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A52 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 1–2½½½½8. Januar 2001
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ie Versorgung von Tu- morgewebe mit ausrei- chend Sauerstoff ist of- fenbar ein kritischer Parame- ter in der onkologischen The- rapie. Bekannt ist, dass hyp- oxische Tumorareale resisten- ter gegenüber einer Therapie sind und auch eine höhere ge- netische Instabilität aufweisen.Diese Faktoren können zu einer rascheren Tumorpro- gression und Metastasierung beitragen. „Die Tumorhyp- oxie ist ein bedeutender Fak- tor in der Krebstherapie“, be- tonte Prof. Jürgen Dunst (Hal- le) bei einer Veranstaltung der Firma Janssen-Cilag während der Tagung der European So- ciety of Medical Oncology in Hamburg.
Die Hb-Konzentrationen sollten immer auf einem Wert über 12 g/dl gehalten wer- den, so Dunst. Sinkt die Kon- zentration unter einen kriti- schen Wert von 11 g/dl, wird das Tumorgewebe nicht mehr suffizient mit Sauerstoff ver- sorgt. Dunst verwies auf die Ergebnisse einer klinischen Studie, die an der Strahlen- klinik Halle bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren durchge- führt wurde. Demnach kann man davon ausgehen, dass bereits eine milde Anämie zu einer klinisch relevanten, star- ken Hypoxie im Tumorgewe- be führt.
Bei Hypoxie dreifache Strahlendosis erforderlich Bei kritisch niedrigen Hb-Wer- ten gelangt zwar noch ausrei- chend Sauerstoff in das gesun- de Gewebe, das Tumorgewebe reagiert jedoch sehr sensibel auf den Sauerstoffmangel.
Dieser äußert sich vor allem in einer reduzierten Strahlen-
und Chemosensitivität, so der Experte. Die Erfahrung zeigt, dass ein hypoxischer Tumor in etwa die dreifache Strahlendo- sis benötigt. Dies aber kann dem Patienten nur schwer zu- gemutet werden.
Dunst empfiehlt daher ei- ne Therapie mit rekombinan- tem humanem Erythropoetin (rHuEpo, Erypo®), um so ei- nen kritisch niedrigen Hb- Wert langsam, aber stetig auf Werte über 11 g/dl zu heben.
Diese Empfehlung steht in Einklang mit den Ergebnis- sen einer kanadischen Stu- die mit strahlentherapierten Krebspatienten. Hier zeigte sich, dass hohe Hb-Konzen- trationen die Prognose und auch die Lebensqualität der Patienten deutlich verbesser- ten, und zwar unabhängig vom Ausgangswert.
Aus klinischer Sicht ist wichtig, dass die hohen Hb- Ausgangswerte auch über ei- nen möglichst langen Zeit- raum auf einem hohen Ni- veau gehalten werden. Inter- essant ist auch, dass die media- ne Überlebenszeit von Pati- enten, die mit Erythropoetin behandelt wurden, verglichen mit unbehandelten Patienten, deutlich länger ist. Hierauf wies Prof. Matti Aapro (Ge- nolier/Schweiz) hin.
Die Gründe hierfür sind vielfältig: Wichtig scheint je- doch zu sein, dass die bessere Sauerstoffversorgung des Tu- mors zu einem besseren Out- come führte. Darüber hinaus, so Aapro, sind mit Erythro- poetin behandelte Patienten in einer besseren körperli- chen Verfassung und deshalb möglicherweise eher bereit, das verordnete Therapiesche- ma vorschriftsgemäß einzu- halten. Alexander Wehr V A R I A
Onkologie
Höhere Hb-Werte
begünstigen Prognose
Hypoxie im Tumorgewebe reduziert Strahlen- und Chemosensitivität.
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