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Auf der Suche nach Umami

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PRAXIS

Auf der Suche nach Umami

I

rgendetwas fehlte immer.

Ich wusste nur nicht so genau, was. Da ich immer weniger Lust auf Fleisch und dafür immer mehr auf Gemüse hatte, gerieten meine Mahlzeiten oft … hm, ein wenig fade.

Wenn ich getrocknete Tomaten in die Salatsauce häckselte, schmeckte auf einmal alles viel besser. Sojasauce übers Gericht – ging auch, nur schmeckte dann alles nach … Sojasauce.

Und wenn ich ordentlich Par- mesan zum Überbacken über meinen geliebten Broccoli streute, kam der gleich eine Klasse besser rüber. Ich ging in mich, um das Geheimnis zu ergründen und wurde relativ schnell fündig.

Natürlich war alles schon lange bekannt, ich hatte es nur nicht gewusst. 1908 war dem japani- schen Chemiker Kikunae Ikeda nämlich das gleiche aufgefallen und er tüftelte so lange in sei- nem Labor herum, bis er seinen

Heureka-Moment hatte: Die Geschmacksrichtung umami war geboren. Bisher war man davon ausgegangen, dass der Mensch nur süß, sauer, salzig und bitter auf seiner Zunge erspüren konnte, doch nun änderte sich alles. Ohne in komplizierte chemische Struk- turformeln zu verfallen, sei hier nur das eine gesagt: Evolutionär hatte sich eine Art übergreifen- der Geschmackssinn herausge- bildet, den man am ehesten mit lecker, fleischig, herzhaft oder vollmundig beschreiben kann.

Dabei reagieren die Rezeptoren auf das Salz der Glutaminsäure, das in manchen Lebensmitteln enthalten ist – und uns läuft der Sabber. Schmecken wir es, weiß der Körper nämlich, dass er proteinreiche Nahrung erwar- ten darf, also dasjenige wert- volle Eiweiß, das er zur Auf- rechterhaltung lebenswichtiger Funktionen dringend benötigt.

Woher er das weiß? Wir wer- den bereits als Baby angefixt:

In der Muttermilch s c h w i m m t

richtig

viel von dieser Glutaminsäure.

Hätten Sie’s gewusst?

Ikeda fackelte nicht lange, iso- lierte das Zeugs, machte daraus Mononatrium-L-Glutamat, das er aus hydrolisiertem Weizen gewann. Getrocknet und in streufähiger Form fungierte es dann als so eine Art fernöst- liches Maggi und Ikeda wurde steinreich.

Seine Entdeckung elektrisierte Köche in aller Welt. Alle waren fortan auf der Suche nach umami. Wo versteckte es sich?

Nun, zum Beispiel in den ge- trockneten japanischen Algen, die die Fischer als eine Art Nebenprodukt vom Fang mit- brachten. Deshalb kommen sie auch in die Ramen-Suppe, die Japaner gern zum Frühstück schlürfen. Parmesankäse über Pasta Bolognese liefert gleich zwei Umami-Quellen: Das ge- bratene Hackfleisch hat sie so- wieso und im Parmesan stecken gleich zwei Gramm (pro hun- dert). Der Fermentierungsvor- gang des italienischen Hart- käses fungiert als Turbo. Und getrocknete Tomaten enthalten jede Menge Glutamat in natür- licher Form. Ebenso wie Pilze,

hier ebenfalls getrocknet.

Nun hat das industriell hergestellte Mono-

natriumglutamat bei uns keinen guten Ruf.

Manche Menschen, auch ich, reagieren auf zu viel davon mit Kopfschmerzen. Ich setzte mich also an den Küchentisch und dachte ein bisschen nach. Wie könnte ich diesen umami-Ge- schmack aus normalen, natür- lichen und leicht beschaffba- ren Lebensmitteln herstellen?

Schließlich konnte ich nicht nach Japan fahren, um Kom- bu-Algen vom Sandstrand zu sammeln. Ich wollte das alles aus dem Supermarkt um die Ecke. Ich studierte Tabellen, rechnete ein bisschen und dann rief ich eine Freundin an, die zwei Dinge besaß: einen Sohn, der passionierter Pilzesammler ist, und eine dieser Küchen- maschinen, die so gut wie alles können.

Mir war bekannt, dass der Sohn im letzten Herbst so große Mengen an Pilzen nach Hause gebracht hatte, dass man diese in Scheiben schnitt und fach- gerecht trocknete (was übrigens gar nicht so schwer ist und ziemlich schnell geht). Dann wurden die knäckebrotartigen Scheibchen in einem großen Mörser gemahlen und in luft- dicht schließende Gläser ver- bracht, wo sie nun auf ihren großen Auftritt warteten, in Bratensoßen beispielsweise. Die Freundin und ich verabredeten uns, und ich brachte zwei große

EINFACH GUT ESSEN

Jetzt sprießen sie wieder in Wald und Flur: Pilze. Wer das Glück hat, frisch gesammelte zu ergattern, wird mit einem unvergleichlichen Geschmack belohnt. Doch woher kommt der eigentlich?

DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2020 | www.diepta.de

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2020 | www.diepta.de

© alysantwanet, insemar, Little_Airplane / iStock / Getty Images Plus

Re z ept

Umami-Gewürz, pflanzlich

• 40 Gramm getrocknete Pilze

• 1 Esslöffel gekörnte Gemüsebrühe

• 50 Gramm getrocknete Tomaten

Umami-Soßenpulver:

• 40 Gramm getrockene Pilze

• 1 Esslöffel gekörnte Brühe

• 50 Gramm getrocknete Tomaten

• 1 trockenes Brötchen

Das Ganze in einen Standmixer geben und zu feinem Pulver zermahlen. In Schraubgläser füllen und luftdicht verschließen.

Zermahlen, löffelweise in die Soße geben.

Tüten getrocknete Tomaten mit.

Die Grundindee war ganz ein- fach: Wir mischten die gemah- lenen Pilze, die Tomaten und etwas gekörnte Gemüsebrühe miteinander (geht auch in ei- nem handelsüblichen Standmi- xer) und füllten unser ganz per- sönliches Geschmackswunder dann in ausgewaschene Marme- ladengläser, die wir ordentlich

zudrehten. Danach gaben wir in die zweite Umamigewürz-La- dung noch ein trockenes, re- sches Brötchen, so eines, das man auch für Frikadellen ver- wendet. Das ist nämlich eine Eins-A-Bratensauce, die man einfach in Flüssigkeit gibt – und schwupps ist sie fertig; das Brot- mehl fungiert hier als natür liches Verdickungsmittel.

Ach, noch eins. Für unsere veganen Leser: Man kann statt der gekörnten Brühe auch Hefe- flocken nehmen. Die gibt es aber nicht flächendeckend in den Supermärkten, deshalb habe ich ein Allerweltsprodukt genommen. Also: umami her- stellen ist wirklich ganz einfach, man muss nur vorsichtig sein:

Wird der fünfte Geschmacks-

sinn gekitzelt, isst man meist mehr, als man eigentlich vor- hatte. Denn Umami verstärkt den Appetit. Aber wenn’s doch so schön ist …  n

Alexandra Regner, PTA und Journalistin Fragen an die Autorin unter

a.regner@uzv.de

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