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W. Petersen P. Forkel A. Achtnich. Instabilität

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Unfallchirurg 2012 · 115:397–409 DOI 10.1007/s00113-012-2197-9

© Springer-Verlag 2012

W. Petersen · P. Forkel · A. Achtnich

Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Martin Luther Krankenhaus, Berlin, Grunewald, Berlin

Chronische patellofemorale  Instabilität

Die Inzidenz der akuten Patellaerst­

luxation liegt bei 5,8 auf 100.000 [16].

Dabei kommt es meist zu einer Schä­

digung des medialen patellofemora­

len Bandes. Ein weiteres Problem sind luxationsbedingte Knorpelschäden.

Christiansen et al. [7] haben für die opera­

tive Therapie nach Patellaerstluxation eine Rezidivrate von 17% und für die konserva­

tive Therapie eine Rezidivrate von 20% an­

gegeben. Bei einer Zweitluxation beträgt das Risiko für eine chronische Instabilität jedoch 50% [7]. Die Schädigung des me­

dialen patellofemoralen Bandes durch die Erstluxation wird als Auslöser für die Ent­

wicklung einer Rezidivinstabilität gesehen.

Die Entstehung einer chronischen Insta­

bilität im Femoropatellargelenk ist jedoch fast immer ein multifaktorielles Problem.

Meist liegen anlagebedingte Risikofaktoren wie Dysplasien des Patellagleitlagers, Fehl­

stellungen und Laxitäten vor (. Abb. 1).

Die Symptome der chronischen pa­

tellofemoralen Instabilität reichen vom Maltracking mit schmerzhaften Subluxa­

tionen bis zur rezidivierenden Luxation.

Eine Sonderform der chronischen patello­

femoralen Instabilität ist die chronische Luxation, die im Kindes­ und Jugendalter beobachtet wird (. Abb. 2).

Die Therapie von Instabilitäten des Femoropatellargelenks hat sich in den letz­

ten Jahren stark gewandelt. Erkenntnisse

zur biomechanischen Bedeutung des medialen patellofemoralen Bandes aber auch die Bedeutung von Gleitlagerdyspla­

sien für die Entwicklung einer Instabilität haben die Behandlung maßgeblich verän­

dert.

Dieser Beitrag soll einen Überblick über den aktuellen Stand in der Therapie chronischer patellofemoraler Instabilitä­

ten geben.

Anatomie und Biomechanik

Die Patella ist das größte Sesambein des menschlichen Körpers und in den Streck­

apparat des Kniegelenks integriert. Durch den bestehenden Winkel zwischen Qua­

drizepssehne und Patellarsehne (Q­Win­

kel) kommt es unter Zug zu einer Latera­

lisation, der ossäre und ligamentäre Sta­

bilisatoren entgegenwirken. Für die Stabi­

lität der Patella sind die knöcherne Form des Patellagleitlagers und der Patella so­

wie der peripatelläre Bandapparat und das Zusammenspiel der Muskulatur bedeut­

sam. Dabei wirken die ossären und liga­

mentären Faktoren in unterschiedlichen Gelenkstellungen. Die Patella tritt erst ab 20° Beugung in das Gleitlager ein [1].

Ab dieser Position wird die patellofemo­

rale Stabilität durch die knöcherne Geo­

metrie des Gleitlagers beeinflusst. Dabei kommt erst der distale und laterale An­

teil der Patellarückfläche mit dem Gleit­

lager in Kontakt. Bei weiterer Beugung verschiebt sich die patellare Kontaktflä­

che nach proximal. In tiefer Beugung ar­

tikuliert die mediale Facette mit dem me­

dialen Femurkondylus. Mit zunehmender Beugung erhöht sich weiterhin die Resul­

tierende des Femoropatellargelenks und damit der Anpressdruck. Dieser Mecha­

nismus trägt zur Stabilität der Patella bei gebeugtem Knie bei.

Dieser physiologische Bewegungsab­

lauf und die zunehmende zentrierende Kraft erklären, warum das Vorliegen einer Gleitlagerdysplasie zur Entwicklung einer femoropatellaren Instabilität führen kann.

Auch eine hoch stehende Patella (Patella alta) kann eine Instabilität bedingen, da die Kniescheibe erst später mit den ossä­

ren Stabilisatoren in Kontakt kommt [6].

In Streckstellung (0–30°) ist die Patella auf die passive Stabilisierung durch den Bandapparat angewiesen. Dabei besitzt das mediale patellofemoralen Ligament (MPFL) eine Bedeutung. Es ist zwischen 0° und 30° der primäre Stabilisator (50–

60%) gegen die Lateralisation der Patella [10].

Das MPFL verläuft transversal am unte­

ren Rand des M. vastus medialis obliquus.

Es entspringt an der medialen oberen Hälfte der Patella und inseriert oberhalb des medialen Epikondylus ca. 4 mm unter­

halb des Tuberculumadduktorium [21].

Als aktive Stabilisatoren gelten die M. vastus lateralis und M. vastus media­

lis. Eine besondere Rolle für die Stabili­

sierung der Patella gegen die Verschie­

Leitthema

Chronische patellofemorale

Instabilität MPFL-Elongation

Patella alta

Trochleadysplasie Erhöhter TTTG-Abstand

Torsionsfehler

Abb. 1 8 Faktoren, die zur patellofemoralen   Instabilität führen

Zusatzmaterial online

Dieser Beitrag enthält eine zusätzliche Video- sequenz zur dynamischen Untersuchung des  Partellalaufs.  

Dieses SUPPLEMENTAL finden Sie unter   dx.doi.org/10.1007/s00113-012-2197-9.

Redaktion

M. Jagodzinski, Hannover  W. Petersen, Berlin

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Der Unfallchirurg 5 · 2012

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bung nach lateral spielt der M. vastus me­

dialis obliquus, da er am oberen Patella­

pol inseriert und in einem Winkel von 47° zur femoralen Achse wirkt. Bei rela­

xiertem M. vastus medialis obliquus er­

höht sich die laterale Instabilität zwischen 0° und 90°.

Auch die femorale und tibiale Torsion nach innen sind für die Entstehung der chronischen patellofemoralen Instabilität bedeutsam, da dadurch das Patellagleitla­

ger nach medial verlagert wird.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen für rezidivierende Insta­

bilitäten im Femoropatellargelenk sind meist multifaktoriell (. Abb. 1). Man unterscheidet anlagebedingte Risikofak­

toren wie Dysplasien und Laxitäten von den Folgen akuter Luxationsereignisse mit Elongation des MPFL. Heilt ein rupturier­

tes MPFL elongiert aus, kann es zur Ent­

stehung einer chronischen patellofemo­

ralen Instabilität beitragen. Nomura u.

Inoue [29] haben eine Klassifikation für das chronisch verletzte MPFL entwickelt.

Typ I wird als ein lockerer femoraler An­

satz, Typ II als eine elongierte Narbe und der Typ III als vollständiges Fehlen des MPFL beschrieben. Zusätzlich können jedoch weitere Risikofaktoren wie Gleit­

lagerdysplasien, ein vergrößerter Q­Win­

kel, ein Genuvalgum mit Torsionsfehler oder eine Patella alta vorliegen.

Kontrakte laterale Strukturen spielen bei der chronischen Patellaluxation oder bei lateralen Hyperkompressionen eine Rolle.

Diagnostik

Die klinische Diagnostik besitzt bei der chronischen patellofemoralen Instabili­

tät eine große Bedeutung (. Abb. 2). Der Status des MPFL und die Laxität der me­

dialen Strukturen können nur durch ma­

nuelle passive Lateralisation der Patella überprüft werden. Dabei sollte die Patella zwischen 20° und 30° nicht um mehr als die Hälfte ihrer Breite lateralisierbar sein.

Die Verschieblichkeit sollte immer im Sei­

tenvergleich und in verschiedenen Beuge­

winkeln getestet werden. Eine Instabilität ab 30–40° Beugung spricht für den Ein­

fluss einer Gleitlagerdysplasie (. Abb. 2).

Reagiert der Patient auf passive Late­

ralisation mit Abwehrspannung, spricht man von einem positiven Apprehension­

Test. Bei der dynamischen Untersuchung des Patellalaufs kann bei insuffizientem MPFL das sog. J­Zeichen beobachtet wer­

den. Dabei handelt es sich um eine Late­

ralisation der Patella ab ca. 30°, wenn das Knie passiv gestreckt wird (s. Video 1).

Der Tilt­Test dient der Evaluation einer Kontraktur des lateralen Retinacu­

lums. Dabei wird die Patella mit Daumen und Zeigefinger gefasst und die mediale Facette auf das Gleitlager gedrückt. Lässt sich die Patella horizontal einstellen, sind die lateralen Strukturen nicht kontrakt.

Bei chronischer Luxation lässt sich die Pa­

tella durch manuellen Druck nicht in das Gleitlager redressieren.

Die konventionelle radiologische Dia­

gnostik umfasst Aufnahmen des Kniege­

lenks in zwei Ebenen und axiale Aufnah­

men der Patella. Die seitlichen Röntgen­

bilder geben Aufschluss über die Patella­

höhe (z. B. Patella alta) und über die Mor­

phologie des Patellagleitlagers (. Abb. 2,  3). Zur Quantifizierung der Patella alta stehen verschiedene Indizes zur Verfü­

Abb. 2 8 a Manuelle Lateralisation der Patella in 60° Beugung bei einer Patientin mit  patellofemoraler  Instabilität. Eine Instabilität ≥30° Beugung spricht für eine Gleitlagerdysplasie. b Patellahochstand im  seitlichen Röntgenbild. Der Caton-Deshamps-Index entspricht dem Verhältnis des Patellalängsdurch- messers zur Distanz zwischen unterem Patellapol und der vorderen Begrenzung des  Tibiaplateaus. 

c Defileé-Aufnahme, die eine Subluxation der rechten Patella zeigt. d Gleitlagerdysplasie im seitli- chen Röntgenbild mit „crossing sign“ und supratrochleärem Sporn. e TTTG-Abstand (Tuberositas-  tibiae-trochlea-groove-Abstand) ermittelt im MRT. f Hochgradige Gleitlagerdysplasie mit chronischer   Patellaluxation

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gung. Ein reproduzierbares Verfahren ist der Caton­Deschamps­Index (. Abb. 2).

Defileé­Aufnahmen in 30°, 60° und 90° Beugung zeigen Lateralisation, Sub­

luxation oder Tilt der Patella in verschie­

denen Beugestellungen und die Tiefe des Gleitlagers (. Abb. 2). Zur Gleitlagerdia­

gnostik sind streng seitliche Aufnahmen erforderlich. Typische Hinweise auf eine

Trochleadysplasie sind das „crossing sign“,

„supratrochlea spur“ und die Doppelkon­

tur (. Abb. 3).

Da die klinische Bestimmung des Q­

Winkels sehr subjektiv ist, hat sich heu­

te die radiologische Bestimmung des TTTG­ („Tuberositas­tibiae­groove“­)­

Abstands etabliert. Ein TTTG­Abstand von >15–20 mm gilt als erhöht. Der

TTTG­Abstand kann mit der Computer­

tomographie (CT) oder mittels Magnet­

resonanztomographie (MRT) ermittelt werden (. Abb. 2). Die MRT kann außer­

dem im Hinblick auf die Diagnostik von Knorpelschäden sinnvoll sein.

Unfallchirurg 2012 · 115:397–409   DOI 10.1007/s00113-012-2197-9

© Springer-Verlag 2012

W. Petersen · P. Forkel · A. Achtnich

Chronische patellofemorale Instabilität

Zusammenfassung

Die chronische patellofemorale Instabilität   kann zu Beschwerden und degenerativen  Schäden des Femoropatellargelenks führen. 

Unter diesem Oberbegriff werden rezidivie- rende Patellaluxationen, laterale Subluxatio- nen und chronische Luxationen zusammen- gefasst. Die chronische patellofemorale In- stabilität kann durch 5 verschiedene Faktoren  bedingt sein: 1. Elongation des medialen   patellofemoralen Bandes, 2. Patella alta,   3. erhöhter Abstand der Tuberositas tibiae   zur „trochlea groove“ (TTTG), 4. Trochleadys- plasie und 5. pathologische Torsionswerte. 

Diese Faktoren müssen gezielt diagnostiziert  werden. Dabei spielen die klinische Untersu- chung, die radiologische Diagnostik (Luxa- tion, Subluxation in den Defilée-Aufnahmen,  Gleitlagermorphologie, Patella alta) und   die Magnetresonanztomographie (MRT,  TTTG-Abstand, Gleitlagermorphologie) eine  wichtige Rolle.

Die Indikation zur operativen Therapie   besteht bei chronischen Schmerzen mit Sub- luxation und Lateralisation der Patella oder  rezidivierenden Luxationen. Unter den chir- urgischen Techniken werden proximale und  distale Realignmentoperationen unterschie- den. Das früher häufig durchgeführte „lateral   release“ hat heute nur bei kontraktem late- ralen Retinaculum mit lateraler Subluxation  und positivem Tilt oder bei chronischer Luxa- tion eine Berechtigung. Biomechanische Stu- dien haben gezeigt, dass ein „lateral release“  

die femoropatellare Instabilität ansonsten  eher erhöht.

Die Wahl des geeigneten Operationsver- fahrens richtet sich nach der zugrunde lie- genden Pathologie der patellofemoralen In- stabilität. Noch offene Wachstumsfugen und  mögliche Knorpelschäden müssen ebenfalls  berücksichtigt werden. Beim Vorliegen eines  elongiertem medialen patellofemoralen   Ligaments (MPFL) und geringer passiver  

Instabilität kann eine mediale Raffung erfolg- reich sein. Bei MPFL-Elongation, hoher passi- ver Instabilität bis zu einer Beugung von 30° 

und ggf. zusätzlicher geringgradiger Gleitla- gerdysplasie kommt der Ersatz des MPFL mit  einem autologen Sehnentransplantat in Fra- ge. Eine Trochleaplastik ist eher selten indi- ziert. Sie kommt bei hochgradiger Gleitlager- dysplasie und passiver Instabilität ab einer  Beugung von 30° in Frage. Bei erhöhtem   TTTG-Abstand (>20 mm) oder Patella alta   sollte an ein distales Realignment mit Verset- zung der Tuberositas tibiae gedacht werden.  

Als Anteromedialisation kann diese   Operation auch bei degenerativen lateralen   Gelenkschäden bei Patellalateralisation sinn- voll sein.

Schlüsselwörter

Trochleadysplasie · Tuberositas tibiae ·   Mediales patellofemorales Ligament ·   Trochleaplastik · Distales Realignement

Chronic patellofemoral instability

Abstract

Chronic patellofemoral instability may lead   to pain and early osteoarthrosis. Recurrent  dislocations of the patella, lateral subluxation  and chronic dislocation are summarized   under this generic term. There are five   different factors which may be responsible of  the development of chronic patellofemoral   instability: 1) elongation of the medial patel- lofemoral ligament (MPFL), 2) patella alta, 3)  increased distance between tibial tuberosity   and trochlea groove (TTTG) distance, 4)  trochlea dysplasia and 5) torsional malalign- ment. To rule out these factors clinical   examination, radiological diagnostics (luxa- tion, subluxation in the Defilée view, trochlea  morphology, patella alta) and magnetic   resonance imaging (MRI) of TTTG distance  and trochlea morphology are crucial. The  

indications of operative treatment are chronic   pain with subluxation, chronic dislocation  and recurrent dislocation.

Currently the former frequently and uni- versally used lateral release is only indicated  in cases of subluxation and positive tilt. Bio- mechanical studies have shown that a lateral   release will otherwise increase patellofemoral   instability. The choice of the surgical tech- nique depends on the factors underlying  patellofemoral instability, the conditions of  growth plate and cartilage damage. Among  the different surgical options proximal and  distal realignment procedures are differen- tiated.

In cases of MPFL elongation and mild pas- sive instability a medial reefing might be   successful. In cases of MPFL elongation, high 

passive instability up to 30° of flexion (with  or without trochlear dysplasia) MPFL recon- struction may be the treatment of choice.  

A trochleoplasty is rarely indicated. This treat- ment may be considered in cases of high  grade trochlea dysplasia and passive instabil- ity at more than 30° of flexion. If the TTTG dis- tance is increased (>20 mm) or in cases of pa- tella alta distal realignment with tibial tuber- cle transfer should be considered. This opera- tion might also be useful in the presence   of lateral cartilage damage as an anteromedi- alization of the patella.

Keywords

Trochleadysplasia · Tibial tuberosity to trochlea   distance · Medial patellofemoral ligament ·  Trochleaplasty · Distal realignement

Zusammenfassung · Abstract

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Der Unfallchirurg 5 · 2012

  |

(4)

Tab. 1  Ergebnisse mediale Raffung/“lateral release“

Autor LOE Patienten  (n)

Operationstechnik Follow-up  (Monate)

Outcome Schlussfolgerung Small et al. 

1993 [40]

IV 24 Arthroskopisch assistierte  med. Raffung + „lat. release“

18 Exzellent/gut 92,5% Zuverlässige Methode 2 Subluxationen „Return to play“ 4 Monate Halbrecht 

et al. 2001  [18]

IV 26 Arthroskopische mediale   Raffung „all inside“  

+ „lat. release“

24 Lysholm 79 Die Ergebnisse der arthroskopischen Technik sind  vergleichbar, wenn nicht besser als die arthroskopisch   assistierte Mini-open-Technik oder offene Technik Stabilität 93%

Haspl et al. 

2002 [19]

IV 17 Arthroskopische med. Raffung  + „lat. release“

12–26 Keine Angaben Zuverlässige Methode bei Patellamaltracking oder  Instabilität bei akutem oder chronischem Zustand Nam et al. 

2005 [26]

IV 22 Mediale Raffung „mini open“ 

+ „lat. release“

52 Tegner-Level 6,9 Gute Ergebnisse, vergleichbar, wenn nicht besser  als die offene Technik

Exzellent/gut 91% Kosmetisch gutes Ergebnis 1 Dislokation

1 Subluxation Schöttle 

et al. 2006  [38]

III 91 Arthroskopische med. Raffung  + „lat. release“ [35]

12 Lysholm-Score 69 Sehr gute Ergebnisse bei normaler Trochleageometrie Tegner-Level 4,8 Verminderte Erfolgsquoten bei Trochleadysplasien IKDC 70,4 Eine präoperative Bildgebung ist für die richtige 

Indikationsstellung notwendig Stabilität 91,7%

4 Dislokationen Ali et al. 

2007 [2]

IV 35 Arthroskopische mediale   Raffung + „lat. release“

51 Lysholm-Score 70 Schnellere Rehabilitation und zuverlässige   Ergebnisse im Vergleich zu offenen Techniken Exzellent/gut 78%

Stabilität 88,8%

2 Dislokationen Miller et al. 

2007 [25]

IV 25 Arthroskopische med. Raffung 60 Lysholm-Score 91 Effektive Behandlungsmethode bei Patienten   mit PFI ohne Malalignment

Tegner-Level 6.2 Stabilität 96%

lat. „lateral“, med. mediale.

Konservative Therapie

Ein konservativer Therapieversuch kann bei chronischer patellofemoraler Insta­

bilität sinnvoll sein, bei der die Schmerz­

symptomatik im Vordergrund steht oder wenn nur Subluxationsphänomene vorlie­

gen. Das betrifft besonders Patienten mit einem funktionellen Malalignement ohne Risikofaktoren. So wird eine valgische Stel­

lung des Kniegelenks bezeichnet, die auf einer Innenrotation von Femur und Tibia basiert. Die femorale Innenrotation kann durch eine Schwäche der Hüftaußenrotato­

ren bedingt sein. Daher sollte sich die Phy­

siotherapie nicht auf das Kniegelenk be­

schränken, sondern auch die Hüfte, den Rumpf und den Fuß mit einschließen.

Die Physiotherapie sollte Krafttraining in geschlossener Kette sowie sensomotori­

sches Training beinhalten. Sie sollte durch Tapeverbände oder Rezentrierungsorthe­

sen (z. B. Patella Pro, Otto Bock) unter­

stützt werden, da gezeigt wurde, dass durch die passive Rezentrierung eine frü­

here Aktivierung des M. vastus medialis obliquus erzielt werden kann [9].

Operative Therapie

Es existieren mehr als 100 verschiedene operative Techniken zur operativen The­

rapie der chronischen patellofemoralen Instabilität. In den letzten Jahren hat sich ein operatives Therapiekonzept etabliert, das die unterschiedlichen Ursachen der patello femoralen Instabilität berücksich­

tigt.

»   In den letzten Jahren haben  sich proximale und distale 

 Realignmentoperationen etabliert

Die Indikation zur operativen Stabilisie­

rung der Patella besteht bei rezidivieren­

den Luxationen und bei erfolgloser kon­

servativer Therapie. Es werden proxi­

male Realignmentoperationen (MPFL­

Naht, MPFL­Rekonstruktion, Trochlea­

plastik) von distalen Realignmentopera­

tionen (Versetzung der Tuberositas tibiae) unterschieden.

„Lateral release“

Das „lateral release“ gehörte früher zu den Standardverfahren der Therapie der chronischen patellofemoralen Instabilität. Biomechanische Studien ha­

ben jedoch gezeigt, dass eine Durchtren­

nung der horizontalen Fasern des late­

ralen Retinaculums die laterale Insta­

bilität der Patella zwischen 30° und 90°

erhöht [24]. Diese biomechanischen Ergebnisse werden von einer klinischen Metaanalyse bestätigt. Lattermann et al.

[22] haben 14 Studien über das „lateral release“ bei patellofemoraler Instabilität ausgewertet. Diese Metaanalyse hat ge­

zeigt, dass eine isolierte Durchtrennung des lateralen Retinaculums bei patello­

femoraler Instabilität langfristig keine positiven Effekte zeigt.

Heute sollte das „lateral release“ nur noch angewendet werden, wenn das late­

rale Retinaculum so kontrakt ist, dass die Patella ohne Durchtrennung passiv nicht reponierbar wäre. Das kann z. B. bei chro­

nischen Luxationen der Fall sein. Eine an­

dere Indikation ist die laterale Subluxa­

(5)

(6)

tion der Patella mit positivem Tilt. Auch hier liegt ein kontraktes laterales Retina­

culum vor.

Mediale Raffung

Auch die mediale Raffung ist in den letz­

ten Jahren zugunsten rekonstruktiver Ver­

fahren mit autologen Sehnentransplan­

taten (MPFL­Rekonstruktion) aus dem Blickpunkt des Interesses gerückt.

Tom u. Fulkerson [42] berichten je­

doch über eine Serie von 13 Patienten, bei denen ein elongiertes MPFL mit intakter femoralen Insertion vorlag. Durch eine Raffung des MPFL konnte bei den meis­

ten Patienten die patellare Stabilität wie­

derhergestellt werden.

Zur Raffung oder Plikatur des elon­

gierten MPFL wurden auch arthroskopi­

sche Verfahren beschrieben (. Abb. 4).

Verschiedene Autoren berichten über gute kurz­ bis mittelfristige Ergebnisse (. Tab. 1).

Aufgrund dieser Daten hat die Raf­

fung des MPFL heute weiterhin eine Berechtigung in der operativen Therapie der chronischen patellofemoralen Instabi­

lität. Sie kann bei Fällen mit elongiertem MPFL ohne begleitende Risikofaktoren (Gleitlagerdysplasie, vergrößerter TTTG) oder in Kombination mit einem dista­

len „ Realignment“ zur Anwendung kom­

men. Auch bei Kindern und Jugendlichen mit offenen Wachstumsfugen ist die offe­

ne oder arthroskopische mediale Raffung das Verfahren der Wahl.

Bei Kindern mit chronischer Luxation kann auch eine Lateralisierung des Ansat­

zes des M. vastus medialis obliquus (Ope­

ration nach Insall) erforderlich sein.

MPFL-Rekonstruktion

Die Rekonstruktion des MPFL mit einem autologen Sehnentransplantat hat in den letzten Jahren große Aufmerksamkeit er­

fahren. Die Indikation zum MPFL­Ersatz besteht bei hoher passiver Instabilität der Patella zwischen 0° und 40° Beugung mit stark elongiertem MPFL oder fehlendem MPFL.

»   Die Rekonstruktion des  MPFL mit einem autologen  Sehnentransplantat hat in  den letzten Jahren große  Aufmerksamkeit erfahren

Im Schrifttum werden viele verschiedene Techniken angegeben (dynamische Semitendinosustransposition, anatomi­

sche Techniken). Als Transplantat eignen sich die Semitendinosussehne, die Grazi­

lissehne und die Quadrizepssehne. Am ge­

bräuchlichsten ist derzeit die Ansatzsehne des M. gracilis. Alle autologen Sehnen­

transplantate besitzen jedoch ein Vielfa­

ches der Reißfestigkeit des MPFL (208 N, [1]). Das bedeutet einerseits, dass die Transplantate eine hohe Kraft zur Stabi­

lisierung der Patella besitzen. Anderer­

seits kann es aber bei Fehlpositionierun­

Crossing sign

Typ A Typ B

Typ C Typ D

Supratrochleärer Sporn

Doppelkontur

Doppelkontur Supra- trochleärer

Sporn Abb. 3 9 Radiologi-

sche Klassifikation der  Trochleadysplasie nach  Dejour

Abb. 4 8 Technik der arthroskopischen MPFL-Raffung: a Einstich einer Kanüle, in die eine Faden- schlaufe eingelegt wurde am medialen Patellarand. b Ca. 1–2 cm weiter medial wird eine zweite   Kanüle mit dem Nahtfaden eingestochen. Der grüne Nahtfaden wird durch die blaue  Fadenschlaufe  gezogen. Durch Zug an der blauen Schlaufe wird der Nahtfaden wieder ausgeleitet. c Mit einem   motorgetriebenen Synovialresektor wird das Gewebe unter dem Nahtfaden débridiert. d Nachdem  der Nahtfaden subkutan aus einer der zwei Stichinzisionen ausgeleitet wurde wird er verknotet

(7)

gen der Bohrkanäle zu einer vermehrten Druckbelastung des medialen Anteils des Femoropatellargelenks kommen. Elias u.

Cosgarea [15] haben zeigen können, dass eine proximale Fehlpositionierung des

femoralen Kanals von >5 mm oder ein 3 mm kürzeres Transplantat zu einer star­

ken Druckerhöhung der medialen Patella­

facette führt. Bollier et al. [5] haben die­

se Befunde klinisch bestätigen können. In

dieser kleinen Fallserie haben proximale Fehlpositionierungen des femoralen Ka­

nals zu medialen Subluxationen der Pa­

tella, zu medialen Knorpelschäden und Rezidivinstabilitäten geführt.

Diese Befunde lassen sich biomecha­

nisch erklären. Bei physiologisch ausge­

bildeter Trochlea soll das MPFL zwischen 0° und 70° isometrisch gespannt sein. Es stabilisiert während der ersten 30° der Beugung. Danach ließen sich im nor­

malen MPFL keine Spannungen messen [15]. Durch eine proximale Fehlposition kommt es zu einer Erhöhung der Span­

nung in Beugung mit Druckerhöhung im Femoropatellargelenk, Dehnung und Elongation des Transplantats.

Auch eine zu starke Spannung des Transplantates kann zu klinischen Proble­

men führen. Thaunat u. Erasmus [43] be­

richten über zwei Patienten mit vorderem Knieschmerz und Bewegungseinschrän­

kungen nach zu stark gespannten Trans­

plantaten.

Zur Transplantatfixation wurden ver­

schiedene Techniken beschrieben. Am Femur ist eine Interferenzschraube zur Fixation des Transplantats im Tunnel am gebräuchlichsten. An der Patella werden Anker, kleine Interferenzschrauben und Tunneltechniken beschrieben. Als Kom­

plikation transversaler Tunnel wird über Frakturen der Patella berichtet [23].

Unsere eigene Technik ist eine anato­

mische minimal­invasive Rekonstruk­

tionstechnik, bei der ein doppeltes Grazi­

listransplantat im Bereich der femoralen Insertion des MPFL ca. 10 mm unterhalb und 5 mm posterior des Tuberkulum­

adduktoriums und im oberen medialen Quadranten der Patella verankert wird (. Abb. 5). Zur femoralen Tunnelanlage werden der mediale Epikondylus und das Tuberkulumadduktorium palpiert und die vermutete MPFL­Insertion mit einem Zieldraht markiert. Ein „Offset­Zielgerät“

kann die Tunnelpositionierung erleich­

tern (Karl Storz, Tuttlingen). Die Ziel­

drahtposition wird mit dem Bildverstär­

ker kontrolliert. Zur radiologischen Kont­

rolle der femoralen Tunnelposition haben sich die von Schöttle et al. [35] angegebe­

nen Koordinaten bewährt.

An der Patella wird das Transplantat durch einen gebogenen Tunnel gezogen, der mit einer speziellen Bohrlehre (Karl Abb. 5 8 Technik der MPFL Rekonstruktion: a Anatomische Darstellung des medialen patellofemora-

len Bandes. b Schematische Darstellung der Rekonstruktion des MPFL mit einem autologen Sehnen- transplantat (a Tuberkulumadduktorium, b Epicondylus medialis). c Schräge Inzision am oberen   medialen Patellapol und Einsetzen eines Zielgeräts (Karl Storz, Tuttlingen) für die Anlage von zwei  konvergierenden Tunneln. d Intraoperative Bildwandlerkontrolle der femoralen Tunnelposition im  seitlichen Strahlengang. e Nachdem das Grazilissehnentransplantat (Pfeil) an der Patella fixiert wur- de wird es zwischen zweiter und dritter Kapselschicht über eine Fadenschlaufe (Pfeilköpfe) zur Inzision  über der femoralen Inzision gezogen. f nachdem das Transplantat (gestrichelte Linien) in den femora- len Tunnel gezogen wurde, wird es mit einer resorbierbaren Interferenzschraube (Megafix, Karl Storz)  im femoralen Tunnel refixiert. g Radiologische Kontrolle der femoralen Tunnelposition. h Schemati- sche Darstellung der radiologischen femoralen Tunnelposition nach Angaben von Schöttle et al. [37]

403

Der Unfallchirurg 5 · 2012

  |

(8)

Abb. 6 9 Technik der Verteifungstrochleaplastik: 

a, b Schematische Darstellung der Verteifungstroch- leaplastik. c Mit einem Meißel wird der subchondrale  Knochen der Trochlea abgehoben und anschließend  mit einer Fräse (z. B. Akromionizer, Karl Storz, Tuttlin- gen) vertieft. d Aufsicht auf das vertiefte Gleitlager; 

zentrale Fixation mit resorbierbaren Stiften (Smart  nail, Linvatec); periphere Fixation mit Fäden

Abb. 7 9 a Distales Realignmemt durch Versetzung  der Tuberoositastibiae nach medial und ggf. auch  nach distal bei erhöhtem TTTG-Abstand oder Patella  alta. b Intraoperativer Situs mit distaler Miniinzision. 

c, d Über die Neigung der Osteotomie kann eine  Anteromedialisierung mit „Maquet-Effekt“  

erzielt werden

(9)

Tab. 2  Ergebnisse MPFL-Plastik Autor LOE Patienten 

(n)

Operationstechnik Follow- up   (Monate)

Ergebnisse Schlussfolgerungen

Bitar et al. 

2012 [4]

I 39 Patienten,  41 Knie- gelenke

MPFL-Plastik   mit Patellasehne

24 Kujala-Score: konservative Therapie  70,8 und MPFL-Plastik 88,9 Pkt.

Nach 2 Jahren zeigt das Patienten-  kollektiv mit einer MPFL-Plastik   bessere Ergebnisse im Kujala-Score  keine Reluxationen im Vergleich zur  konservativen Therapie

35% Reluxationen in konservativem  Patientenkollektiv

Keine Reluxationen in MPFL-Gruppe Panni et 

al. 2011  [32]

IV 48 Patienten,  51 Knie- gelenke

MPFL-Plastik  

mit Semitendinosussehne

33 Kujala-Score: 56 Pkt. präoperativ,   86 Pkt. postoperativ

Hohe Patientenzufriedenheit,   gute Möglichkeit zur Verhinderung  von Reluxationen

Lysholm-Score: 57 Pkt. präoperativ,   88 Pkt. postoperativ

64% erreichten präoperatives   Sportniveau

Patellatilt reduziert von 11 auf   durchschnittlich 8,9°

Steiner et  al. 2006  [41]

IV 34 Patienten MPFL-Plastik mit autogener  Adduktorsehne, einer auto- genen Quadrizepssehne  oder einer allogenen   Patellasehne

66 Kujala-Score: 50 Pkt. präoperativ,   90 Pkt. postoperativ

Exzellente/gute Ergebnisse bezogen  auf die Schmerzreduktion

Lysholm-Score: 52 Pkt. präoperativ,   92 Pkt. postoperativ

Die MPFL-Plastik verhindert   Reluxationen

Tegner-Score: 3 Pkt. präoperativ,   5 Pkt. postoperativ

Kein signifikanter Unterschied   zwischen den verschieden Trans- plantaten

Keine Reluxationen Schöttle 

et al. 

2005 [35]

IV 12 Patienten,  15 Knie- gelenke

MPFL-Plastik  

mit Semitendinosussehne

47 1 Patient mit bilateraler Reluxation Die MPFL-Plastik verbessert   klinische Symptome und verbessert  den Tilt der Patella

Bei TTTG >15 mm Tuberosi- tas-tibiae-Versatz (n=8)

3 Kniegelenke mit positivem   Apprehensiontest

Eine geringe Dysplasie zeigte keinen  negativen Einfluss auf das Outcome  nach MPFL-Plastik

Subjektive Verbesserung in 13 Fällen Kujala-Score: präoperativ 55 Pkt.,   postoperativ 85 Pkt.

Ronga et  al. 2009  [34]

IV 28 Patienten MPFL-Plastik   mit Verwendung einer   Beugesehne

37 Kujala-Score: Von 45 auf 83 Pkt. 

 postoperativ

Verlässliche Methode zur Verhinde- rung der Patellaluxationen bei   Patienten ohne prädisponierende   Faktoren (Trochleadysplasie) Quadrizepsvolumen postoperativ 

gesteigert 3 Reluxationen

Signifikanter Unterschied der   Muskelkraft im Vergleich zur nicht  operierten Seite

Nomura  et al. 

2007 [30]

IV 22 Patienten,  24 Knie- gelenke

MPFL-Plastik in 14 Fällen  kombiniert mit  

„lateral release“

143 2 Reluxationen Nur geringe Assoziation zwischen 

einer MPFL-Plastik und der Entwick- lung einer Osteoarthrose nach   MPFL-Plastik/“lat. release“

Kujala-Score: 63 Pkt. präoperativ,  94 Pkt. postoperativ

MPFL-Plastik kann eine Reluxation  verhindern

3 Kniegelenke entwickelten eine   moderate Osteoarthrose 2 Kniegelenke entwickelten eine  Osteoarthrose ohne das eine Arthrose  zum Zeitpunkt der Therapie vorgele- gen hätte

Drez et  al. 2001  [13]

IV 19 Patienten MPFL-Plastik   mit Verwendung einer   Beugesehne oder einem  Faszia-lata-Streifen

31 Kujala-Score: postoperativ 88 Punkte Gutes Verfahren zur Vermeidung von  Reluxationen

Tegner-Score: 8,8 präoperativ,   6,7 postoperativ

Gute radiologische Ergebnisse,   hohe Patientenzufriedenheit Radiologisch Verbesserung des  

Kongruenz- und patellofemoralen  Winkels

405

Der Unfallchirurg 5 · 2012

  |

(10)

Storz, Tuttlingen) gebohrt wird (. Abb. 5).

Das Transplantat wird in 30° Beugung ge­

spannt, da die Patella in Streckung nicht in der Trochlea zentriert ist. In 30° Beugung wird die Patella manuell so zentriert, dass die laterale Patellafacette die laterale Troch­

lea erreicht. Dabei wird das Transplantat gespannt und das Knie in 60° Beugung ge­

bracht und das Transplantat provisorisch fixiert. Danach wird das Knie von 0°–140°

bewegt und dabei vor allem strecknah die Luxationstendenz der Patella geprüft. Ziel ist es durch die Spannung des Transplantats die Patella zwischen 0° und 40° Beugung zu stabilisieren und sicher in die Trochlea zu führen. Trotzdem soll eine freie Beweglich­

keit möglich sein. Die femorale Fixation er­

folgt mit einer resorbierbaren Interferenz­

schraube (Megafix, Karl Storz, Tuttlingen).

Es liegen überwiegend Fallserien ohne Kontrollgruppe mit kurzem bis mittlerem

„Follow­up“ vor [3­mal „level of evidence“

(LOE) IV, einmal LOE I, . Tab. 2]. In diesen Studien sind die Reluxationsrate nach MPFL­Rekonstruktion niedrig und die klinischen Scores verbesserten sich postoperativ (. Tab. 2). Es existiert eine

Langzeitstudie, in der lediglich eine ge­

ringe Progredienz der patellofemoralen Arthrose (in 2 von 24 Fällen) beobach­

tet wurde [29].Kürzlich wurde eine pro­

spektiv randomisierte Studie publiziert in der ein konservatives Vorgehen mit einer Patellarsehnenrekonstruktion des MPFL nach akuter Patellaluxation verglichen wurde [4]. In der konservativen Gruppe betrug die Reluxationsrate 35%. In der Rekonstruktionsgruppe trat keine Relu­

xation nach einem Follow­up von 2 Jah­

ren auf.

Trochleaplastik

Auch die Trochleaplastik hat in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit erfahren [36, 44, 45]. Es handelt sich um ein Opera­

tionsverfahren zur Korrektur einer Gleit­

lagerdysplasie. Die Indikation zu dieser Operation wird bei höhergradigen Gleit­

lagerdysplasien mit Luxationstendenz zwi­

schen 30° und 60° Beugung gesehen.

Es werden zwei verschiedene Verfah­

ren unterschieden: Die Vertiefungstroch­

leaplastik [36, 45] und der laterale Aufbau durch einen knöchernen Span [20].

Bei der Vertiefungstrochleaplastik wird der subchondrale Knochen mit einem Lambott­Meißel abgehoben, das Gleitlager mit einer Fräse vertieft und die Knochen­Knorpel­Schicht wieder refi­

xiert (. Abb. 6). Zur Refixation verwen­

den wir resorbierbare Stifte (Smart nail, Linvatec) und transossäre Nähte.

Diese Vertiefungstrochleaplastik soll im Gegensatz zur aufbauenden Technik den theoretischen Vorteil haben, zu einer Verringerung der Druckbelastung im Femoropatellargelenk beizutragen.

Aufgrund von Bedenken hinsichtlich möglicher Knorpelschäden kommt diese Technik heute nur in wenigen Zentren zur Anwendung. Eine histologische Auswer­

tung von Biopsien von 3 Patienten nach vertiefender Trochleaplastik hat jedoch gezeigt, dass der hyaline Knorpel seine Struktur und Vitalität nach dieser Opera­

tion behält [39]. Die einzige Langzeitstu­

die nach Trochleaplastik zeigt jedoch nach einem mittleren Follow­up von 8,3 Jahren eine Arthroserate von 30% [45]. In 15 von Tab. 2  Ergebnisse MPFL-Plastik (Fortsetzung)

Ellera  Gomes et  al. 2004  [14]

III 15 Patienten,  16 Knie- gelenke

MPFL-Plastik   mit Verwendung der   Semitendinosussehne

60 Crosby/Insall: 11 exzellente Ergebnisse,   4 gute, 1 schlechtes Ergebnis

MPFL-Plastik ist ein nützliches   Verfahren zur Vermeidung einer  Patellaluxation beim Vorliegen einer  ligamentären Instabilität

In einem Fall war das Apprehension- sign positiv mit Maltracking patello- femoralem Schmerz

1 Patient wurde revidiert Dopirak 

et al. 

2008 [12]

IV 13 Patienten,  14 Knie- gelenke

MPFL-Plastik   mit Verwendung der   Quadrizepssehne

42 Keine Reluxationen Die MPFL-Plastik mit Verwendung  

der Quadrizepssehne ist ein effektive  Methode zur Behandlung einer PFI Crosby/Insall: 14 gute/exzellente  

Ergebnisse

Eine Verbesserung des patellofemoralen   Schmerzes ist nicht vorhersagbar Kujala-Score 91 Pkt. postoperativ

14 Patienten subjektiv zufrieden Christian-

sen et al. 

2008 [8]

IV 44 Patienten MPFL-Plastik   mit Verwendung der   Grazilissehne

22 1 Reluxation Gute Methode zur Behandlung einer 

patellofemoralen Instabilität 3 Subluxationen Postoperativer patellofemoraler 

Schmerz hängt vom vorbestehenden  Knorpelschaden ab

Kujala-Score: 46 präoperativ,   84 postoperativ

Nomura  et al. 

2006 [29]

IV 12 Knie- gelenke

MPFL-Plastik   mit Verwendung der   Semitendinosussehne

50 Crosby/Insall: 8 exzellente, 2 gute,   2 ausreichende Ergebnisse

Effektive Methode zur Behandlung  einer PFI bei Patienten ohne   Trochleadysplasie

Kujala-Score von 56 auf 96 Pkt. 

 postoperativ

Keine Reluxationen/Subluxationen Oster-

meier et  al. 2007  [31]

IV 14 Patienten Dynamische MPFL-Plastik  mit Umlenkung der   Semitendinosussehne

13 Kujala-Score: 56 Pkt. präoperativ,   96 Pkt. postoperativ

Keine

Pkt. Punkte, LOE „level of evidence“.

(11)

Tab. 3  Ergebnisse Trochleaplastik Autor LOE Patienten 

(n)

Operationstechnik Follow- up   (Monate)

Ergebnis Schlussfolgerung

Koëter et  al. [20]

IV 16 Patienten, Anteriore lateral öffnende  Osteotomie der femoralen  Kondyle

24 17 Kniegelenke mit gutem Ergebnis  im WOMAC, Lysholm-Score,   patellofemoraler Score

Beim Vorliegen einer Trochleadys- plasie stellt die laterale öffnende  Osteotomie der lateralen Kondyle ein  gutes Verfahren zur Korrektur einer  Trochleadysplasie dar

19 Knie-  gelenke

Keine Redislokationen Verbesserung in Funktion und  Schmerz

Schöttle  et al. 

2005 [36]

IV 16 Patienten, Zentrale vertiefende   Trochleaplastik

36 Bei 16 von 19 Kniegelenken bestand  eine subjektive Verbesserung

Eine erfolgreiche Therapie der   Instabilität bedingt durch eine   Dysplasie ist mit einer vertiefenden  Trochleaplastik möglich

19 Knie-  gelenke

Der Kujala-Score verbesserte sich von  56 auf 80 Pkt.

Keine Redislokationen

4 Patienten mit persistierendem   positivem Apprehensiontest Vergleich der prä- und postoperativen  CT zeigt eine Korrektur der Dysplasie Von 

Knoch et  al. 2006  [45]

IV 38 Patienten,  45 Knie-  gelenke

Zentrale vertiefende   Trochleaplastik

96 15 Kniegelenke vermehrter patello- femoraler Schmerz

Beim Vorliegen einer Dysplasie als  Ursache der habituellen Patellaluxa- tion ist die Trochleaplastik eine erfolg- reiche Methode zur Behandlung der  Instabilität

4 Kniegelenke postoperativ keine   Verbesserung des Schmerzes

Der Einfluss auf die Entstehung des  patellofemoralen Schmerzsyndroms  und einer Retropatellararthrose   präoperativ nicht einzuschätzen 22 Kniegelenke weniger Schmerzen 

postoperativ

93% wiesen in CT-Kontrolle eine radio- logische Korrektur der Dysplasie auf Utting et 

al. 2008  [44]

III 54 Patienten Zentrale vertiefende   Trochleaplastik

24 92% der Patienten waren mit dem  postoperativen Ergebnis zufrieden

Ermutigende Ergebnisse zur Behand- lung einer schwierigen Ursache einer  patellofemorelen Instabilität 59 Knie- 

gelenke

Verbesserung der Funktion konnte in  allen Scores nachgewiesen werden Donell et 

al. 2006  [11]

III 15 Patienten,  17 Knie-  gelenke

Zentrale vertiefende   Trochleaplastik nach Dejour  (Schraubenosteosynthese)

36 Postoperativ normales Patellatracking  in 11 Kniegelenken

Akzeptable Resultate und akzeptable  Komplikationsrate

6 Kniegelenke zeigten ein positives 

„J-sign“

7 Patienten sehr zufrieden, 6 Patienten  zufrieden, 2 Patienten unzufrieden Kujala-Score: präoperativ 48,   postoperativ 75

3 Patienten erreichten das präoperati- ve Sportniveau

8 Patienten wurden erneut operiert,   5 davon wurden arthrolysiert Verdonk 

et al. 

2005 [46]

III 12 Patienten,  13 Knie-  gelenke

Zentrale vertiefende   Trochleaplastik nach Dejour  (Schraubenosteosynthese)

Keine   Angabe

Subjektiv 77% gut bis sehr gute   Ergebnisse

Patienten waren mehrheitlich   zufrieden

Larsen-Lauridsen-Score: Die Mehrheit  der Patienten zeigten ausreichende  bis schlechte Ergebnisse

Gute Methode zur Behandlung einer  Dysplasie beim Vorliegen eines   retropatellaren Schmerzsyndroms und  rezidivierenden Luxationen

LOE „level of evidence“, Pkt. Punkte.

45 Kniegelenken (33,4%) verschlechter­

te sich der patellofemorale Schmerz. Bei 22 Kniegelenken (49%) kam es zu einer Verbesserung des präoperativen patello­

femoralen Schmerzes. Eine Redislokation ist in dieser Studie nicht aufgetreten.

Auch die bisher publizierten Kurzzeit­

studien zeigen praktisch keine Reluxatio­

nen. Im Hinblick auf die Schmerzreduk­

tion sind die Ergebnisse jedoch weniger vielversprechend. Eine häufige Kompli­

kation war in diesen Studien die Arthro­

fibrose (. Tab. 3).

407

Der Unfallchirurg 5 · 2012

  |

(12)

Zusammenfassend handelt es sich bei der vertiefenden Trochleaplastik um eine anspruchsvolle Operation, die in speziali­

sierten Zentren durchgeführt werden soll­

te. Die Indikation sollte aufgrund der ho­

hen Arthrofibroserate zurückhaltend ge­

stellt werden.

Versetzung der Tuberositas tibiae

Die Versetzung der Tuberositas tibiae ist eine typische distale Realignmentoperation (. Abb. 7). Die Indikation für dieses Ver­

fahren wird bei erhöhtem TTTG­Abstand (>20 mm) oder einer Patella alta gesehen.

Im Gegensatz zur reinen Medialisie­

rung nach Elmslie­Trillart soll die Ante­

romedialisierung nach Fulkerson zusätz­

lich eine Entlastung des femoropatellaren Knorpels an der lateralen Facette bewir­

ken. Daher wird hier die Indikation v. a.

bei Patienten mit lateralem Maltracking,

Subluxationen und degenerativen Knor­

pelschäden gesehen.

> Vorsicht ist bei medialen oder  kranialen Knorpeldefekten geboten.

Mit beiden Verfahren kann auch eine Distalisierung einer Patella alta erzielt werden [6]. Eine Patella alta gilt als Risiko­

faktor für die patellofemorale Instabilität [28]. Sie kommt jedoch selten isoliert als Ursache vor.

Zahlreiche Level­IV­Studien berich­

ten über Ergebnisse nach Osteotomie der Tuberositas tibiae (. Tab. 4). Die Reluxa­

tionsraten nach diesem Eingriff sind ge­

ring. In allen Studien werden die gängi­

gen klinischen Scores durch dieses Ope­

rationsverfahren verbessert. Als Kompli­

kation wird über Frakturen der Tubero­

sitas tibiae und sekundäre Dislokationen berichtet.

Derotations- und varisierende  Osteotomien

Auch die Beinachse und Torsionsfehl­

stellungen können zur patellofemoralen Instabilität beitragen. Aus diesem Grunde finden varisierende und Derotations­

osteotomien zur Korrektur der patello­

femoralen Instabilität vermehrt Beach­

tung. Diesen Operationsverfahren ist in diesem Heft eine eigene Arbeit gewidmet.

Fazit für die Praxis

F  Da bisher zu allen Verfahren zur ope- rativen Korrektur der patellofemora- len Instabilität keine Studien mit Ver- gleichsgruppen und wenig Langzeit- ergebnisse vorliegen, kann derzeit  kein Operationsverfahren als überle- gen bezeichnet werden.

Tab. 4  Ergebnisse Versatz der Tuberositas tibiae Autor LOE Patienten 

(n)

Operationstechnik Follow- up   (Monate)

Outcome Schlussfolgerung

Fulkerson  et al. 

1990 [17]

IV 30 Anteromedialer  

Tuberositas-tibiae-Transfer

24 93% exzellent/gut (subjektiv) Zuverlässige Methode bei Patella- malalignment und beginnenden  Knorpelschäden

89% exzellent/gut (objektiv) Naka-

gawa et  al. 2002  [27]

IV 39 Elmslie-Trillat 45 Fulkerson-Score 91% exzellent/gut Zuverlässige Methode zur   Vermeidung von Reluxationen Langzeitergebnisse abhängig vom  vorhandenen Knorpelschaden Koeter et 

al. 2007  [20]

II 30 Patienten  mit Instabili- tät (OPI)

Tuberositas-tibiae-Versatz   + ggf. med. Raffung

24 Lysholm-Score 92 LTP/ 84 OPI Erfolg versprechend bei erhöhtem  TTTG und symptomatischen   Patellamaltrackings 30 Patienten 

mit „lateral  tracking“ 

(LTP)

VAS 14 LT/19 PI (0–100) 1 Dislokation, 2 Tibiafrakturen

Pritsch et  al. 2007  [33]

IV 55 Tuberositas-tibiae-Versatz 74 Lysholm/Karlsson-Score 72,5%  

exzellent/gut

Gute Langzeitergebnisse für PFI, 

„patellar maltracking“ und vorderen  Knieschmerz

1 Tibiafraktur Positive Prognosefaktoren: PFI,   keine patellaren Knorpelschäden,  männliches Geschlecht

1 Pseudarthrosenbildung Barber et 

al. 2008  [3]

IV 35 Elmslie-Trillat 98 Lysholm-Score 83,4 Operationstechnik mit hoher Erfolgs-

rate bei PFI, auch bei schon vorope- rierten Patienten

Tegner-Score 3,8 VAS 7,9 (0–10)

Stabilität 91%, 2 Dislokationen,   1 Subluxation

Caton u. 

Dejour  2010 [6]

IV 50 Roux Exzellent/gut 80% Indikationen: objektive Patellainstabi-

lität mit Luxationsereignissen,   Patella alta, meist ist neben dem   knöchernen Eingriff ein Weichteilein- griff notwendig

Elmslie Stabilität 76,8%

Elmslie-Trillat

LOE „level of evidence“.

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