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Archiv "Genetik der dilatativen Kardiomyopathie" (16.04.2004)

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D

ie Herzinsuffizienz ist ein Krank- heitsbild mit zunehmender klini- scher und ökonomischer Bedeu- tung, dessen Pathogenese bisher nur unzureichend verstanden wird. Wäh- rend sich die Herzinsuffizienz im höhe- ren Alter meist aufgrund einer korona- ren oder hypertensiven Herzerkran- kung entwickelt, ist die idiopathische dilatative Kardiomyopathie (DCM) die häufigste Indikation zur Herztransplan- tation bei jüngeren Erwachsenen (23).

Definition und Häufigkeit

Nach der Definition der WHO von 1995 ist die dilatative Kardiomyopathie durch eine „Dilatation und eingeschränkte Kontraktion des linken Ventrikels oder beider Ventrikel charakterisiert. Sie kann idiopathisch, familiär/genetisch, vi- ral und/oder immunologisch, alkoho- lisch/toxisch verursacht oder mit einer bekannten kardiovaskulären Erkran- kung assoziiert sein, bei der der Grad der myokardialen Dysfunktion nicht durch die abnormale Vor- oder Nachlast oder das Ausmaß des ischämischen Schadens erklärt ist. Die Histologie ist unspezi- fisch. Die Erkrankung manifestiert sich

meist durch eine Herzinsuffizienz, die häufig progressiv verläuft. Arrhythmien, Thromboembolien und plötzlicher Herz- tod sind häufig und können zu jedem Zeitpunkt auftreten“ (40).

In der Praxis ist die Echokardiogra- phie mit Darstellung der Dilatation und Funktionseinschränkung des linken Ventrikels sowie durch den Ausschluss relevanter Vitien der zentrale Baustein der Diagnostik. Die Diagnose einer primären dilatativen Kardiomyopathie kann allerdings erst nach Ausschluss ei- nes relevanten arteriellen Hypertonus, einer koronaren Herzkrankheit, eines Alkoholabusus und anderer in Tabelle 1 genannter Ursachen sekundärer Kardio- myopathien gestellt werden. Eine Stu- die am Johns Hopkins Hospital, in der 1 230 Patienten mit bis dahin ungeklärter Kardiomyopathie und Herzinsuffizienz charakterisiert wurden, konnte bei 50 Prozent der Patienten eine Ursache für eine sekundäre Kardiomyopathie eru-

ieren; bei den übrigen 50 Prozent wur- de die Diagnose einer idiopathischen (oder primären) dilatativen Kardio- myopathie gestellt (16).

Die Punktprävalenz der idiopathi- schen dilatativen Kardiomyopathie wurde in Olmsted County, Minnesota, (Mayo Clinic) mit 36,5/100 000 be- stimmt, die Inzidenz mit 6/100 000 Per- sonenjahre (9). Vergleichbar präzise epidemiologische Erhebungen liegen in Deutschland nicht vor, jedoch kann von einer ähnlichen Größenordnung ausge- gangen werden. Obwohl die Einführung von ACE-Hemmern, Betablockern und Aldosteronantagonisten in die Thera- pie der Herzinsuffizienz die Prognose verbessert haben, führt die dilatative Kardiomyopathie immer noch häufig in eine terminale Herzinsuffizienz. Damit ergibt sich die Notwendigkeit zu einer Herztransplantation, oder es kommt zu den genannten, häufig tödlichen Kom- plikationen. Die Angaben über die Pro- gnose der primären DCM differieren sehr. Dies hängt einerseits mit Verände- rungen der Therapie zusammen, ande- rerseits aber auch mit unterschiedlich starker Selektion der untersuchten Po- pulationen. Eine Untersuchung in Olm- sted County zeigte wesentliche Unter-

Genetik der dilatativen Kardiomyopathie

Zusammenfassung

Die dilatative Kardiomyopathie stellt die häu- figste Indikation zur Herztransplantation bei jüngeren Erwachsenen dar. Neben der infektiö- sen und autoimmunen Genese ist die idiopathi- sche dilatative Kardiomyopathie mindestens in einem Viertel aller Fälle genetisch bedingt. Dem familiären Auftreten wird in der klinischen Pra- xis noch immer wenig Beachtung geschenkt, obwohl es erlaubt, andere Betroffene in einem frühen Erkankungsstadium zu identifizieren und den Verlauf der Erkrankung günstig zu be- einflussen. Eine Untersuchung aller erstgradig Verwandten von Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie ist daher zu empfehlen. Da- rüber hinaus ermöglicht die familiäre Form der Erkrankung eine Identifikation kausaler Gendefekte. 16 Krankheitsgene wurden bisher identifiziert, die in unterschiedlichen subzel- lulären Systemen exprimiert sind. Die Charakte-

risierung der durch sie ausgelösten Verände- rungen verspricht ein besseres Verständnis der Pathophysiologie und längerfristig neue thera- peutische Möglichkeiten. Ein genetisches Scree- ning wird zurzeit innerhalb des Kompetenznet- zes „Herzinsuffizienz“ aufgebaut.

Schlüsselwörter: Herzinsuffizienz, Kardiomyo- pathie, Genetik, molekulare Medizin, Präven- tion

Summary

Genetics in Dilated Cardiomyopathy Dilated cardiomyopathy represents the most common indication for cardiac transplantation in young adults. Besides infectious and auto- immune mechanisms of disease, idiopathic dilated cardiomyopathy has genetic causes in at least a quarter of cases. The familial appear-

ance has not been adequately appreciated in clinical practice, despite the fact that it allows to identify other affected individuals at an early stage and to influence the course of the disease in a positive way. An examination of all first degree relatives of patients with dilated cardiomyopathy is therefore recommended. In addition, the familial form allows the identi- fication of causative genetic defects. 16 dis- ease genes have been identified so far. They are expressed in different subcellular systems.

The characterization of the effects that are caused by these genetic defects will allow a better comprehension of the pathophysiology and the development of novel therapeutic strategies. A genetic screening approach is cur- rently being implemented by the network of excellence “heart failure“.

Key words: heart failure, cardiomyopathy, ge- netics, molecular medicine, prevention

1Arbeitsgruppe für Kardiovaskuläre Genetik, Institut für Klinische Biochemie und Pathobiochemie (Direktor: Prof.

Dr. med. Ulrich Walter),

2Medizinische Klinik (Direktor: Prof. Dr. med. Georg Ertl),

3 Medizinische Poliklinik (Direktor: Prof. Dr. med. Klaus Wilms), Bayerische Julius Maximilians Universität, Würz- burg

Jost Schönberger1, 2, 3 Michael Zimmer1 Georg Ertl2

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schiede hinsichtlich der Prognose der Gesamtheit der lokalen DCM-Patien- ten (80 Prozent weisen 5-Jahres-Über- lebensrate auf) im Vergleich zu den zugewiesenen DCM-Patienten (5-Jah- res-Überlebensrate: 36 Prozent). Es ist auch bekannt, dass die Prognose mit der funktionellen Klasse gemäß der New York Heart Association (NYHA), der linksventrikulären Ejektionsfrakti- on und dem Alter korreliert (48).

Familiäre Erkrankung

1948 beschrieb William Evans (14) erst- mals eine „familiäre Kardiomegalie“.

In den 50er- und 60er-Jahren folgten weitere Berichte. Dennoch dauerte es bis in die 90er-Jahre, bis das Auftreten der idiopathischen DCM bei Familien- angehörigen in größeren Patientenkol- lektiven systematisch untersucht wur- de. Die Erkrankung tritt in etwa 25 Pro- zent der Fälle familiär auf, meist mit ei- nem autosomal dominanten Erbgang (20, 21, 27, 31). Daher tragen durch- schnittlich die Hälfte der Kinder eines Betroffenen ebenfalls die ursächliche Mutation.

Wenn man sich als betreuender Arzt nur auf die Familienanamnese verlässt, unterschätzt man den Anteil der fami- liären Fälle. Nach den genannten Studi- en sollte allen erstgradig Verwandten (Eltern, Geschwister und Kinder) eine Untersuchung mittels Anamnese, kör- perlicher Untersuchung, EKG und Echokardiographie angeboten werden.

Sobald dabei ein weiterer Fall einer un- erklärten linksventrikulären Dilata- tion oder Pumpfunktionseinschränkung identifiziert wird, oder in der Famili- enanamnese über frühe unklare Todes- fälle berichtet wird, sollten sich alle Blutsverwandten in einer Spezialambu- lanz für Herz-Kreislauf-Genetik vor- stellen. Solche Spezialambulanzen wer- den mittlerweile in Zusammenarbeit mit Humangenetikern, Kinderärzten und Neurologen an mehreren deut- schen Kliniken angeboten.

Auf diese Weise kann bei fünf bis zehn Prozent der Verwandten von Pati- enten mit dilatativer Kardiomyopathie ebenfalls eine solche Erkrankung im asymptomatischen Stadium identifi- ziert werden. Bei weiteren 25 Prozent

kann echokardiographisch entweder ei- ne linksventrikuläre Dilatation oder ei- ne Einschränkung der Pumpfunktion festgestellt werden (3).

Ist die Diagnose einer familiären Er- krankung gestellt, sollten alle erstgradi- gen Verwandten von Betroffenen (auch von asymptomatischen Personen) re- gelmäßig körperlich und mittels EKG, Echokardiographie und Langzeit-EKG untersucht werden, um auch spätere Manifestationen nicht zu übersehen.

Auf diese Weise können Komplikatio- nen vermindert werden. Bei Vorhof- flimmern sollten Angehörige solcher Familien beispielsweise streng antikoa- guliert werden. Auch ist die Implantati- on eines automatischen Kardioverter Defibrillators zu erwägen, wenn ander- weitig nicht erklärte plötzliche Herzto- de in der Familiengeschichte vorkom- men oder beim Patienten selbst Synko- pen aufgetreten sind. Gemäß der SOL- VD-P- (49) und der SAVE-Studie (39) ist zu erwarten, dass die frühzeitige Ini- tiierung einer Herzinsuffizienztherapie auch bei dieser speziellen Patienten- gruppe die weitere Prognose verbes- sert.

Die Penetranz der Erkrankung ist al- tersabhängig und dabei sehr variabel. In einigen Familien sind bereits Kinder oder Jugendliche betroffen, wohingegen andere Mitglieder einer Familie, die die gleiche Mutation tragen, erst später er- kranken. Wie bei vielen Mendelschen Erkrankungen (Erkrankungen, bedingt durch einen singulären Gendefekt, der gemäß den Mendelschen Regeln ver- erbt wird) beeinflussen offenbar auch hier zusätzliche genetische Faktoren (Varianten in anderen Genen) und auch nichtgenetische Faktoren (zum Beispiel Nachlast, Perfusion, virale In- fektion, Autoantikörper) die phänoty- pische Ausprägung. In den meisten Fa- milien wird die Penetranz in der vierten bis fünften Dekade aber nahezu kom- plett, sodass um das 50. Lebensjahr die große Mehrzahl der Mutationsträger erkrankt sind.

Seltener wurde über X-chromoso- male und autosomal rezessive Erbgän- ge berichtet. Ersteres impliziert, dass hauptsächlich männliche Familienmit- glieder erkranken, wobei auch weibli- che Genträger eine allerdings mildere Form der Erkrankung zeigen können.

Bei autosomal rezessiven Erbgängen müssen beide Elternteile Mutationsträ- ger sein. Schließlich wurden auch Mu- tationen im mitochondrialen Genom beschrieben, die matrilineal, also aus- schließlich über die Mutter, auf das Kind vererbt werden.

Zusätzliche Phänotypen

Die dilatative Kardiomyopathie kann von verschiedenen zusätzlichen Funkti- onsstörungen begleitet werden. Dabei handelt es sich einerseits um kardia- le Manifestationen, wie zum Beispiel Störungen des Reizbildungssystems (Sinusknotendysfunktion, Vorhofflim- mern, Vorhoftachykardien) und des Erregungsleitungssystems (atrioventri- kuläre [AV-]Blockierungen, Schenkel- blöcke) (15, 25, 30, 36), Mitralprolaps (7), oder isolierte Nichtkompaktierung des linken Ventrikels (spongiöses links- ventrikuläres [LV-]Myokard) (4, 24), andererseits aber auch um extrakardia- le Störungen wie Skelettmuskelmyopa- thien (6, 30) und Innenohrschwerhörig- keit (44) (Tabelle 2). Darüber hinaus kann die kardiale Dilatation auch als zusätzlicher Phänotyp komplexer gene- tischer Erkrankungen oder bei primä- ren Skelettmuskelerkrankungen auf- treten (17). Patienten mit Skelettmus- kelerkrankungen, bei denen eine kardia- le Mitbeteiligung beschrieben ist, sollten daher auch kardiologisch betreut wer- den. Hierzu zählen vor allem die myoto- nen Dystrophien, die Muskeldystrophie Typ Duchenne und Becker, die Emery- Dreifuss-Dystrophie und die Glieder- gürteldystrophien.

Krankheitsgene und Mechanismen

Wenn die Erkrankung bei zahlreichen Mitgliedern einer Familie auftritt, be- steht prinzipiell die Möglichkeit, durch Kopplungsanalysen die verantwortli- chen chromosomalen Loci zu kartieren und in einem nächsten Schritt die mu- tierten Gene zu identifizieren (Tabelle 2) (Kopplung bedeutet: gemeinsame Vererbung der Erkrankung mit benach- barten DNA-Marker-Allelen). Die Ge- schwindigkeit, mit der diese Methodik

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zum Ziel führt, hat sich in den letzten Jahren deutlich gesteigert. Dies liegt vor allem an dem großen Zuwachs an Daten aus dem humanen Genomprojekt.

In kleinen Familien, in denen Kopp- lungsstudien nicht sinnvoll sind, haben auch direkte Analysen von funktionel- len Kandidatengenen zur Identifikation der ursächlichen genetischen Verände- rung geführt (Kandidatengene sind funk- tionell relevant erscheinende Gene).

Seit 1986 sind Mutationen im Dys- trophingen als Ursache der Muskel- dystrophie Typ Duchenne und Becker bekannt. Diese Skelettmuskelerkran- kungen zeigen in der Mehrzahl der Fälle auch eine kardiale Beeinträchti- gung, was für die Betreuung dieser Pati- enten wichtig ist. Wenn der kardiale Phänotyp dominiert, die Skelettmusku- latur also nicht oder nur in geringer Ausprägung betroffen ist, spricht man von X-chromosomaler dilatativer Kar- diomyopathie. Bei den Mutationen in den wenigen bekannten Familien mit X-chromosomaler rein dilatativer Kar- diomyopathie handelt es sich im We- sentlichen um Stopcodons, die die Produktion eines verkürzten Dystro- phinproteins zur Folge haben (Dele- tionen, Insertionen, Duplikationen, Splice-Site-Mutationen) (1). Missense- Mutationen (Änderung eines Amino- säurekodons) können aber ebenfalls zu einem kardialen Phänotyp führen (38). Daneben wurden auch Mutatio- nen des kardialen Dystrophinpromo- tors beschrieben (1). Bisher ist es noch nicht gelungen diejenigen Mutationen, die zu dem Auftreten einer reinen Kar- diomyopathie führen, klar von denen zu differenzieren, die zu dem Vollbild ei- ner Muskeldystrophie Typ Duchenne und Becker führen.

Eine interessante Verbindung der ge- netischen und infektiösen Ursachen der dilatativen Kardiomyopathie besteht darin, dass die enterovirale Protease- 2A aus Coxsackievirus-B3 die Fähig- keit besitzt Dystrophin zu spalten (2).

Es wurde auch gezeigt, dass Dystro- phin-defiziente Mäuse, die mit dem Enterovirus infiziert wurden, eine stär- ker ausgeprägte Kardiomyopathie ent- wickeln als Wildtyp-Mäuse. Es ist also denkbar, dass auch Menschen mit ei- nem Mangel an funktionell vollwer- tigem Dystrophin leichter von Cox-

´ Tabelle 1 ´

Relevante Ursachen einer sekundären dilatativen Kardiomyopathie und diagnostische Möglichkeiten

Ursache Diagnostik

Myokarditis Biopsie, Serologie

Ischämische Herzerkrankung Koronarangiographie Kardiomyopathie aufgrund infiltrativer Prozesse

Amyloidose Biopsie, eventuell Rektum

Sarkoidose Thoraxröntgen

Hämochromatose Ferritin, Transferrin

Peripartum Kardiomyopathie

Hypertensive Herzkrankheit EKG, Echo, 24 h-RR HIV-assoziierte Kardiomyopathie HIV-Serologie Kardiomyopathie bei Bindegewebserkrankungen

Sklerodermie Immunserologie

Systemischer Lupus erythematodes Immunserologie

Marfan-Syndrom Echo

Polyarteriitis nodosa Immunserologie

Dermatomyositis oder Polymyositis Immunserologie Unspezifische Bindegewebserkrankung

M. Bechterew Immunserologie, HLA B27

Rheumatoide Arthritis Immunserologie

Rezidivierende Polychondritis

M. Wegener Immunserologie

Mischkollagenosen Immunserologie

Kardiomyopathie durch Rauschmittel

Chronischer Alkoholabusus MCV, GGT, GOT, GPT, GDT

Kokainabusus Drogenscreen

Kardiomyopathie durch Doxorubicintherapie Kardiomyopathie durch andere Ursachen

Restriktive Kardiomyopathie Echo

Klappenerkrankungen Echo

Stoffwechselerkrankungen

Schilddrüsenerkrankung TSH, fT3, fT4

Karzinoid 5-Hydroxyindolessigsäure im 24-h-Urin

Phäochromozytom Katecholamine im 24-h-Urin

Akromegalie STH nach Glucosebelastung

Neuromuskuläre Erkrankung CK, Neurologische Diagnostik

Maligne Herzerkrankung TU-Screening

Angeborene Herzerkrankung Echo, TEE Komplikation nach ACVB

Bestrahlung

Schwere systemische Erkrankung

Endomyokardiale Fibroelastose Biopsie Thrombotisch thrombozytopenische Purpura

Rheumatische Karditis

Pharmakotherapie (außer Doxorubicin) Leukotriene

Lithium

Aufgeführt sind diagnostische Möglichkeiten, die neben einer sorgfältigen Anamneseerhebung zur Differenzierung zwi- schen primärer und sekundärer dilatativer Kardiomyopathie genutzt werden können. Je nach klinischer Situation muss nicht die gesamte Diagnostik angewendet werden. Dies gilt insbesondere, wenn eine positive Familienanamnese für ei- ne idiopathische dilatative Kardiomyopathie festgestellt werden kann. Untersuchungen, die immer angewendet werden sollten, sind in kursiv dargestellt.

24h-RR, Langzeitblutdruckmessung; HLA B27, Humanes Leukozytenantigen B27; MCV, mittleres korpuskuläres Volumen;

GGT, Gammaglutamyltransferase; GOT, Glutamatoxalacetattransaminase; GPT, Glutamatpyruvattransaminase; CDT, Car- bohydrat-defizientes Transferrin; TSH, Thyroidea-stimulierendes Hormon; fT3, freies Trijodthyronin; fT4, freies Thyroxin;

STH, somatotropes Hormon; CK, Creatinkinase; TU-Screening, Tumorsuche; TEE, transösophageale Echokardiographie;

ACVB, aortokoronarer Venenbypass

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sackieviren geschädigt werden. Dies wäre eine mögliche Erklärung für die wechselnde Penetranz der dilatativen Kardiomyopathie bei Dystrophinmuta- tionen (53).

Im Jahr 1998 wurde mithilfe einer Kandidatengenuntersuchung der erste Defekt bei einer autosomal dominan- ten Form von dilatativer Kardiomyopa- thie identifiziert. In zwei sehr kleinen Familien konnten Mutationen im kar- dialen Aktin-Gen (ACTC) nachgewie- sen werden. Trotz der geringen statisti- schen Aussagekraft der Kosegregation des Gendefektes mit dem Erkran- kungsstatus in solch kleinen Familien kann in diesem Fall davon ausgegangen werden, dass es sich tatsächlich um kau- sal relevante Mutationen handelt. Bei-

de Missense-Mutationen wurden in Re- gionen des kardialen Aktins gefunden, die in der Evolution hochgradig konser- viert erscheinen. Dies ist ein Hinweis dafür, dass eine Veränderung in diesen Regionen einen funktionellen Nachteil mit sich bringt. Außerdem liegen die Mutationen in Bereichen, die für die Verankerung von Aktin in der Z-Bande und den interkalierten Scheiben not- wendig sind (37).

Im darauf folgenden Jahr wurde ebenfalls mittels Kandidatengenanaly- se unter 44 Patienten mit familiärer di- latativer Kardiomyopathie eine Familie mit einer Missense-Mutation im Des- min-Gen identifiziert (29). Kosegregati- on konnte in einem vier Generationen umfassenden Stammbaum belegt wer-

den. Bei Desmin handelt es sich um ein muskelspezifisches Intermediärfilament, also ein extrasarkomerisches Zytoske- lettprotein, das die Myofilamente im Bereich der Z-Scheiben verbindet und auch Verbindungen zum Zellkern und den Mitochondrien herstellt. Mutatio- nen in diesem Protein wurden zuvor bereits bei der Desmin-Myopathie der Skelettmuskulatur beschrieben, die häufig von einer Kardiomyopathie mit Reizleitungsstörungen begleitet wird.

In der genannten Familie trat die Kar- diomyopathie allerdings isoliert auf.

Die Histologie der Desminopathien ist durch das Auftreten von Desmin ent- haltenden Einschlusskörperchen in den Myozyten gekennzeichnet. In einem Mausmodell, in dem das mutierte Des-

´ Tabelle 2 ´

Übersicht der chromosomalen Loci und Krankheitsgene bei dilatativer Kardiomyopathie als dominierenden Phänotyp

Locus Vererbungs- Zusätzlicher Krankheitsgen/ Allelische

muster Phänotyp -protein Erkrankungen

1q32 AD Nicht vorhanden Kardiales Troponin T HCM

1q32 AD Nicht vorhanden ?

2q31 AD Nicht vorhanden Titin TMD, HCM?

5q33–34 AD Nicht vorhanden δ-Sarcoglycan LGMD2F

6q12–16 AD Nicht vorhanden ?

6q22.1 AD Nicht vorhanden Phospholamban

9q13–22 AD Nicht vorhanden ?

11p15.1 AD Nicht vorhanden Kardiales Muskel-LIM-Protein HCM

14q11 AD Nicht vorhanden Kardiale schwere β-Myosin-Kette HCM

15q14 AD Nicht vorhanden Kardiales Aktin HCM

15q22.1 AD Nicht vorhanden α-Tropomyosin HCM

10q21–23 AD Mitralprolaps ?

10q21–23 AD Nicht vorhanden Metavinculin

1p1–q21 AD Reizleitungsstörung Lamin A/C EDMD, FLPD, CMT2B1,

MAD, HGPS

2q14–q22 AD Reizleitungsstörung ?

3q22–25 AD Reizleitungsstörung ?

6q23 AD Reizleitungsstörung und ?

Skelettmyopathie

2q35 AD Skelettmyopathie Desmin Desminmyopathie

6q23–24 AD Sensoneuraler Hörverlust Eyes absent 4 Sensoneuraler Hörverlust

18q12 AD LVNC und VSD α-Dystrobrevin

17q21 AR RV Dyspl. und wollige Haare Desmoplakin ARVD, KPPS, SFWHS

und Keratodermie

Xp21 X Skelettmyopathie Dystrophin

Xq28 X LVNC Tafazzin EFE, Kleinwuchs und

Neutropenie AD, autosomal dominant; AR autosomal rezessiv; LVNC, linksventrikuläre Non-Compaction; HCM, hypertrophische Kardiomyopathie; TMD, tibiale muskuläre Dystrophie; LGMD2F, limb-girdle muscular dystrophy Typ 2F; EDMD, Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie; FLPD, familiäre Lipodystrophie Typ Dunnigan; CMT2B1, Charcot-Marie-Tooth-Krankheit Typ 2B1;

MAD, mandibuloakrale Dysplasie; HGPS, Hutchinson-Gilford-Progerie-Syndrom; ARVD, arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie; KPPS, Keratosis palmoplantaris striata; SFWHS, skin-fragillity wooly hair syndrome; RV Dyspl., rechtsventrikuläre Dysplasie; EFE, endokardiale Fibroelastose

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min überexprimiert wurde, kam es ebenfalls zu der Bildung von Aggrega- ten.

Da diese initial identifizierten Krankheitsgene für dilatative Kar- diomyopathien durchweg zytoskelettä- re Proteine kodieren, wurde von Bowles und Towbin die „final common path- way“-Hypothese postuliert. In Ana- logie zu genetisch bedingten Rhyth- musstörungen, die vorwiegend durch Defekte in Ionenkanalproteinen be- dingt sind („channelopathies“), und den hypertrophischen Kardiomyopa- thien, die meist durch Defekte in sarko- merischen Proteinen verursacht wer- den („sarcomeropathies“), geht diese Hypothese davon aus, dass die dilatati- ven Kardiomyopathien gemeinschaft- lich eine Erkrankung des kraftübertra- genden Zytoskeletts darstellen (8).

Diese Sichtweise vereinfacht die bis- herigen Erkenntnisse allerdings wohl etwas zu stark, denn es ist unklar, inwie- weit Desmin überhaupt an der Kraft- übertragung teilnimmt, und es wurden mittlerweile weitere Krankheitsgene für dilatative Kardiomyopathien identi- fiziert, die vermutlich nicht dem Kraft übertragenden Zytoskelett zuzuordnen sind.

So können Defekte im Lamin-A/C- Gen (LMNA) ebenfalls zu einer dilata- tiven Kardiomyopathie führen, die typi- scherweise von Reizbildungs- und Erre- gungsleitungsstörungen begleitet ist.

Dies hat zur Folge, dass es bei verzöger- ter Diagnosestellung in den betroffenen Familien zu untherapiertem Vorhof- flimmern oder AV-Blockierungen mit häufig folgenschweren Synkopen oder Apoplexen kommt. Eine Familienun- tersuchung ist bei diesem relativ häufig auftretendem Gendefekt daher beson- ders wichtig.

Lamin A und C sind zwei Proteine, die aus Splicevarianten desselben Gens gebildet werden. Sie stellen als Interme- diärfilamente neben Emerin und ande- ren Proteinen wichtige Bausteine der nukleären Lamina dar. Mutationen in diesem Gen können zu sehr verschiede- nen Phänotypen führen. Initial wurde LMNA als Krankheitsgen bei der auto- somal dominanten Form der Emery- Dreifuss-Muskeldystrophie beschrie- ben (6), die wie die genannten Mus- keldystrophien häufig mit einer kardia-

len Beteiligung einhergeht. Im Jahr 1999 wurde dann auch in mehreren Fa- milien mit isolierter dilatativer Kardio- myopathie eine Mutation im LMNA- Gen als kausale Mutation identifi- ziert (15). Es wird vermutet, dass die nu- kleäre Lamina neben den mechani- schen Funktionen der Zellkernstabili- sierung auch Gen-regulative Aufgaben durch Interaktion mit Chromatin über- nimmt. Des Weiteren ist Lamin A/C über Syne-1 mit dem Aktinzytoskelett des Zytoplasmas verbunden. Lamin A und C werden allerdings in den Zellker- nen aller Gewebe exprimiert, und es ist bislang noch unklar, welchen besonde- ren Funktionsverlust die Mutationen in den Zellkernen von Myozyten verursa- chen. Möglicherweise werden Signale der mechanischen Beanspruchung des Myozyten über Syne-1 und Lamin A/C an den Zellkern gemeldet. Es ist denk- bar, dass Informationen über die me- chanische Belastung der Zelle nicht mehr in den Nukleus gelangen, wenn

Lamin bestimmte Defekte aufweist und deshalb keine adäquate Antwort im Sinne der Homöostase erfolgen kann.

Im Rahmen der direkten zytoskelet- tären Kraftübertragung scheint Lamin A/C aber zumindest keine Rolle zu spielen. Erwähnenswert ist auch, dass LMNA-Mutationen neben den genann- ten Phänotypen auch Gliedergürtel- Muskeldystrophie (33), familiäre parti- elle Lipodystrophie vom Dunnigan-Typ (47), mandibuloakrale Dysplasie (35), Charcot-Marie-Tooth-Typ-2B1-Erkran- kung (12) und Hutchinson-Gilford-Pro- gerie-Syndrom (13) auslösen können.

Diese Erscheinungsformen könnten al- so durchaus auch im Zusammenhang mit der DCM zu finden sein, wobei das gleichzeitige Auftreten eines kardial- muskulären Phänotyps mit einem nicht- muskulären Phänotyp in derselben Fa- milie bisher lediglich für die Lipodys- trophie beschrieben ist (52).

δ-Sarcoglycan ist ein Bestandteil des Dystrophin-assoziierten Komple- Verschiedene Pathomechanismen führen zur Entwicklung einer Kardiomyopathie. Im äußeren Kreis sind Ursachen sekundärer, im inneren Kreis Ursachen primärer dilatativer Kardiomyopa- thie (DCM) dargestellt. Verschiedene Signalwege sind bereits untersucht, andere wie bei- spielsweise die Folgen von Lamin-A/C-Defekten sind noch unklar.

δ-Sarcoglycan Dilatative

Kardiomyopathie Energiedefizit

EYA4

Tafazzin Lamin A/C

Hypertrophie Ischämie

Mitochondriale tRNA Carnitin-palmityl-

Transferase II Trifunktionales

Protein Desmin α-Aktin Dystrophin Plakoglobin Desmoplakin Muskel-LIM-Protein

Toxine

Hämochromatose Infektion

β-MHC Troponin T α-Tropomyosin Phospholamban

? Defekte Kraftüber-

tragung

Defekte Krafterzeugung

Apoptose? Nekrose Grafik

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xes und dient ebenfalls der Veranke- rung filamentärer Elemente in der Zell- membran. Eine Mutation im δ-Sarco- glycan-Gen (SGCD) konnte bei der re- zessiv erblichen Kardiomyopathie des syrischen Hamsters demonstriert wer- den (34). Diese Tiere leiden ebenso wie ein später angefertigtes δ-Sarcoglycan- defizientes Mausmodell sowohl an ei- ner Skelettmyopathie als auch unter ei- ner Kardiomyopathie, die durch Myo- kardnekrosen gekennzeichnet ist. Für Letzteres ist offenbar eine Fehlkonfigu- ration der Koronarien ursächlich. Diese Gefäße zeigen multiple Stenosen mit dazwischen liegenden Dilatationen. Ei- ne frühe Behandlung mit dem Vasodila- tator Diltiazem konnte die Veränderun- gen im Tiermodell verhindern (10). Mu- tationen im δ-Sarcoglycan-Gen wurden auch bei einem familiären und zwei sporadischen DCM-Fällen identifiziert, bei denen keine begleitende Skelett- myopathie nachzuweisen war (50).

Titin ist das größte bekannte Protein des Körpers. Es verbindet die M- und Z- Zone des Sarkomers und dient neben der Funktion als Leitstruktur für Sarko- merproteine offenbar auch als elasti- sche Feder, die die Kräfte der diastoli- schen Dehnung des Sarkomers abfängt und wieder freigeben kann. Mutationen im Titin-Gen (TTN) konnten in zwei Familien mit dilatativer Kardiomyo- pathie und bei einer Zebrafisch-Mutan- te nachgewiesen werden, die ebenfalls unter einer systolischen Dysfunktion leidet (19, 55). Daneben konnten kürz- lich Mutationen bei einer großen An- zahl von Patienten mit einer tibialen Muskeldystrophie demonstriert wer- den (22).

EYA4 ist ein bisher noch sehr wenig charakterisiertes Gen. Es ist ei- nes der vier Vertebraten-Orthologe des

„eyes absent“-Gens, das bei mutierten Fruchtfliegen ohne Augen kloniert wur- de und in die Regulation der Apoptose von Organvorläuferzellen involviert ist (5, 54). EYA-Proteine sind Kotrans- kriptionsfaktoren, die im Zusammen- spiel mit DNA-bindenden Transkripti- onsfaktoren die Expression nachge- schalteter Gene regeln. Die Autoren konnten vor kurzem eine Deletion in EYA4 bei einer Form der dilatativen Kardiomyopathie mit begleitendem sensoneuralen Hörverlust nachweisen

(45). Damit ist ein weiteres zelluläres Element als relevant für die Entstehung der DCM identifiziert worden, das bis- lang keiner zytoskelettären Funktion zuzuordnen ist.

Phospholamban ist ein Regulator- protein, das die Wiederaufnahme von Calciumionen aus dem Zytoplasma in das sarkoplasmatische Retikulum nega- tiv beeinflusst. Eine Missense-Mutation im Phospolamban-Gen (PLN) wurde in einer größeren Familie durch Kosegre- gation eindeutig als krankheitsverursa- chende Mutation identifiziert. Die transgene Überexpression des mutier- ten Proteins in der Maus erzeugt einen ähnlichen Phänotyp (43).

Mutationen in mitochondrialen Pro- teinen werden vorwiegend bei kindli- chen Kardiomyopathien beobachtet.

Neben Genen aus dem mitochondria- len Genom sind vor allem die nu- kleären Gene für die Carnitin-palmityl- transferase und das trifunktionale Pro- tein zu nennen, bei denen Mutationen zu einem Energiedefizit in der Muskel- zelle führen (41).

Überschneidung zwischen verschiedenen

Kardiomyopathien

Pathophysiologisch sehr interessant sind auch die Überschneidungsbereiche zwischen dilatativen Kardiomyopathi- en und anderen Formen der Kar- diomyopathien. So ist bei einer Vielzahl von Patienten mit rechtsventrikulärer Dysplasie auch der linke Ventrikel dila- tiert beziehungsweise funktionell ein- geschränkt. Eine Sonderform der rechtsventrikulären Dysplasie mit den zusätzlichen Phänotypen wolliger Haa- re und palmoplantarer Keratosen wird als Naxos-Syndrom bezeichnet. Ande- rerseits wurden drei Familien aus Ecua- dor beschrieben, bei denen die gleichen ektodermalen Veränderungen festge- stellt wurden, die aber offenbar nicht unter einer rechtsventrikulären Dyspla- sie, sondern unter einer dilatativen Kar- diomyopathie leiden. Die betreffenden Krankheitsgene Plakoglobin (β-Ca- tenin) und Desmoplakin spielen eine wichtige Rolle bei der Verbindung be- nachbarter Myozyten über Desmoso- men. Plakoglobin-defiziente Mäuse zei-

gen eine reduzierte myokardiale Dehn- barkeit. Wenn die Herzen dieser Mu- tanten mechanischem Stress ausgesetzt werden, sterben die Tiere an Ventrikel- rupturen (42).

Auch zwischen hypertrophischen und dilatativen Kardiomyopathien (HCM) gibt es Gemeinsamkeiten. Ei- nerseits können hypertrophische Her- zen dekompensieren und in dilatative Formen übergehen („burnt-out“), was allerdings nur bei einem kleinen Teil (circa zehn Prozent) der Patienten der Fall ist (46).Andererseits können Muta- tionen an unterschiedlichen Positionen des gleichen Gens eine hypertrophische oder eine dilatative Kardiomyopathie auslösen. Defekte in der schweren Ket- te des Myosins, in Troponin T und in α- Tropomyosin waren bis vor kurzer Zeit nur bei hypertrophischen Kardiomyo- pathien beschrieben. In 2000 und 2001 wurden auch erstmals Defekte in diesen Genen bei dilatativer Kardiomyopathie identifiziert (26). Im Gegensatz dazu wurden Mutationen im kardialen Aktin und im Muskel-LIM-Protein (28, 37) zuerst bei dilatativen Kardiomyopathi- en, dann aber auch bei hypertrophi- schen Formen der Kardiomyopathie, beschrieben (18, 32). Ob dabei eine kla- re Genotyp-Phänotyp-Beziehung be- steht, ob also gewisse Mutationen in be- stimmten Positionen des Moleküls zu einer hypertrophischen Kardioyopa- thie führen, hingegen andere Mutation regelhaft im Auftreten einer dilatativen Kardiomyopathie resultieren, ist bis- lang noch unklar. Die Klärung dieser Frage erfordert die Untersuchung wei- terer Familien mit Mutationen in diesen Genen, sowie die Konstruktion von Knock-in-Mausmodellen, die die jewei- ligen Mutationen in sich tragen. Auch die Frage, ob hypertrophische und primär dilatative Phänotypen auch in- nerhalb einer Familie, das heißt bei Vor- liegen derselben Mutation auftreten können, ist bislang nicht geklärt.

Schließlich gibt es auch Überschnei- dungsbereiche zwischen dilatativer Kar- diomyopathie, linksventrikulärer Non- compaction („spongiöses Herz“), endo- kardialer Fibroelastose und Barth-Syn- drom. Alle vier Erkrankungen können durch Defekte im G4.5-Gen ausgelöst werden (11). Das G4.5-Gen kodiert multiple Proteinsplicevarianten, die als

(7)

Tafazzine bezeichnet werden. Ihre Funktion ist nicht genau erläutert, je- doch besteht eine strukturelle Ähnlich- keit zu Acyltransferasen, die etwa im Lipidstoffwechsel der Mitochondrien- membran eine Rolle spielen (51).

Eine Mutation in α-Dystrobrevin wurde in einer kleineren Familie mit linksventrikulärer Non-compaction und begleitendem Ventrikelseptumdefekt beschrieben. Bei diesem Gen handelt es sich wie bei Sarcoglycan um ein Mitglied des Dystrophin-assoziierten Protein- komplexes (24). Es bleibt abzuwarten, ob sich auch in anderen Familien De- fekte in diesem Gen finden lassen.

Die große Zahl der bisher ermittel- ten Gendefekte zeigt deutlich, wie viel- fältig die Mechanismen sind, die zu dem Bild einer dilatativen Kardiomyopathie führen können (Grafik). Es ist im Ein- zelfall auch sehr aufwendig, alle bislang bekannten Krankheitsgene bei dilatati- ver Kardiomyopathie zu untersuchen.

Innerhalb des Kompetenznetzes „Herz- insuffizienz“ ist derzeit ein Teilprojekt

„Ätiologie“ im Aufbau, das eine syste- matische Mutationsanalyse plant (http://

www.rrk-berlin.de/start/).

Wo und wie die verschiedenen pa- thophysiologischen Signalwege mitein- ander in Verbindung stehen, ist noch unklar. Die Charakterisierung der Sig- nalwege wird Erkenntnisse bringen, die der Entwicklung neuer Therapiestrate- gien dienen können. Möglicherweise kann man den spezifischen Ätiologien der Erkrankung durch eine Individua- lisierung der Therapie gerechter wer- den.

Manuskript eingereicht: 3. 6. 2003; revidierte Fassung angenommen: 12. 1. 2004

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 1099–1105 [Heft 16]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit1604 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Jost Schönberger

Arbeitsgruppe für Kardiovaskuläre Genetik Institut für Klinische Biochemie und Pathobiochemie, Medizinische Klinik und Medizinische Poliklinik Bayerische Julius Maximilians Universität Versbacherstraße 5

97078 Würzburg

E-Mail: j.schoenberger@medizin.uni-wuerzburg.de

Herzinsuffizienzmarker beim (hypertrophierten) Sportherz

Herr Priv.-Doz. Luchner weist in seinem Beitrag auf mögliche Fehlerquellen der BNP- beziehungsweise NT-pro-BNP- Plasmakonzentrationen hin,welche „sich bei Probanden mit linksventrikulärer Hypertrophie in etwa verdoppeln“ und verweist dabei auf eine von ihm durchge- führte Studie (2). Ergänzend ist hierbei zu erwähnen, dass sich die Aussage auf Personen mittleren Alters (zwischen 50 und 67 Jahren) bezieht und nur für die pathologische Hypertrophie gültig ist.

Sie muss von der physiologischen Hyper- trophie des Sportherzens unterschieden werden, bei der keine Unterschiede in den BNP- beziehungsweise NT-proBNP- Konzentrationen zwischen Ausdauer- athleten mit Sportherz und gesunden Kontrollpersonen bestehen (1, 3).

Literatur

1. Almeida S, Azevedo A, Castro A et al.: B-type natriure- tic peptide is related to left ventricular mass in hyper- tensive patients but not in athletes. Cardiology 2002;

98: 113–115.

2. Luchner A, Burnett J, Jougasaki M et al.: Evaluation of brain natriuretic peptide as marker of left ventricular dysfunction and hypertrophy in the population. J Hy- pertens 2000; 18: 1121–1128.

3. Scharhag J, Urhausen A, Herrmann M et al.: Ist beim Sportherz das NT-proBNP erhöht? Z Kardiol 2003; 92 (Suppl 2): II/49.

Dr. med. Jürgen Scharhag Prof. Dr. med. Wilfried Kindermann Institut für Sport- und Präventivmedizin,

Bereich Klinische Medizin, Universität des Saarlandes 66123 Saarbrücken

Schlusswort

Herr Dr. Scharhag und Herr Prof. Kin- dermann machen auf eine sehr interes- sante Beobachtung hinsichtlich der BNP- und NT-proBNP-Plasmakonzen- trationen bei physiologischer linksven- trikulärer Hypertrophie („Sportler- herz“) aufmerksam.

Bei der pathologischen linksventri- kulären Hypertrophie ergibt sich die besondere Bedeutung erhöhter Plas- makonzentrationen aus der enormen breitenmedizinischen Bedeutung. In Deutschland beträgt die Prävalenz der arteriellen Hypertonie, einer der wich- tigsten Ursachen der linksventrikulären Hypertrophie, je nach Lebensalter bis mehr als 50 Prozent und nimmt damit im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz ein (2).

Ein pathologisch erhöhter linksven- trikulärer Massenindex kann in bevöl- kerungsbasierten Untersuchungen bei etwa fünf Prozent der Probanden ge- funden werden. Das heißt, dass in Deutschland mehrere Millionen Men- schen eine pathologische linksventri- kuläre Hypertrophie aufweisen. Dem- entsprechend fand sich in einer großen europäischen Bevölkerungsstudie bei Probanden mit Belastungsdyspnoe und erhöhten NT-proBNP-Konzentratio- nen eine linksventrikuläre Hypertro- phie als zweithäufigster struktureller Befund, gleich nach der Pumpschwäche (1).

Insofern war es unser Anliegen, auf die linksventrikuläre Hypertrophie als eine wesentliche Ursache und wichtige Differenzialdiagnose zur Herzinsuffi- zienz bei Patienten mit „Hyper-BNP- Ämie“ aufmerksam zu machen.

Literatur

1. McDonagh TA, Holmer S, Raymond IE, Dargie H, Hildebrandt P, Luchner A: NT-proBNP and the diagno- sis of heart failure: A pooled analysis of 3 European epidemiological studies. J Am Coll Cardiol 2003; 41 (5, Suppl A): 1013–1080 (Abstract), Manuskript ein- gereicht.

2. Wolf-Meier K, Cooper RS, Banegas JR, et al.: Hyperten- sion prevalence and blood pressure levels in 6 Europe- an countries, Canada and the United States. JAMA 2003; 289: 2363–2369.

Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Luchner Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II Klinikum der Universität

93042 Regensburg

E-Mail: andreas.luchner@klinik.uni-regensburg.de

zu dem Beitrag

Bedeutung der

Herzinsuffizienzmarker BNP und NT-proBNP für die Klinik

von

Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Luchner Prof. Dr. med. Stephan Holmer Prof. Dr. med. Heribert Schunkert Prof. Dr. med. Günter A. Riegger in Heft 50/2003

DISKUSSION

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