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Erreichbarkeit und Raumentwicklung

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Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Verkehr und Kommunikation

Erreichbarkeit und Raumentwicklung

Carsten Schürmann, Klaus Spiekermann und Michael Wegener

Erreichbarkeit beschreibt die Lagequali- tät eines Ortes in Bezug auf potenzielle Gelegenheiten für Kontakte, Besuche oder Warenaustausch. Erreichbarkeit ist ein Maß für den Nutzen, den Einwoh- ner oder Betriebe aufgrund der Verbin- dungsqualität eines Ortes theoretisch erzielen können. Sie ist damit eine be- deutende Dimension des Verkehrssys- tems. Besitzt eine Stadt eine hohe Er- reichbarkeit, kann allgemein von einem Standortvorteil für wirtschaftliche, aber auch für private Aktivitäten ausgegan- gen werden.

Erreichbarkeit kann durch eine Viel- zahl unterschiedlichster Indikatoren ge- messen werden. Einfache Indikatoren geben beispielsweise Informationen über die Verkehrsinfrastrukturausstat- tung einer Gebietseinheit wie etwa die Länge der Autobahnen oder die Anzahl der Bahnhöfe im Fernverkehr (BIEHL

1986; 1991). Diese Indikatoren treffen

Osnabrück Lübeck

Schwerin Hamburg

Bremerhaven

Oldenburg Bremen

BERLIN Potsdam Wolfsburg

Hannover

Osnabrück Braunschweig

Hildesheim Magdeburg

Salzgitter Bielefeld

Münster

Paderborn Hamm

Dortmund Göttingen Halle

Leipzig Kassel

Erfurt

Köln Jena

Siegen Gera

Bonn Zwickau

Emden

Wittstock

Fulda Gießen

Salzwedel

Neubrandenburg

Essen

Lübeck

Schwerin Hamburg

Bremerhaven

Oldenburg Bremen

BERLIN Potsdam Wolfsburg

Hannover

Braunschweig

HildesheimSalzgitter Magdeburg Bielefeld

Münster

Paderborn Hamm

Dortmund Göttingen Halle

Essen

Leipzig Kassel

Solingen

Erfurt

Köln Siegen Jena Gera Chemnitz

Bonn Zwickau

Meppen Emden

Bebra Marburg

Stendal

Neustrelitz

Uelzen

Fernstraßen

Reisezeit-Isochronen

Stunden

0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5

Eisenbahnen Hauptstrecke Nebenstrecke Autobahn

Bundesstraße

Autor: K. Spiekermann

Erreichbarkeit von Hannover im Eisenbahnverkehr

© Institut für Länderkunde, Leipzig 2000

Erreichbarkeit von Hannover im Straßenverkehr

Komplexere Erreichbarkeitsindikatoren

Erreichbarkeit lässt sich einfach in Distanz oder Reisezeit darstellen. Komplexere Indikato- ren sind Konstrukte aus zwei Größen: den Aktivitäten und Gelegenheiten, die potenziell zu realisieren bzw. zu erreichen sind, und dem Aufwand, diese zu erreichen. Komplexere Erreichbarkeitsindikatoren behandeln diese beiden Komponenten in verschiedener Art und Weise. Sie lassen sich in drei generische Indikatorengruppen einteilen (SCHÜRMANN/SPIE-

KERMANN/WEGENER 1997; WEGENER/ESKELINEN/FÜRST/SCHÜRMANN/SPIEKERMANN 2000):

• Reiseaufwand: Falls nur bestimmte Ziele von Interesse sind, beispielsweise Städte mit einer Mindestbevölkerungszahl, wird Erreichbarkeit als gesamter oder durchschnittlicher Reiseaufwand von den Ausgangsorten zu diesen Zielen gemessen. Reiseaufwand wird dabei gewöhnlich als Reisezeit oder Reisekosten ausgedrückt (vgl. z.B. LUTTER/PÜTZ/SPANGEN-

BERG 1993; BBR 2000).

• Tägliche Erreichbarkeit: Falls nur Ziele von Interesse sind, die innerhalb eines vorgege- benen Reisebudgets (Zeit, Kosten) zu erreichen sind, werden die mit solchen Restriktio- nen erreichbaren Zielaktivitäten zur Erreichbarkeit der Ausgangsorte summiert. Die Ratio- nalität dieses Indikatortyps orientiert sich am Geschäftsreisenden, der innerhalb eines Ta- ges zu einem anderen Ort reist, seine Geschäfte dort erledigt und abends zurückkehrt (TÖRNQVIST 1970).

• Potenzialerreichbarkeit: Dieser Indikatortyp basiert auf der Annahme, dass die At- traktivität von Gelegenheiten mit deren Größe steigt, aber mit wachsendem Reiseauf- wand sinkt. Das Erreichbarkeitspotenzial eines Ortes wird so aus der Summe aller über den Reiseaufwand gewichteten Zielaktivitäten (z.B. Bevölkerung oder Unternehmen) be- rechnet (HANSEN 1959; KEEBLE/OWENS/THOMPSON 1982; KEEBLE/OFFORD/WALKER 1988).

Messeschnellweg in Hannover

A B

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Erreichbarkeit und Raumentwicklung

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jedoch keine Aussagen über die Verbin- dungsqualität zu anderen Orten.

AKomplexere Erreichbarkeitsindikato- ren berechnen die Attraktivität eines Ortes als Funktion der Aktivitäten bzw.

Gelegenheiten an diesem Ort selbst und an anderen Orten und dem Aufwand, diese mittels unterschiedlicher Ver- kehrsmittel zu erreichen (vgl. z.B. BÖKE-

MANN, 1982; BRUINSMA/RIETVELD, 1996;

SCHÜRMANN/SPIEKERMANN/WEGENER, 1997).

Reisezeiten von/nach Hannover Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Reisezeiten zu oder von einem Ort häufig mit der Erreichbarkeit dieses Or- tes gleichgesetzt. Reisezeitisochronen sind eine gängige Methode zur Visuali- sierung dieses AReiseaufwandes (SCHÜR-

MANN, 1999; SPIEKERMANN, 1999). Iso- chronenkarten für die Verkehrsträger Straße und Schiene, also Karten mit Li- nien gleicher Reisezeiten, bezogen auf eine deutsche Großstadt, lassen einen unmittelbaren Vergleich zwischen den beiden wichtigsten Verkehrsmitteln im Regional- und Fernverkehr zu. Aus An- lass der EXPO 2000 und aufgrund der

© Institut für Länderkunde, Leipzig 2000

Bahn: Tägliche Erreichbarkeit 1999

Erreichbarkeitspotenzial nach Gemeinden

Maßstab 1: 6000000 0 25 50 75 100 km Autor: K. Spiekermann

Straße: Tägliche Erreichbarkeit 1999

Erreichbarkeitspotenzial nach Gemeinden

Innerhalb von 5 Stunden erreichbare Bevölkerung

Millionen

50 55 60 65 70 75 80 85 90

Hauptstrecke Eisenbahn Autobahn

Landesgrenze Staatsgrenze

Landesgrenze Staatsgrenze

5 10 15 20 25 30 35 40 45 95 100

Saarbrücken

Düsseldorf Hamburg

Kiel

Schwerin

Berlin Potsdam Magdeburg

Dresden Erfurt

München Stuttgart

Wiesbaden Mainz Düsseldorf

Bremen

Hannover

Kiel

Schwerin Hamburg

Berlin Potsdam Magdeburg

Dresden Erfurt

München Stuttgart

Wiesbaden Mainz

Bremen

Saarbrücken

Hannover

zentralen Lage im deutschen Straßen- und Schienennetz wurde Hannover als Beispiel ausgewählt.

Im Straßennetz dehnen sich die Iso- chronen am weitesten entlang der Au- tobahnen aus 1. So sind beispielsweise Bielefeld, Göttingen, Bremen und der Hamburger Süden innerhalb von 90 Minuten von Hannover aus zu errei- chen, innerhalb von drei Stunden auch Berlin und das Ruhrgebiet. Dagegen zei- gen sich für Regionen ohne Autobahn- anschluss deutlich höhere Reisezeiten.

Besonders deutlich wird dies für den Harz südöstlich und für den Norden Sachsen-Anhalts nordöstlich von Han- nover.

Im Eisenbahnverkehr hat der Bau von Hochgeschwindigkeitsstrecken in Deutschland deutliche Reisezeitverkür- zungen zur Folge. Von Hannover aus sind nun Berlin, Bremen und Hamburg, aber auch Göttingen und Kassel mit dem Zug innerhalb von 90 Minuten zu erreichen 2. Charakteristisch bei den Eisenbahnisochronen ist die Herausbil- dung von „Inseln“ besserer Erreichbar- keit um die IC- und ICE-Bahnhöfe her- um, was besonders deutlich in Hamburg

zu sehen ist. Dagegen weisen Regionen entlang der Hauptstrecken ohne An- schluss an den Hochgeschwindigkeits- verkehr und insbesondere Regionen zwischen den Hauptlinien deutlich hö- here Reisezeiten auf, selbst wenn die Distanz nach Hannover relativ kurz ist.

Im Nahbereich bis zu 60 Minuten Fahrtzeit ist der Pkw das Verkehrsmittel mit der höheren Reichweite. Bei länge- ren Reisezeiten weist die Eisenbahn vor allem aufgrund der guten Einbindung Hannovers in das Hochgeschwindig- keitsnetz eine zunehmend bessere Er- schließungsqualität auf. So benötigt man mit dem Pkw nach Berlin mit drei Stunden Fahrzeit fast doppelt so lange wie mit der Bahn. Auch in Richtung Süden, Südosten und Westen (Kassel, Frankfurt, Leipzig, Ruhrgebiet) ist die Bahn z.T. deutlich schneller als das Auto. In Richtung Norden und Nord- westen kann hingegen ein in etwa aus- gewogenes Verhältnis zwischen beiden Verkehrsmitteln festgestellt werden.

Erreichbarkeiten in Deutschland Zum Vergleich von Standortqualitäten sind Reisezeitisochronen jedoch nur be-

dingt geeignet, da sie keine Aussagen zu den Gelegenheiten an den Zielorten machen und Vergleiche mehrerer Orte nur in begrenztem Umfang zulassen. Zur Darstellung der unterschiedlichen Er- reichbarkeiten in Deutschland wird da- her auf das Konzept der Atäglichen Er- reichbarkeit zurückgegriffen. Dieser In- dikator kann zur Beurteilung von Standortqualitäten genutzt werden, um z.B. Einzugsbereiche von infrastruktu- rellen Großeinrichtungen wie etwa von Freizeitparks und Opernhäusern oder um Absatzmärkte von Vertriebseinrich- tungen wie Einkaufszentren abschätzen zu können. Der ausgewählte Erreichbar- keitsindikator weist für jeden Punkt Deutschlands die innerhalb von fünf Stunden Reisezeit erreichbare Bevölke- rung aus, welche auch Personen im eu- ropäischen Ausland einschließen kann 3 4.

Im Straßennetz und auch im Eisen- bahnnetz führt die Kombination von höheren Bevölkerungsdichten und gut ausgebauter Verkehrsinfrastruktur dazu, dass die Regionen höchster Erreichbar- keit in Deutschland nicht im geographi- schen Zentrum liegen, sondern RRRRR

C 4

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Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Verkehr und Kommunikation

Stockholm

Wavre

Brandenburg Hamburg

Frankfurt

Düsseldorf Köln

Mainz

DessauMagdeburg Ahland

Paris

Ipeiros Kreta

Porto Umea

London Wien

Luxemburg München

Brüssel

nordische Regionen

neue Länder 200

250

150

100

50

0

0 50 100 150 200 250

Bruttowert- schöpfung pro Kopf zu Marktpreisen*

Erreichbarkeit: Straße, Bahn, Luft*

© Institut für Länderkunde, Leipzig 2000

Erreichbarkeit und Wirtschaftskraft 1996 nach NUTS-2 Regionen

Europa

Deutschland Vereinigtes Königreich Frankreich Italien Spanien Griechenland Belgien Niederlande Österreich Schweden Finnland Portugal Irland Dänemark Luxemburg

* Ein Wert von 100 entspricht dem EU-Durchschnitt.

Eisenbahn Straße Variationskoeffizient (%)

50,0 52,5 55,0 57,5 60,0 62,5

1980 1990 2000 2010 2020

Die Entwicklung der Erreichbarkeits- disparitäten in Europa wird für einzelne Verkehrsmittel als Variationskoeffizient ausgedrückt. Der Variationskoeffizient macht die Streuungswerte mehrerer Erhebungen (Stichproben) vergleichbar, indem er die Streuung als Prozentwert des arithmetischen Mittels ausdrückt. Zur Berechnung der Variationskoeffizienten wurden 1020 das Gebiet der Europäischen Union abdeckende Regionen benutzt.

Dieser Koeffizient drückt die durch- schnittliche Abweichung der regionalen Erreichbarkeitswerte vom europäischen Mittelwert der Erreichbarkeit in Prozent des Mittelwerts aus. Hohe Werte weisen auf große Unterschiede hin, kleine Werte auf kleinere Disparitäten der Erreichbarkeit.

Disparitäten der Erreichbarkeit 1981-2016

Europa

© Institut für Länderkunde, Leipzig 2000

nach Westen verschoben sind. Bei bei- den Verkehrsnetzen bildet sich ein Dreieck höchster Erreichbarkeit heraus, dessen Eckpunkte durch den Großraum Hannover und die Regionen Rhein- Ruhr und Rhein-Main markiert werden.

Während bei der Bahn die Korridore höchster Erreichbarkeit relativ eng ent- lang der IC- und ICE-Strecken verlau- fen, reichen die durch die Autobahnen bewirkten höheren Erreichbarkeiten auch weiter in die Regionen ohne Au- tobahn hinein. In diesen Gebieten ho- her verkehrsbedingter Standortqualitä- ten ist in den meisten Gemeinden die Erreichbarkeit auf der Straße höher als die der Eisenbahn. Städte wie Hanno- ver, Hamburg oder Berlin verfügen da- gegen über eine bessere Bahnanbin- dung. Bei beiden Verkehrsarten sind von den besten Standorten aus inner- halb von fünf Stunden zwischen 90 und

100 Millionen Personen erreichbar. Bei der Straße sind diese besten Standorte die Gemeinden der Stadtregionen Rhein-Main, Gießen/Wetzlar, Kassel so- wie einige Städte entlang der Sauerland- linie A45, bei der Eisenbahn sind es die Städte Köln, Leverkusen und Kassel.

Deutschland ist durch große Unter- schiede in der Erreichbarkeit gekenn- zeichnet. Im Norden, Osten und Süden des Landes fällt sie stark ab. Selbst von den dort liegenden Großstädten Ham- burg, Berlin und München können in- nerhalb von fünf Stunden nur bis zu 56 Millionen Personen erreicht werden.

Auch innerhalb des Dreiecks höchster Erreichbarkeit finden sich im Bereich des Sauerlandes relativ geringe Werte.

Die niedrigsten Werte sind in Vorpom-

mern vorzufinden, eine Folge geringer Bevölkerungsdichten und schlechter Verkehrsanbindungen.

Erreichbarkeiten in Europa Im Zuge von europäischer Integration und Globalisierung sind Erreichbarkei- ten und Lagevor- bzw. -nachteile im in- ternationalen Maßstab zu betrachten.

Als Beispielindikator ist hierfür die APotenzialerreichbarkeit mit der Ziel- größe Bevölkerung (Bevölkerungspoten- zial) gewählt worden, die Visualisierung erfolgt in Form von quasi-kontinuierli- chen Oberflächen 7.

Die Gebiete mit der größten Erreich- barkeit innerhalb Deutschlands sind gleichzeitig auch im europäischen Kon- text die Regionen mit den höchsten Werten. Dies gilt für die Straßen- wie auch für die Eisenbahnerreichbarkeit 7 (oben). In Europa existieren sehr große

Disparitäten der Lagegunst. Über dem Durchschnitt liegende Erreichbarkeits- werte finden sich fast ausschließlich im europäischen Kernbereich. Von hier fällt die Erreichbarkeit in alle Richtun- gen steil ab. In peripheren Regionen Europas sind weit unterdurchschnittli- che Werte vorzufinden, insbesondere in den nordischen Ländern und in weiten Teilen Osteuropas. Hier ragen nur die großen Agglomerationsräume aufgrund ihres Eigenpotenzials heraus. Mit etwas Phantasie läßt sich die „blaue Banane“

(RECLUS 1989) herauslesen, die von London über die Beneluxstaaten und entlang des Rheins bis nach Oberitalien reichende europäische Megalopolis. Le- diglich die Ile-de-France, die Pariser Stadtregion, setzt einen Kontrapunkt,

der aufgrund des französischen Hochge- schwindigkeitsnetzes (TGV) bei der Ei- senbahnerreichbarkeit deutlicher be- tont ist.

Heutzutage ist in vielen europäischen Regionen die Straßenerreichbarkeit hö- her als die der Bahn. Dieses wird sich durch die Entwicklung der transeuropäi- schen Verkehrsnetze in den nächsten zwei Jahrzehnten (AABeitrag Lemke u.a.) in vielen Gebieten jedoch ändern 7 (unten). Das im Aufbau befindliche grenzüberschreitende Hochgeschwin- digkeitsbahnnetz führt vor allem in Deutschland und im Süden Frankreichs zu starken Verbesserungen des Erreich- barkeitspotenzials. Die Eisenbahn wird hier zum schnellsten Verkehrsmittel am Boden. Vor allem die Knotenpunkte im Hochgeschwindigkeitsbahnnetz, die Zentren der großen Verdichtungsräume, profitieren. Sichtbare Erreichbarkeitszu- wächse bewirken auch die Verbesserun- gen der Bahninfrastruktur in Polen, in der Tschechischen Republik, in der Slo- wakischen Republik und in Ungarn.

Der Neubau von Autobahnen verbes- sert die Lagegunst vor allem in Teilen Frankreichs und im deutsch-polnischen Grenzgebiet. In der europäischen Peri- pherie jedoch führen die vorgesehenen großen Investitionen weder im Straßen- noch im Schienennetz zu spürbaren Verbesserungen der Erreichbarkeit. Die große Polarisierung der Erreichbarkeit in Europa läßt sich mit den geplanten transeuropäischen Verkehrsnetzen nicht abmildern, im Gegenteil, die Unter- schiede zwischen zentralen und periphe- ren Regionen werden durch das über- proportionale Wachstum der Erreich- barkeit im Zentrum eher noch größer (SPIEKERMANN/WEGENER 1996).

Erreichbarkeit und regionale Disparitäten

Zahlreiche empirische Studien haben gezeigt, dass es einen positiven Zusam- menhang zwischen der Infrastrukturaus-

stattung einer Region oder ihrer Er- reichbarkeit auf der einen Seite und dem Niveau ihrer Wirtschaftskraft auf der anderen Seite gibt (vgl. z.B. BLONK

1979; BIEHL 1986, 1991; KEEBLE/OFFORD/ WALKER 1988; RIETVELD/BRUINSMA 1998).

Eine Betrachtung regionaler wirtschaft- licher Disparitäten in der Europäischen Union zeigt, dass viele ökonomisch be- nachteiligte Regionen zugleich auch eine geographisch periphere Lage auf- weisen 5. Ausnahmen bilden lediglich die Regionen in den nordischen Län- dern, die trotz ungünstiger Erreichbar- keit eine hohe Wirtschaftskraft haben, und die neuen Länder der Bundesrepu- blik Deutschland, die trotz guter Lage ökonomische Probleme haben.

Regionalökonomische Theorien schließen daraus, daß Regionen mit leichterem Zugang zu Rohstoffen und Absatzmärkten entsprechend produkti- ver, wettbewerbsfähiger und – verein- facht gesprochen – erfolgreicher sind (vgl. LINNEKER 1997). Es ist deshalb ein wichtiges Ziel aller politischer Ebenen (EU, Bund, Länder), durch den Ausbau hochwertiger Verkehrsinfrastrukturen Impulse für die (regionale) Wirtschaft zu geben und so einen Beitrag zum Ab- bau der ökonomischen Disparitäten zu leisten. Auf europäischer Ebene bewir- ken die Investitionen in die transeuro- päischen Netze bei der Erreichbarkeit allerdings nur einen geringen Rückgang der regionalen Disparitäten 6. Ob durch Verbesserungen der Erreichbar- keit überhaupt Verbesserungen der Wirtschaftskraft bewirkt werden, ist empirisch nur schwer nachzuweisen.

Verkehrsinfrastrukturinvestitionen scheinen nur dort eine starke Wirkung auf die Regionalentwicklung zu entfal- ten, wo ein Engpass beseitigt wird (BLUM 1982; BIEHL 1986, 1991) und gleichzeitig die Wirtschaftskraft eher unterdurchschnittlich war (FÜRST/ SCHÜRMANN/SPIEKERMANN/WEGENER

2000a; 2000b).?

E

F

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Erreichbarkeit und Raumentwicklung

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© Institut für Länderkunde, Leipzig 2000

Erreichbarkeitspotenziale von Straße und Eisenbahn

im 10km-Raster

Autor: K.Spiekermann

Erreichbarkeitspotenzial 1996 Erreichbarkeitsindex

Europäischer Durchschnitt = 100

> 300 275 - 300 250 - 275 225 - 250 200 - 225 175 - 200 150 - 175 125 - 150 100 - 125 75 - 100 50 - 75 25 - 50

< 25

Erreichbarkeitspotenzial, Veränderung 1996-2016 Steigerung in Bezug zum europäischen Durchschnitt

> 90 80 - 90 70 - 80 60 - 70 50 - 60 40 - 50 30 - 40 20 - 30 10 - 20 0 - 10 in Prozent

Straße 1996 Eisenbahn 1996

Straße 1996-2016 Eisenbahn 1996-2016

G

Referenzen

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