Fachhochschule Potsdam - Fachbereich Architektur und Städtebau - Bachelorstudiengang Konservierung und Restaurieung - Studienrichtung Holz
Die mittelalterliche Feldsteinkirche in Kummerow
Zustands- und Bestandserfassung der Fassaden im Hinblick auf die Dokumentation von 1996
im Rahmen des DBU-Projektes für mittelalterliche Putze und Mörtel
Bachelorthesis von Anna-Christin Selle
WiSe 2015/16 Erstprüfer: Dipl.-Rest. Werner Koch Zweitprüfer: Dr. Bärbel Arnold
Fachhochschule Potsdam - Bachelorstudiengang Konservierung und Restaurierung - Studienrichtung Wandmalerei
Die Bachelor-Thesis entstand in Zusammenarbeit mit dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege (BLDAM).
Im Rahmen eines DBU-Modellprojektes zur Untersuchung von historischen Putzen und Mörteln an mittelalterlichen Feldsteinkirchen wurden Proben verschiedener Kirchen im Norden Brandenburgs analysiert.
Eine dieser Kirchen befindet sich in Kummerow, Landkreis Schwedt/Oder.
Die Fassaden dieses Ende des 15. Jahrhunderts errichteten Feldsteinbaus wurden im Laufe der Jahre mehrmals überarbeitet.
Eine im Jahre 1996 erstellte Bestandsdokumentation legte eine Grundlage der Bachelorarbeit. Es sollte betrachtet werden, wie groß der Verlust der mittelalterlichen Putze im Laufe von zwanzig Jahren vorangeschritten ist.
Durch die Analyse neu entnommener Proben an den gleichen Stellen sollten zudem Veränderungen im Materialgefüge geklärt werden.
Abb. 1: Ostansicht der Feldsteinkirche
in Kummerow Abb. 2: Südansicht der Feldsteinkirche in Kummerow
Abb. 3: Altkartierung nach Andreas Rentmeister Abb. 4: Bestandskartierung 2015
Bestandserfassung
Ein erster Schritt für die Vergleichbarkeit der Bestandserfassung aus dem Jahre 1996 von A. Rentmeister mit der derzeitigen Situation bildete die Digitalisierung der damals manuell erstellten Kartierungen (s. Abb. 3). Neu angefertigte Kartierungen des aktuellen Bestandes wurden diesen gegenübergestellt (s. Abb. 4).
In der damaligen Kartierung wird der Bestand der Kirche in vier unterschiedliche Entstehungsphasen gegliedert, beginnend mit Putz- und Mauermörtel aus dem 12. und 13.
Jahrhundert. In den aktuellen Kartierungen wird jedoch die frühste Phase der Enstehungszeit Ende des 15. Jahrhunderts gleichgesetzt.
Die erste Phase bildet somit die Erbauungszeit, Ende des 15. Jahrhunderts. Hierbei handelt es sich um Kalk-Sand-Mörtel. Die zweite Bauphase ist in das 17./18. Jahrhundert datiert.
Auch hier handelt es sich um einen Kalk-Sand-Putzmörtel. In der dritten Bauphase vom Ende des 19. Jahrhunderts wurde wahrscheinlich mit einem Kalk-Zement-Mörtel die gesamte Kirche verputzt. Die vierte und letzte Bauphase ist in das Jahr 1990 einzuordnen.
Hier wurde der Vorbau an der Südseite neu verputzt sowie einige Ausbesserungen an den Fassadenseiten vorgenommen.
Auswertung
Der größte Anteil an mittelalterlichen Putzen ist zu beiden Zeiten an der Ostfassade zu detektieren, wohingegen auf der Westseite der Putz in Gänze verlustig gegangen ist.
Dies liegt an der Tatsache, dass die Westseite die Wetterseite ist.
Durch den Vergleich aller Kartierungen lassen sich keine prozentualen Unterschiede des erhaltenen spätgotischen Putzes innerhalb der letzten zwanzig Jahre bestimmen.
Da an einigen Stellen ein Verlust des bauzeitlichen Putzes zu verzeichnen ist und an anderen Partien dieser durch Verlust der aufliegenden Schichten wieder sichtbar wurde, konnten aus dieser Gegenüberstellung dennoch hilfreiche Erkenntnisse gewonnen werden.
Naturwissenschaftliche Untersuchungen
Ziel dieses Projektes war eine Klassifizierung der Putze und Mörtel mittelalterlicher Kirchen in verschiedene Zeiträume und regionale Unterschiede. Dabei sollten naturwissenschaftliche Untersuchungen an Putzproben Aufschluss geben.
Das Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken (IEMB) in Berlin untersuchte diese auf ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften.
1994 wurden eine Mörtelanalyse, eine Siebanalyse des Zuschlags und Porositätsuntersuchungen (Quecksilberdruckporosimetrie und Porenradienverteilung) durchgeführt.
Das Ziel, eine Klassifizierung vorzunehmen, konnte nicht erreicht werden. Dennoch gaben die Analysen Aufschluss über die Zusamensetzung der damals verwendeten Mörtel.
Im Rahmen der Arbeit wurden die Putzproben mittels Dünnschliffanalyse verglichen. Hierbei zeigten sich zwei fast identische Mörtelgefüge bezüglich Bindemittel, Zuschlägen, Kalkspatzen und Poren.
Weder in der Probe von 1994 noch in der von 2014 konnten starke Schwindrisse gefunden werden.
Dies spricht für die gute Qualität des Mörtels und dessen bisherige -relative- Langlebigkeit.
Abb. 5: Charakteristisches Mörtelgefüge,
Probe von 1994 Abb. 6: Charakteristisches Mörtelgefüge, Probe von 2014
Fazit und Ausblick
Ziel dieser Arbeit war die Schaffung eines Überblicks über das Ausmaß von Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes der Feldsteinkirche in Kummerow während der letzten zwanzig Jahre.
So kann abschließend gesagt werden, dass zwar der Bestand des mittelalterlichen Putzes noch dem von 1996 ähnelt, dessen Zustand jedoch stark desolat ist. Das Gefüge weist kaum Veränderungen auf und es finden sich wenig Schwindrisse im System, wodurch dieses relativ stabil ist. Dennoch ist ein witterungsbedingter Substanzverlust offensichtlich. Hier können Schadensbilder wie starke Schollenbildung, Absanden, Insektenfraßlöcher und biogener Befall durch Flechten, Moose und Algen beobachtet werden.
Innerhalb des Zeitraums dieser Arbeit erfolgte eine Notsicherung vereinzelter Bereiche an der Ostfassade, um die mittelalterlichen Putze vor weiterem Verfall zu schützen. Mit dieser Maßnahme konnte ein Anfang für die Konservierung des originalen Putzes getan werden.
Dennoch ist der Kirchenbau in einem kritischen Zustand. Das Hauptaugenmerk sollte hier zunächst auf das beschädigte Dach gelenkt
werden. Danach können Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen in Angriff genommen und sinnvoll durchgeführt werden. Abb. 7: Notgesicherter mittelalterlicher Fries