MengenlehreundmathematischeSprache Vorlesung

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Vorlesung

Mengenlehre und mathematische Sprache

Diese Vorlesung gibt einen Überblick über häufig genutzte Symbole und einen Einblick in die Mengenlehre und Aussagenlogik.

1 Grundlagen - Aufbau von Vorlesungen

EineVorlesungist eine Folge von Definitionen,Beispielen undSätzen mit Beweisen.

• Definitionenführen neue Begriffe sowie die Nutzung bereits bekannter Begriffe ein.

• EinSatz ist eine bewiesene Aussage beziehungsweise eine Aussage mit Beweis. Je nach Bedeutung gibt es auch die Begriffe Lemma (Hilfssatz), Theorem (Hauptsatz), Korollar (unmittelbare Folgerung),Proposition oderBemerkung.

Notiert werden diese mit einer formalen Sprache, um eine höchstmögliche Exaktheit zu errei- chen. Dabei geht leider oft die Anschaulichkeit verloren, sodass man die dahinter steckende Idee erst wieder herausfinden muss.

2 Symbole

Nun ein paar Symbole, die in den kommenden Vorlesungen häufig Anwendung finden werden.

Symbol Erklärung

N die natürlichen Zahlenohne Null N0 die natürlichen Zahlenmit Null

Z,Q,R die ganzen, die rationalen und die reellen Zahlen := Definitionssymbol, „ist definiert“, das zu Definierende

steht links, das Definierende rechts

:⇐⇒ Definitionssymbol, „genau dann, wenn“, per Definition gegebene Eigenschaft

(a1, a2) 2–Tupel oder geordnetes Paar

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(a1, a2, a3) 3–Tupel oder Tripel (a1, a2, . . . , an) n–Tupel

(a1, a2, . . . , an, . . .)

oder (ai)i∈N Folge oder (ai)i=1

n

X

i=1

ai:=a1+a2+. . .+an Summe (n <1 ist die leere Summe, welche als0 definiert ist)

n

Y

i=1

ai :=a1·a2·. . .·an Produkt (n <1ist das leere Produkt, welches als 1 definiert ist)

n! :=

n

Y

i=1

i= 1·2·. . .·n Fakultät

|z|:=

( z, fallsz≥0

−z, sonst Betrag von z max{a1, . . . , an},max

n∈N

an das maximale Element (Maximum) min{a1, . . . , an},min

n∈N

an das minimale Element (Minimum)

Beispiele

1. (2i)i∈N0 = (0,2,4,6,8, . . .)

2. 5! = 1·2·3·4·5 = 120

4.

4

X

i=1

1

i2 = 1 +1 4 +1

9 + 1

16 = 205 144

5. max{−3,27,6,10,4}= 27 3.

n

X

i=1

i2

!

n∈N

= (12,12+ 22,12+ 22+ 32, . . .) = (1,5,14,30,55, . . .)

3 Elementare Aussagenlogik

Definition. Aussagen sind sprachliche Gebilde (formaler oder natürlicher Sprache), denen (abhängig von einem Kontext) in sinnvoller Art und Weise die Wahrheitswerte wahr bezie- hungsweisefalsch zugeordnet werden können.

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Beispiele

1. „2·4 = 8“ ist eine wahre Aussage.

2. „Bäume sind Säugetiere“ ist eine falsche Aussage.

3. „2·4“ ist keine Aussage.

3.1 Verknüpfung von Aussagen

Aussagen können durch logische Operatoren (sogenannte Junktoren) miteinander zu kom- plexeren Aussagen verknüpft werden.

Definition.Seien Aund B zwei Aussagen.

• Negation:¬A bedeutetA ist nicht erfüllt.

• Konjunktion:A∧B bedeutet sowohl Aals auchB sind erfüllt.

• Disjunktion/Alternative:A∨B bedeutet Aoder B oder beides ist erfüllt.

• Implikation:A =⇒ B bedeutet „wennA, dann B“.

• Äquivalenz:A ⇐⇒ B („genau dann, wenn“) bedeutet sowohlA als auchB sind erfüllt.

Grundlegende Junktoren, die für alle Belange ausreichen, sind die ersten drei.

Bemerkung. Mit A =⇒ B ist es möglich auszudrücken, dass man von der Gültigkeit der Aussage A (die Prämisse) auf die von B (die Konklusion) schließen kann. Hierbei sollte ein Schluss A =⇒ B, der von einer falschen Voraussetzung A ausgeht, stets gültig sein („Aus Falschem folgt beliebiges.“).

Anwendungen und Beispiele werden wir im nächsten Kapitel betrachten.

4 Naive Mengenlehre

Definition.Eine Menge sei eine Ansammlung von Objekten zusammengefasst zu einem Gan- zen. Die Objekte werden Elemente genannt und können realer oder geistiger Natur sein.

Bemerkung.Wir beschäftigen uns mit einer unformalisierten axiomatischen (= naiven) Men- genlehre. Ein Axiom ist ein Grundsatz einer Theorie, der innerhalb dieser nicht begründet oder abgeleitet wird. Zwei der wichtigsten Axiome dieser Mengenlehre:

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1. Extensionalitätsaxiom (EXT): Zwei Mengen sind genau dann gleich, wenn sie diesel- ben Elemente haben.

2. Leermengenaxiom (LEER): Es gibt eine Menge ohne Elemente.

4.1 Einfache Definitionen

Wir können nun mithilfe der eben eingeführten Junktoren einige Mengenoperationen einführen.

SeienM und N zwei Mengen.

Symbol (Definition) Erklärung

∅:={} leere Menge

x∈M x ist Element vonM

M ⊆N :⇐⇒ Für jedesx∈M giltx∈N M ist Teilmenge von N

M ⊂N :⇐⇒ M ⊆N ∧M 6=N M ist echte Teilmenge vonN,M (N M∩N :={x|x∈M∧x∈N} Durchschnitt zweier Mengen

M∪N :={x|x∈M∨x∈N} Vereinigung zweier Mengen M\N :={x|x∈M∧x /∈N} Differenzmenge

M =MC :={x∈T |x /∈M} Komplement in Relation zu einer Trägermenge T M×N :={(m, n)|m∈M, n∈N} Produktmenge, Menge der geordneten Paare P(M) = 2M :={N|N ⊆M} Potenzmenge vonM

|M|=#M = card(M) Mächtigkeit von M, bei endlichen Mengen die Anzahl der Elemente

4.2 Beispiel

Seien

M :={2·n|n∈N0}={0,2,4, . . .}, N :={1,2,3,4,5}, P :={100,723}.

Dann gilt für einige Operatoren:

• Teilmengen (von M):N *M, P *M

• Durchschnitt:M∩N ={2,4}

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• Vereinigung:P∪N ={1,2,3,4,5,100,723}

• Differenzmenge:N \M ={1,3,5}

• Komplement:MC ={2n+ 1|n∈N0}={1,3,5, . . .}

• Produktmenge:

N×P ={(1,100),(2,100),(3,100),(4,100),(5,100), (1,723),(2,723),(3,723),(4,723),(5,723)}

• Potenzmenge:P(P) = 2P ={∅,{100},{723},{100,723}}

5 Wahrheitswertetabellen

Die formale Bedeutung einer Verknüpfung von Aussagen lässt sich mittels einer Tabelle defi- nieren, in dem man für jede möglichBelegung der verknüpften Aussagen mitWahrheitswerten („wahr“ oder „falsch“) festlegt, was der Wert der Verknüpfung sein soll.

Beispiele.

1. SeienAundB zwei Aussagen (w=ˆ wahr, f=ˆ falsch). Wir betrachten zuerst die Aussagen Negation, Konjunktion und Disjunktion.

Belegungen Wahrheitswerteverläufe

A B ¬A A∧B A∨B

w w f w w

w f f f w

f w w f w

f f w f f

2. Für die Implikation und Äquivalenz gilt

Belegungen Wahrheitswerteverläufe

A B A =⇒ B A ⇐⇒ B

w w w w

w f f f

f w w f

f f w w

(6)

3. Wir beweisen nun mittels einer Wahrheitswertetabelle die folgende Aussage:

(M ∪N)\(M ∩N)

| {z }

=:P

= (M\N)∪(N\M)

| {z }

=:Q

Dafür muss man also zeigen, dass für ein beliebigesx die Aussagex∈P genau dann gilt, wenn x ∈ Q gilt. Wir schreiben für x ∈ M wahr und für x /∈ M falsch, somit ergeben sich für zwei Mengen genau 4 Möglichkeiten (x ∈ M, x ∈ N und x ∈ M, x /∈ N und x /∈M, x∈N undx /∈M, x /∈N).

M N M∪N M∩N (M∪N)\(M∩N) M\N N\M (M\N)∪(N \M)

w w w w f f f f

w f w f w w f w

f w w f w f w w

f f f f f f f f

Bemerkungen.

1. Beliebter Fehler: Auch wenn sich „⇐⇒“ ähnlich wie „=“ verhält, sind die Symbole nicht gleich. Ersteres steht nur zwischen zwei Aussagen und letzteres nur zwischen zwei Objek- ten z.B. Zahlen, Mengen oder Funktionen.

2. Mit unserem Wissen lässt sich (EXT) neu formulieren:

M =N : ⇐⇒ für jedesx gilt(x∈M ⇐⇒ x∈N)

⇐⇒ M ⊆N ∧N ⊆M

Will man die Gleichheit zweier Mengen zeigen, so zeigt man daher oft stattdessen die beiden „⊆“-Beziehungen.

Figure

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