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Johann Jakob Scheuchzer (1672-1733) - Kupfer-Bibel in welcher die Physica Sacra oder geheiligte Naturwissenschaft derer in Heil. Schrift vorkommenden natürlichen Sachen deutlich erklärt ; Berthold Heinrich Brockes (1680-1774) - Aus dem Englischen übersetz

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Aktie "Johann Jakob Scheuchzer (1672-1733) - Kupfer-Bibel in welcher die Physica Sacra oder geheiligte Naturwissenschaft derer in Heil. Schrift vorkommenden natürlichen Sachen deutlich erklärt ; Berthold Heinrich Brockes (1680-1774) - Aus dem Englischen übersetz"

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JOHANN JAKOB SCHEUCHZER (1672-1733)

KUPFER-BIBEL IN WELCHER DIE PHYSICA SACRA ODER GEHEILIGTE NATURWISSENSCHAFT DERER IN HEIL. SCHRIFFT VORKOMMEN­

DEN NATÜRLICHEN SACHEN DEUTLICH ERKLÄRT

Augsburg/Ulm: JohannAndreas Pfeffel, 4 Teile, 1731-1735, Teil1, TafelXXIII

KupferstichvonJakob Andreas Fridrich nach Johann MelchiorFüßli und Johann Daniel Preißler; 31,1x 19,8 cm (Platte),40,0 x 27,0 cm (Blatt)

FDH-FGM, Bibi. II RI

Literatur: Müsch 2000; dies. 2001, S. 87-102;

Felfe 2003; Hofmann 2013, S. 277-282.

Johann Jakob Scheuchzers ,Kupfer-Bibel“ kann insofern zur Vorgeschichte der Bildgat­

tung Arabeskegezählt werden,alseinestruk­

turelle Verwandtschaft eines Großteils der mehr als 750 Kupfertafeln des bei Pfeffelin Augsburg erschienenen Monumentalwerks vor allem mit Runges.Zeiten-Arabesken zu konstatieren ist, undzwar in formaler wiein­

haltlicher Hinsicht. Scheuchzers ,Kupfer-Bi­ bel“ dient dem physikotheologischen Gottes­

beweis. Die Physikotheologiegeht davon aus, dass die Schöpfung, wie sie in der Bibel be­

richtet wird, nichtimWiderspruchzur Na­

turerkenntnis des Menschen steht, sondern im Gegenteil perfekt mitihr harmoniert, ja, verborgene Naturwahrheiten aufbewahrt. Sie stützt sich dabeiaufdas von den Cambridger Platonisten geprägte Design-Argument, das propagiert, dass alles, was durch Gottes wei­

sen Ratschluss geschaffen wurde, sinnvoll und damitgut ist.Dieser Abgleich war nötig geworden, weildie fortschreitende Naturer­ kenntnis biblische Setzungen etwa zum Schöpfungsvorgang, zur Entstehung der Erde oderzur Sintflut infragezu stellen schien. Be­ griff man die Sprache der Bibel in solchen Fällen alsmetaphorisch, so waren dieWider­

sprüche aus der Welt zu schaffen.Tendenziell entwarf diePhysikotheologie ein optimisti­ sches, Fortschrittbejahendes Weltbild. Aller­

dings bliebeseinerseits beidem Faktum des unerklärlichen Uranfangs und andererseits

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bei der unausweichlichen Einsicht in die Ver­

gänglichkeitirdischerExistenz. Insofern ist Tafel23, die sichauf 1.Mose, Vers 26 und 27, auf dieSchöpfung des Menschenbezieht, ein gutes Beispiel für denNachweis der religiösen Fundierung vonTextund Bild der .Kupfer-Bi­ bel“,für den Versuch, biblischen Schöpfungs­

bericht und naturwissenschaftlichen Er­

kenntnisstand zum menschlichen Werden von der Zeugung bis zurGeburt inein sinn­

volles Verhältnis zu setzen. Schließlich dafür, dass dasWerden immer auch unter demSig­

num des Todessteht, aberauch dafür - ob Scheuchzer dies wollte odernicht -,dass na­

turwissenschaftlicher Randkommentar und biblisches Binnenbilddurch dengezeichneten Rahmendurchaus voneinander getrennt und unterschiedlichenWirklichkeitssphären zuge­ hörig sind und ihr Verhältniseine Bedeu­

tungsverkehrung erlebt: Der Rahmen wird wichtigerals das Binnenbild,die Rahmener­ kenntnis dominiert die biblische Wahrheit, ihr gilt daseigentliche Interesse.Darin spiegelt sich ein typisch aufklärerisches Problem, ein

KAT. NR. 41-69 111 Originalveröffentlichung in: Busch, Werner ; Maisak, Petra ; Weisheit, Sabine (Hrsgg.): Verwandlung der Welt : die romantische Arabeske, Petersberg 2013, S. 111-113

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Kompromiss, der die Säkularisierungstendenz erträglich machen soll.

An derEntstehung der Illustrationenwaren nicht nurverschiedene Künstler beteiligt, es nahm auchderVerlegerEinfluss, der die Illus­ trationsmenge des über2000-seitigen Werkes ausKostengründen zu steuern suchte, vor al­

lem aber musste Scheuchzer das Illustrations­

material liefern. Erstandeuropaweitmit Wis­ senschaftlern und Verlegern im Austausch, sammelte naturwissenschaftliche Traktatlitera­

tur und Illustrationen undgab vor, wasdie Il­ lustratoren wiedergebensollten. Für das Bin­

nenbild und die naturwissenschaftlichen Ge­

genstände des Rahmenswar Johann Melchior Füssli zuständig, für die dekorativenRahmen­

teileder Augsburger Akademiedirektor Jo­ hannDaniel Preißler; die in zwei Schritten ge­

fertigten Vorlagezeichnungen setzten Stecher in Pfeffels Verlag um. Preißlers dekorative Rahmenformen,die das jeweilige Blatt mit ei­

nem imaginierten Steinrahmen versahen, ei­

nem Typus, der aus derTraditionderTitel­ blattentwürfe stammte,gab einemjeden Blatt ein geradezu monumentales Aussehen. Man konnte dieslesen - undsollte es wohl auch- als monumentalenGottesbeweis, alsverewigte Schöpfungsgeschichte. Doch die Neugierde weckenden wissenschaftlichen Details des Rahmenwerks ließen dasBinnenbild zu einer metaphorischen Illusion schrumpfen. Tafel

XXIII hat dieRahmenfiguren, die sich bei Frederic Ruyschs 1701-1716 in 10 Bänden in Amsterdamerschienenem Thesaurus Anato- micuscum Figuris Aeneis“ bedienen,durch­ nummeriert. Dabeiverfolgen die Ziffern eins bis sieben dasEinnisten der befruchtetenEi­ zelleimUterus biszur Herausbildungdes Fö­

tus in drei Entwicklungsstufen.Dieseitlichen Nummern acht biself zeigen daskindliche Skelett in drei Stufen auf der linken Seite, während rechts ein erwachsenes Skelett mit von Adern durchbluteter, abgezogener Haut in der Hand sich offenbar Tränen wegwischt, gedacht als Verweis auf irdische Vergänglich­

keit. Zugleichaber folgen dieSkelette anato­

mischer Literaturund sind vor allem auch lesbar als Beleg für Gottes hochkomplexe Ordnungsstruktur.

Das Innenbild zeigt Adam im Paradies, um­ geben vondenzuvorvon Gott geschaffenen Tieren, erwird vom Sonnenstrahl, den wirals Gottes Strahlbegreifen sollen, getroffen und auf diese Weise belebt.Die Schaffung Evas aus Adams Rippe wird ausgelassen, sie er­ schien wohldernaturwissenschaftlichenEr­ kenntnis nichtvermittelbar.So kommt auch der Physikotheologe Scheuchzer an derdeis­

tischen Einsicht nicht vorbei,dass die Annah­

me Gottes als uranfangliches Bewegungs­

und Belebungsprinzip unverzichtbarist, dann jedoch zuerforschende Naturprozesse einset­

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zen, dieGottes direktes Einwirken nicht mehr brauchen. Doch vor der daraus ableitbaren menschlichen Hybris warnendieSkelette,die Vergänglichkeit ist nichtaufzuheben.

Das Gebildeeiner scheuchzerschen Illustrati­

onistein Hybrid. Zwischen Rahmen und In­

nenbild existiert nureine behauptete Konver­ genz: Das ist beidenrungeschen Arabesken nicht anders,dieInnenbilder folgen einem naturzyklischen Weltbild, der Rahmeneiner teleologischen, religiösen Vorstellung, die Spannung soll arabeskaufgehoben werden, in künstlerischer Fiktion. Scheuchzerfrönt letzt­ lichnoch einemFortschrittsoptimismus, be­ hauptet ein ganzheitliches Weltbild. Runge hat es verloren und kann nur melancholisch die Hoffnungauf einen zukünftigen durch die Kunst erneuertenutopischen universalen Zu­

sammenhang äußern. W.B.

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BERTHOLD HEINRICH BROCKES (1680-1747)

AUS DEM ENGLISCHEN ÜBERSETZTE JAHRES ZEITEN DES HERRN THOMSON [JAMES THOMSON, THE SEASONS]. ZUM ANHANGE DES IRDISCHEN VERGNÜGENS IN GOTT

Hamburg: Christian Herold1744 FDH-FGM, Bibi. IXB 202/F 3

Literatur: Cohen 1964; Harris 1968 (zu Thom- sons Naturbegriff: S.239-247); Brockes 1972 (Faksimile-Reprint der Ausgabe 1745); Busch 1996, S. 17-32; Goodman 2004.

James Thomsons(1700-1748) ,The Seasons“ isteinJahrhundertgedicht.1726 erschien der Winter1, 1727der,Sommer1,1728 der .Früh­ ling“ und 1730 im Rahmen der ersten Ge­ samtausgabeder Winter“. Der besondere Reiz unddie besondere Bedeutungdes Gedichtes bestehen darin, dass aufgeklärtes Wissen, vor allem das der Naturwissenschaft, in einen poetischenZusammenhang integriert wurde.

Verbindendes Element ist der Drang nach Naturerkenntnis - und Erkenntniswird ge­

fördert durch empirisch genaue Beschrei­

bung. Selbstwenn der Ton gelegentlich wie aus einem botanischen oder geologischen Lehrbuch klingt, die Hingabe auch an das

112 III. RUNGE: DIE ARABESKE ALS HIEROGLYPHE

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kleinstePhänomen ist offensichtlich. Heros des Gedichtesist Newton,dessen Prismenex­ perimentim Detail, aber eben auchin poeti­

scher Sprache beschrieben wird. Daswieder­

um stärkt Thomsons Farbbeschreibungen.

Selbst wenn Thomson in letzter Instanz Gott beruft und um die Grenzen menschlicher Existenz weiß, so ist er doch vonFortschritts­

optimismus geprägt. ThomsonistDeist,d.h.

er siehtGott als uranfänglichesBewegungs­ prinzip, dann aber hatGott nach deistischer Überzeugung den Menschendie Weltin Ei­

genverantwortung überlassen, was ihn aller­

dingszu Hybris führen kann. Um nicht auf die falsche Bahn zukommen, wozu dieGroß­

stadt verleiten kann, istinpopescher, voral­

lem aber in horazscherTradition der Rückzug indie Natur in voller Konzentration aufihre Erscheinungenvonnöten.

DieseGrundanschauung musstebei Brockes auf gänzliche Zustimmung stoßen. In seinem .Irdischen Vergnügen in Gott1, das zwischen 1721 und 1748 in neun Bänden erschien, sucht er gleichfallsin poetischer Formnach einem AusgleichvonWissenschaft und Reli­

gion.Brockes warPhysikotheologe.Auchfür ihn ist dieBeobachtung selbst des Kleinsten und Unbedeutendsten in der Natur unver­

zichtbar,auch er findet eineSprache zur Be­ nennungdifferenziertester Phänomene, wo­ bei er allerdings -im Gegensatz zu Thomson- bei einemjeden Phänomen dessenWert di­ rekt aus Gottes Schöpfung herleitet. Bei Thomson ist Gottein ferner Übervater, bei Brockes ist er in allem und jedem unmittel­

bar anwesend. Brockes Übersetzung des thomsonschen Gedichtes ist von großer sprachlicher Schönheit, er spürtdenNuan­

cennach undfindetfür alles eine bildreiche Sprache.

DasFrontispizzuseinerÜbersetzung,dieim Rahmen des .IrdischenVergnügens' erschien, ist insofern interessant, als es denErkenntnis­

standvon Thomson undBrockesundauch die elaborierte Form der Benennung der Phä­

nomene mitnichten erreicht. Die Darstellung bleibt verblüffend konventionell. Die Erdku­

gelschwimmt im himmlischen Äther umge­ ben von einem Puttenkranz, der dieJahres­

zeitenmit geläufigenAttributen verkörpert.

Bei jedem der vier Jahreszeitenputtenpaare

tauchtaus den Wolken jeweils einStück des Zodiakusmitdenzugehörigen Monatsstern­ bildern auf. Eingefasst ist dasGanze vonan­

einander anschließenden Rocaillebögen, die in den Ecken nocheinmal jahreszeitlichpas­

sende Pflanzenund Früchte aufführen. Das folgt inallem undjedemder barockenJahres­

zeitenikonographie - Blume im Frühling, Kornim Sommer, Wein im Herbst, Windund Schnee im Winter. Da helfen auch diealsBü­

gel um den Globusgeführten Wendekreise nichts.In jeder barocken Bibliothek, in höfi­

schenRäumen alsSupraporten,in der Jahres­

zeitengraphik: Das Repertoireistidentisch.

Liest man Thomson dagegen, so spricht zwar auch er vonden Blumen imFrühling, aber mit botanischer Präzision, imWinterstellt er Überlegungen zu Frostkristallen an, die er im Mikroskop gesehen hat,im Herbst reflektiert er über geologische Strukturen. So ruft das Frontispiz geläufige, gewachseneVorstellun­ genauf, die von den Dichtern im Textinjeder Hinsicht Überboten werden.Unddoch sind auch Philipp OttoRunges und Caspar David Friedrichs Tages- bzw. Jahreszeitenzyklen vor der Folie dieser Traditionzusehen:Die baro­ cken Putten geistern noch durchRunges.Zei­

ten, ja,manmusssogar sagen, dass inWis­ senschaftsillustrationen des späten18. Jahr­ hunderts Putten diegezeigten Experimente vorführen, selbst die aus denWolkenerschei­

nendeHand Gotteswird zur verweisenden Zeigehand: „Schaut her, hier ereignet sich Entscheidendes“. Den spätaufklärerischen Sä­

kularisierungsprozess allerdings versucht die romantische Jahreszeitenikonographie wieder durch Aufladung mittieferemSinn rückgän­

gig zu machen - in einer Form der Remytho- logisierung. Sieerschien nötig, weil der thom- sonscheOptimismus nach dem Europa er­

schütterndenErdbeben vonLissabon 1755, spätestens aber nach den Erfahrungen der Französischen Revolution verlorengegangen war. Allerdings wissen etwa die Romantiker CasparDavidFriedrich oderderEngländer Wordsworth durchaus den naturwissen­ schaftlichenErkenntnisstandfür diese Remy- thologisierung zu nutzen.Sieprägen dafür neuekünstlerische Formen, dieauch das Un­

erklärlichenichtunterschlagen. W.B.

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