydrat- und Proteinverdauung (OELFKE 1978; DROCHNER 1987; KAMPHUES 1987), da Kohlenhydrate und Proteine, die infolge von Maldigestion und –absorption den Dickdarm erreichen, dort einem bakteriellen Abbau unterliegen. Es ist also unmöglich zwischen Effekten der eingesetzten Enzyme und denen einer mikrobiellen Umsetzung zu unterscheiden. Durch das gesteigerte Substratangebot im Dünndarm entsteht bei einem Teil der pankreasgangligierten Schweine und der an EPI erkrankten Menschen (ca. 30%) ein „bacterial overgrowth“, welcher unter anderem anhand der im Vergleich zu Kontrolltieren deutlich erhöhten LPS-Werte im Chymus diagnostiziert werden kann (Anstieg der LPS-Werte bei dem Modelltier „PL-Schwein“ rationsabhängig um den Faktor 7,6 bis 20 im Vergleich zu Kontrolltieren; MANDISCHER 2002; TABELING 1998). Die Bestimmung des LPS-Gehaltes wird dabei als Indikator für die Masse von gramnegativen Keimen genutzt (KAMPHUES 1987). Für die grampositive Flora wird hingegen l-Laktat als Indikator eingesetzt. Bei PL-Tieren wurden im Vergleich zu Kontrolltieren, z.B. bei einer stärkereichen Diät, um den Faktor 48 erhöhte l-Laktat-Werte ermittelt (MANDISCHER 2002). Um die Effizienz ergänzter pankreatischer Verdauungsenzyme unter Ausschluss der Dickdarmfermentation einzuschätzen, ist es daher zwingend notwendig, die Verdaulichkeit der Nährstoffe vor Eintritt in den mikrobiell stark besiedelten Dickdarm (also praecaecal) zu bestimmen (KARTHOFF 2004).

Vorstehendes gilt vor allem für die Kohlenhydrat- und Proteinverdauung; Fette hingegen werden im Dickdarm lediglich in geringem Maße fermentativ umgesetzt (FUENTE-DEGE 2003), so dass praecaecale Verdaulichkeiten und Gesamtverdaulichkeiten oft sehr ähnlicher Werte ergeben.

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2.4.3.2 Vor- und Nachteile der Überprüfung der Wirksamkeit substituierter lipolytischer Enzyme anhand der Bestimmung der Fettverdaulichkeit mittels herkömmlicher Methoden im pankreasgangligierten Miniaturschwein

In zahlreichen vorangegangenen Studien des Projektes „pankreasgangligiertes Miniaturschwein“ (TABELING 1998; FASSMANN 2001; HELDT 2001; MANDISCHER 2002; FUENTE-DEGE 2003; KAMMLOTT 2003; KARTHOFF 2004) wurde die Fettverdaulichkeit sowohl bei gesunden, als auch bei Tieren mit experimentell ausgelöster EPI vergleichend praecaecal und über den gesamten Verdauungstrakt quantifiziert. Die Ergebnisse zeigten hohe praecaecale Fettverdaulichkeiten (88,2-97,6 %) bei den Kontrolltieren und deutlich geringere Verdaulichkeitswerte bei den pankreasgangligierten Tieren (9,3-43 %) (TABELING 1998; FASSMANN 2001; HELDT 2001; MANDISCHER 2002; FUENTE-DEGE 2003). Da postileal praktisch keine Verdauung bzw. Absorption von Rohfett stattfindet (FUENTE-DEGE 2003), wird nahezu die gesamte ileal angeflutete Menge faecal ausgeschieden (MÖSSELER et al. 2006a). Demzufolge ist es zulässig, anhand der Fettverdaulichkeit über den gesamten Verdauungstrakt (Gesamtverdaulichkeit) auf die praecaecale Verdaulichkeit zu schließen (FUENTE-DEGE 2003). Einschränkend muss jedoch erwähnt werden, dass bei Bestimmung der Gesamtverdaulichkeit eine Fehleinschätzung im Sinne einer geringgradigen Unterschätzung der Fettverdaulichkeit infolge einer mikrobiellen Fettsynthese und endogener Ausscheidungen der Mukosa (Zellabschilferungen) im Dickdarm möglich ist (HERTEL et al. 1970; DROCHNER u. MEIER 1991; TABELING 1998; FASSMANN 2001;

HELDT 2001; FUENTE-DEGE 2003; KAMMLOTT 2003). Beide Verfahren sind jedoch für die Überprüfung der Wirkung lipolytischer Enzyme prinzipiell geeignet und in zahlreichen Arbeiten (TABELING 1998; HELDT 2001; FUENTE-DEGE 2003; KAMMLOTT 2003;

KARTHOFF 2004) erfolgreich genutzt worden.

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2.4.3.3 Nachteile herkömmlicher Verdaulichkeitsstudien (Bestimmung von praecaecaler und totaler Verdaulichkeit) in der Produktentwicklung von Enzymen zur Substitutionstherapie

Bei herkömmlichen Verdaulichkeitsstudien am pankreasgangligierten Miniaturschwein zur Überprüfung der Effizienz von in ihrer In-vivo-Wirksamkeit unbekannten Enzymen entsteht ein immens hoher Zeit- und Enzymbedarf durch die mehrtägige Anfütterungsphase auf die eine mehrtägige Kot- und Chymussammlung folgt. Auf diese Art und Weise kann innerhalb von 13 Tagen lediglich ein Enzym bzw. eine Dosierung getestet werden.

Dementsprechend sind im Gegensatz zu In-vitro-Verfahren für die In-vivo-Testung vergleichsweise große Enzymmengen nötig. In frühen Entwicklungsstadien sind jedoch die verfügbaren Mengen des zu testenden Enzyms allgemein sehr begrenzt, so dass üblicherweise nur relativ geringe Enzymmengen (ca. 5-10 g) zur Verfügung stehen (LÖSCHER 2006, Vortrag). Demzufolge sind In-vivo-Versuche, insbesondere wenn diese mit Schweinen durchgeführt werden, erst zu einem relativ späten Zeitpunkt der vorklinischen Phase durchführbar, in der die Enzymproduktion entsprechend fortgeschritten ist. Da Ergebnisse zur Wirksamkeit aus In-vivo-Verfahren jedoch als Entscheidungsgrundlage für die Weiterentwicklung eines Enzyms dienen und als richtungsweisend für die Wirksamkeit im Menschen gewertet werden, entstehen bei Misserfolg / Entwicklungsabbrüchen kosten- und zeitintensive Verzögerungen.

2.4.4 Die klinische Entwicklungsphase von Enzymen zur Substitutionstherapie

Die Testung der in Frage kommenden Substanzen am Menschen ist in Deutschland bei der Zulassungsbehörde BfArM (= Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) anzumelden und benötigt zusätzlich die Zustimmung der lokalen Ethikkommission (HINZE et al. 2001). In den USA ist ein Antrag (IND= Investigational New Drug Application) bei der FDA (Federation of Drug Administration) zu stellen. Dafür müssen die bisherigen Ergebnisse aus der vorklinischen Phase offen gelegt und weitreichende

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pharmakodynamische und –kinetische sowie den Herstellungsprozess betreffende Informationen über die Substanz präsentiert werden (VFA-Statistics 2005). Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollten Möglichkeiten zur Produktion des Enzyms in größeren Mengen und in hohem Reinheitsgrad bestehen, da in den folgenden, mehrjährigen klinischen Testphasen bereits große Mengen (mehrere hundert Kilogramm) des Enzyms verbraucht werden.

Der klinische Teil der Neuentwicklung wird in drei Unterbereiche gegliedert:

Phase I (Dauer ca. 1 Jahr):

Die Substanz wird erstmalig an eine kleine Gruppe (20-100) gesunder Probanden verabreicht, um mögliche Nebenwirkungen erkennen zu können, den „safe dosage range“, die Dosierungsrichtlinien, festzulegen und um Metabolisierung und Distribution zu beobachten. Es wird also überprüft, ob die am Tier gewonnenen Erkenntnisse über den Wirkstoff auf den gesunden Menschen zu übertragen sind (VFA-Statistics 2005).

Phase II (Dauer ca. 2 Jahre):

In dieser Phase erhält erstmals eine Gruppe von 100-500 Patienten, die an der entsprechenden Krankheit (z.B. EPI) leiden, die neue Substanz. Ihre Effektivität, Sicherheit und Nebenwirkungen werden näher untersucht. Weiterhin erfolgt die Auswahl optimaler Dosierungen (HINZE et al. 2001).

Phase III (Dauer ca. 3 Jahre):

Eine Gruppe von 1000-3000 Patienten erhält unter ärztlicher Begutachtung die Substanz unter Klinik- und Praxisbedingungen. Hierbei soll die Unbedenklichkeit des Wirkstoffes auch bei Langzeiteinnahme an einer hinreichend großen Patientenzahl überprüft werden (HINZE et al. 2001). Der Wirkstoff wird möglichst in Doppeltblind-Studien gegen Placebo und Konkurrenzprodukte getestet (LÖSCHER 2006, Vortrag).

Die Phase III der klinischen Entwicklung ist mit einem Anteil von über 20% der Gesamtkosten zusammen mit der vorklinischen Entwicklung (> 30% der Gesamtkosten) der kostenintensivste Bereich einer Neuentwicklung. Deshalb ist vor jedem Eintritt in eine neue Entwicklungsphase, besonders aber vor der Phase II sowie III genau abzuwägen, ob eine Weiterentwicklung aussichtsreich ist (s. Tabelle 1).

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Tabelle 1: Verteilung der Gesamtkosten einer pharmazeutischen Neuentwicklung (%) auf die verschiedenen Phasen der Entwicklung (HINZE et al. 2001)

Vorklinik Phase I Phase II Phase III Zulassung Phase IV Sonstiges 31,9 6,8 11,1 23,3 12,0 10,7 4,2

2.4.5 Zulassung und Markteinführung einer pharmazeutischen Neuentwicklung

Insgesamt werden nur ca. 10 % der Substanzen, die in die klinische Phase kommen, weiter entwickelt. Diese gelangen dann in das offizielle Zulassungsverfahren (NDA= New Drug Application) der EMEA (European Medicines Evaluation Agency) in London (zentrales Verfahren) oder alternativ dezentral zum BfArM bzw. zum Paul-Ehrlich-Institut.

In den USA ist die FDA zuständig. Ein solches Zulassungsverfahren nimmt ca. 1-1,5 Jahre in Anspruch (TUFTS CENTER FOR THE STUDY OF DRUG DEVELOPMENT 1999).

International arbeitende Pharmazeutische Firmen bemühen sich im Allgemeinen um Zulassungen für den US-amerikanischen, europäischen und japanischen Markt, da hier der Großteil des Umsatzes erwirtschaftet wird (s. Tabelle 2).

Tabelle 2: Erwirtschafteter Umsatz aus Medikamenten in % (VFA STATISTICS 2005)

USA Europa Japan Rest der Welt

70 19 4 7

Phase IV:

Nach erfolgreicher Zulassung, die im Mittel ca. 12 Jahren nach Patentierung des Wirkstoffes erfolgt (s. Abbildung 1), wird das neue Medikament auf dem Markt eingeführt.

Dennoch wird das neue Produkt weiterhin kritisch überwacht, um seltene Nebenwirkungen und Langzeiteffekte zu überwachen (ALLIANCE PHARMACEUTICAL CORP.- PHASES OF PRODUCT DEVELOPMENT 2006).

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20 Jahre nach Patentanmeldung verfällt das Patent, bzw. kann maximal um weitere 5 Jahre verlängert werden. Damit verbleiben nach Markteinführung in der Regel nur noch 8 Jahre Patentschutz. Nach Ablauf des Patentschutzes ist Generikern die Nachahmung erlaubt (VFA-Statistics 2005). Beim Originalhersteller verbleiben nach Ablauf des Patentschutzes schließlich lediglich ca. 30% des Marktanteils (pers. Mitteilung IFFLÄNDER 2006).

Abbildung 1: Organigramm zur Entwicklung eines neuen Medikamentes (modifiziert nach LÖSCHER 2006, Vortrag)

2.5 Vorteile durch den Einsatz von Screening-Verfahren

Der Prozess vom Beginn der F&E bis zur Markteinführung eines neuen Produktes ist durch gesetzliche Vorgaben klar in die oben genannten Phasen eingeteilt. Es existiert nur wenig Spielraum zur Reduzierung der langen Entwicklungsdauer. Eine der Möglichkeiten

Substanz „Treffer“ Leitstruktur Kandidaten

f. klin.

Studie Kandidaten

f. vorklin.

Studie

100 000 100 10 3 - 4 1 -2

Erstes Screening

Zweites Screening

Optimierung d.

Leitstruktur

Vorklinische Prüfung

Klinische Prüfung

Synthese Isolierung / Aufreinigung Charakterisier-

ung

In vivo Pharmakologie

Toxikologie/

Toxikokinetik Pharmakokinetik

Phase I:

Sicherheit und Toleranz Phase II:

Dosisfindung Phase III:

Effektivität In vitro:

Pharmakologie Metabolisierung

In vivo:

erste Pharmakokinetik erste Toxikologiestudien Hoch-

Durchsatz- Verfahren:

Rezeptor- bindung Enzymatische und funktionale

Tests

Funktionelle Suche nach dem Angriffspunkt:

Identifikation Funktionale Analyse

Testentwicklung

1-2 Jahre 3-4

Jahre

5-6 Jahre

Zielsetzung Angriffspunkt

Pharmakologie Toxikologie Toxikokinetik Pharmakokinetik

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besteht in einer zunehmenden Rationalisierung der Forschungs- und Entwicklungsphase selbst. Insbesondere im Rahmen von In-vivo-Verfahren ermöglicht der Einsatz von Screening-Verfahren relevante Zeiteinsparungen, die im IdeaLCFAll eine frühere Zulassung und Markteinführung erlauben. Dadurch ergibt sich die von der Pharmazeutischen Industrie angestrebte längere Vermarktungszeit innerhalb der Patentschutzfrist.

2.5.1 Möglichkeiten und Grenzen eines Screening-Verfahrens für Proteasen und Amylasen als ergänzende Methode

In dem Projekt „pankreasgangligiertes Miniaturschwein“ wurden in vorangegangenen Studien mittels oben genannter etablierter Methoden der Verdaulichkeitsbestimmung verlässliche Ergebnisse zur Quantifizierung der Wirksamkeit substituierter Verdauungsenzyme gewonnen. Um sowohl Zeit- und Arbeitsaufwand als auch Materialverbrauch zu minimieren, wurde im Rahmen dieses Projektes von BECKER (2005) ein Screening-Test entwickelt, welcher als ergänzende Methode eine erste Einschätzung der Wirkung von Amylasen bzw. Proteasen auf die Stärke- bzw.

Proteinverdaulichkeit ermöglicht. Bei diesem Verfahren wird auf eine Anfütterungsphase (sonst ca. 7-10 Tage) gänzlich verzichtet: die enzymhaltige Testmahlzeit wird nur einmalig verabreicht. Hierdurch gelingt eine erhebliche Zeit- und Materialersparnis (BECKER 2005).

Bedeutendster Vorteil ist jedoch, dass in diesem Testverfahren aufgrund des Verzichtes auf eine Anfütterungsphase sowie längere Chymussammlung (3-5 Tage) nur sehr geringe Mengen des zu testenden Enzyms notwendig sind. Somit kann schon früh mit Wirksamkeitsstudien am Tier begonnen werden so dass ein Einsatz der Enzyme bereits in einer sehr frühen Phase der Entwicklung möglich ist, wenn allgemein noch keine großen Enzymmengen vorhanden sind.

Mit diesem Screening-Verfahren entstand die Option, die In-vivo-Effizienz einer Dosierung einer Protease oder Amylase innerhalb eines Versuchstages zumindest tendenziell einschätzen zu können. Nachdem mehrere Testenzyme in üblicherweise jeweils drei Dosierungen im Screening eingesetzt worden sind, können die Ergebnisse der

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