YALE
MEDICAL LIBRARY
HISTORICAL
LIBRARY
\
>
§
C. R.
AIKIN'S,
MITGLIEDE DES KÜNIGL. COLLEOItfMS DER
WUNDÄRZTE
ZU LONDONKURZGEEASSTE
ÜBERSICHT
DER
WICHTIGSTEN
TIIATSACIIEN.WELCHE
BISHERÜBER DIE KUHPOCKEN
ERSCHIENEN
SIND.ADS
DEM
ENGLISCHEN LBERSETZT VONJ.
HUNNEMANN.
MIT EINEM KUPFER.
HANNOVER,
bei
den Gebrüdern Hahn.
•e
OH*.G. R.
AlKlN'S, KUKZÜEFAS5TE
ÜBERSICHT
»ER
WICHTIGSTEN THATSACHEN
WELCHE Ii!',HtK
ÜBER DIE KÜHPOCKEN
1.' .11m vi'l SIS».
Vorrede.
\_/bgleich das allgemeine Tnteresse, welches jede
Neuerung
in der Arz- neyicissenschaft in diesemLande
er- regt, den Pfuschern jeder Art einkurzdauerndes
Glück verschafft, so hat siedoch
den grofsen Fortheil,'dc/Js keine wichtige Verbesserung in der Heilkunde,
wenn
sie einmal vor den freyens Richterstnhl des Publi-cums
gebrachtwird,
leicht wieder inVerachtung
zurücksinkt, so lange ihr innerer Gehalt die Wardieunp-unbefangener Kenner
verdient.Der
Kuhpockeneinimpfiing ge- refoht eszu
keiner geringenEmpfeh-
lung, dafsweder
niedrigeKunst-
griffe, noch empyrische
Amnaafsun-
gen zu
ihrerEinführung angewendet
ivorden sind; ihre Vertheidi^erhaben
sich
im
Gegentheildamit
befriediget, drifs siedem Publicum
den Erfolg-,dar mit Einsicht
und
dergrößten
Unpartheylichkeit angestellten Ver- suche, vorlegten, folglichkann
dasLob
, welches dieArzneykunde
da-durch
eingeeritdtet hat, alswohl
verdientangesehen
werden.Der
Eifer, welcher beständig, bey jederneuen Nachforschung
ange-facht
wird, schränkte sich hiebej blosauf
die rühmlicheBemühung
ein, eine äusserst ernsthafte
und
VIII
furchtbare Krankheit
dadurch auszw
rotten, dajs
dem Publicum
eine ge- lindeund bequeme
Stellvertreteriim anempfohlen, aber nicht aufgedrun-gen
würde.Der
Erfolg dieser Untcrsuchun~gen
fiel so äusserst günstig aus, dafsdadurch
dieKuhpockeneinimpfung
inmehreren Gegenden
diesesLandes
ver- breitetund
in einige benachbarteLän-
der Europens«, unter sehr günstigen Aussichten eingeführtwurde, und
wenigstens in dieser Insel giebt esnur wenige
Aerzte, welche ihre Auj- merksamkeitauf
diesenGegenstand zu wenden
nichtauf
angen.In dieser Rücksicht glaubte ich den
Freunden
medicinis<her Fort- schritte keinenunangenehmen
Dienstzu
leisten,wenn
ich ihnen eine kurzeund
bündige Uebersicht der interessantesten Thatsachen, dieKuh-
pocken betreffend, in allen ihren.Gestalten , nebst den practischen Forschriften,
welche
beyEinimpfung
derselbenzu
beobachten sind, vor-XII
pfung
verspricht, alsauch
die Auf- klärung, welche über Ansteckungs- materien überhaupt hiedurch verbrei- tetwerden
könnte,machen
sie der allgemeinenAufmerksamkeit
würdig.London
l8or.C. R.
Aikin.
INNHALT.
ERSTES KAPITEL.
Von
den natürlichen oder zufäl~ligen.
Kuhpocken.
Seite II. Von denKulipocken in sofern jiV
ditKühe bej allen. 5
Pusteln an dem Enter, welche von verschiedenen Ursachen herrühren. Z.B.
vom
Stechen der fliegen U. s. w.;—
>:i
v
Die äcliten Kuhpocken als besondere.
Krankheit betrichtet.
—
Zuf.ille und Verlaufderselben bey den Kühen.—
Ge- genden vto man sie angetroffen hat.—
Ursprung derselben aus den wunden
Fersen der Pferde (Greasc)wie von Hin*
Dr.Jcnner behauptet wurde.
II. Von den zufälligenKuhpocken in sofern Menschendavonbefallen
"'"'den. Seite19
Zufalle und Verlauf der Krankheit bey Personen, welche damitangesteckteKühe milchen
—
Herzählung der wichtigsten Puncte beydieser Krankheit, welche all-gemein anerkannt sind
—
Umstände, unter welchen die Kuhpocken den Kiu.dcvbl.itteinähnlich sind, und woiinnsie
davon abweichen.
ZWEITES KAPITEL.
Von
den eingeimpftenKuhpocken. 34
Die Kuhpocken werden durch Einim- pfung gelinder, schützen aber ebenfall»gegen Ansteckung der Kinderblattern .-
Unterschiede zwischen den zufälligen
und eingeimpften Kulipocken.
ErwägungfolgenderUmständebey Be- handlung der Kubpockcneinimpfurg.
Nämlich: Auswald der Materie: schick- liche Subjcctcund Jahrszeiten zur Einim- pfung: p/erriclitungsart derselben: Ver- lauf derKrankheit (mit Hinweisung ant die Kupfertafel)
—
Vorfallende Verschie- denheiten. Z. B. Rothein, darauf fol-gende Verschwärung
am Arm
und ein.wörtlich pustelartiger Ausschlag
—
Ursach dieses letzternZufalls. Arzeney-
licheBehandlung, in so fern siebeydem
allgemeinen Fieber und der örtlichen Verschwörung notbig ist
—
Vcrglei-cliun"zwischen der Kindeiblattein- und Kuhpockcnpustel, in ilircr Erscheinung sowohl alsihrem Innhaltnach
—
[Jrsa-chen der Fehlschlagung bey der Kuh- potkeiieiuiiiipl'ung und Merkmal« der- selben.
XVI
DRITTES KAPITEL.
Allgemeine
Beobachtungen
über dieKuhpockeneinimpfung. Seit*JlOb
die Knhpocken die ursprüngliche Krankheit der Kindcrbktlern ?—
Ei- genschaften beyder, die Scropheln her- vorzubringen—
besonderer Werth der Kuhpockeneinimpfung, indem keine Le- bensgefahr damit verknüpft ist.«<3X>*«—
w-
—
-*-r
Er
NE
KURZE ÜBERSICHT
V, s. w.
DIE KUHPOCKEN BETREFFEND.
ERSTES KAPITEL.
Von den
natürlichen oder zufälligenKuhpocken,
J\/Jan hat in verschiedenen
Gegenden
diesesLandes, wo Kühe
ihrer Milchwegen
gehaltenwerden
, gele- gentlich eine besondere Ausschlags- krankheit unter derHeerde
bemerkt,welche
das Euterund
Zitzen dieserThiere
befällt,und
fastdurchgehends den Nahmen
derKuhpocken
erhalten hat.X
Noch
vor ohngefehrzwey
Jahrenwar
die Kenntnifs dieser Krankheit blos auf diejenigen I<-ute einge- schränkt,welche
unmittelbar dasGe-
schäft der Milchereien zu besorgen hatten,und
aufdie benachbarten Vieh- ärzte, letztere scheinen sie aber mit besonderer Genauigkeit beobachtet,und
schikliche Mittel für ihre Heilung angewendet zu haben.Wo man
sie indefsbemerkt
hat, da sind folgendeUmstände, welche
sie gegenwärtig zu einer
Untersuchung
der merkwürdigstenArt machen, wahr- genommen worden:
die Krankheitwird
durch würklicheBerührung den
milchenden Personen,welche
die Zitzen derkranken Kühe
antasten, mitgetheilet,und von
diesen öfters wieder durch eine zahlreicheHeerde
verbreitet;
wenn
derMensch davon
befallen wird, so schränkt sie sich nicht nur auf örtliche Krankheit der
Hände und Arme
ein, sondern verursacht auch eine allgemeine, oft heftige, aber nie tödliche Krankheit,welche
ihren regelmäfsigenGang nimmt;
die Person, welche sie einmal überstanden hat, ist hernach gegenjede,
sowohl
künstliche als natürlicheAnsteckung
der Kinderblattern ge- sichert.Diese
Umstände,
besonders die letzteren, scheinen seit undenklichen Zeiten, denBewohnern
(und diesen allein) jener besondernGegenden, wo
die Krankheit von Zeit zu Zeit er- schien, bekannt gewesen zu seyn.
Dies ist eine
merkwürdige Thatsache
in der Geschichte der Verbreitung menschlicher Kenntnisse, die vielleicht unwahrscheinlich
vorkommen
würde,wenn
wir nicht versichert wären, dafs die vermeinte morgenländische Ein- impfungsart der Kinderblattern, baldnach
ihrer Einführung, als eine aus- wärtige Erfindung in England, seit un- denklicherZeit in einer nicht sehr un- bedeutendenund
unbesuchtenGegend von Sud
Wallis existirthabe. *)*) S. Dr.
M
roodvilles History of the inocu- latlon of the small-pox, einWerk
voll von interessanten und schätzbaren Sachen.Die obenerwähnten
Thatsachen, welche sich auf tueKuhpocken
bezie- hen, sindzwar
einigenberühmten
Physiologen, alsmerkwürdige Umstän-
de in der Krankheitslehre zufälliger- weise mitgetheilet worden,ohne
indefs denGrad
derAufmerksamkeit,
wel- chen sie verdienten, zu erregen; bis endlichim
Jahr 1798. Dr. Jenner zu Berkley in Gloucestershire (einer, ihrer beträchtlichenund
vorzüglichen Mil- chereyenwegen, berühmten Gegend)
verschiedene sehrmerkwürdige und
äufserst interessante
Umstände,
in Be- treff dieser Krankheit ,bekannt
machte, *) welche sie der allgemeinenAufmerksamkeit empfohlen
haben,und
nicht verfehlenwerden,
seinenNahmen
aufdie ehrenvolleListe öffent- licher Wohlthäter zustellen.*) S. Dr. Jenner's Jnquiry into tke causesand
ejfects ofthe variolae vaccinae. Es ist un- nuthig, hier beständig aufdieses interes- sante
Werk
zu verweisen, indem ein grofser Theil seines Inhalts den folgenden Seiten einverleibt ist.Da
dieser Gegenstand seitdem durch weitereBemerkungen und
Ver- suche, 'sowohl von ebendem
Verfas- ser *) als auch andern Aerzten von an- erkannten Fähigkeiten, erläu'ertwor-
den, sokann man
diese Krankheit nichtlänger, alsim
Stande ihrer Kind- heit, sondern als berechtiget ansehen, aufdiejenigeAufmerksamkeit
des Pu- blicumsAnsprüche
zumachen, welche
jeder Gegenstand, der
dem
allgemeinenWohl
angehet, erfordert. ,I. Vonden Kuhpocken, insofern sie dieKühe
befallen.
Obgleich
Kühe
gemeiniglich ge- sunde Thiere, so sind siedoch
eini-gen besondern Krankheiten unterwor- fen,
wovon
.wahrscheinlich viele ihrer Haltungsart (Domestication) und nä- hererVerbindung
mitMenschen
her-*) S. Further Observation* on the variolae vaccinae 1799. ty Dr. Jenne"; und u Con- tinuation offarts and observations relative 10 the variolae i'accinae, lßoo, vou eben dem Verfasser.
rühren. Einige
davon haben
ihren Sitz indem
Euter, besonderswährend dem
wichtigen Geschäft der Milchab- sonderung; auf diese zu achten,und
sie mit Genauigkeit zu unterscheiden,
istjetzt ein Gegenstand von besonderer Wichtigkeit geworden.
Den Beobachtungen
derjenigen zu- folge, welche mit diesenThieren am
besten bekannt sind, scheinen
mehrere Ursachen
vorhanden zu seyn, welchewunde
Stellenam
Euterund den
Zitzen hervorbringenkönnen,
besonders sol-che , welche
während
der Jahrszeit,wo
dieMilchabsonderung am
stärksten vor sich gehet, irgend eine Reizung auf dieseOrgane
erregt; das Stechen der Fliegen, ungeschickteBehandjung btym
Milchenund
andere äufsere Rei-zungen
dieser Art, verursachen oft kleine weifse Bläsgen an diesenThei-
len, welche aber nie weiter als bis unter die Haut eindringen,und
ge-wöhnlich
sehr leicht zu heilen sind.Eine andere
und zwar
ernsthaftere Krankheit an diesen Tfaeilen, wird zu-weilen darfurch verursacht, dafs
man
eine Kuh, die in voller Milch ist, ein oder
zwey Tage ungemolken
bleibenlä'fst,
um
dadurch ein von Natur klei-nes Euter auszudehnen; dies ist ein gewöhnlicher Kunstgriff, dessen
man
sich in Jahr-
und Viehmärkten
be- dienet,um
den Preis derKuh
zu er-höhen,
indem beym Verkauf
der vor- züglicheWerth
auf ein grofses Euter des Thiers beruhet.Durch
diesengrausamen und
niedrigen Betrug,wer-
den die Gefäfse,wodurch
diesesOrgan
versehen wird, eineungewöhnliche
Jange Zeit ineinem
Zustande starker ,Ausdehnung
erhalten,welche
oft in heftigeEntzündung
dieser Theile übergehet,worauf
starke Ausschlägeüber
das Euterund
dieZitzen erfolgen,welche
bisweilen tiefeund
sehr be- schwerlicheGeschwüre
zurücklassen.Der
Ausflufs von diesenWunden
istim
Stande, eine ähnliche Pustelkrank- heit an denHänden
der Milcher her- vorzubringen, sobald irgend ein Theil derHaut
verletzt ist,und
bringt öfters übleund
ausgebreiteteGeschwüre
her-vor,
welche
bisweilen an denArmen und
Schultern entstehen, und lang- wierigund schwer
zu heilen sind.Eine
Unterdrückung
der Milch inWöchnerinnen
giebt uns öfters ein ähnliches ßeyspiel, wie sich Ahscesse bilden, obgleich Hey ihnen der Port- gangund
die Geslalt der örtlichen Krankheit etwas verschieden ist.Die
ächtenKuhpocken
sind indefs eine Krankheit, die sich vor allen bis-her
eiwähnten
auszeichnet.Gewöhn-
lich erscheinen sie
im
Frühjahr,und
zeigen sich in unregelmäfsigen Pustelnan
den Zitzenund Warzen
des Puters.Anfänglich
haben
sie eine bJafsbldiieoder vielmehr matte Farbe,
und
ent- halten eine dünne, wiifsrige, scharfe Flüssigkeit, die benachbarten Theile sind geschwollen, hartund
entzündet.Gebraucht man
nicht bey Zeiten gehö- rige Mittel, so sind die Pusteln sehr geneigt in tieffressendeGeschwüre
auszuarten, welche, wie es die Vit h- a'rzte sehr schicklich nennen, in das Fleisch hineinfressen;
und
setzen be-ständig eine Materie ab, welche ge- wöhnlich mit
dem
Fortgänge der Krankheit dicker wird,und
endlich.ein»»n harten Schorf bildet.
Manch- mal werden
dieKühe
etwas unpäf-lirh, verlieren die Efslustund
geben weni- ger Milch als sonst; öfters aber istdiese Krankheit, obgleich heftig,
doch
nur örtlich. In Rücksicht der vermin- derten Milchabsonderung,kann man bemerken
, dafs diese vielleichtzum
Theil von
dem Schmerz
herrührt, welcherbeym
Milchen)empfunden
wird,indem
dieKuh
einige willkühr- licheGewalt
über dasAbgehen
der Milch zu besitzen scheint. Es ist inden Milchereyen eine sehrwohlbe-
kannte Sache, dafs eine weicheHand beym
Milchen ungleichmehr
Milch, als eine harte, ausdem
Euter ziehen kann.Die
Viehärztehemmen
dieseKrank- heit gewöhnlich in ihren ersten Zeit-räumen
dadurch, dafs sie irgend eine Starkeund
etwas fressende metallische Auflösung,wie
z. B. des weifsen oder10
blauen Vitriols auf die
wunde
Stellebringen. Die Kulipocken zeigen sich bey den
Kühen
nie tödlich,noch
stecken sie auf diegewöhnliche Art
ansteckender Krankheiten an, sondernsie
können
diesenThieren
oderden Menschen
nur durch würkliche Berüh- rung mitdem
speciflschen Eiter der Pustel mitgetheilt werden.Daher kömmt
es, dafs diejenigenKühe,
so nicht mit milch sind, von dieserKrank-
heit gänzlich befreyet bleiben,
ob
sie sich gleich inden
peinlichenWiesen
mit solchen aufhalten, welche ineinem hohen Grade
damit behaftet sindj und, so weitman
bisher beobachtet, ver- breiten sich dieKuhpocken
unter einerHeerde
nurdann
,wenn
der Milcher,nachdem
er die damit behaftetenKühe gemolken,
zu dengesunden
geht,und
deren Zitzen berührt.Hiedurch
läfstsich
noch
eine andere gemachteBemer- kung
erklären, nemlich: dafs sich dieAnsteckung
sehr lange auf dasVieh
eines einzigenMeyerhofes
einschrän-ken
wird, ohngeachtet dieser mit an- dernHeerden umgeben,
weil beson-II
dere Milcher in jeder dieser Milcbe- reyen angestellt sind.
Sowohl Kühe und Menschen können
wiederholend- lich von dieser Krankheit angegriffenwerden;
es scheint indefs erwiesen zu sevn, dafs jeder der folgenden Anfällebey weitem
nicht so heftig (wenigstens unterMenschen) und
leichter zu hei- len ist,wie
die erste Ansteckung.Noch
besonders zeichnen sich dieKuhpocken
von andernunbedeutenden Geschwüren am
Euter dadurch aus, dafs sie sehr geneigt sind, tiefe hohleGeschwüre
hervorzubringen,und
un- terscheiden sich zugleich vonandern Verschwärungen
diesesOrgans durch
eine mattblaue Farbe,womit
sie be- ständig begleitet sind,und
vielleichtauch
durch ein besonderes charakteri- stischesAnsehen,
welchesnur durch
würklicheBeobachtung
zu erlernenist.Diese Krankheit in
ihrem
natürli-chen
Zustande ist nur hierund
da indiesem Lande
bekannt, aber ziemlich weit verbreitet; und!wo man
Spurenra
derselben angetroffen, da scheint die
Mevnung,
dafs sie dem,Menschen
alsVerwahrungsmittel gegen Kinderblat- tern dienet, allgemein zu seyn
Die Bewohner
jener, ihrer Milchprodukte wegen, soberühmten Gegend von
Kerkley in Gloucestershire, sind mit denKuhpocken
bekannt,wo
sir glück- licherweise dieAufmerksamkeit
des Dr. Jenner erregten. Sie sind eben-falls in verschiedenen
Gegenden von
VViltshire, Sommersetshire, Bucking- hamshire-, Devonshire
und Hampshire
entdecktworden;
in einijpnwenigen Gegenden
vonSuffolkund
Norfolk,wo
sie bisweilen Zitzen •
Po ken (Pap- Pox)
*) genannt werden, so wie auchin Leicestershire
und
Staffordshire.In flen ansehnlichen Milchereyen
in derNachbarschaft v,on
London, wird
*) S. „An Inquiry concerning the history of ihc Cow-pox," von Dr. l'earson, dessen zeitige Aufmerksamkeit für diesen Gegen- stand und Eifer in den Verfolg desselben, vieles fiir das Interesse, welches dieselben durchgehend« erregten, beygetrngen .haben.
13
diese Krankheit häufig angetroffen.
Hierfindet
man,
dafs eine derHeerde
neulich hir.zugebrachte Kuli, zuerstdavon
befallen wird,und
muthmafset, dafs sieihrenUrsprung
ineinem
plötz- lichenUebergang
von einermagern
zu einer fetterenund
theils unnatürlichen Fütterung, hat, welches ein gewöhnli- ches Mittel ist,um
dasAusgeben
der Milch dadurch auf das Höchste zu bringen. In der Nachbarschaftvon Cork
in Irlandkennt man
sieauch und
sie heifstdortShinagh *).Noch
hatman
keine Spurendavon
in den ausge- breiteten Milchereyen von Chester- shire, oder in andernmehr
nördli- chen Grafschaften aufgefunden.Es
ist indes zu vermuthen, dafs sie an
viel
mehreren
Orten, als bisher pe- schehen, entdecktwerden
wird;denn
diejenigen,welche
so ebenerwähnt worden,
begreifen eine beträchtliche Mannichfaltigkeit vonGegenden, und
die Krankheitist überhaupt vonDienst-
•) S. The meJtcal and physical Journal*
Vol. 3. p. 503.
'4
boten
und
Milchern vielmehr deshalb verbell1, worden, damit kein Verdacht, in Rücksicht der Reinlichkeitund
gutenOrdnung
ihrer Milchereyen, auf sie falle.Die
Geschichte derKuhpocken würde
unvollständig seyn,wenn man
nicht den folgenden, sehr sonderbaren Ursprung, den ihnen Dr. Jenner bey- legt, erwähnte. Es ist allgemein be- kannt, dafs Pferde einer
Entzündung und
Geschwulst an den Fersen, wel- chesim
Englischen the Greuse genannt wird, unterworfen sind,woraus
eine sehr scharfeJauche fliefst,welche
die Fähigkeit besitzt', Reizungund
Ver- schivarung in jedem andern Körper, an dessen Oberfläche sie gebracht wird, hervorzubringen.Man
muthmafset, dafs diese Jauchevon den
Knechten, welche inmehreren
Milchereyenauch bevm
MilchenHand
leisten, denKü- hen
mitgetheilt werde. Einer dieser Leute, sobald erdas Pferd verbunden, geht gleich daraufzum
Milchen;
Theilchen dieser Jauche, die etwa an
*S
seinen Fingern geblieben,
werden
auf diese Art an das Euter gebrachtj hatnun
dasThier
Empfänglichkeit für dieseAnsteckung,
so bringt sie jene spezifischeVeränderung
hervor,welche
die
Kuhpocken
veranlafst.Der Ursprung,
denman
dieserKrankheit
hier beylegt, gründet sich hauptsächlich aufden Umstand,
dafs,wo
dieKuhpocken
erscheinen, the grease gewöhnlich vorausgegangen ist,und
dieMeynung
über das Fortpflan.- zen dieser Krankheitvom
Pferde auf dieKuh
ist in einigen dererwähnten Gegenden,
eben so allgemein herr- schend, als es der Fall mit verschiede-nen
andernBemerkungen
über diese Krankheit ist, welche durch eine ge-naue Untersuchung
bestätigtworden
sind, lndefs
müssen
wir dies als eine der zweifelhaftestenThatsachen,
wel- che über diesen Gegenstand aufgestelltworden,
ansehen.Nur
unläugbareVersuche können
uns den nöthigen Aufschlufs in der verwickelten Unter-Suchung
über diejenigenAbstufungen
16
gewähren,
welclie eine Krankheit an- nimmt,wenn
sie verschiedene Thier- gatiungen durchwandert.. Unterden
Nebenvortheilen, welche von diesem Gegenstände zu erwarten, obgleich solche nicht unmittelbar mit derAn- nahme
derKnhpocken
in der Arzeney- wisscnscbaft, verbunden sind,können
wir mitgegründetem
Zutrauen hoffen, einige neue Begriffe über verschiedene wichtige Fragen, welche Ansteckungs-gift überhaupt betreffen, zu erhalten, ein Gegenstand, welcher
dem
Physio- logen von grofser Wichtigkeit ist.Hier
kann man
auchnoch
erwäh- nen, dafsman,
sobald als diese Mei-nung
über denUrsprung
derKuh- pocken
von Dr. Jenner aufgestellt wurde, wiederholte aber vergebliche Versuchemachte,
diese Krankheit durch unmittelbare Einimpfung, mit frischer aus der Ferse des Pferdes ge-nommenen
Materie, in dieKuhwarze
einzuführen.
Der
etwanige Erfolg, welcher diese Operation begleitete,war
eineunbedeutende
Entzündung,17
und
die Entstehung eines kleinen Bläs- chens oder einer Pustel, die als ge- wöhnlicheWürkung
eines vergifteten Instruments angesehenwerden
kann,welche
aber in einigenTagen
ver-schwand, ohne
die spezifische Krank- heit derKuhpocken
hervorzubringen.Ob nun
gleich dieseVersuche dem Endzweck
nicht entsprechen, sowerfenSie
doch
keinesweges diejenige Mei-nung
überden
Hänfen, welche sie,im
Fall eines glücklichen Erfolgs fest-
setzen sollten; da es völlig ausgemacht zu seyn scheint, dafs eine gewisse
An-
lage in der Körperbeschaffenheit der
Kuh
da seyn mufs,um
diesePocken
zu erhalten;-und
daherkömmt
es, dafs sich solche zuerst in den Milche- reyen nurzu gewissen Jahrszeiten, be- sondersim
Frühling, zeigen,wenn
sie sich aber einmal eingestellt haben, sowerden
sie wahrscheinlich durchAn-
steckung zu jeder andern Zeit mitge- theilt. *)*) Herrn Tanner von derVieh.irzeneyscliule soll e» indefs geglückt seyn> die Krankheit
2
Man kann noch
hinzufügen, dafs die ausden wunden
Fersen des Pferdes fliefsende Materie oft sehr lästige Ge-schwüre
an denHänden
solcher Leute verursachen, die das Pferd zu besor- gen haben, welche mit beträchtlicher Unpäfslichkeit verknüpft sind;beyde
Zufälle scheinen eben so heftig, alsin den ächtenKuhpocken, und
inman-
cher Rücksicht dieser letzternKrank-
heitähnlich zu sevn; allein derjenige, welcherso von einem Pferdeangesteckt
worden,
ist dadurch nicht völlig p-e-gen künftige
Ansteckung
der Kinder- blattern gesichert. *)vom
Pferde auf die Kuh auf solche Art überzutragen, dafs er den Eiter aus derwunden Ferse des Pferdes, auf eine gros- sere Oberfläche brachte, als wie bey der Einimpfung mit der Lanzette geschiehei.
S. TheLondon Medical Pievicw aild
Ma-
gazine. July »Soo.
*) S. Jenner ir und 2r Theil.
*9
II. Von den zufälligen Kuhpocken in sofem
sie die JWenschen befallen.
Diejenigen pustelartigenAusschläge an clnm Euter
und
den'Zit/.enderKühe, welche
die ächtenKuhpocken ausma-
chen, besitzen (aufwas
fürArt
sieauch
verursacht, seynmögen)
zufolge unbezweifelter Erfahrung, die Fähig-keit,
den Menschen
anzustecken, so- bald irgend ein Theil seines Korpers,wo
die Haut aufgesprungen odernatür- lichdünn
ist, in würklicher Berüh- rung mit derjenigen Materiekömmt, welche
aus diesenPofken
fliefst.Da-
her geschieht es, dafs unter den.Mil- chern dieHände
diejenigen Theiie sind,welche
diese Krankheit zufälli-gerweise erhalten,
und
hier zeigt sie folgende Erscheinungen: entzündete Fleckenkommen
anden Händen, Handwurzeln und
besonders anden Gelenken und
Spitzen der Fingerzum
Vorschein; anfänglich gleichen diese Flecken einerkleinen Blasenach
einem
Verbrennen, gehen aber schnell in Ei- terung über. Die Pustel ist gan2io
kreisförmig, in rler Mitte etwas einge- drückt, von einer bläulichen Farbe
und
mit beträchtlicher Rötheumgeben.
Die
blaue Farbe, welche die Pustel fast unveränderlichannimmt, wenn
andersdie Krankheit unmittelbar durch die
Kuh
mitgetheiltworden
, ist eine der auszeichnendstenMerk mahle
,wo-
durch die ächteKuhpocke
von andern Krankheiten, welche die Milcher his-weilen von den
Kühen
erhalten, unter- schiedenwerden
kann.Die
Materie der Pustel ist anfangsdünn und
farben-los, so wie aber die Krankheit ihren Fortgang nimmt, wird sie brauner
und mehr
eilerartig. Binnenwenig Tagen
nachdem
erstenAusbruch
stellet sich eine Empfindlichkeitund Aufschwel-
len der Drüsen in HerAchselhöhle ein,
und
bah) daraufwird der ganzeKörper
angegriffen, rler Puls, wird geschwin- der,
und
hierauferfolgen Frösteln, ein Gefühl von Mattigkeit, schmerzhafteEmpfindungen
in der Lendengegend, Erbrechen,Kopfweh und
bisweilen so- gar ein geringerGrad
von Irrereden.31
Diese Zufälle dauern ein bis vier Tac;e mit
mehr
oder weniger Heftig- keit fort, um Iwenn
sich diese Je^en, so lassen sie uffeneGeschwüre
anden Händen
zurück, welche sehr geneigt sind von schlechter Beschaffenheit zu wer.len und sehr langsam zu heilen;hierin gleichen sie den
Geschwüren
an den Zii/.en der Kühe,wovon
sie ihrenUrsprung nehmen,
Man
mufsbemerken,
dafs der Knlipockenau>ischlag,ob
er gleich hef- tigan denHänden
ist,und
viel Kränk- lichkeitim
Körper verursacht, nie- mals mit einerMenpe
von Pusteln an den entfernteren Theilen des Körpers begleitet ist, welche, wie bey den Kin- derblattern, von selbsthervorkämen.
Es
fügt sich aber oft, dafs Pusteln an verschiedenen Stellen gebildet werden, welche zufälligerweise mit den kran-ken Händen
inBerührung kommen,
als z. B.den Nasenlöchern, Lippen
und
andern Theilen des Gesichts,wo
dieHaut dünn
ist; oder bisweilen an der Stirne,im
Fall sich der Milcher mit24
diesem Theile an das Eutereiner ange- steckten
Kuh
lehnet.Aus
dieserErzählung zeigt es sicbj dafs dieKuhpocken,
so wie die Mil- cher davon befallen werden» oderwas man
eigentlich die zufälligenKuhpok- ken
unter denMenschen nennen
kann,nft eine heftige Krankheit ist,
wo-
durch derKranke
bisweilen genöthiget wird,während dem
Fieber das Bette zu hüten ,und
gemeiniglich lästigeGeschwüre
hinterlassen;man
hat aber nie Beyspiele, dafs sie tödlich gewe- sen sind,noch
dafs dieseWunden,
sobald sie gehörig behandelt werden, mit einer steten Verletzung des an- gesteckten Theils begleitet sind,
ohn-
geachtet sie uns bisweilenNarben
Zeitlebens zurücklassen.
Durch
die sehr genaue Untersu- chung,welche
dieser Krankheit kürz- lich begegnet, sind einige sehr wich-tige Puncte, in
Bezug
auf ihre beson- dere Natur, bestimmt worden,welche
vorzüglich
bemerkt
zuwerden
verdie-nen
, da auf diesen die Aussichten einer unschätzbarenWoblthat
ruhen, welche der ganzen Menschheit dadurch zufliefsenkann,
dafs die Einimpfung dieser Krankheit als Stellvertreterinn der Kinderblattern dienen mag.Folgende Thatsachen
können
nachden
bestenVersuchen und
genauestenBeobachtungen,
als völlig anerkannt, betrachtet werden.Erstlich. Die
Kuhpocken
in ihren natürlichen Zustande, oderwenn
sol-che unmittelbar den
Händen
der Mil- cher durch eine.angesteckteKuh
mit- getheiltwerden, können
denMen-
schen wiederholentlich befallen; nach der erstenAnsteckung
sind aber die damit begleiteten Zufälle gewöhnlich weit gelinder,und
sind insbesondereviel weniger geneigt, Fieber
und
allge-meine
Unpäfslichkeit zu verursachen,welche
allemal mit der erstenAn-
steckung vergesellschaftet sind. Es giebtinxlefs ßeyspiele,wo
die zweyte24
und
dritteAnsteckung
in jederRück-
sicht eben so heftig wie die erste ge- wesen, aber diese Fälle sind sehr selten.
Zweytens. Die
Kinderblattern sichern Personen ineinem
beträchtli- chenGrade
gegen dieAnsteckung
derKuhpocken, und
in dieser Rücksicht scheinen sie auf eineArt
zuwürken,
die einer vorläufigen
Ansteckung
der letztern Krankheit sehrgleichkommt;
nemlich: dafs sich die
Würkung
blos auf die Bildung der örtlichen Pustel einschränkt,ohne
mitallgemeinem
Fieber begleitet zu seyn.Daher kommt
es, dafs,wo
"alle Dienstboten in einer Milcherey dieAnsteckung
von denKühen
erhalten, sehr qftnur
diejenigen davon ,welche
die Kinder- blattern gehabt haben, die einzigen sind, welchenoch
ihregewöhnliche
Arbeit verrichtenkönnen.
Drittens.
Die Kuhpocken
in ih-rem wahren
Zustande,wenn
sie mit allgemeinem Fieber begleitet gewesen,35
und
ihren regelmäfsigenGang
gehabt habe/ij sichern hernach aufimmer
Personen, so damit angesteckt wor- den, gegen dieAnsteckung
der Kin- derblattern. Diese äusserst wichtige Thatsache, welche, lange eheman
an die Einführung derKuhpocken
in dieArzeney
Wissenschaft dachte, derGegenstand
einerVolksbeobachtung
in verschiedenen Theilen dieses Lan- des gewesen,
und
daher den Stempel eines von Vorurtheilen freienZeug-
nisses trägt,
kann
jetzt mit derjeni- gen Zuversichtbehauptet werden, wel- che ausden
gleichförmigen Erfolg einer Prüfung hervorleuchtet ,welche
mit Unpartheylichkeitund
gewissen- hafter Sorgfalt angestellet, zueinem
beträchtlichenGrade
fortgesetzt,und durch
das Zeugnifs einer Reihevon
Jahrenbewährt
gefunden worden. *)•
•) S. Jenner, JVoodville, Pearson und jeden andern Schriftsteller über diesen Gegen- stand,
wo man
zahlreiche Beyspiele dieser Art antrifft. Leute, die in Milchereyen von den Kubpocken in ihrer Jugend be.l6
I
Diese
Behauptung
ist aber gerade mitden
nemlichen Einschränkungen an-zunehmen,
wie diese: dafs eineAn-
steckung von Kinderhlattcrn einenzweyten
Angriff der rtemlichen Krank- heit verhütet. Keine vorhergegan- geneAnsteckung
wird der örtlichenWürkung am Arm
, welche durchBeybringung
der Kinderblatlernmaterie aufdem
gewöhnlichen F.inimpfungs-wege
erfolgt, gänzlich entgegen wür-ken
; dieskann
in einigenwenigen
Fällen sogar einenGrad
von allge-meinen
Fieber hervorbringen, wel- cheszwar
gering, aber vielleicht der gelindesten Unpäfslichkeit ähnlich ist,fallen, und nachher auf alle nur mögli- che Alt der Kinderblatternansteckung aus- gesetzt wurden, gehörenzuden auffallend- sten und entscheidendsten Bcyspiclen. Irä
verschiedenen von Dr. Jenner aufgezeich- neten Fallen, war der Zeitraum von der ersten Ansteckung bis daliin, da[s man dio folger.Jen Versuche, mit den Kinderblat- tern Ansteckung zuwege zu bringen, machte, 20, 50, ja sogar 50 Jahr,
27
die durch eine- erste
Ansteckung
ver- ursacht wird.Durch
Einimpfung einer dieserbeyden
Krankheiten,werden
jedoch die Kinderblatlern, bey jedem folgenden Angriff, völlig ihrer Heftigkeit beraubt. Dies istder
Umstand,
welcher diese Opera- tion so besonderswünschenswerlh
macht.Viertens. Ein Vergleich dieser
beyden
Krankheiten, in Rücksicht der Gutartigkeit ihrer Zufälle, unri die Lebensgefahr, welche sie verur- sachen konnten, wird bald einen sehr entschiedenen Vortheilzu Gunsten derKuhpocken
zeigen.Die
natürlichen oder zufälligenKuhpocken
sind,im
Vergleich mit den natürlichen Kimler- blattern,
sowohl
gelinder alsauch
ungleich sicherer; danoch
kein töd- liches Bevspiel, vermittelst derKuh-
pocken, sowie siedieMenschen,
wel- che sich mitdem Milchen
beschäfti- gen, befallen, jebemerkt worden
ist.Werden
bevde Krankheiten durchJ •
künstliche Einimpfung in den
Körper
28
gebracht, so wirrt jede derselben da- durch weniger heftig,
und
auch hier behalten dieKuhpocken
ihrenVorzug
als eine sicherere
und
gelindere Krankheit.Fünftens.
Die Kuhpocken,
selbst inihrem
heftigsten Grade,können
i)i^ht durch die Luft, den
Athem,
dieAusdünstung, noch
durch irgend etwas, welches Ansteckungsgift aus- macht, mitgMheilt, sondern nurdurch
wüxklicheBerührung
des einen oder andern Theils des Körpers mit derKuhpock^nmaterie
furtgepflanzt wer- den.Wir können
nicht genau bestim- lnen,ob
in allen Fällen eine Einim- pfung des spezifischen Gifts unter dieHaut
nöthigsey;zum
wenigsten weifsman,
dafswenn
es sich in seinen thä- tigstenZustande befindet, wie dies der Fall ist,wenn
sich dieMaterie andem
Euter der
Kuh
erzeugt, die Gefäfshaut,welche
die Lippenund
Nasenlöcher bedeckt,ohne
vorher verletzt zu seyn, dieAnsteckung
sehr leichtannimmt.
In dieser Rucksicht scheint also das
20
Kuhpockengift
dem
Gifte der Kinder- blattern inWirksamkeit
gleichzukom-men, denn
letzteres wirdAnsteckung
sehr leicht hervorbringenjwenn
esnur
hlos die Nasenlöcher berührt*);aber die auffallende Verschiedenheit zwischen'den
beyden
Krankheiten inAnsehung
der nichtansteckendenNa-
tur der
Kuhporken,
ist eine Thatsache,welche
völligund
zurGenüge
erwiesen worden. In denMeyerhöfen
liegen die damit angesteckten Dienstboten in einem Bette mit unangesteckten;
Kinder an der Brust sind mit den
Müt-
tern frey gebliehen,während
dafs nur einer davon die Krankheit an sich hat?te **),
und
inkeinem
Beyspiele ist die Krankheit durchAnsteckung
voneinem
aufden
andern fortgepflanzt worden*' *) Diese Einimpfungsmetuodeist unter eini- gen morgenlindischen Volkein üblich.
I
**) Dr. Jenner bezeugtdieseThatsachedurch absichtlich darüber angestellte Versuche.
Eine Uebersicht der bisher aufge- stellten Thstsachen, wird in
mehreren
Stücken zeigen,was
für eine auffül- lende Thätigkeit die Kinderblattern mit denKuhpocken
haben, wird aber auch zu gleicher Zeit einen sehrwe-
sentlichen Unterschied bezeichnen.Beyde
Krankheiten verursachen Pu- steln, d. i. sie bringenEntzündungen von
geringemUmfang
hervor,welche
StufenweiseZunehmen und
sich na- türlichund
von selbst mit Erzeu-gung
von Eiter endigen.Beyde
stim-men
miteinander auf das genaueste darin überein, dafs sie allgemeines Fieber erregen, welches alsdenn an- fängt,wenn
die Pusteln sichdem
Ver- eiterungszustande nähern; auch zeigen sie grofse Aehnliehkeit in ihrer Natur, durch cheVeränderung
, welche jede derselben auf denKörper bewürkt,
so dafs er indem
einenFalle gänzlich,und
in
dem
andern grofsentheils ge^en einezweyte
Anste.ckung der einen oder andern Krankheit gesichert wird. Eine andere Aehnliehkeit besteht darin, dafs beyde Krankheiten durch Einim-3t
pFung gelinder
werden;
ferner: dafs einund
ebendieselbigen Personen, ver-möge
einer gewissen eigenthümlichen Leibesbeschaffenheit, die sich nicht erklären läfst,beyden
Arten vonAn-
steckungen gänzlich widerstehen *),und
endlich: dafs ein allrnähliger Fortaang der örtlichenAnsteckung
nebst den regelmäßigen Beytritt- der fieberhaften Zufälle zu einerbestimm-
ten Zeit, in jeder derselben erforder- lich sind,
um
diejenigeVeränderung
in
dem
thierisrhenKörper zuwege
zu bringen, welche denEndzweck
hat, alle künftigen Anfälle zu verhindern.In Rücksicht derjenigen Puncte, worin diese
beyden
Krankheitenvon
einander abweichen, sind einige, die*) Dr. JVuoiv'dle, dessen Erfahrung in die-
sem Stücke von dem gvüfsten Gewicht
ist, schlitzt die Anzahl derer, welche der gewöhnlichen Einimpfung der Kitiderblal- lern widerstehen, wie 1 zu Co; dieseneh- menauch eben sowenig dieKubpocken an.
S. dessen Obst.rial!üns on the Ccw-pox.
32
dies nur in
einem
gewissenGrade
thun, z. B. tlafs die Kinderblattern dieR
ickkehr derselben ganzlich ver- hin lern, (ein o<lerzwey
seltene Fälleausgenommen) machen
aber die Be- schaffenheit des Korpers nurzum
Theil unfähig die
Kuhpocken
anzu-nehmen, und
soumgekehrt,
dafs dieKuhpocken
den Körper völlig gegen dieAnsteckung
der Kinderblattern sichern,und
ihn nur zurWiederho-
lung der nemlichen Krankheit weni- ger geneigtmachen. Der
auffallend- ste Unterscheidungspunct aber,und
gerade derjenige, welcher dieKuh- pocken
so besonders schützbar als ein Stellvertreter der andern macht,ist dieser, dafs sie sich nicht
durch Ausdünstung
oder durch irt;end eine andere Art, als durch würkliche Be-rührung
oderEinimpfung
mitdem
spe'ifischen Kiter der Pustel mitthei- len läfst.
Durch
diesenUmstand
er- hält sie ihre so grofse Wichtigkeit, in so fernman
sie in ihren ganzenUmfange
befrachtet; da durchAnnah-
me
dieser Krankheit, alle Furchtund
35
alles Unheil gänzlich gehoben, welche durch die unvorhergesehene
Wür- kung
eines thätigenund
furchtbaren Giftes verursacht wird, gänzlich ge-hoben
werden.Man
hat keine ängst- licheVorsichtsregeln nöthig,um
einer angesteckten Person zu entfliehen, orler Solchen, dessenAthem
auf allen Sei- ten die Krankheit verbreiten kann,von
andern abzusondern}und
auf sol-che
Weise kann
die Zeit der Mitthei- lung dieser Krankheit, welche aufimmer
völlige Sicherheit gegen die Kinderblattern leisten soll, sogewäh-
let
werden
, ,dafsman
sich allemal des günstigsten Zustandes des Kör- pers vergewissern kann.ZWEYTES KAPITEL.
Von
den eingeimpftenKuhpocken.
Jedermann kennt
den wichtigenUn-
terschied der natürlichen
und
einge- impftenKinderhlattern. Die entschie- denenVortheile,welchedie eingeimpfte Krankheit vor der natürlichen besitzt, sin I allgemein anerkannt, ohngeachtet die eigentliche Ursach der vorzügli-chem
Gutartigkeit der ersten bis jetztnoch
sehrunbestimmt
geblieben. InAnsehung
der Ansteckungsmaterie schläft die Vergleichung zwischen die- ser Krankheitund
denKuhpocken
gänzlich fehl;
denn,
wie vorher be-merkt worden
ist, so hatman
nie ge- funden, dafs sich dieKuhpocken
auf ähnliche Art verbreiteten,und
folg- lichkann
auch dieBenennung
natür- licheKuhpocken
nicht indemselben
unterscheidenden Sinn statt finden, wie es mitden Kinderblattern der Fall ist.
35
Es istindefs ein
merkwürdiger und
wichtigerUmstand,
dafs die Opera- tion derEinimpfung
mit denKuhpok«
keneiter,
wenn
solche auf gleicheWeise,
wie bey den Kinderblatternunternommen
wird, eine sehr ähnlicheVeränderung
in der Rücksicht hervor- zubringen scheint, dafs die Krankheit gleichförmiger, gelinderund
günstiger wird;ob
sie gleich nicht wie die an- dern, dieDauer
zwischendem
ersten Augenblick derAnsteckung und
ihrerWürkung
aufden Körperim
Allgemei-nen abkürzen kann:
da dieKuhpok- ken
inihrem
natürlichsten Zustande, so wie sie die Milcher derkranken Kühe
befallen, würklich,wiewohl
zu-fällicerweise, durch eine Art von Ein-
impfung
mitgetheilt werden.Da
also einige sehr charakteristi- sche Verschiedenheiten inAnsehung
der Aeusseruiii'; dieser Krankheit, von derArt und Weise abhängen,
zufolge welcher dieKuhpocken dem mensch-
lichenKörper
beygebracht sind, so sey es uns erlaubt, jene Verschieden-3«
heit dadurch 2u bezeichnen, dafS wir diejenige Krankheit^ mit der
Benen- nung
natürliche oder zufälligeKuh- pocken
belegen, welche sichMenschen
dadurch zu/iehen, dafs siewährend dem
Milchen die Zitzen einer ange- stecktenKuh
berühren,und
unter dem.Ausdruck
eingeimpj
><?Kuhpocken die- jenige Krankheit verstehen,welche
durch künstliche Einführung des spe- zifischen Eiters unter dieHaut
hervor- gebracht wird.Da
es also dieseArt
vonKuhpocken
sind,womit
sich dasPublicum
gegenwärtig befassetund
hauptsächlich befassen wird,
und
wel- cheman
wahrscheinlichannehmen
wird,
um
eine bedeutende Rolle in der medicinischen Nosologiezu behaupten, so wird es nicht unrecht seyn, dieser denNahmen Kuh-
(vaccine)Krank-
heit einzuräumen,
wodurch
ihrUr-
sprung von derKuh
ausgedrückt wird,ob man
gleich wahrscheinlicherweise nie wieder genöthiget seynmag,
211diesem Thiere, als
dem
Stammorte, seine Zuflucht zunehmen.
5?
Eey
derAbhandlung
dieserKrank-
heit, so wie sie durch Einimpfung mit- getheilt wird, ist es erst nothwendig, zu zeigen, dafs
man
sich bey dieser Art derselben, aller Vortheile verge- wissert, welche mit den zufälligenKuhpocken
verbunden sind; es istauch nicht
schwer
zu erweisen, dafs die Krankheit unter heyden Gestalten eben so sehr die nemliche ist, alsdafs die natürlichen Kinderblattern dienem-
liche Krankheit mit den eingeimpften
ist.
Bey
denKuhpocken
ist der Ver- lauf bevder völlig übereinstimmend,beyde
bringen ein allgemeines Fieber zu einem bestimmtenZeitpunct hervor;und
in jeder sondern die Pusteln eben-falls das spezifische Gift ab,
wodurch
die Krankheit andern durch nachherige
Einimpfung
mitgetheiltwerden
kann.Sehr
merkwürdig
ist noch, dafs das Kuhpockengift,nachdem
esmehrere
Menschen
durchwandert hat,wiederum
derKuh
durch unmittelbare Einim- pfungan denZitzen mitgetheiltwerden
kann; und
bey den Milchern, welche das Euter solcherkranken Thiere
be-38
rühren, kehrt dieses wieder in
den
Zustand der zufälligenKuhpocken
zu- rück; welches überflüssig beweiset, dafs bey diesenAbwechselungen
die Natur derAnsteckung
dienemliche
bleibt.*)
Man
ist daher berechtigetzu
erwarten, dafs die Sicherung, wel- che die eingeimpftenKuhpocken gegen
das Kinderblatterngiftgewähret
(und worin ihr vorzüglichsterWerth
be-steht)
von
gleichemWerth
mit jener seyn werde, welche wir uns vonden
zufälligen
Kuhpocken
versprechen;dies ist auch durch die glaubwürdig- sten
und
deutlichsten Zeugnisse bestä-tigt. **)
Erwägt man
denkurzen
*) S. TVoodinlles Reports etc. of Inocula-.
tionsfor the Cow-pox. p.jßi.
**)
Um
wichtigere Gründe hierüber anzu- führen, müfste man fast auf alle Nach-richten, welche über jede Einimpfungmit Kuhpockeneiter, in den verschiedenen Ge- genden dieses Landes bekannt geworden, sind, verweisen, da alle diese, ohne das Experimentum crucis dem Kinderblattern- gifte zu widerstehen, von keiner I'edeu- tung seyn würden.
39
Zeitverlauf; seitdem Versuche mit den eingeimpften
Kuhpocken
angestelltworden,
so fehlt ihnen freylich dasAnsehen
oder Wichtigkeit von40
bisJO Jahren;
(welche
die andereArt
dieser Krankheit in.
den
Milcbereyen für sich hat.)Da man
aber zur Absicht hatte, durch dieseVersuche zu beweisen, dafs dieKuhpockeneinimpfung
ein völliges Sicherungsmittel gegen Kinderhlattern- ansteckung wäre,und
da derAus-
schlag mitdem
erwünschtesten Krfolg begleitetwurde,
so hatman
keinen.Grund
zu vermuthen, dafs irgend eineAnzahl
von Jahren eine solche Verän- derung indem Körper
hervorbringen würde, dafs dieGefahr vor der Kinder- bl.itternansteckung in irgendeinem
Körper,wo
dieses Blatte rugift einmal völlig getilgt worden, je erneuert wer-den
sollte. Diese gleichförmige Er- fahrung hey der Kinderblatterneinim- pfung,worauf man
sich analogisch be- ziehen könnte,würde
einer solchenVermuthung
widersprechen.Man
40
mufs
auch, so wiebey
dieser letzten Krankheit, gewisse Vorsichtsregeln an-wenden und Beobachtungen
anstellen,um
die Fälle der falschenund
unvoll- ständigenKuhpocken
von den voll-kommnen und
ächten zu unterscheiden.Die
vorzüglichsten Unterschiede zwischen den zufälligenund
eingeimpf- tenKuhpocken, hangen
vondem Grade
ab, in welcher jede Artden Körper
befällt.
Da
die Heftigkeit derKrank»
heit grofsenlheils
von dem Umfang«
der örtlichen
Verschwörung
abhängt, so verursacht gewöhnlich die erstere eine weit heftigere Krankheit, indem.sie gröfsere
und
tiefere Pusteln hervor- bringt, welche auchmehr
geneigtsind, selbstwenn
das Ausschlagsfieber längst vorüber ist, tiefeund
ausgebreiteteGeschwüre
zu hinterlassen,welche
schwer
zu heilen sind. Ein anderer Unterschied zwischenden beyden
Arr ten dieser Krankheit, besteht in der Erscheinung der Pusteln. Diejenigen, welche durch unmittelbareAnsteckung
vpn derKuh
hervorgebracht werden,4*
sind
mehr
hervorstehend,und
haben, welches sehr charakteristisch ist, eine bläuliche Farbe. Dieses ereignet sich vorzüglich in der zufälligen Krankheit, ob es gleich auch in der ersten Einim- pfung von derKuh
*) beybehalten wird, verliert sich aber unvermerkt,nachdem
sie durch eine Generation(wenn man
so sagen darf) bey denMenschen
gegangen ist.Es giebt verschiedene sehr wich- tige
Umstände
in Betreff derKuhpok-
keneinimpfung, welche dieAufmerk-
samkeit der Aerzte verdienen,und
mit jener Genauigkeit beschriebenworden
sind,welche
in der wirkli- chenAusübung
einen so grofsenWerth
haben. Diese lassen sich bequem, unter einigen besondern Abschnitten anordnen,*) S. Woodvillr.
4*
r Ucber die Auswahl der Materie..
Der
Herr Dr. Jenner hat mit gros- ser Genauigkeit rlie Quellen der un- a'cliten oderunvollkommenen Kuh- pocken
angegeben, welche vondem
Zustande
und
der Njtur der zur Ein- impfung gebrauchtenAnsteckungsma-
terie abhängen» Diese sind
])
wenn
die Pustel, welche die Materie hergiebt, nicht zu den ächten spezifischenKuhpocken
gehört. Die- serUmstand
ist von besondererWich-
tigkeit,
wenn
die Krankheit unmittel- bar von derKuh
beygebrachtwerden
soli;
denn
daman
Ursach zu glauben hat, dafs fastjede scharfe Materievon
einer Pustel, sie sey von welcherArt
sie wolle,
wenn
sie durch Einimpfung auf eine gesunde Oberfläche gebiacht wird, daselbstEntzündung und
Pustel- geschwüre erregenwürde,
sokönnte
sich leicht, in Rücksicht des so einge- führten Giftes, ein Versehen ereignen, welches zu vielen Irrthum
und
einer trügerischen Sicherheit, die Kinderblat- ternansteckung betreffend, verleiten43
könnte.
Die
charakteristischen Zei- chen bey derKuh
sind schonoben erwähnt
worden.2)
Wenn
die Materiezwar
achtist, und völlig unverwerflich seyn
würde,
toätteman
sich derselben auf der Stelle bedienet, aber durch eine Aufbewahrungsart,wodurch
sie dem.Verderben ausgesetzt wird, oder durch andere Vernachlässigung, ihre spezifi-
schen Eigenschaften verloren hat. Dies
läfstsich auch auf Ansteckungsmaterje
anwenden
siemag
entweder von derPocke
derKuh
oder desMenschen
herbeygeschafft seynv aus
dem
öftein Fehlschlagen, mit der Materie die Krankheit hervorzubringen,wenn
sie einegeraume
Zeit, obgleich mitSorg-falt aufbewahrt
worden
ist, scheint eszu erhellen, dafs das Kuhpockengift weit eher
und
leichter seine besondern Eigenschaften verliert, als das Kinder- blatterngift,und
folglich gröfsere Vor- sicht erfordert,um
in hinlänglicherWürksamkeit
erhalten zu werden.44
5)
Wenn
die Materiezwar
von einerächten Kuhpustel, aber in einer solchen Periode derKrankheitgenom- men worden, wo
sie in ein einfachesGeschwür
ausgeirtet ist,und
ihre Fä- higkeit anzustecken, verloren hat. Die- ses läfst sich auf die Krankheit, sowohlbey
denMenschen
als bey denKühen anwenden;
auch ist es nicht sehr leicht, mit Genauigkeit dieGrenzen
zu bestimmen,wo
der örtliche Angriff aufhört, seine spezifischeWürkung noch
ferner zu äussern,und
folglich auch ihre Kraft verliert, die Krankheit länger mitzutheilen.Diese drey
Umstände
, (in derenjedom
eine örtlicheund
daher sehr täuschende Krankheit durch unächte Einimpfung verursachtwerden
kann)werden
den Arzt bey derWahl
der Materie, die eranwendet, leiten.Der
erste