NATIONALPARK TAGE
Huftiere in ihrem Lebensraum
DasThema derZernezer
Nationalparktage
2006 stand ganz im Zei¬chen des neuen Sammelbandes
»Huftierforschung
im Schweizerischen Nationalpark», indem Ergebnisse ausForschungsarbeiten
derver¬gangenen 10Jahre zusammengefasst sind (siehe Kasten). Am 21.
April
2006 konnte Heinrich Hallervor zahlreichem
Publikum drei Gast¬referenten aus Österreich, Südtirol und der Schweiz begrüssen. Mit dem
Abendvortrag »Huftierforschung
im Schweizerischen Nationalpark:Entwicklung, aktuelle
Fragestellung undzukünftige
Herausforderungen»leitete
Flurin Filii zu den Vorträgen vom 22.April
über, in denen Ergeb¬nisse aus dem Sammelband
vorgestellt
wurden. Alle Vorträge können Sie hier zusammengefasst nachlesen.Werner Suter
Wald, Wild und Wildverbiss -
ein heisses Thema kühl betrachtet
Wald-Wild-Probleme, das heisst forstlich uner¬
wünschtes Beweiden von jungen Bäumchen durch wildeHuftiereundseineAuswirkungen,sindseit demAufkommengeregelter Forstwirtschaft
in
gros¬sen Teilen Mitteleuropasund ganz besondersim Alpenraum seit der
Mitte
des 2,0.Jahrhunderts ein Thema.Parallelzurstetigen Bestandszunahme der wildenHuftiereerreichte dieWildschadendiskussion in den 1970er und 1980er Jahreninder Schweiz ihregrösste Intensität. Die Befürchtungvon 1974, dass «zuhoheSchalenwildbestände denFortbestand natürlichaufgebauterWälderund indenAlpen die Verjüngungüberhaupt inFrage stellen» (Wild¬schadenkommission des SchweizerischenForst¬
vereins 1974), differenziertesich im LaufderZeit, vor allem bezüglichdesMittellands. Aberauch 1999 galt, dass «die Beeinträchtigung derWaldver¬
jüngung durch freilebende Huftiere imGebirgs¬
wald eher grössergeworden» war (Schweizerischer Forstverein,Arbeitsgruppe Wald und
Wild
1999).In derZwischenzeitwurdenkantonalwie national
Dichte Verjüngung amNordhang derValTrupchun
intensivDaten zum Verbissdruck gesammelt, vor allemmittels Verbissinventuren und Kontrollzaun- Programmen.AuchdieJagdplanungenwurden
oft
starkvonderWald-Wild-Problematik bestimmt, und selbstSubventionsflüsse von Bund zu Kanto¬nenkonnten vomErreichen bestimmterWald-Wild- Zielsetzungenabhängig gemacht werden.
18 cratschla2.Ì06
Kein einheitliches Verbissbild
Huftiere können tatsächlichdurch Beweidung und Verbiss vielfältigeWirkungen aufdie Dynamik der Vegetation ausüben, bishin zurGestaltung ganzer Landschaften, wie inden afrikanischen Savan¬
nen oderdennordamerikanischenPrärien,wobei
in
solchenGebieten auch weitereFaktoren wie Feuer oder Trockenheit beteiligtsind.ImGegensatzzu diesen Beispielenist derEinfluss derwilden Huftiere aufdieWaldentwicklung inMitteleuropalange nicht wissenschaftlich adäquat untersucht worden, vorallemnichtmit
einerlangfristigenPerspektive.Ergebnisse von Untersuchungen aus denletzten
io -15
Jahrenzeigen denn auch ein differenziertes und teilweise uneinheitliches Bild, bestätigen aber die forstlichenBedenken bezüglich dem gefährdeten Fortbestand natürlichaufgebauterWäldernicht.So ergibt sichgrossflächig wederein Zusammenhang zwischen Verbissdruck undHuftierdichte, noch zwischen Verbissdruck und Veränderung derWald¬
fläche. Der Bergahorn ist gesamtschweizerisch die am meisten verbisseneund gleichzeitigdieam stärksten zunehmende
Art.
Die Weisstannewird
ebenfallsmit
Vorliebe verbissen undist regional inderVerjüngungstark untervertreten. Dies
gilt
aber vorallemfür
dieOstschweiz; in der Zentral- und Westschweizfindetman beiähnlich hohem Verbissdruckoft
reichlichWeisstannen-Verjüngung.Auswertungenim Kontrollzaun-Programmdes KantonsGraubündenhabengezeigt, dassdie bekann¬
ten Befunde von viel Verjüngungim Zaun und wenigVerjüngung ausserhalbnicht durchwegs gelten und dassauchdieBaumartenzahl inden Zäunen im Durchschnitt nicht höher ist als ausserhalb
mit
Huftiereinfluss. Allerdingsgabes Unterschiede zwischen einzelnenArtenoder zwischen Nadel- und Laubbäumen. Hingegen bewirkte Verbiss fast immer eine deutliche Wachstumsverzögerung der Jungbäume, was sich später aufderen Über¬lebenschance im Konkurrenzkampf
mit
denNach¬barbäumen auswirken kann.
NationaIparkregion:
Walderneuerungnichtgefährdet
Auch die Untersuchungen im und um den National¬
park,die sichteilweiseaufbeachtlichlange Daten¬
reihen stützen können, kommen nichtzum Schluss, dass dieWaldVerjüngung gefährdetsei. Eben¬
fallsweisendie bereitsvoreinigen Jahren erstellten
Modellrechnungen nicht daraufhin. DieVerän¬
derungen indenWäldern um
Ii
Fuornsind normale Abläufe innerhalb der Wald-Sukzession. Inder Val Trupchun, einemderwildreichstenGebieteimganzenAlpenraum,hatsich amfeuchteren Nord¬
hanginnerhalb der letzten 15 Jahre dieVerjüngung fastverdoppelt,währendaufdemtrockenenSüd¬
hang nur wenig neueJungbäume dazu gekommen sind. Dergemeinsame Schlussaus den verschie¬
denenUntersuchungen istjener, dassdieHuftiere beidenheutigenDichten zwardieVerjüngungs¬
geschwindigkeitherabsetzen, den Prozess der Wald¬
erneuerung abernichtstoppenkönnenundlang¬
fristig
auch die Artenzusammensetzungweniger starkbeeinflussenals bisher angenommen.SchweizerischerForstverein,Arbeitsgruppe WaldundWild,1999: Einfluss freilebenderWiederkäuer aufdieVerjüngungdesSchweizer Waldes. Schweiz.
Z.Forstwes. 150: 313-326.
WildschadenkommissiondesSchweizerischen Forstvereins,1974:Bericht derWildschadenkommission desSchweizerischen Forstvereins. Schweiz.Z.
Forstwes.125:660-702.
Am Südhang derValTrupchun istdieVerjüngung viel spärlicher.DerEinflussvonBeweidungund Verbissspärlicher.wird
wird spärlicher.
durch diestandörtlichenBeweidung standörtlichenBeweidung
Bedingungen offensichtlich starküberlagert.
<