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LITERATUR

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Nikki R. Keddie: Roots of Revolution: An Interpretive History of Modern Iran - with a section by Yann Richard. Yale University Press, New Haven-London 1981.

XII und 321 S.

Die Welt des Islams XXVI (1986)

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LITERATUR

Vom frühen 19. Jahrhundert an sind in der politischen, sozioökonomischen und kulturellen Geschichte Irans vermehrt Antriebskräfte auszumachen, die nicht mehr auf herkömmliche Strukturen der historischen Entwicklung des Landes zu- rückzuführen sind, sondern ihre Ursprünge in der weltweiten Expansion westli- cher politischer und ökonomischer Interessen haben. In diesem Zeitraum wurde Iran zunehmend als Bestandteil dessen integriert, was Immanuel Wallerstein als das „Moderne Weltsystem" beschreibt. Alle, auch die traditionalen Kräfte der iranischen Gesellschaft, die sich dieser Integration verweigerten oder gegen ihre konkreten Erscheinungsformen opponierten, sahen sich gezwungen, mehr und mehr auf diesen fremd bestimmten Prozeß zu reagieren. Ihre Initiativen waren da- her fortan unter einem gewissen Gesichtspunkt ebenfalls fremdbestimmt, nämlich in dem Sinne, daß sie sich gezwungen sahen, stets Herausforderungen zu begeg- nen, die aus einer ihnen ungleichen, weltweit etablierten Sphäre heraus offensiv vorgetragen wurden. In diesem Sinne mußten sich die oppositionellen Kräfte als- bald selbst als Teil des Weltsystems erkennen, ohne jedoch zunächst mit der Mög- lichkeit rechnen zu können, sil:h im Rahmen ihres eigenen Landes chancengleich mit ihren Gegnern auseinanderzusetzen. Die ungleiche politische Entwicklung unserer Welt produzierte mithin Situationen ungleicher sozioökonomischer und ungleicher kultureller Entwicklungen in Iran selbst. Die dadurch entstandenen Identitätskrisen der iranischen Gesellschaft wurden zunehmend als schmerzhaft empfunden. Iranische Intellektuelle diagnostizierten seit den Sechziger Jahren diesen Sachverhalt mehrfach als einen allgemeinen pathologischen Zustand Irans!

Verwestlichung als das kollektive AIDS einer Nation - das ist der eigentliche Sinn des Begriffs garbzadäg!:_, der seit seiner Prägung durch Al)mad Fardfd und seiner Verbreitung durch Al-e Al.imad längst in den allgemeinen persischen Sprachgebrauch eingegangen ist.

Waren die Bemühungen um ein wirksames Heilmittel für diesen Krankheitszu- stand von vorneherein aussichtslos? Diese Frage ist zur Zeit wohl noch nicht zu beantworten. Die erfolgreiche Islamische Revolution entstand jedenfalls aus den vielfachen Sehnsüchten und Versuchen, das Land und sein Volk von dem genera- tionenalten, als unerträglich empfundenen Leiden zu heilen.

Die hervorragende Kennerin der neueren iranischen Geschichte und Kultur, Nikki R. Keddie, empfand die Islamische Revolution Irans und das hohe Unver- ständnis, das diesem Phänomen von der westlichen Öffentlichkeit entgegen ge- bracht wurde, offenbar als eine fruchtbare Herausforderung. Mit dem vorliegenden Buch präsentierte sie der englischsprechenden und -lesenden Weltöf- fentlichkeit eine historische Erläuterung der Wurzeln dieser Revolution, in die sie gleichzeitig die Summe ihrer jahrzehntelangen wissenschaftlichen Forschungen und Erfahrungen einbrachte.

Das Ergebnis ist eine großartige, synthetische Schau einer Vollbluthistorikerin auf die eingangs umrissene Periode der iranischen Geschichte, eben der „moder- nen Geschichte Irans". Es gelingt Frau Keddie meisterhaft, vor dem Hintergrund sozioökonomischer Verhältnisse die gegenseitig wirksame Dynamik aller politi- schen, religiösen, Lebens- und Kulturbereiche Irans über zwei Jahrhunderte hin- weg darzustellen. Vulgärmarxistische Reduktionen auf ökonomische Sachverhalte sind nirgends anzutreffen, andererseits wird kein einziges der zahlreichen unter- suchten Phänomene aus seinem historischen Kontext herausgerissen. Unvermeid- liche Beurteilungen politischer Sachverhalte, Tendenzen und Bewegungen der letzten Jahrzehnte überzeugen durch unbestechliche Deutlichkeit. Den interessier- ten Leser, der mit Politik, Geschichte und Kultur des Vorderen Orients und der Welt des Islams nicht vertraut ist, bietet Frau Keddie eine unübertreffliche Erklä-

Die Welt des Islams XXVI (1985)

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rung des Geschehens und seiner Vorgeschichte. Der Fachmann findet in diesem Buch die modernste und wohl eine der besten Gesamtdarstellungen der Geschich- te Irans im 19. und 20. Jahrhundert.

In der Darstellung der Entwicklung der politischen Kultur der iranischen, zwöl- ferschiitischen Theologen vermisse ich allenfalls deutlichere Hinweise auf die Tat- sache, daß durch die allzeit innigen, übernationalen Verbindungen der 'olamä mit ihren Kollegen im Irak und im Libanon viele persische islamische Ideologen und Theoretiker des zwanzigsten Jahrhunderts mit den allgemeinen Tendenzen ge- samtislamischen politischen Denkens unserer Zeit viel intensiver in Kontakt und Austausch standen, als dies aus inneriranischer Sicht erscheinen mochte. Viel- leicht ist Frau Keddie auch etwas zu wenig auf die Entwicklung der schiitischen religiösen Institutionen und ihre Bedeutung für die neuere iranische Geschichte eingegangen - eine zugegeben subjektive kritische Äußerung: ich habe mich selbst mit dieser Frage näher beschäftigt (WZKM 76/1983, S. 73-98).

Solche Bemerkungen tun jedoch der Tatsache keinen Abbruch, daß wir Frau Keddie ein Standardwerk verdanken, in dem sie die reife und üppige Ernte ihrer langjährigen wissenschaftlichen Arbeit zusammengefaßt hat. Pflichtlektüre für al- le, die sich mit dem Vorderen Orient befassen!

Bert G. Fragner, Berlin

Die Welt des Islams XXVI ( 1986)

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