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Archiv "Bereitschaftsdienst: Gesucht - Billige Opfer für alten Schlendrian" (19.10.2001)

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A2710 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 42½½½½19. Oktober 2001

B R I E F E

Bereitschaftsdienst

Zu dem Beitrag „Das große Schwei- gen“ von Jens Flintrop in Heft 27/2001 und zur Lage auf dem Ar- beitsmarkt:

Keine Flexibilität

Trotz drohenden Fachärzte- mangels in Deutschland werden jungen Ärzten auch von Ärztekammern ausrei- chend Steine in den Weg ge- legt, obwohl sie als Instituti- on der gewählten Standes- vertreter („Primus inter Pa- res“) gerade die jungen Kol- legen unterstützen sollten anstatt hier Macht zu de- monstrieren und Pfründe zu schützen.

Als Assistenzarzt befinde ich mich in der Facharztausbil- dung Kinder- und Jugendme- dizin an einem Universitäts- klinikum im Nordosten Deutschlands. Seit 1. Januar 2001 leiste ich meinen Wehr- dienst als Truppenarzt. Am Standort werden circa 1 200 Soldaten verschiedensten Al- ters medizinisch betreut. Das von uns behandelte umfang- reiche Spektrum der Erkran- kungen, von denen viele be- sonders auch in der Pädiatrie relevant sind, und die techni- sche Ausrüstung für Diagno- stik und Therapie sind mit ei- ner gut ausgestatteten Allge- meinarztpraxis absolut ver- gleichbar. Der Staffelchef ist Facharzt für Allgemeinmedi- zin und hat die Weiterbil- dungsermächtigung für ein halbes Jahr.

All das rechtfertigt meines Erachtens die teilweise An- erkennung der Tätigkeit für die Weiterbildung, wie es für viele andere, auch theoreti- sche (!) Fächer möglich ist.

Mein Antrag wurde von der Ärztekammer, „ . . .weil Sie keine Kinder behandeln . . .“, abgelehnt. Stur, ohne dass ein flexibles Handhaben der Gegebenheiten erfolgt, wird die Karriere behindert. Zehn Monate gute Ausbildung mit viel Lebens- und fachlicher Erfahrung in die Facharzt- ausbildung miteinzubringen, ohne dass es felsenfest und explizit in der Weiterbil- dungsordnung verankert ist, das darf wohl nicht sein.

Dr. med. S. Armbrust, Holzteichstraße 26, 17489 Greifswald

Argumentations- kette der Arbeitgeber übernommen

Danke für die gewohnt dyna- mische Wahrung der Interes- sen der Krankenhausärzte durch den Artikel von Jens Flintrop (zu finden direkt ge- genüber dem üblichen Arti- kel über Budgets).

Jetzt wird auch in „unserem Organ“ die bestechend in- telligente und, wie sehr schön herausgearbeitet wur- de, auf unser Wohl gerichte- te Argumentationskette der Arbeitgeber übernommen:

Ärztliche Ausbildung geht nur im 24-Stunden-Dienst- rhythmus; dann nämlich, wenn der Arzt genügend Zeit auf Station verbringt.

Richtig! Und alle, die es an- ders machen (Dänen, Nor- weger und inzwischen Spa- nier) sind daher ja auch in- kompetent. Weiter oben steht allerdings, man habe in Deutschland ja überwiegend Ruhezeit zur Entspannung, das widerspricht doch dem Ausbildungsargument!? Na- ja, egal.

Und dann: Man passe nur auf, die Arbeit würde ja viel anstrengender, wenn man in 8- oder 12-Stunden- statt 24-Stunden-Schichten arbeitet! Genau richtig! End- lich habe ich nun kapiert, dass sich alle anderen Berufe ihre 8-Stunden-Schichten nur gönnen, um mal so richtig ge- fordert zu werden.

Ich bin sicher, auch Ihre wer- te Redaktion – mindestens aber Herr Flintrop – arbeitet aufgrund dieser brillanten Argumente inzwischen eben- falls im entspannenden und lehrreichen 24-Stunden- Schichtsystem mit minde- stens 60 Wochenstunden bei 65 bis 80 Prozent der Nor- malvergütung. Oder etwa nicht?

Dr. Wiltert Wilts,Bleicherstraße 15, 28203 Bremen

Verdacht

Die Überbelastung der Assi- stenzärzte in unseren Kran- kenhäusern ist zum Teil von den Kliniken selbst gemacht.

Wiederholt sehe ich Patien- ten, die in der ganz norma- len Bereitschaftsdienstzeit statt den organisierten Not- dienst der niedergelassenen Ärzte direkt das nächstgele- gene Krankenhaus aufsu- chen und dort auch behan- delt werden. Oft sind die ausführenden Assistenten damit überfordert. Regel- mäßig werden bei Nasen- prellungen auch in der Nacht Röntgenaufnahmen gemacht, die keinerlei thera- peutische Konsequenzen nach sich ziehen, und vieles andere mehr.

Wir niedergelassenen Ärzte sind sehr wohl in der Lage, die ambulanten allgemeinen und fachärztlichen Notfälle zu versorgen. Die Hilfe der Krankenhäuser benötigen wir nur für Noteinweisun- gen. Ich habe den Verdacht, die Krankenhäuser wollen auf die ambulanten Not- diensteinnahmen auf Kosten ihrer Assistenten nicht ver- zichten.

Dr. med. W. Rothenbächer, Lange Straße 59, 33378 Rheda-Wiedenbrück

Gesucht: Billige Opfer für alten Schlendrian

Mit Schrecken habe ich auf der Titelseite des letzten

„Bayrischen Ärzteblattes“

die Frage nach einer Green- card für Ärzte gelesen. Nun haben sich einige Chefärzte (und andere Entscheidungs- träger) über Jahre hinweg bemüht, den Arztberuf unat- traktiv zu machen: keine Antworten auf Bewerbungs- schreiben, unbezahlte Über- stunden, schlechte Weiterbil- dung, dafür teure Kurse im Urlaub und selbst bezahlt, halbe AiP-Stellen für sechs Monate, Bereitschaftsdienste mit Routinearbeit vom Tage in der Nacht für 80%, Kas- senzahlungen erst Quartale später und in der Höhe unge- wiss. Über diese Zustände (die ich glücklicherweise nicht komplett selbst erlitt) wundern sich meine Freun- de, die in der Industrie arbei- ten, schon seit Jahren.

Das ist nicht überraschend.

Überraschend ist aber, dass diejenigen, die dafür die Ver- antwortung oder Schuld tra- gen, sich wundern, dass die Leidensfähigkeit der Ärzte groß, aber nicht unbegrenzt ist. Aus einem Arzthaushalt stammend, ahne ich, dass früher nicht alles besser war.

Allerdings funktionierte da- mals das (patriarchalische) Chefarztsystem mit Forde- rung und (!) Förderung, mit Strenge und (!) Fürsorge.

Wenn jetzt nach der Green- card für Ärzte gerufen wird, versucht man nur, billige Op- fer für den alten Schlendrian zu finden, da selbst ein Nu- merus clausus von 2,3 offen- sichtlich nicht niedrig genug ist, um Kandidaten hierzu- lande zu finden.

Dr. Ulrich Füssel, Bogenstraße 22, 93051 Regensburg,

Strukturelles Problem

Wenn die jungen Kollegen glauben, sie seien durch das Arbeitszeitgesetz und das Urteil des Europäischen Ge- richtshofs aus dem Jammer- tal heraus, dann haben sie Leserzuschriften werden von der Redaktion sehr beachtet. Sie

geben in erster Linie die Meinung des Briefschreibers wieder und nicht die der Redaktion. Die Veröffentlichungsmöglichkeiten sind leider beschränkt; der Redaktion bleibt oft keine andere Wahl, als unter der Vielzahl der Zuschriften eine Auswahl zu treffen. Die Chance, ins Heft zu kommen, ist umso größer, je kürzer der Brief ist. Die Redaktion muss sich zudem eine – selbst- verständlich sinnwahrende – Kürzung vorbehalten.

LESERZUSCHRIFTEN

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sich zu früh gefreut. Die ge- forderte Stellenvermehrung bei kurzer Beschäftigungs- dauer führt für die meisten in ein neues Jammertal – und das für mindestens 25 Jahre.

Wir haben es hier nicht mit einem Ärztemangel, sondern mit einem strukturellen Pro- blem zu tun. Kurzsichtigkeit und Rechenschwäche bis in die höchsten Entscheidungs- ebenen sind kaum geeignet, unsere Lage à la longue zu bessern.

Solange wir keine ausgegli- chene Bilanz bei Tätigkeits- aufnahme in den Kranken- häusern und bei den Nieder- gelassenen haben, rennen wir immer tiefer ins „Elend“, um nicht zu sagen, in die Scheiße. Zu kurz gedachte Sparpolitik führt in großem Umfang zu Fremdalimentati- on, die volkswirtschaftlich teurer ist als zwei Erhöhun- gen nach dem BAT. Bezogen auf die Lebensarbeitszeit, brauchen wir zur „Bestands- erhaltung“ 7 000 bis 8 000 Nachwuchsärzte pro Jahr, nicht etwa 13 000, die die Krankenhäuser bei Fortset- zen ihrer unsinnigen Perso- nalpolitik fordern werden.

Nur so haben wir die Chance, dem Jammertal zu entrinnen.

Vielleicht sollte man in den Ärztekammern, den KVen

und im Marburger Bund ein- mal darüber nachdenken.

Guten Morgen!

Dr. med. Volker Burgdorf, Elberfelder Straße 20, 58095 Hagen

Helicobacter

Zu dem Beitrag „Auf zwei Beinen heilt man besser“ von Walter F.

Benoit und Barbara Benoit in Heft 34–35/2001:

Was ist eine

semantische Ursache?

Mit einem mühsam verknif- fenen Lächeln las ich heute Ihren Beitrag zur „Helico- bacterisierung“. Heiterkeit erregt vor allem der Satz:

„Um ein Krankheitsbild voll- ständig zu decodieren, bedarf es . . . einer hermeneutischen Empathie, an deren Ende die

Einsicht in die semantische Kausalität steht.“

Es mag ja sein, dass ein deu- tendes Sich-Hineinversetzen sinnvoll ist, auch eine Ein- sicht in die Krankheitsursa- che, aber was ist eine seman- tische Ursache? Eine Ursa- che im Sinne der Sprachbe- deutung des Wortes Kausa- lität?

Ich meine, nichtssagende Worthülsen aus dem tiefen Schatz der humanistischen (?) Bildung tragen nicht wirklich zur Verständigung

bei.

Dr. Jürgen Brenner, Lange Straße 77, 26122 Oldenburg

Aktuelle Forschungs- ergebnisse beachten

Indem Sie einen Gegensatz zwischen Schulmedizin und

Allgemeinmedizin konstru- ieren, tun Benoit und Benoit genau das, was sie den Schulmedizinern vorwerfen:

die Allgemeinmedizin gegen die Schulmedizin zu instru- mentalisieren.

Die Fallbeispiele entlarven Benoit und Benoit als falsch handelnde Ärzte und Dem- agogen: Wenn Schmerzen im Oberbauch als Anlass für ei- ne Röntgenuntersuchung herhalten müssen, so ist das ein ärztlicher Behandlungs- fehler. Schmerzen im Ober- bauch (Sodbrennen) sind, wenn sie therapieresistent sind („Omeprazoltest“), An- lass für eine endoskopische Untersuchung von Magen und Zwölffingerdarm. Die Autoren verschweigen, wel- che Therapie die 23-jährige Patientin anschließend er- halten hat.

Auch bei dem 60-jährigen Patienten mit Teerstühlen verschweigen die Autoren, welche Therapie er bekom- men hat (hat ein ärztliches Gespräch ausgereicht, um das Ulcus ventriculi abheilen zu lassen?).

Bei dem 49-jährigen Aus- hilfskoch stützen die Auto- ren die Diagnose Ulcus ven- triculi lediglich auf die Aus- sage des Patienten. Hatte der Patient überhaupt ein

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 42½½½½19. Oktober 2001 AA2711

B R I E F E

E-Mail

Briefe, die die Redaktion per E-Mail erreichen, werden aufmerksam gelesen. Sie können indessen nicht veröffent- licht werden, es sei denn, sie würden ausdrücklich als „Le- serbrief“ bezeichnet. Voraussetzung ist ferner die vollstän- dige Anschrift des Verfassers (nicht die bloße E-Mail- Adresse). Die Redaktion behält sich ohne weitere Mittei- lung vor, E-Mail-Nachrichten, die als Leserbrief erschei-

nen sollen, zu kürzen.

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A2712 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 42½½½½19. Oktober 2001

B R I E F E

Ulcus ventriculi? Wenn er den verordneten Protonen- pumpenhemmer nicht einge- nommen hat, hat er viel- leicht nicht doch wenigstens die Antibiotika eingenom- men, die heutzutage übli- cherweise im Rahmen der Tripel-Therapie zur Behand- lung des Ulcus ventriculi verordnet werden?

Psychosomatische Medizin ist das übergeordnete Lehr- gebäude ganzheitlicher Me- dizin, trotzdem müssen sich so genannte Psychosomatiker wie Benoit und Benoit über die aktuellen Forschungser- gebnisse der inneren Medizin belesen.

Michel Voss, Graf-Adolf-Straße 18, 51065 Köln

Elementare medizinische Erkenntnisse ignoriert

. . . Kein vernünftiger „Schul- mediziner“ verkennt die Wertigkeit psychischer Zu- sammenhänge bei dem Auf- treten körperlicher Be- schwerden. Aber die schön- ste Seelenmassage nützt nichts, wenn elementare me- dizinische Erkenntnisse der letzten 30 Jahre ignoriert werden.

Zu den Fällen: Ohne Helico- bacter pylori oder NSAR- Einnahme gibt es kein Ulcus.

Deshalb stets die Frage nach der Grundkrankheit (Ulcus gleich Folgekrankheit)! Ein- zige Ausnahmen: das sehr seltene Zollinger-Ellison- Syndrom oder Patient auf der Intensivstation zum Bei- spiel als Verbrennungsopfer.

Sonst handelt es sich viel- leicht um ein Karzinom oder Lymphom.

Mit Erlaubnis: Die Annah- me einer psychisch verur- sachten Beschwerde setzt den sicheren Ausschluss ei- ner organischen und somit kausal zu behandelnden Krankheit und eines Mali- gnoms voraus. Sie haben drei Fälle vorgestellt, bei denen genau das offenbar nicht ge- schehen ist. Es sollte schnell nachgeholt werden!

Prof. Dr. med. Christoph Kunst- mann, Judengasse 3, 96450 Coburg

Dienstrechtsreform

Zu dem Beitrag „Bedürfnisse der Hoch- schulmedizin missachtet“ von Prof. Dr.

med. Peter von Wichert in Heft 31–32/2001:

Professur für Dumme und Idealisten

Die Dienstrechtsreform steht vor der Tür. Zur Förderung des wissenschaftlichen Nach- wuchses ist die Einführung der Juniorprofessur vorgese- hen. Versetzen wir uns in die Lage eines hoch begabten Jungforschers: Er ist 33 Jahre alt, verheiratet, ein Kind. Par- allel zu seiner wissenschaftli- chen Tätigkeit hat er die Fach- arztweiterbildung erfolgreich absolviert. Er verdient nach BAT 1b 7 270 DM im Monat.

Hinzu kommen die Beteili- gung an der Privatliquidation des Chefs und die nicht uner- heblichen Zuschläge für Dien- ste. Als Auszeichnung für sei- ne überdurchschnittlichen Leistungen in der medizini- schen Forschung wird er auf eine Juniorprofessur berufen.

In diesem Augenblick ver- dient er entsprechend der jet- zigen Planung nur noch 6 000 DM. Da er als hauptamtlicher Forscher keine Dienste mehr leistet, fällt auch diese Ein- nahmequelle weg. Er muss seinen Lebensstandard seiner neuen beruflichen Position nach unten hin anpassen.

Während er in seiner alten Po- sition die Chance auf eine un- befristete Anstellung hatte, lebt er nun in der Gewissheit, sich nach spätestens sechs Jah- ren eine neue Stelle suchen zu müssen. Selbst bei weiterhin ausgezeichneter Forschung bleibt der Ruf auf eine W-2- Position aufgrund der ange- spannten Stellensituation un- gewiss. Die Rückkehr in die Patientenversorgung dürfte ihm verwehrt sein; wer stellt einen Arzt ein, der in den letz- ten sechs Jahren mehr Rea- genzgläser als Patienten gese- hen hat?

Angesichts dieses Zukunfts- szenarios stellt sich dem Be- trachter die Frage, ob dieses Gesetzeswerk einmal mehr von der Inkompetenz und

Ignoranz der politisch Verant- wortlichen zeugt oder ob hier unter dem euphemistischen Decknamen „Juniorprofes- sur“ gar eine Art billiger For- schungs-AiP etabliert werden soll. Die mit dieser Gesetzes- änderung angesprochene me- dizinisch-wissenschaftliche Elite Deutschlands wird sich auf diesen Kuhhandel wohl kaum einlassen. Zu befürch- ten bleibt, dass das Kriterium zur Besetzung von Juniorpro- fessuren nicht wissenschaftli- che Exzellenz, sondern Dummheit oder unverbesser- licher Idealismus des Bewer- bers sein wird.

Dr. Jens Gieffers, Detmolder Straße 2, 33189 Schlangen

RSA

Zu den Beiträgen zur Reform des Risi- kostrukturausgleichs „Kassenärzte befürchten Systemwandel“ von Heike Korzilius in Heft 31–32/2001 und

„AOK und Ersatzkassen machen Druck“ von Heike Korzilius in Heft 33/2001:

Zahl der Krankenkassen reduzieren

Wer von den noch gut ver- dienenden Kollegen zahlt mir einen Risikostrukturaus- gleich?

Nun aber zum Ernst. In der Wirtschaft geht jeder Be- trieb, der nicht kosten-

deckend arbeitet, Pleite.

Dieses Gesetz von Einnah- men und Ausgaben wird durch den Risikostruktur- ausgleich bei den Kranken- kassen konterkariert. Auch die Disease-Management- Programme bedeuten ledig- lich erneut eine Umvertei- lung, da in anderen Berei- chen eingespart werden muss, wenn nicht zusätzli- ches Geld zur Verfügung ge- stellt wird, beispielsweise durch Halbierung des Mehr- wertsteuersatzes für Arznei- mittel oder Ausgrenzung von Leistungen. Bei Befolgung des Gesetzes würde viel er- reicht werden. Die Zahl der Krankenkassen von derzeit 630 mit Tausenden Filialen würde sich reduzieren. Sie ist aufgrund der Möglichkeiten unserer Großrechenanlagen viel zu hoch, absolut unnötig und eine reine Arbeitsbe- schaffung. Vielleicht sollte man auch einmal über Fusio- nen nachdenken. Durch die Senkung der Zahl der Kran- kenkassen würden enorme Verwaltungskosten einge- spart. Das Risiko teurer Pati- enten würde sich von selbst regeln.

Warum wird diese Sparmög- lichkeit weder von der Politik noch von unseren Standes- vertretern intensiver disku- tiert?

Dr. Claus Metzler, Karlstraße 12–14, 51143 Köln

Geriatrie

Zu dem vom Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen vorgelegten Gutachten:

Ohrfeige für Verbände und Kassen

Im Gesundheitsbericht an die Bundesregierung wird eine bessere Rehabilitation von Schlaganfallpatienten gefor- dert. Dies ist eine Ohrfeige für alle, die die Geriatrie in unserem Land behindern. In der Geriatrie arbeiten Ärzte und medizinisches Personal, die sich in der Behandlung von mehrfach behinderten Patienten qualifiziert haben.

Statt dieses Potenzial zu för- dern, werden geriatrische Abteilungen aber gezielt in der Krankenhausplanung be- nachteiligt, Betten abgebaut, in der ambulanten Versor- gung die Qualifikation nicht nur nicht honoriert, sondern die Inhaber von Teilgebiets- bezeichnungen auch noch mit dem Verbot belegt, diese öf- fentlich zu führen; das ist ein Werbeverbot für gute Geria- trie und für gute Rehabilita- tion.

Eine gute Rehabilitation, durchgeführt von dazu Qua- lifizierten, hat auch erst die Rückwirkung für eine besse- re Prävention.

Als Allgemeinarzt mit Teilge-

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Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 42½½½½19. Oktober 2001 AA2713

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bietsbezeichnung Klinische Geriatrie fordere ich die Gleichstellung geriatrischer Abteilungen mit anderen Ab- teilungen der Akutmedizin in der Krankenhausbedarfspla- nung sowie die Gleichstellung ambulant tätiger Geriater mit anderen Teilgebietsträgern in der Honorierung spezieller Leistungen sowie in der Bud- getierung, dazu die Aufhe- bung des „Werbeverbots“.

Dr. med. Godeke von Appen, Gnarrenburger Straße 24, 27432 Bremervörde

Gutachten

Zu dem Beitrag „Angabe von Todes- ursachen und Todesarten häufig feh- lerhaft“ von RA Dr. med. Peter W.

Gaidzik und Hans-Dieter Eikert in Heft 36/2001:

Keine Verpflichtung

Richtig ist wohl, dass zu Un- recht zu oft „natürlicher Tod“

attestiert wird, obwohl bei ge- nauer Analyse und nach den rechtlichen Bestimmungen der unnatürliche Tod anzu- kreuzen wäre, mit der Folge, die Polizei zu verständigen.

Vehement widersprochen werden muss jedoch dem An- sinnen, von niedergelassenen oder klinisch tätigen Ärztin- nen und Ärzten wie selbstver- ständlich eine privatrechtliche Gutachtertätigkeit zu erwar- ten. Gemessen an im Einzel- fall recht zeitintensiver Arbeit und der Notwendigkeit einer größtmöglichen Sorgfalt, ist die vorgesehene Vergütung nach meinem Kenntnisstand nicht mal ein Taschengeld.

Darüber hinaus setzt eine sol- che Tätigkeit die Kenntnis des dazugehörigen Paragra- phendschungels voraus (offenbar AUB 88), was zu meinen Studienzeiten kein Ausbildungsinhalt war. Wenn der Autor sich darüber be- schwert, dass sich die letztbe- handelnden Ärztinnen und Ärzte oft weigern, sich für mitwirkende unfallunabhän- gige Leiden auf eine prozen- tuale Quote festzulegen, ist das in meinen Augen nur zu gut nachvollziehbar. Es steht

den Versicherern frei, sich an erfahrene Gutachter zu wen- den. Eine Verpflichtung zu gutachterlicher Stellungnah- me im Rahmen privater Un- fallversicherungen besteht meines Wissens nicht.

Christoph Hillebrand, Deidesheimer Straße 2, 14197 Berlin

Systematisches Wegsehen

Es ist wohltuend, dass die von Rechtsmedizinern seit langem geübte Kritik an der Qualität der Leichenschau von „unbe- teiligter“ Seite aufgegriffen wird. Vielleicht wird es da- durch möglich, dass dieses Problem endlich von Justiz-, Gesundheits- und Wissen- schaftsministerien in einer konzertierten Aktion zusam- men mit kompetenten Orga- nisationen, Gesellschaften und Verbänden angegangen und nicht weiter links liegen gelassen wird, weil mit Lei- chen schlecht Politik zu ma- chen ist. Die Kleinstaaterei auf dem Leichenschausektor ist zugunsten einer praktika- blen bundeseinheitlichen Re- gelung abzulösen, wobei nur leider zu befürchten ist, dass sich Bedenkenträger durch- setzen, die in der Leichenöff- nung grundsätzlich einen Ver- stoß gegen das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Ver- storbenen erblicken. Sie wol- len nicht wahrhaben, dass ei- ne Sektion den Verstorbenen ihre Würde zurückgeben kann, weil an ihnen verübte Verbrechen aufgedeckt und Hinterbliebenen nicht unbe- rechtigterweise Ansprüche verweigert werden.

Mit einer besseren Ausbil- dung der angehenden Ärzte steht es schlecht, weil die an- stehende neue Approbations- ordnung den rechtsmedizini- schen Unterricht (gegen den erklärten Willen der Studen- ten!) weiter reduziert und nicht einmal mehr Pflichtfa- mulaturen in rechtsmedizini- schen Instituten möglich sind.

Prof. Dr. Hansjürgen Bratzke, Institut für Forensische Medizin, Kennedyallee 104, 60596 Frankfurt

Bulimie

Ausbrechen aus dem Teufelskreis

Verena Böning: Ausbrechen.

Bulimie verstehen und überwin- den. Urban & Fischer Verlag, München, Jena, 2001, 118 Seiten, zahlreiche Abbildungen, karto- niert, 39,80 DM

Was geht in Menschen vor, die an Bulimia nervosa leiden – schätzungsweise zwei bis vier Prozent der Deutschen?

Gedanken und Emotionen der Betroffenen sowie Bilder, die sie Tag für Tag bei ihren Ess- und Brechanfällen sehen, kann der Leser des Buches nachempfinden. Die aus- drucksstarken Illustrationen beschönigen nichts, sondern stellen auch abstoßende, Ekel erregende Seiten der Krank- heit dar. Deswegen wirkt das Werk auf den ersten Blick ein

wenig be-

fremdend und skurril. Ob- wohl es Sachinformationen vermittelt, ist es kein her- kömmliches Sachbuch. Viel- mehr schafft die Darstellung der Gefühlswelt Betroffener einen neuen Weg zum Ver- ständnis der Bulimie – und gibt diesen sowie Angehöri- gen die Hoffnung, aus dem Teufelskreis der Krankheit auszubrechen. Tanja Anheier

Rehabilitation

Praxisnahe Darstellung

Manfred Zielke, Hugo von Key- serlingk, Winfried Hackhausen (Hrsg.): Angewandte Verhaltens- medizin in der Rehabilitation.

Pabst Science Publishers, Lenge- rich u. a., 2001, 864 Seiten, 98 DM

In der medizinischen Rehabi- litation sind verhaltensmedi- zinische Behandlungsansätze von zentraler Bedeutung. Das gilt nicht nur für klassische verhaltenstherapeutische In- dikationen psychiatrisch/psy- chosomatischer Krankheiten, sondern auch für die medizi-

nische Rehabilitation allge- mein. Verhaltensmodifikatio- nen sind insbesondere bei chronischen Krankheiten es- senziell, wenn es darum geht, Risikofaktoren abzubauen, ge- sundheitsförderndes Verhalten zu stärken oder mit einer Funktionseinschränkung leben zu lernen.

In dem Buch werden die verhaltensmedizinischen Kon- zepte in der Rehabilitation bei Depressionen, Angststörun- gen, Suchtkrankheiten, post- traumatischen Belastungsstö- rungen, Essstörungen, Persön- lichkeitsstörungen, koronarer Herzkrankheit und bei chroni- schen Schmerzen erläutert.

Die Stärke des Buches ist die praxisnahe Darstellung der verhaltenstherapeutisch-reha- bilitativen Ansätze mit Patien- tenbeispielen. Das Buch leistet einen wichtigen Beitrag zur Integration des Fachwissens der verschiedenen Disziplinen in der medizinischen Rehabili- tation. Es fördert die Diskussi- on um den Stellenwert der Verhaltensmedizin allgemein und gibt Anregungen für die Forschungsinitiativen im Be- reich der Rehabilitationswis- senschaften. Ingrid Aster-Schenck

Referenzen

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