• Keine Ergebnisse gefunden

IOW-Press Release, 27. Januar 2021 Auf der Suche nach dem „

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "IOW-Press Release, 27. Januar 2021 Auf der Suche nach dem „"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

IOW-Press Release, 27. Januar 2021 Auf der Suche nach dem „Goldenen Nagel“:

Zur Rolle von Mikroplastik bei der Definition des Anthropozäns

In einem kürzlich erschienenen Diskussionspapier beleuchten Juliana Ivar do Sul und Matthias Labrenz, Umweltwissenschaftler:innen am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) das Thema „Mikroplastik“ mal unter einem geologischen Blickwinkel: Mithilfe der mittlerweile omnipräsenten Plastikpartikel könnte sich in Geo- Archiven wie Sedimentkernen der Beginn einer neuen geologischen Epoche, des Anthropozäns, erfassen lassen. Mehr noch: An einem geeigneten Ort könnte mithilfe des Mikroplastiks der Goldene Nagel (Golden Spike), mit dem definitionsgemäß in der Geologie der Beginn einer Epoche dokumentiert wird, festgelegt werden.

Es hat sich stillschweigend eingebürgert: Journalisten und Politiker reden gerne vom Anthropozän, wenn sie unterstreichen wollen, wie stark unsere heutige Welt von Menschen beeinflusst ist. Dabei greifen sie auf eine Terminologie zurück, die aus der Geologie stammt. Die auf –zän endenden Zeitabschnitte, in die die Erdgeschichte unterteilt ist, sind die sogenannten „Epochen“ oder „Systeme“, die sich über klar definierte Grenzen weltweit feststellen lassen. Aus geologischer Sicht ist jedoch der aktuelle Abschnitt der Erdgeschichte immer noch das Holozän. Allerdings sammelt eine international besetzte Arbeitsgruppe, die „Anthropocene Working Group (AWG)“, seit Jahren Informationen für eine methodisch korrekte Abgrenzung und diskutiert weltweit in der geowissenschaftlichen Gemeinschaft, durch welche Marker die neue Epoche festzulegen sei.

Die Warnemünder Autoren Juliana Ivar do Sul und Matthias Labrenz fassen die derzeitige Diskussion der AWG und aktuelle Fachliteratur zum Thema zusammen und unterstreichen insbesondere die Bedeutung von Mikroplastik in dem Entscheidungsprozess. Ivar do Sul, seit 2015 Mitglied der AWG, berichtet: „Es herrscht bereits Übereinstimmung, dass der primäre Marker für das Anthropozän die künstlichen Radionuklide sind, die durch die Atombombenzündungen in den 1940er und 1950er Jahren freigesetzt wurden. Wir sammeln aber noch Hinweise auf geeignete Hilfsmarker, die eine weltweite Korrelation unterstützen.“ In der vorliegenden Studie zeigen Ivar do Sul und ihr Kollege Labrenz auf, dass sich Mikroplastik ähnlich gut für stratigraphische Zonierungen nutzen lässt, wie Fossilien in der Biostratigraphie.

Erst im letzten Jahr hatten die Wissenschaftler:innen aus Warnemünde in einer großen Übersichtsstudie aufgezeigt, dass Plastik in der marinen Umwelt durch Mikroorganismen nicht zersetzt werden kann. Die Folge ist, dass es für sehr lange Zeit in den Meeren bleibt.

Diese ökologisch negativen Eigenschaften machen Mikroplastik jedoch zu einem geeigneten Technofossil und Hilfsmarker für den Beginn des Anthropozäns.

Neben guten Hilfsmarkern fehlt aber auch noch eine Typlokalität für das Anthropozän – ein Ort, der die fragliche Grenze als physikalisches Referenz-Niveau enthält und als

„Golden Spike“ – der goldene Nagel, der die Grenze markiert, bezeichnet wird. Das sind üblicherweise geologische Profile in marinen Sedimentgestein – aber auch Eiskerne.

Beispiel Holozän: Bei dem Golden Spike, der den Beginn des Holozäns markiert, einigte man sich auf die abrupten Veränderungen der Deuterium-Überschuss Werte, die in

(2)

einem grönländischen Eiskern in 1.492 m Tiefe gefunden wurden. Sie zeigen relativ wärmere Wasseroberflächentemperaturen im Meer und damit das Ende des Eiszeitalters an.

Für den „Golden Spike“ des Anthropozäns wird weltweit noch nach geeigneten Kandidaten gesucht. Auch die Meeresbodenablagerungen in den „toten Zonen“ der zentralen Ostsee sind noch im Rennen. Juliana Ivar do Sul: „Wir finden dort relativ ungestörte Sedimentpakete vor. Wir können die Radionuklide nachweisen, die den Beginn der Atombombentests anzeigen und auch der Nachweis von Mikroplastik ist in den fraglichen Schichten möglich. Es spricht also sehr viel dafür, den ‚Golden Spike‘ in der Ostsee zu verorten.“

Originalpublikation:

Ivar do Sul, J. A. and M. Labrenz (2021): Microplastics into the Anthropocene. In: Handbook of Microplastics in the Environment. Ed. by T. Rocha-Santos, M. Costa and C. Mouneyrac. Cham:

Springer International Publishing (Springer eBook Collection: Chemistry and Materials Science, SpringerNature-11644): online: https://doi.org/10.1007/978-3-030-10618-8_25-2 Wissenschaftlicher Kontakt:

Dr. Juliana Ivar do Sul, Arbeitsgruppe Umweltmikrobiologie Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde

Tel.: +49 381 5197 3497 | juliana.ivardosul@io-warnemuende.de Prof. Dr. Matthias Labrenz, Leiter Arbeitsgruppe Umweltmikrobiologie Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde

Tel.: +49 381 5197 378 | matthias.labrenz@io-warnemuende.de

Kontakt IOW Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:

Dr. Kristin Beck: 0381 5197 135| kristin.beck@io-warnemuende.de

Dr. Barbara Hentzsch: 0381 5197 102 | barbara.hentzsch@io-warnemuende.de

Das IOW ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 96 eigenständige Forschungs- einrichtungen miteinander verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Bund und Länder fördern die Institute gemeinsam. Die Leibniz- Institute beschäftigen rund 20.000 Personen, darunter 10.000 Wissenschaftler*innen. Das Finanzvolumen liegt bei 1,9 Milliarden Euro. www.leibniz-gemeinschaft.de

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

A new indicator for marine ecosystem changes: the dia/dino index Marine biologist from Warnemünde presents indicator for the state of foodwebs in the Baltic Sea on

To improve our knowledge on the role microorganisms play in the process of regulating methane in the sea, scientists from the Leibniz Institute for Baltic Sea Research

Beside the huge amount of saltwater coming in, their oxygen content is of high importance: On December 18, the whole water body in the Arkona Basin was well supplied with oxygen..

Environmental researchers from the Leibniz Institute for Baltic Sea Research Warnemünde (IOW), the Johann Heinrich von Thünen Institute, Federal Research Institute

After the event of the century in December 2014, which transported in total nearly 4 giga-tons of salt and caused, together with three minor inflow pulses in early 2014, for the

They postulate that large magnetotactic bacteria, such as Magnetococcus, store phosphates in the form of polyphosphates when entering the oxygen deficiency zone

At the upper boundary of this huge lightless “dead zone”, in the so-called suboxic zone, which is often many meters thick and no longer contains oxygen but is free of toxic H2S, a

Bernd Schneider und Jens Müller vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) sind die Autoren eines kürzlich erschienenen englischen Fachbuches zur Biogeochemie