Kirche im ländlichen Raum
Herausforderung und Chancen für die Kirche im ländlichen Raum
Tag der Caritas und Seelsorge am 02. Juli 2015 Impuls-Vortrag Prof. Dr. Richard Hartmann
Fulda
Erste Impressionen
• Auf dem Land ist dann längst nicht mehr alles in Ordnung, wenn die dörfliche Identität und die
kirchliche Präsenz auseinander fallen. Identität im Dorf, oder Dorf als Wohnwelt steht gegen die
Arbeits-, Bildungs-, Kultur- und Einkaufswelt der Stadt. Wege gehören einfach dazu. Die
Landbewohner müssen mobil sein.
• Für die „Immobilen“, für die Menschen, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen und aufgrund der nicht mehr tragenden Einbindung in Großfamilien
und Sozialstruktur festgebunden sind auf den kleinen Umkreis ihrer Wohnwelt gilt: Vieles fehlt
Gliederung
2. Differenz und Nähe
Differenzbetrachtung
(2.1) undNähe
zu denMenschen als pastorale Herausforderung (2.2).
3. Kirche und Sozialraum
Das
Feld
: Kirche (3.1) „in der Welt“, im Sozialraum Menschen, die hierhandeln
(3.2)4. Pastoral der Unschärfe und Ermöglichung
„Gemeinsam Kirche sein“: die
gemeinsame Verantwortung
aller (4.1) - eine Pastoral derUnschärfe, die im Priestertum aller Gläubigen (4.2) und damit im Voraus des Handelns Gottes gründet.
2.1 Differenzbetrachtungen
• Nahes Einzugsgebiet zu prosperierenden Städten – Wohnlagen im „Speckgürtel“ der Städte
• Verarmte Landschaften mit ausgeprägtem Bevölkerungsrückgang und Brachen
• Touristisch attraktive Erholungslandschaft
• Bevölkerungsdichte
• Konfessionelle Diaspora oder einheitliche Identitätsbildung durch Konfession
• Dichte der Infrastruktur (Schule, Einkauf, ärztliche Versorgung)
• Aufbruchsstimmung im Kontext kommunaler Entwicklungsplanung oder Depression
2.2 Option für die Nähe
•
Nähe ist nur zu gewähren, wenn möglichst viele Christinnen und Christen diese Nähe
gewährleisten, aufgrund ihrer eigenen Berufung und Sendung. Dazu muss neu die Bereitschaft entwickelt werden, als solche öffentlich
ansprechbar zu werden.
3.1 Den Binnenraum übersteigen
•
KLB: „Wir erwarten von den in der Pastoral Verantwortlichen die Bereitschaft, die
Lebenswirklichkeit des ganzen Dorfes
wahrzunehmen. Dies ist der Boden, auf dem das Evangelium Früchte hervorberingt und in die
ländliche Kultur eingeht. Die in der Kirche Engagierten lernen so, über den Kirchturm
hinauszudenken und neben der ‚Bestellung des Pfarrgartens‘ den Blick in Richtung
Dorfgemeinschaft zu weiten.“
3.2 Kooperation
•
Die kirchliche Engagierten – vor allem in den Gremien – sollen die Kommune als Partnerin aktiv suchen und mit ihr zusammenarbeiten.
Kirche und Kommune tragen eine gemeinsame Verantwortung für den ländlichen Raum. Vieles, was für ein gutes Leben auf dem Land in
Zukunft wichtig ist, lässt sich nur gemeinsam
angehen.
4.1 Verantwortung geteilt
• In der pluralen Welt der Gegenwart mit ihrer
Unübersichtlichkeit und Unschärfe, wird die Sendung der Kirche neu beschrieben werden müssen. Damit sind alle gefordert ihre Verantwortung (Schöpfungsbericht, Gen 1) neu anzunehmen, auch auf Kosten der Eindeutigkeit
institutioneller und systemischer Eindeutigkeit. Es kommt nicht darauf an, Alleinzuständigkeiten zu sichern. Es
kann nicht vorrangig in Blick geraten, dass Caritas und Kirche „gut dastehen“. Kirche ist nicht für sich selber da.
Vielmehr fordert die Sorge um alle Menschen, um ihre Wohl und Heil eine Gemeinsamkeit der Zuwendung, die sich am „ Wohl und Heil“ der Menschen allein messen kann.
4.2 Gemeinsam Kirche sein
„garstige Gräben“ überwinden
• Kirche und Welt, damit zwischen Kirchlicher Praxis und Bürgergesellschaft;
• den Konfessionen;
• den Hauptberuflichen und den freiwillig Engagierten;
• den verschiedenen sozialen Schichten und Milieus;
• den institutionellen Grenzen zwischen Kirche und Caritas. Schon die Sprache verrät die Häresie.
Weiterführende Literatur
• ALEX, MARTIN, SCHLEGEL, THOMAS (Hg.): Mittendrin! Kirche in peripheren ländlichen Regionen. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Theologie 2014.
• DIÖZESE WÜRZBURG, KATHOLISCHE ARBEITSGEMEINSCHAFT LAND: Land in Sicht : Zukunft der Landpastoral in der Diözese Würzburg : Ergebnisse und
Auswertung der Fragebogenaktion. Würzburg, 2006.
• DÜNKEL, FRIEDER, HERBST, MICHAEL, SCHLEGEL, THOMAS: Think Rural!
Dynamiken des Wandels in peripheren ländlichen Räumen und ihre Implikationen für die Daseinsvorsorge. Wiesbaden: Imprint: Springer VS, 2014.
• FAULDE, JOACHIM: Jugendarbeit in ländlichen Regionen : Entwicklungen, Konzepte und Perspektiven. Weinheim [u.a.]: Juventa, 2006.
• HARTMANN, RICHARD (Hg.): Bilderwechsel : Kirche - herausgefordert durch ländliche Räume. Würzburg: Echter 2012.
• HOYER, BIRGIT: Seelsorge auf dem Land : Räume verletzbarer Theologie. Stuttgart:
Kohlhammer, 2011.
• HUBER, HANS: Beheimatung im wachsenden Dorf : eine Herausforderung der Landpastoral. Würzburg: Echter, 1992.
• SCHREGLE, FRANZ: Pastoral in ländlichen Räumen : Wegmarkierungen für eine landschaftliche Seelsorge. Würzburg: Echter, 2009.